Hallo,
jetzt habe ich mir den ganzen Baum mal durchgelesen. Ich bin kein Religionswissenschaftler, aber als Geschichtler mal ein paar Einwürfe zu der Sache:
1.) Jesus erhebt in der Bibel nicht wirklich den Anspruch, DER Messias zu sein. Er spricht immer vom "Vater, von „dem, der ihn gesandt hat“, er nimmt das Wort Messias gar nicht in den Mund.
Der Anspruch, den er erhebt, ist der, aus dem Hause Davids zu stammen. Und damit wurde er damals zu einer mehr politschen Figur.
aber …
2.) Es gab zu dieser Zeit insgesamt vier königliche Häuser. Neben den Davidianern finden wir natürlich die Herodianer, die Hasmonäer und die Benjaminianer (nicht zu verwechseln mit dem Stamm der Benjaminiter, dessen Könighaus diese Familie einst war, von dem losgelöst sie jedoch bereits seit Salomonischer Zeit, ca. 900 Jahre früher, agierte).
mit Blick auf die damalige Situation …
3.) Es gab einen Haufen selbst ernannter Propheten, Religionsstifter und so weiter. Nicht alle davon standen wirklich in jüdischer Tradition. Aber diese vier Könighäuser waren in dieser Hinsicht gewissermaßen an Regeln gebunden, die sich aus der jüdischen Geschichte ergaben. Sie stellten in der Vergangenheit ja nicht nur Könige sondern auch Priester, meist (mit Ausnahme der Hasmonäer, die versucht hatten, das in einer Person zu vereinen) meisten Doppelpacks (z.B. Moses und Aaron). Und da Religion meistens einfacher als Politk ist, ritten diese Leute schon seit ewigen Zeiten auf der religiösen Schiene. Das ist nichts anderes als das Gottesgnadentum, das später ja auch im Abendland Begründung für alles war. Quasi „Gott hat den Boss eingesetzt“.
Fazit:
Die Davidianer wollten zurück an die Macht. Die Herodianer (Usurpatoren) waren es bereits durch die Tatsache, dass Rom hinter ihnen stand. Die Hasmonäer waren es teilweise (sie stellten zwar keinen König, aber z.B. die Partei der Pharisäer, und dabei handelte es sich definitiv um eine politische Partei, war im Grunde nichts anderes als der politische Arm der Hasmonäer (vergl. hierzu z.B. Flavius Josephus)) und die Benjaminianer hatte engste Kontakte zur den radikalen Iscariern und später (die diese erst später auftauchten) zu den Zeloten. Mit anderen Worten, sie beschäftigten sich mit Widerstandsarbeit, offensichtlich mit dem Ziel auch ein Stück abzubekommen.
Und wie das so ist, es gab Bündnisse und Duldungen. Die Hasmonäer konnten nicht mit den Herodianern, aber sie konnten sehr gut mit der Besatzungsmacht Rom und vor allem Pontius Pilatus (der bekanntermaßen einer ersntgemeinten Bestechung gegenüber immer aufgeschlossen war). Die Herodianer und vor allem Herodes selbst, hatte an seinem Hof eine durchaus ansehnliche Anzahl von Benjaminianern (deren Terror sich ja gegen Rom richtete, aber gleichzeitig auch gegen die Hasmonäer). Und die Davidianer saßen am Ende der Kette und hatten erst mal gar nix.
Plötzlich änderte sich die Lage, und das war mehr Zufall. Es war ja nicht nur die (angebliche) Jungfrau Maria, die da schwanger war. Ein paar Monate früher wurde ja in der weiteren Verwandtschaft schon ein Bub geboren, den wir später als Johannes den Täufer kennen (Maria besucht ja Elisabeth, ihre Verwandte, in der Bibel). Und damit hatten, etliche Jahre später, nach Aufwachsen der beiden, die Davidianer einen Trumpf den die anderen nicht hatten. Sie hatten wieder eines der erwähnten Doppelpacks aus Priester und König. Beide wirkten Wunder (die sich z.T. einfach auf bessere Ausbildung zurückführen lassen), aber während Johannes die Sache mit dem Gsandten proklamiert, ist Jesus Tätigkeit mehr politisch agitativ.
Nun wird die Sache auch für die anderen Partien interessant: Die Benjaminianer gehen offensichtlich ein Bündnis ein (ob durch Heirat oder was auch immer, das lasse ich hier mal offen). Tatsache ist, dass Maria von Magdala (also definitiv ziemlich nahe am Originalstamm des benjaminitischen Königshauses) ständig um Jesus herumspringt ist ein deutliches Zeichen. Sie ist es auch, die in den Palast läuft und mit einer Hofdame über den inhaftierten Johannes redet. Nicht ganz die Bekanntschaft, die man bei einer „Hure“ erwarten würde. Aber die Bekanntschaft, die man von einer Frau aus königlichem Hause erwarten dürfte, deren Familie nach zwei Seiten verhandelte.
Nun platzt erneut der Knoten, Johannes verliert seinen Kopf und die Davidianer sind entsprechend erbost. Sie haben mit Hilfe der Benjaminianer längst eine Teilkontrolle über militante Gruppen erworben, aber nicht genug für einen Aufstand. Jesus nutzt eine Situation, die uns heute in der Bibel als clevere Ablehnung materialistischer Interessen erscheint. Erinnern wir uns an den kaiserlichen Denar:
- Ist es richtig, dem Kaiser Steuern zu zahlen? (Mit anderen Worten, rufst Du uns zum Aufstand dagegen?)
Aber Jesus lehnt ab: Es ist das Bild des Kaisers drauf und er sagt
- gebt dem Kaiser was des Kaisers ist.
Was hat er da getan? Nicht unter modernem sondern unter damaligem Kontext? Er hat (in dem Wissen, dass sein Äußerung nur Stunden später auch dem römischen Statthalter bekannt sein würde) ein Angebot gemacht: Gebt dem Kaiser den Tribut, und Gott, was Gottes ist (den Staat Gottes, sprich Israel). Das verrät eine profunde Kenntnis der politischen Verhältnisse hinter den Kulissen (Pontius Pilatus und Herodes konnten sich nicht leiden, Herodes stand wegen politischer Unfähigkeit unter Druck).
Also schön: Das hebräische „Messias“ bedeutete „Gesalbter“ und bezeichnete einen gesalbten weltlichen König (soweit das damals trennbar war). Das griechische Christos aus dem unser Christus stammt, bedeutete ebenfalls in erster Liniw einen weltlichen König. Und die Messias-Hoffnung richtete sich primär auf einen weltlichen Herrscher, der die Juden von den Römern befreien würde.
Erst später, nachdem Paulus eine Kirche formte) bekamen diese Wörter den religiösen Klang, den sie heute haben. Nur, mal im Ernst, für die meisten Juden erschien Jesus doch als Politiker. Man kann einen Politker wählen, man kann ihn an die Macht bringen, ja. Aber ihn als göttliche Macht zu verehren? Mit dem gleichen Recht könnten Anhänger eines gewissen früheren bayerischen Ministerpräsidenten auf solche Ideen kommen. Er war für die Juden also einfach zu „weltlich greifbar“ um jemals überhaupt in Betracht gezogen zu werden. Anders hätte es ausgesehen, wenn er die Römer rausgeschmissen hätte. Dann hätten geschichtliche Verzerrung über die Zeit hinweg sein Andekn gewaltig verändert. Er wäre für die Juden vielleicht so eine Gestlat wie David oder Salomon geworden. So war er aus jüdischer Sicht nichts weiter als einer der vielen, die Politik machten.
Peter B.
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