Ich möchte allen hier etwas erzählen, gerade wo im Moment die Vorurteile über sogenannte Kampfhunde mehr als aktuell sind. Mich macht nämlich diese Rassendiskriminierung traurig und wütend!!!Hier meine oder besser gesagt die Geschichte meines Hundes, der ja ein „ach so lieber Spaniel“ (diese Hunde sind ja keine Hunde DER Rassen, also können sie ja nie etwas tun…!)ist:
Nun zu meinem Cocker Spaniel. Meine Familie (ich war damals ca.15, meine Schwester 13 Jahre) hatte sich dazu entschlossen einen Hund zu sich zu nehmen. Wir fuhren damals ins Tierheim bei uns in der Stadt. Es sollte ein nicht allzu großer Hund sein, so wollten es meine Eltern. Der einzige nicht allzu große Hund war ein roter Cocker Spanielrüde namens Georgi. Er trat uns freundlich und lieb entgegen. Man sagte uns, daß er ein ganz lieber sei und acht Monate alt sei. Wir nahmen ihn mit, Impfpaß und Papiere sollten in zwei Wochen folgen.
Es stellte sich bald heraus, daß er jegliche andere Form von Hund und jedes Kind unter ungefähr 10 Jahren hasste. Er hätte zum damaligen Zeitpunkt sogar einen Welpen totgebissen. Wir meldeten uns beim örtlichen Hundeverein an und besuchten einen Abrichtekurs. Er lernte die Hunde in seiner Gruppe zu ignorieren, sogar ein wenig Agility unter Hündinnen war nach einiger Zeit möglich. Ich machte die Begleithundeprüfung mit ihm. Und ich lernte ihm zumindest Welpen und Hündinnen in Ruhe zu lassen, sie zumindest nicht anzugreifen.
In der Zwischenzeit hatten wir mehr durch Zufall und Glück erfahren, daß dieser Hund ursprünglich aus der Tschechei kam, in einem Zoo-Geschäft im Schaufenster gesessen hatte, dann bei einer Frau mit zwei kleinen Kindern gehaust hatte, nie Papiere da waren und er eigentlich schon über ein Jahr war als wir ihn holten. Leider hatte uns das Tierheim belogen.
Er benahm sich äußerst dominant und besitzergreifend. Schließlich kam es zu einigen Zwischenfällen, wo er meinen Vater und meine Schwester anfiel. Nach langen Gesprächen und Überlegungen ließen wir ihn schließlich mit etwa drei Jahren kastrieren. Seine Dominanz meinem Vater und meiner Schwester gegenüber besserte sich kurz darauf. Seine Agression anderen Hunden gegenüber nicht. Einige Zeit ging es besser, wir glaubten es geschafft zu haben.
Dann begann eine Zeit in der er öfters über Familienmitglieder herfiel. Uns fiel auf, daß er dabei nicht er selbst war. Es schien als würde vor ihm ein Film ablaufen, als würde er in dem Moment nicht uns sehen. Er sah in solchen Momenten aus wie ein Wolf, eine Bestie. Ich beschäftigte mich bis zum Umfallen mit Verhaltenstherapien von Hunden, las hunderte von Büchern und stieß eigentlich durch ein Seminar zum Thema „Die große Kampfhundelüge“ auf Dr. Roger Mugford und seine Bücher. Ich lernte ihn persönlich kennen und er meinen Hund. In den Tagen mit ihm war mein Hund wie ausgewechselt und ein bißchen hat er davon beibehalten. Er hat damals erfahren, daß ihm andere Hunde nicht unweigerlich Böses tun. Er ist zwar auch heute noch ein Kämpfer, aber durch das Halti oder bei Freilauf (was er bis dahin nur bei Nacht oder Regenzeiten haben konnte) durch den Beißkorb ist es uns möglich, ihn fast überall hin mitzunehmen, auch wenn wir oft genug wie Aussätzige mit ihm behandelt werden.
Das Verhalten zu anderen Hunden war nun erträglich, das Verhalten innerhalb der Familie wurde immer schlimmer. Es kommt noch dazu, daß er wahrscheinlich getreten oder/und geschlagen wurde, vor dem Drübersteigen oder -beugen panische Angst hat, sogar bei anschlagenden Türen (wenn sie nicht ganz zu sind) in Panik verfällt. Jegliche Situationen dieser Art wurden von der gesamten Familie samt Bekannten vermieden. Auch jegliches Spielzeug (in seinem Fall vor allem Stofftiere) wurden weggeräumt, damit er sie nicht verteidigen konnte - wir gingen zuerst, dann er durch Türen und über Stiegen.
Manchmal schien es schon fast vergessen, dann kam wieder eine seiner Attacken, welche sich bis jetzt immer nur im Haus abspielten. Als es dann zu einem Vorfall im Garten unserer Bekannten, an der Leine, gegen ein Nicht-Familienmitglied kam, waren wir am verzweifeln. Wir wußten, er kann nichts dafür, aber wir wußten auch, daß es so nicht weitergehen konnte!
Ich hatte schon in Mugfords Büchern über die Cockerwut gelesen - zu diesem Zeitpunkt kam mir der Zufall zur Hilfe und ich bekam durch die Aufmerksamkeit einer Leserin eines Hundemagazines an das ich geschrieben hatte, einen deutschen Zeitungsartikel in die Hände. Er befaßte sich mit Mugfords Studie über 60 Cockerspaniel. Dabei hatte er festgestellt, daß eiweißreduziertes Futter das Verhalten der Cocker beeinflussen konnte.
Ich rannte sofort am nächsten Tag zu unserem Tierarzt um ihm das zu erzählen. Georgi bekommt heute eiweißreduziertes Futter (Futter mit wenig Rohproteinen) und - ich möchte nichts verschreien - seit eineinhalb Jahren kam es nie wieder zu einem derartigen Vorfall. Sicher, er wird nie ein ganz normaler Hund werden und Vorsicht ist immer geboten. Aber das sind Dinge die mittlerweile zu unserem Alltag gehören - bei Besuch ins Körbchen, keine Dinge zum Verteidigen herumliegen lassen, nicht über ihn beugen, usw.
Ich will damit nur sagen: Wenn man WILL, dann kann man auch mit einem so, sagen wir mal gehirnkranken Hund leben, den man muß es als Krankheit sehen. Ich weiß aber auch, daß er heute vielleicht nicht mehr leben würde…! Aber daran will ich gar nicht denken, denn trotz unserer Narben, die er hinterlassen hat, lieben wir ihn. Und ich weiß auch, daß das nicht alle Eltern mitmachen, sich sozusagen ein drittes, schwerbehindertes „Kind“ aufzulasten.
Georgi ist jetzt fast 8 Jahre und ein autoliebender,pferde- und kleintiereliebender Schmusehund. Es stimmt mich traurig, wenn ich darüber nachdenke, was Menschen aus ihm gemacht hatten - zum einen durch die „Zucht“ bedingt, zum anderen durch die Mißhandlungen. Und wenn ich ihn da so neben mir liegen sehe bin ich froh, daß wir nicht zu früh aufgegeben haben!
Liebe Grüsse aus Österreich
P.S.: Wäre mein Hund ein Staffi,Bulli & Co., dann wäre er wahrscheinlich schon als Killerhund in der Zeitung…!