Hallo!!!
Hallo Camilla
ich bin so frech und versuche, nicht nur das Ergebnis, sondern auch meinen Lösungsweg zu präsentieren, Du verstehst, wenn das lang wird.
a) Worin besteht heute der gesellschaftliche Wert der Kirche?
Was „gesellschaftlich“ ist, ist leider ungeklärt. Man kann sich heutzutage selten mit grösseren Menschenansammlungen darüber einigen, selbst wenn man im Duden nachliest oder im Gesetz oder wo auch immer. Ich versuche, es einzugrenzen. Also überlege ich mir mal zuerst, worin der mögliche Wert der Kirche für die Menschheit besteht. Das ist vorab mal ein möglicher Wert als Gemeinschaft.
Gesellschaft und Gemeinschaft unterscheiden sich grob gesagt etwa so, dass eine Gesellschaft ein Zusammenschluss für die Erreichung eines Zweckes ist, währenddem eine Gemeinschaft ein Zusammenschluss um des Zusammenschlusses willen ist, und nur wenn die Gesellschaft ihren Zweck darin findet, dass Zusammenschluss ihr Ziel ist, nur dann wird sie auch zur Gemeinschaft.
Die Kirche ist eine Gemeinschaft, grundsätzlich erklärtermassen die Gemeinschaft mit Jesus Christus, Seiner Lehre und Seiner Liebe. Da Gemeinschaft Zusammenschluss bedeutet, und zwar Zusammenschluss um eben dieses Zusammenschlusses willen, ist der gesellschaftliche Wert der Kirche umso höher, je eher die Gesellschaft sich der Gemeinschaftlichkeit annähert, bzw. umso tiefer, je weniger sie die Gemeinschaftlichkeit sucht. Das heisst also z. B. wenn die Gesellschaft Zusammenschluss im Sinne Christi zum Zweck hat, also Leben mit Ihm, Seiner Lehre und Seiner Liebe, dann wird sie auch ein grundsätzliches Interesse an Kirche haben. Will sagen, wenn Du grundsätzlich nach einer Legitimation für „Kirche“ suchst, musst Du deren Etikett - das Evangelium - ins Visier nehmen und dann allenfalls insofern Abstriche beim „Nutzen“ machen, als dass die Kirche ihrem eigenen Etikett streckenweise nicht gerecht wird. Also wenn ich sagen müsste, die Kirchen seien sich selber bzw. Christus untreu, dann müsste ich ihnen immerhin zugute halten, dass sie eine gute Lehre predigen. Wenn man SPD wählt, heisst das ja auch nicht, dass man all deren Köpfe mag, wenn man CDU wählt, ist es wohl ähnlich, nun ich kenn mich da nicht so genau aus und komme ohnehin aus der schönen Schweiz; aber das „Programm“, selbst wenn man ihm untreu sein sollte, ist nicht einfach gleich Null, und genauso ist es, wenn man über Kirche nachdenken will.
Wenn ich somit sage, dass ich Christ bin, so sage ich grundsätzlich auch, dass ich sowas wie das „Programm Kirche“ gut finde und ihm theoretisch den höchstmöglichen gesellschaftlichen Wert zubillige, sofern ich erkannt habe, dass die Gesellschaft letztlich Zusammenschluss, Liebe und Lehre im Sinne Christi zum Zweck hat; meiner Meinung nach hat sie diesen Zweck tatsächlich, weil sie aus lauter Menschen besteht, und des Menschen einzig letzter Zweck ist Liebe, Beziehung, Wahrhaftigkeit.
Wenn die Gesellschaft Liebe als Zweck hat, welche ihren Ausdruck in einem Zusammenschluss finden soll, dann ist Kirche theoretisch der Schlüssel dazu; allerdings muss man genau hinschauen, was Leute, die sich „Kirche“ nennen, damit anfangen, dass sie solche Macht haben; also was soll oder darf ich denn unter Kirche verstehen? Nochmals: theoretisch die Gemeinschaft Jesu Christi. Und die ist der Himmel. Also bedeutet das höchstmöglicher Wert für jede denkbare Gesellschaft in Vollgestalt.
b) Wie sollte sich Kirche wandeln, um wieder stärker gefragt
zu werden?
Ich glaube, dass „Kirche“ in einem weiten Sinn extrem gefragt ist und sich nicht anders zu verhalten braucht, selbst wenn die Kirchenräume leerer werden. Verschoben hat sich nicht Kirchlichkeit als Ganzes, sondern die Art der Gemeinschaftlichkeit. Aber das ist von Ort zu Ort unterschiedlich, wenn Du also Wissen darüber finden möchtest, müssten wir über Fallbeispiele reden.
Ist es noch Kirche, wenn eine gute Person im Wald spaziert und die Liebe etwas Gutes findet, während die gleiche Person vom Sonntagsgottesdienst nichts wissen will - ja und nein.
Ja, weil möglicherweise die ganze innere Haltung des Menschen tief christlich ist bis auf den einen Punkt, dass er die Enge der gerade verfügbaren kirchlichen Kultur fliehen möchte, ja sogar vielleicht erkannt hat, dass diese kirchliche Kultur antichristliche Elemente haben könnte.
Nein, weil der Mensch sich ein Stück weit vom Dialog und dem vielleicht möglichen Verändern jener Kultur fernhält und sich nicht darauf einlässt, obwohl er vielleicht sogar weiss, dass Christus Gemeinschaft gestiftet hat und nicht bloss Alleingang. Er war zwar auch ab und zu allein, aber nicht beim letzten Abendmahl, also warum sollte man der Messfeier, die das letzte Abendmahl darstellen soll, den Rücken kehren. Waldspaziergang kann da zwar ein kurzfristiger Ausweg sein, während aber das Problem da liegt, dass man die Kirche nicht genug als dynamisch erfährt, obschon möglicherweise in der Nachbargemeinde ein Gottesdienst stattfindet, der einem viel mehr entspricht als der in der eigenen Pfarrei. Und wenn die besagte Gemeinde unerreichbar ist, so könnte man sich ja doch in der eigenen auch kreativ einzubringen versuchen oder einen Massstab für die grundsätzliche Suche nach dem Gegenüber, dem Du, dem Menschen mit anderem Geschmack aber vielleicht doch mit Gemeinsamkeiten suchen. Ich weiss, je nach Ort unterschiedlich möglich. Auch auf dem Waldspaziergang kann man Christus begegnen. Aber vielleicht wäre ja Zeit sowohl für den Spaziergang als auch den Gottesdienst.
Ich werde mit der Zeit auch noch meine Meinung dazu bekannt
geben, bin aber erstmals an Euren Gedanken hierzu interessiert
)
Liebe Grüße, Camilla
Gruss
Mike