meine Erfahrung…
Hallo Daggi…
Musste schon schwer schlucken, als ich dein Posting gelesen hab. Ich weiß nicht, ob es dir weiterhilft, aber ich möchte dir gerne meine Erfahrung aus Betroffener Sicht erzählen, vielleicht hilft es dir ein wenig für deine Tochter:
Als ich 8 Jahre alt war, wurde auch ich ‚sexuell belästigt‘. Es klingt so offiziell, obwohl es sehr persönlich ist. Es war im Park, tagsüber. Ich bin dann direkt zu meinem Bruder gelaufen, der auf dem Spielplatz war und hab ihm direkt alles erzählt, er ist nur 1 Jahr älter. Der ist dann sofort mit mir nach Hause damit ich es direket meiner Mutter erzählen soll… Ich kann mich nicht mehr so genau an den weiteren Werdegang erinnern, da ja meine Mutter dahingehend alles geklärt hat. Ich weiß nur, sie hat direkt die Polizei gerufen. An Gespräche im einzelnen kann ich mich nicht mehr erinnern, vielleicht besser so. Was mir unverändert klar im Gedächtnis bleibt ist der Tag selbst, sowie die Gerichtsverhandlung. Die Gerichtsverhandlung ist mir auch noch in starker Erinnerung. Der Staatsanwalt hat die Anklage vorgelesen, mit Allem, was passiert war. Ich musste allerdings (glaube es war fürs Protokoll oder so) alles noch mal selbst erzählen, und das, wo der Kerl direkt links vor mir saß. Ich sagte ab einer Stelle nur noch: und dann passierte das, was der Mann da (Staatsanwalt) eben vorgelesen hat. Es reichte nicht, ich musste es selbst erzählen, das war für mich schon schlimm, aber der Richter war sehr nett, hat für mich Pause gemacht (ich musste klar weinen) und hat mir in der Pause gut zugeredet. Ich bräuchte keine Angst haben, der Mann könne mir nichts tun, aber ich müsse es selbst nochmal erzählen.
Er bekam 10 Jahre. Für mich war schlimm, als es dann auch noch in der Zeitung zu lesen war:
TRIER. In der Grundschule Kürenz
wurde die 8-jährige Daniela W.
aus der 3. Klasse…
Mein Name stand für alle lesbar da. Wieviele Daniela’s gabs schon in meiner Stufe. Nur ich, also wussten es alle. DAS war mir sehr peinlich. Die folgenden Jahre musste ich allerdings gar nicht mehr daran denken. Nur nach genau 10 Jahren, wie eine Zeitschaltuhr, machte es einmal *klick* und ich dachte von jetzt auf gleich „die 10 Jahre sind um, der Kerl kommt frei“. Vermutlich wurde er wahrscheinlich eh schonn früher entlassen, ich weiß es ja nicht, aber da ich inzwischen direkt am Eingang von besagtem Park wohnte, wurde ich schon etwas unruhig. Klar, ich war 18. Was sollte er mir schon tun? Aber wegen mir hat er 10 Jahre gesessen. Würde er wiederkommen? Würde er mich erkennen?
Da hab ich dann das erste Mal mit meinem Freund darüber gesprochen. Es tat gut, ihm das zu erzählen, deswegen auch nochmal weinen zu dürfen. Es hatte und hat natürlich auch Auswirkungen auf mein Sexualleben. Beziehungsprobleme habe ich keine dadurch, oder sonstige Folgen. Nur beim Sex sind einige Sachen für mich einfach nicht schön…
hmmm… Nicht weiter dazu, ich muss schon zittern, weil ich das ganze schreibe, aber ich konnte einfach nicht einschlafen. Teilweise ist mein Posting Eigennutz, es tut gut, es schreiben zu können. Es ist zwar jetzt doch lange her, aber so manchmal (wie wenn ich eine solche Situation erfahre oder wie hier lese) kommt die Erinnerung dann wieder. Aber jedes Mal fällt es einem leichter, darüber zu reden, und ich denke, das ist gut. Meine Mutter hatte mich nie gedrängt, mit ihr darüber zu reden, ich glaube, ich habe mit ihr seit dem Gerichtstag nicht mehr darüber geredet. Aber mir tat es gut, es einfach ruhen zu lassen. Das ist jedoch bei jedem unterschiedlich, denke ich.
Soweit mein Posting, ich weiß nicht, ob es dir in irgend eine Weise hilfreich ist, aber ich wollte es dir schreiben.
Grüße und *knuddel*
Dany