Hallo Steffen,
endlich mal eine Frage, auf die ich sachkundig antworten kann. Ich habe gerade einen Beitrag für unseren örtlichen ADFC-Kreisverband recherchiert, in dem ich Mitglied bin. Dabei habe ich eine Reihe von Händlern interviewt. Ich kopiere hier einfach ein paar Textbausteine zusammen.
Grüße,
Matt
„Kleinkinder können in einem Anhänger transportiert werden, wenn sie selbständig und stabil sitzen können. Typischerweise ist die Wirbelsäule zwischen dem 12. und 18. Monat soweit, dass Kleinkinder kurze Strecken problemlos bewältigen können“, so Radhändler Franken. Aber auch schon vorher kann man Kleinkinder bedenkenlos in einem Fahrradanhänger befördern. Nämlich dann, wenn sich in den Transporter eine Babyschale einsetzen und angurten lässt. Dann können selbst Säuglinge ab dem Alter von zwei bis drei Monaten im Anhänger Platz nehmen. Selbstverständlich sollten Eltern die Reaktion ihres Sprösslings im Blick haben. Erfahrungsgemäß funktioniert der Transport im Anhänger aber sehr gut, denn das leichte Rütteln wirkt für viele Kinder einschläfernd und macht somit kurze Wegstrecken problemlos möglich.
Fühlt sich das Kind im Anhänger wohl, spricht aus Sicherheitsgründen nichts gegen einen Transport, wenn einige wichtige Punkte beim Kauf und der Nutzung des Anhängers berücksichtigt werden. In jedem Falle schneiden Anhänger beim Kindertransport in Tests deutlich sicherer ab als Kindersitze, die auf dem Lenker oder Gepäckträger montiert werden. Zu dieser Überzeugung kommt zumindest der ADFC-Bundesverband, der sich mit der Sicherheit von Kindertransportsystemen beschäftigt hat. Montierbare Kindersitze machen das Lenken des Fahrrads im Gegensatz zum Anhänger meist deutlich schwieriger und bei einem Unfall haben kleine Kinder mit noch schwach ausgeprägten Reflexen eine große Fallhöhe, die zu schweren Verletzungen führen kann. Gute Anhänger hingegen können sogar leichte Verkehrsunfälle mit Autos überstehen, ohne dass den angeschnallten Insassen etwas passiert. Zudem ist es ziemlich schwierig, einen Fahrradanhänger umkippen zu lassen. Verfügt der Anhänger über entsprechende Sicherheitsvorrichtungen ist es nicht einmal notwendig, dem Kind einen Helm aufzusetzen. Michael Franken weiß: „Zwar empfehlen viele Firmen zusätzlich den Helm, aber letztlich ist es in vielen Modellen gar nicht möglich, noch zusätzlich einen Helm zu tragen, weil die Kinder dann oben oder hinten anstoßen würden.“ Bei einem Unfall kommen die Kinder trotzdem meist weit besser davon als der ziehende Radfahrer, der bekanntlich nicht über eine Knautschzone verfügt. Außerdem scheinen die Kinderanhänger bei Auto- und Fahrradfahrern gleichermaßen zu einer größeren Rücksichtnahme zu führen. Unfälle unter Beteiligung von Fahrradzügen sind glücklicherweise äußerst selten und gehen in aller Regel glimpflich aus.
Gleichwohl gilt es schon beim Anhängerkauf eine Reihe von Dingen zu beachten, um den Transport für die kleinen Fahrgäste Kinder so sicher und angenehm zu gestalten. Michael Franken benennt vier zentrale Aspekte, die in jedem Falle berücksichtigt werden sollten: „Aus Sicherheitsgründen sollte sich der Anhänger nicht zu leicht zusammen falten lassen und über stabile Verbindungselemente verfügen, die auch über den Rädern vorhanden seien sollten. Daneben sollte im Auge behalten werden, dass Kleinkinder rasend schnell wachsen. Manche Modelle berücksichtigen das gar nicht und bieten später kaum noch Beinfreiheit“, so der Experte. Darüber hinaus sollten Anhänger in jedem Falle über ein gutes Gurtsystem verfügen, die ein mittiges Anschnallen des Kindes sicherstellen. Zudem hält Franken eine gute Federung für unerlässlich, insbesondere dann, wenn der Anhänger auch auf nicht asphaltierten Strecken zum Einsatz kommen soll. Studien der Universität Wuppertal haben kürzlich gezeigt, dass ungefederte Hänger erhebliche Belastungen der Wirbelsäule verursachen, die Kinder nicht ohne weiteres kompensieren können. Auf Radwegen und asphaltierten Strecken ist die Belastung erträglich. Wer aber täglich Kopfsteinpflaster oder Feldwege befährt, muss hier investieren.
Interessanterweise sind Kinderfahrradanhänger in der sehr regelungsfreudigen Straßenverkehrsordnung ein bislang weitgehend unbeschriebenes Blatt. Lediglich ein Rücklicht ist bei Dunkelheit vorgeschrieben. Darüber hinaus gibt es keine weiteren verbindlichen Regeln, theoretisch muss man die Kinder nicht einmal anschnallen, und auch die Warnfahne auf der linken Seite ist nicht Pflicht. Das hat dazu geführt, dass im Internet eine Reihe von Billigprodukten angeboten wird, die zum Teil ganz erhebliche Sicherheitsmängel aufweisen. Michael Franken ist sich sicher: „Ein anständiger Anhänger ist ab etwa 500 Euro zu haben.“ Für junge Eltern ist das natürlich ein Stange Geld, aber wenn man das Geld irgendwie aufbringen kann, ist ein Kauf und vor allem die Beratung beim Fachhändler eine gute Investition in die Sicherheit. Technisch nicht sonderlich begabte Radler sollten sich beispielsweise beim Kupplungssystem Rat einholen. So weiß Franken von Systemen zu berichten, bei denen die Deichsel in die Speichen des Hinterrads gezogen werden kann. Nach Möglichkeit sollte man dies natürlich vermeiden.
Gute Anhänger verfügen zudem über ein gutes Lüftungssystem und sind trotzdem wasserdicht, beides Eigenschaften, auf die man gerade im Münsterland achten sollte, wenn man in seinem Anhänger nicht gerade Fische transportieren möchte. Im Sommer ist die Lüftung deshalb sehr wichtig, weil der Anhänger auch bei strahlendem Sonnenschein geschlossen werden muss, da sonst Rollsplitt vom Hinterrad des ziehenden Fahrrads direkt ins Gesicht des kleinen Fahrgasts geschossen wird, was nicht bei allen Fahrgästen auf ungeteilte Zustimmung stößt.
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