Dem stimme auch ich zu. Warum manche Leute es für
verwerflicher halten, wenn ein für Gewaltsituationen
ausgebildeter, zum Tragen von Waffen berechtigter und
(wahrscheinlich) Gefahrenzulage beziehender und zudem noch
durch besondere Straftatbestände geschützter Polizist
angegriffen wird, als wenn dies einem gewöhnlichen Passanten
wiederfährt, ist mir unverständlich.
Mir auch. Da Polizisten so viel wert sind wie alle anderen Menschen auch, nicht mehr und nicht weniger, und da sich eine höhere Strafandrohung auch nicht daraus rechtfertigt, dass sich Polizisten schlechter wehren können als andere Menschen, da aber vor allem die gültigen Strafgesetze völlig ausreichen, alle Gewalttaten gegen Polizisten differenziert genug zu ahnden - weil das alles so ist, wundere ich mich, dass es offenbar Bestrebungen gibt, sowohl im Justiz- als auch im Innenministerium, Körperverletzungsdelikte zum Nachteil von Polizisten künftig strenger zu ahnden.
Die derzeitige Regelung ist allerdings auch wundersam. Amtsträger werden durch den speziellen § 113 StGB geschützt, dem man auf den ersten Blick gar nicht ansieht, was er bewirkt: Er privilegiert die Straftäter. Und das ist auch formaljuristisch so, man spricht von einem sog. Privilegierungstatbestand, wie es im Gesetz verschiedene gibt.
Die Privilegierung liegt in der Variante des Widerstandsleisten. Denn wann immer diese Tatvariante erfüllt ist, liegt auch gleichzeitig Nötigung i.S.d. § 240 StGB vor. Weil § 113 StGB aber spezieller ist, wird nur er angewendet, und sein Strafrahmen ist niedriger als der der Nötigung. Das beruht auf einem Versehen des Gesetzgebers, jedenfalls ursprünglich. Heute rechtfertigt man die Privilegierung mit der die Schuld reduzierenden Situation, in der sich derjenige befindet, der einer Vollstreckungshandlung ausgesetzt wird.
Was die zweite Variante von § 113 StGB angeht, so herrscht heute Unklarheit darüber, was diese Regelung überhaupt bezweckt. Früher konnte man damit die versuchte einfache Körperverletzung ahnden, doch diese ist heute sowieso strafbar (§ 223 Abs. 2 StGB). Die Funktion könnte z.B. abermals darin gesehen werden, dass der Täter privilegiert werden soll (s. Joecks, Studienkommentar StGB, 5. Aufl.2004, § 113 Rn. 3)