Kenntlichmachen eines Polizeieinsatzes

Hallo!

Vor einiger Zeit trug es sich zu, dass wir mal wieder freitags die wunderbare A9 am Nachmittag befuhren - richtig, Heimatbesuch. Wer schon einmal auf einschlägigen Autobahnen zwischen Politisch-Ost und -West an einem solchen Tag unterwegs war, kann sich vielleicht vorstellen, wie das Verkehrsaufkommen war.
Ja, so ungefähr war es, und wie wir die Landesgrenze BY - TH überfahren hatten, trug sich folgendes zu:

Ein Polizeiauto (heißen die großen Dinger Six-Pack?) befuhr den Beschleunigungsstreifen. Wie gesagt, Autobahn sehr voll. Alle drei Spuren. Wir auf der mittleren. Rechts von uns leicht nach vorn versetzt ein Österreichischer Kleintransporter. Auf der Beschleunigungsspur das Polizeiauto.
Wahrscheinlich sieht der Polizist schon das Ende des Streifens und zieht einfach rüber. Er drängt sozusagen den Kleintransporter auf unsere Spur. Ich voll auf die Bremse. Transporter knapp vor uns rein. Zum Glück war keiner so dicht hinter uns, dass er nicht mehr bremsen konnte (und ehrlich gesagt habe ich gar nicht geschaut, weil ich einfach so schockiert war (nich hauen!!!)!).
Weiter geht es. Habe dann etwas Abstand zum Transporter hergestellt und mich wieder beruhigt. Kurz darauf zieht der Plizist wieder rüber - diesmal von rechts nach mitte. Aber da waren ja wir! Also: Ab in die Lücke nach Links. Wir wollen ja der Staatsmacht nicht im Wege stehen ;o)
Aber mit einem Kleinwagen ist man ganz links ein Hindernis, auch freitags. Also versuche ich, das Polizeiauto zu überholen. Geht aber nicht, weil der Herr Polizist auch ganz gibt. Und zwar richtig viel. Blöderweise ist vor ihm dicht und links sind wir - wo also hin? Nochmal nach links kann er nicht, da könnten wir ja nicht ausweichen. Also gebe ich nach und gehe vom Gas. Schere hinter dem Polizeiauto ein und lasse sein Kennzeichen notieren.

So, jetzt soll hier nicht die Diskussion sein, ob ich alles richtig gemacht habe! - Habe ich nicht! Ich habe zweimal ohne zu gucken die Spur gewechselt und die Staatsmacht behindert. Aber es ist weder einem anderen Auto noch meinem Herzen etwas schlimmeres passiert. Mittlerweile rege ich mich auch nicht mehr auf.

Aber ich habe dann dem zuständigen Polizeiamt eine Email geschrieben, woraus die eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Fahrer gemacht haben. Gut, das war gar nicht mein Ziel, ich wollte ja nur ein Statement. Das habe ich auch bekommen, verbunde mit der Einstellung des Verfahrens. Nicht schlimm.

Folgende Begründung: Die Beamten befanden sich in einem Einsatz! Dazu ist es nicht notwendig, die Signalanlage oder die Sirene anzuhaben. Deshalb sei es notwendig, dass ich als Autofahrer entsprechend zu handeln habe.

Mmh. Mich macht das etwas ratlos. Ist das eine seriöse Begründung? Muss ich jetzt wegen jedem Polizeiauto, dass mir irgendwo begegnet, mein Aktivität dahingehend darauf einstellen, dass ich niemanden im Einsatz behindere!? Ich hatte es von der Fahrschule her so in Erinnerung, dass selbst ein Polizeiauto ohne Sirene nicht im Einsatz sei. Sondern nur, wenn beides an ist.
Bin ich auf dem Holzweg? Oder gilt für Autobahnpolizisten etwas anderes?

Danke für das Lesen meines sehr langen Textes,
liebe Grüße,
die Lidscha

Hallo Lidscha,

generell würde ich sagen, dass du genau so gehandelt hast wie du musstest um einen Unfall zu vermeiden.

Dass die Jungs eine Dienstaufsichtsbeschwerde aus deinem Mail gemacht haben halte ich zwar für übertrieben, insbesondere weil dies gar nicht dein Ziel war.

Unbestritten ist allerdings weder die Sirene noch ein Blaulicht erforderlich um einen Einsatzwagen in den Einsatz zu bringen. Da sitzt du einem weit verbreiteten Irrtum auf, wenn du dies glaubst.
Bei vielen Einsätzen wäre dies auch durchaus hinderlich.
Ich stell mir gerade mal vor was los wäre wenn beim Umstellen meiner ehemaligen Bank im Ernstfall (waren alles Fehlalarme) los gewesen wäre… besser kann man Täter nicht warnen.

