Hallo Carsten (mit Tseh),
danke für Deine ausführliche Darstellung. Das ermöglicht es mir besser den Zusammenhang einzuordnen und noch konkreter auf Deine Anfrage einzugehen.
es ist eine Gedächtnisveranstaltung am 9. November vor einem
(brachliegenden) Bunker, an dessen Stelle 1938 die dort
befindliche Synagoge zerstört wurde.
also vom äußeren Raum schon mal ein nicht-jüdischer Kontext
Die Veranstaltung findet
jährlich statt, Kopfbedeckung der Männer wird ausdrücklich
gewünscht.
das ist ja schon mal ein deutlicher Hinweis auf die Kleiderordnung
Als erstes halten zwei Vertreter jüdischer Gruppen eine Rede,
d.h. sie sind genauso wie Du zu einem Beitrag eingeladen. Es passiert also nix jüdisch-religiöses. Nehmen wir mal an, ein jüdischer Kantor wäre da und es heißt: „Kantor Nussbaum singt zum Abschluß das El Male Rachamim“ dann würde da was Religiöses passieren und dann würde man eine Kippa in Erwägung ziehen - eine andere Kopfbedeckung wäre aber auch o.k.
danach der Oberbürgermeister. Und dann legen Vertreter
politischer Gruppen und anderer Organisationen Kränze nieder.
Dabei bin dann auch ich.
… gekürzt
Ich kenne aus meinen früheren Israelaufenthalten viele Juden
dort, aber keinen einzigen hier. Und anstatt bei einem
„Würdenträger“ formell anzufragen, hoff(t)e ich, hier eine
verbindliche Antwort bekommen zu können.
Die ist eben immer situationsbezogen. Wenn nun - was relativ unwahrscheinlich aber denkbar ist - die jüdische Gemeinde zu einer Veranstaltung in die Synagoge XY einladen würde, also Veranstalter wäre und es sich gleichzeitig um einen jüdischen Raum handelt (Synagoge), dann wäre Kopfbedeckung sowieso angesagt.
Aufgrund meiner Efahrungen in Israel setze ich die Kippa gerne
auf, habe aber die Befürchtung, das könne bei einer solchen
Veranstaltung als Anbiederung oder Vortäuschung einer
jüdischen Zugehörigkeit angesehen werden.
Genau das ist der Punkt. Dieser Gedankengang zeigt, dass Du sowieso schon mit Sensibilität an das Thema rangehst. In Deutschland gibt es halt Leute, die Jüdischsein vortäuschen (hatten wir auch schon in diesem Forum) und das teilweise kuriose Formen annimmt. Es gibt an meinem Wohnort einen Nichtjuden, der in seinem Geschäft Kippa trägt, der öffentlich Kippa trägt, aber wenn er zum Lernen kommt - wo es eigentlich üblich wäre das zu tun - hat er keine Kippa auf dem Kopf.
Ich habe vor ein paar Jahren mal zum 9. November einen Gedenkrundgang zur Pogromnacht angeboten. Da kam dann tatsächlich jemand, der sich einen gelben Stern gebastelt hatte und den an seinem Mantel angebracht hatte.
Gerade zu diesem Anlaß (9. November) reagieren viele Juden sehr allergisch auf alles, was darauf hindeuten könnte, daß jemand sich - da ja die wenigeren nicht-jüdischen Deutschen im Widerstand waren - sich von der Seite der Mitläufer und Täter auf die der Opfer schlagen möchte.
Laß uns doch wissen, wie es gelaufen ist.
Viele Grüße
Iris