Hallo nasziv,
Kampfsport ist meiner Ansicht nach beispielsweise ungeeignet,
das Vertrauen für freies Reden zu stärken (physische vs.
psychische Komponente). Hier wäre Training anderer Art
hilfreicher wie beispielsweise Rollenspiele im großen Kreis.
Inwieweit würde Kampfsporterfahrung vor und gegen Mobbing in
besonderer Weise schützen?
Ich kann nur aus meiner persönlichen Erfahrung sprechen. Als Kind hat unsere Mutter mich und meinen Bruder ins Judo geschickt, nachdem sie selbst an einem Selbstverteidigungskurs in Jiu-Jitsu teilgenommen hatte. Ich ging eigentlich gern ins Training, weil wir einen hervorragenden Trainer hatten, der diejenigen Kinder, die vorankommen wollten, angemessen gefördert und die, die nur kamen, weil die Eltern das so wollten, stets unterstützt und gefordert, aber eben ihren Spass haben liess.
Auf innere Ruhe und Ausgeglichenheit, aber vor allem auch Respekt vor sich und seinem Partner wurden ganz besonders viel Wert gelegt. Schlägertypen oder solche, die ihr Können ausserhalb des Dojos genutzt hätten, wurden erst gar nicht zugelassen, bzw. sofort ausgeschlossen. Wir bekamen nie ein Gefühl von Überlegenheit vermittelt und uns wurde von Anfang an ganz klar gesagt, dass Judo nur hier drin stattfinden würde.
Trotz des Levels auf dem ich mich nach einigen Jahren Training befand wäre es mir im Traum nie eingefallen, jemandem ausserhalb des Dojos mit Judo zu begegnen - da hätte ich definitiv den Kürzeren gezogen. Ein möglicher Angreifer hätte sich mir ja wahrscheinlich nicht unbewaffnet und in Judokleidung genähert.
Was ich allerdings gelernt habe, ist ein Vertrauen darauf, dass ich mich in einer kritischen Situation auch wehren darf und es vielleicht auch kann. Ich erstarre jedenfalls nicht wie viele andere Frauen zur Salzsäule, wenn mich jemand ungewollt anfasst oder mir zu Nahe kommt, sondern verteidige mich - mit Worten. Das hat bisher noch immer gereicht. Ausserdem habe ich durchs Judo einen vorzüglichen Gleichgewichtssinn erhalten, wörtliche und metaphorische Standfestigkeit sowie korrektes Fallen gelernt, was mir beim Skifahren, aber ganz besonders auch beim Reiten sehr entgegen kommt.
Unser Verein hat sich auch sehr für Behinderte eingesetzt und immer wieder Kurse für diese Zielgruppe angeboten. Manchmal trainierten wir, wenn es die Gruppenkonstellation erlaubte, mit der Behindertengruppe zusammen. Zwischenfälle gab es nie, aber der Lerneffekt war riesig - für beide Seiten.
Das Wesentliche für erfolgreichen Kampfsport hinsichtlich
Selbstvertrauen beruht auf gute Lehrer und die Gruppenarbeit.
Ja.
Grundlagen, die für alle Sport- oder sonstige Trainingsarten
ebenso zutreffend und Voraussetzung sind.
Nein.
Kampfsport halte ich
persönlich für nicht zeitgemäß, weil ein wenig archaisch und
etwas einseitig auf Physis ausgerichtet (zumindest bei
Kindern).
Mein obiges Beispiel kann Dir hoffentlich zeigen, dass das nicht so sein muss. Kampfsport hilft einem sich mit seinem ganzen Körper auseinander zu setzen, weil man, im Gegensatz zu anderen Sportarten, nicht nur bestimmte Körperteile trainiert.
Das Schlimmste am Kampfsport waren für mich übrigens die Eltern, die bei Wettkämpfen ihre Kinder lautstark vom Rand aus anbrüllten und sie aufforderten, den anderen „kalt“ zu machen… In unserem Klub war das glücklicherweise verpönt, aber in auf Turnieren ausgerichteten Vereinen war dies gang und gäbe. Die kämpfenden Kinder waren allerdings meist nicht halb so aggressiv wie ihre Eltern. Ich habe übrigens mit Judo aufgehört als die alten Lehrer gingen und mich die neuen, weil ich bereits einige Wettkämpfe gewonnen hatte, dazu nötigen wollten, dreimal pro Woche ins Training zu kommen. Dabei wurden dann eben auch mit viel Geschrei vom Rand aus Anweisungen gebrüllt und ich kam mir vor, als würde ich auf jemanden gehetzt. Das war so gar nicht das, was mir zusagte und so hörte ich eben auf. Da war ich allerdings keinesfalls die Einzige, die das störte.
Gruss zurück,
S.