Sicherlich ist es für dich nicht zu erkennen ob der Wagen im Einsatz ist oder nicht und im Falle eines Unfalles glaube ich nicht, dass der Fahrer so ohne weiteres schuldlos wäre.

Gruß Ivo

Vor einiger Zeit trug es sich zu, dass wir mal wieder freitags
die wunderbare A9 am Nachmittag befuhren - richtig,
Heimatbesuch. Wer schon einmal auf einschlägigen Autobahnen
zwischen Politisch-Ost und -West an einem solchen Tag
unterwegs war, kann sich vielleicht vorstellen, wie das
Verkehrsaufkommen war.
Ja, so ungefähr war es, und wie wir die Landesgrenze BY - TH
überfahren hatten, trug sich folgendes zu:

Hallo Lidscha,
Gnade deiner späten Geburt. So nehme ich dir „Politisch-Ost und -West“ nicht übel. Du kennst die Staus im Ruhrgebiet nicht. Du musst aber aufpassen. Mit Erstarkung der SED und Nachfolgeparteien könnte in Deutschland der Linksverkehr eingeführt werden. :smile:
Grüße
Ulf

PS: Im Osten gibt es Autobahnbau. Verkehrswegebeschleunigungsgesetz.

Hallo,

es ist in der Tat so daß Einsätze teilweise ohne den Einsatz von Martinshorn und Blaulicht gefahren werden - z. B. wenn man dadurch Einbrecher oder Bankräuber, die sich noch in einem Objekt befinden, warnen würde.
Auch auf der Autobahn könnte man mit etwas Phantasie eine Lage konstruieren bei der besser ohne Martinshorn und Blaulicht gefahren wird um kein Aufsehen in der Bevölkerung zu erregen.

Davon abgesehen gilt aber trotzdem Folgendes: Die Polizei kann Sonderrechte wahrnehmen, das bedeutet daß sie Regeln der Straßenverkehrsordnung übertreten darf. Dazu ist es nicht unbedingt erforderlich Martinshorn und Blaulicht zu benutzen - wie ich bereits oben gesagt habe - es gibt Einsatzsituationen, in denen Sonderrechte wahrgenommen werden ohne daß man die Signalanlage benutzt.

Der dicke, fette Haken ist aber: die sog. Wegerechte hat die Polizei nur wenn die Sondersignalanlage eingeschaltet ist. Du mußt also nur dann Platz machen wenn Du anhand von Blaulicht oder Blaulicht+Martinshorn erkennen kannst daß Du sofort freie Bahn zu schaffen hast.

Der Polizist darf also Sonderrechte in Anspruch nehmen (und gegen die STVO verstossen) ohne daß Du äußerlich siehst daß er Sonderrechte hat. Wegerechte hat er nur wenn mindestens das Blaulicht eingeschaltet ist.

Insofern bist Du nicht gezwungen ihm Platz zu machen solange für Dich nicht erkennbar ist daß Sonderrechte vorliegen. Und rechtlich ist die Sache eindeutig: Sonderrechte hin oder her - wenn ein Unfall passiert während der Polizist gegen die STVO verstößt sieht das ganz schlecht für ihn aus, denn er darf sich zwar rechtlich in dieser Situation über die Regeln der STVO hinwegsetzen, aber bei der Haftung ist er dran.

Wenn es also gekracht hätte wäre der Polizist geliefert gewesen - Einsatz hin oder her. Da zieht dann nämlich keine Begründung mehr, auch nicht die, das es ein Einsatz war.

Und noch schlimmer: ich kenne es von einigen Hilfsorganisationen so daß die in Dienstanweisungen Regeln für das Fahren mit Sonder- und Wegerechten festgelegt haben, z. B. die daß auch im Einsatzfall nicht mehr als 50% schneller gefahren werden darf als die max. erlaubte Höchstgeschwindigkeit. Das heißt im Klartext: Wer sich daran nicht hält ist zwar strafrechtlich nicht zu belangen weil er die Regeln der STVO ja übertreten dürfte. Aber zivilrechtlich und im Hinblick auf die Haftung wird der Arbeitgeber, wenn nachgewiesen wird daß man zu wild unterwegs war, nicht haften weil der Arbeitnehmer grob fahrlässig gehandelt und die Dienstanweisung mißachtet hat. Ein etwaiger Schaden bleibt dann beim Arbeitnehmer hängen.

Insofern: gut daß nix passiert ist, gut daß es eine Dienstaufsichtsbeschwerde gab(die hat sicher auch dann Wirkung wenn sie am Ende eingestellt wird), und wenn es gekracht hätte wäre die Polizei regreßpflichtig geworden, denn Einsatz hin oder her, Rowdytum ist auch im Einsatzfall nicht gerechtfertigt und nicht gedeckt.

Gruß,

MecFleih

Hallo, Lidscha,
mal unabhängig von Polizei oder nicht - was hat den Knaben auf der rechten Spur geritten, nicht mal ein wenig vom Gas zu gehen, um dem Fahrzeug auf der Beschleunigungsspur das gefahrlose Einscheren auf die Autobahn zu ermöglichen? Wenn ich nicht ganz neben der Spur bin (um im Bild zu bleiben) ist er nämlich dazu verpflichtet.

Beim wechsel von der rechten auf die Mittlere Spur allerdings gilt, dass der Wechselwillige eine Lücke abwarten muß. Aber wie aus den anderen Beiträgen ersichtlich, gelten bei Polizeifahrzeugen wohl andere Regeln, weshalb ich in diesem Falle auch rate den Klügeren zu machen und die Dummen vorzulassen, wenns denn gar so pressiert.

Grüße
und gute und entspannte Fahrt,
Eckard

Hallo Eckard,

mal unabhängig von Polizei oder nicht - was hat den Knaben auf
der rechten Spur geritten, nicht mal ein wenig vom Gas zu
gehen, um dem Fahrzeug auf der Beschleunigungsspur das
gefahrlose Einscheren auf die Autobahn zu ermöglichen? Wenn
ich nicht ganz neben der Spur bin (um im Bild zu bleiben) ist
er nämlich dazu verpflichtet.

da sitzt du wohl einem weitverbreiteten Irrtum auf. Die StVO sagt dazu:

§ 18 Autobahnen und Kraftfahrstraßen

(3) Der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn hat die Vorfahrt.

Auch wenn es gut gemeint ist - es ist Sache desjenigen, der auf die AB auffahren will, die entsprechende Lücke abzuwarten, bis ein gefahrloses Einfädeln möglich ist. Oft passieren Unfälle durch wohlmeinende Autofahrer, die abbremsen oder Spur wechseln, um einen Einfädler reinzulassen.

Natürlich kannst du einem, der einfädeln will die Spur frei machen, wenn du selbst grad auf der rechten Spur fährst. Aber bitte nur dann, wenn von hinten die Bahn wirklich frei ist. Verpflichtet bist du wie oben gezeigt auf keinen Fall. Vorfahrt ist und bleibt Vorfahrt. Man fängt ja auch nicht an anderen Kreuzungen mit klarer Vorfahrtsregelung an, laufend neu über die Vorfahrt zu diskutieren.

Viele Grüße
Eva

OT: Der Osten und die Autobahn
Hi,

Gnade deiner späten Geburt. So nehme ich dir „Politisch-Ost
und -West“ nicht übel. Du kennst die Staus im Ruhrgebiet
nicht. Du musst aber aufpassen. Mit Erstarkung der SED und
Nachfolgeparteien könnte in Deutschland der Linksverkehr
eingeführt werden. :smile:
Grüße
Ulf

Ja um Gottes willen, ich will dir nicht die Mächtigkeit der Ruhrpott’schen Freitagstaus absprechen! Ich kenne sie halt nur aus dem sonst recht dünn besiedelten Osten ;o)

PS: Im Osten gibt es Autobahnbau.
Verkehrswegebeschleunigungsgesetz.

Ja aber doch nicht freitags!!!

Grüße
;o)

Hallo!

Aber
wie aus den anderen Beiträgen ersichtlich, gelten bei
Polizeifahrzeugen wohl andere Regeln

Das ist tatsächlich so, ausdrücklich geregelt in § 35 StVO:

(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, der Bundesgrenzschutz, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

Da steht auch im übrigen nichts von Lichtzeichen oder Sirenen, das gilt grundsätzlich.

Frank

Hi,

eine kleine Korrektur:

Wegerechte hat er nur wenn mindestens das
Blaulicht eingeschaltet ist.

Die stimmt nicht. Nur Blaulicht und Einsatzhorn zusammen geben das Wegerecht. Blaulicht allein reicht nicht!
§38(1) StVO:
Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn …
Es ordnet an:
„Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen“.

Gruß Stefan

1 Like

Hi,

Du bist hinten dran :smile: Das hat sich seit kurzem geändert! Man hat, den Realitäten auf der Straße folgend, festgelegt daß auch das bloße Einschalten des Blaulichts reicht und nicht mehr in Verbindung mit dem MArtinshorn geschaltet werden muß.

Gruß,

MecFleih

Leg mir doch bitte Fakten auf den Tsich statt Behauptungen.

http://bundesrecht.juris.de/stvo/BJNR015650970BJNE00…

Ist jedenfalls die aktuelle Fassung diesen Jahres.
Das kann ich dem nicht so entnehmen wie du es behauptest.

Gruß Ivo

http://bundesrecht.juris.de/stvo/BJNR015650970BJNE00…

Ist jedenfalls die aktuelle Fassung diesen Jahres.

Wie aktuell ist „Fassung diesen Jahres“? Ich habe im Oktober von einem Juristen erfahren daß es zu dem Zeitpunkt gerade taufrisch geändert worden ist.

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Wie aktuell ist „Fassung diesen Jahres“? Ich habe im Oktober
von einem Juristen erfahren daß es zu dem Zeitpunkt gerade
taufrisch geändert worden ist.

Ja ich weiss ja nicht was der Herr Jurist gesagt hat, aber die Seiten von BMJ sind eigentlich immer aktuell.
Es dürfte sich um die Fassung von 18.08.2005 handeln.

Das deckt sich ja mit dem „taufrisch“ fast.
Auch vom Beck-Verlag hab ich seitdem keine Aktualsierungslieferung zugeschickt bekommen in der etwas anderes stünde.

Nun werd ich aber neugierig.

Gruß Ivo

Hi,

Wie aktuell ist „Fassung diesen Jahres“? Ich habe im Oktober
von einem Juristen erfahren daß es zu dem Zeitpunkt gerade
taufrisch geändert worden ist.

Also, in den Bundesgesetzblättern der letzten drei Quartale kann ich keine entsprechende Änderung finden. Frage diesen Juristen doch mal nach einer Fundstelle.

Gruß Stefan

Tach,

Da steht auch im übrigen nichts von Lichtzeichen oder Sirenen,
das gilt grundsätzlich.

Das ist richtig - aber der §35 richtet sich nur an den, der die Sonderrechte in Anspruch nehmen will und nicht an Dritte. Andere Verkehrsteilnehmer können nicht erkennen, wenn ein BOS-Fahrzeug o.ä. die Sonderrechte in Anspruch nimmt und es hat auch keine Auswirkungen auf sie (im Ggs. zu §38).

Gruß,
Claus

Hallo,

wenn ein Dienstkraftfahrzeug einer Voillzugsbehörde (Polizei/Feuerwehr/Zoll usw.) Sonderrechte nach der StVO wahrnehmen will,muss es mindestens Blaulicht einschalten…
Ansonsten handelt es sich um ein gan „normales“ Kfz. …

(für die „Trachtengruppe“ hier,siehe dazu den Lehrbrief der PolFüAkademie Münster-Hiltrup).

mfg

Frank

Moinmoin,

Sonderrechte = Blaulicht. Dann darf man in Tempo 80 auch 100 fahren.
Tatütata = Wegerecht. Dann haben alle sofort Platz zu machen.

Ja, ich habe Einsatzerfahrung, 13 Jahre Blaulichtmilieu, und nein, ich bin nicht bei der Polizei.

Grüße

Hi,

wenn ein Dienstkraftfahrzeug einer Voillzugsbehörde
(Polizei/Feuerwehr/Zoll usw.) Sonderrechte nach der StVO
wahrnehmen will,muss es mindestens Blaulicht einschalten…
Ansonsten handelt es sich um ein gan „normales“ Kfz. …

diese Aussage ist schlichtweg falsch. Es muß sich im übrigen für die Inanspruchnahme von Sonderrechten noch nicht mal um ein Dienstfahrzeug handeln, geschweige denn um ein als solches gekennzeichnetes (im Fall des nicht durch die Feuerwehr durchgeführten Rettungsdienstes ist das allerdings anders).

Blaulicht allein ohne Tatütata bedeutet übrigens erstmal gar nichts.

Siehe auch StVO §§ 35 und 38

Gruß,

Malte

Hallo,

Sonderrechte = Blaulicht. Dann darf man in Tempo 80 auch 100
fahren.
Tatütata = Wegerecht. Dann haben alle sofort Platz zu machen.

das widerspricht in beiden Punkten der StVO in der Fassung von http://bundesrecht.juris.de/stvo/

Gruß,

Malte

Blaulicht allein ohne Tatütata bedeutet übrigens erstmal gar
nichts.

Naja, das stimmt so auch nicht. Es bleibt ein Warnsignal vor Unfall oder Einsatzstellen, usw. (VGL den §38 (2))

Allerdings ohne zwingende „Platzmachkonsequenz“ für den umliegenden Verkehr.

Gruß Ivo