wenn mir ein Raucher sagt: Sie stören mich doch auch nicht! dann
ignoriert er damit, dass er mich stört. Und genau das machst
du jetzt auch.
Ich lege auf die Differenzierung Wert: Wenn mein Bürokollege Raucher ist, dann ist das zunächst seine Sache. Wenn er im Büro raucht, dann hat das nichts mit „stören“ zu tun, sondern mit einer gesundheitlichen Einschränkung, die ich nicht hinnehmen muß - ähnliches gilt in Restaurants… Und da ist der Kommentar des Rauchers, der Nichtraucher störe ihn auch nicht, völlig unangebracht. Kirchenglocken stellen aber zumeist keine gesundheitliche Beeinträchtigung dar.
Wenn besagter Kollege nach seiner Raucherpause mit der entsprechenden Fahne zurückkehrt, wenn der Tischnachbar im Wirtshaus nach Zigarette stinkt, dann ist das sicher unangenehm und vielleicht ein Grund, ihn drauf anzusprechen. Aber es ist in aller Regel eben keine gesundheitliche Beeinträchtigung. Auf DIESER (nicht der anderen, gesundheitlichen, nur noch mal zur Sicherheit) Eben liegt m.E. auch das Glockenläuten. Und von daher ist es m.E. ein Thema, über das man reden, das man aber nicht undifferenziert mit dem Rauchen gleichsetzen kann.
Aber eben meine Nicht-Gläubigkeit NICHT.
Ich gebe zu, daß ich oben unglücklich formuliert hatte:
NICHT zu läuten ist aber auch ein Ausdruck von religiösem (Nicht-) Empfinden.
Es hätte heißen müssen: „das Nichtläuten einzufordern ist aber auch ein Ausdruck…“. Denn natürlich ist es Unfug, von Nicht-Gläubigen äußere religiöse Formen ihres Nichtglaubens einzufordern. Mea culpa.
Davon abgesehen hat aber Nicht-Glaube auch wahrnehmbare Auswirkungen auf das Leben - auch wenn diese naheliegender Weise nicht unmittelbar religiöser Natur sind:
Wieso stört einen Christen, dass jemand anderes am Feiertag arbeitet?
Weil es letzten Endes alle unter Zugzwang setzt. Wer als Christ seinen Laden am Sonntag nicht öffnet, hat das Nachsehen, wenn die Konkurrenz munter aufsperrt. Und wer sich als Christ das Recht herausnimmt, sonntags nicht in die Fabrik gehen zu wollen, kann sich mittlerweile schnell einen neuen Arbeitsplatz suchen. Natürlich kann man mit einer gewisse Berechtigung sagen, da muß der Gläubige durch. Aber man darf nicht so tun, als hätte so etwas keinerlei Auswirkungen auf ihn.
Das hat letzten Endes auch etwas mit Toleranz
zu tun.
Stimmt. Dazu gehört aber auch die Toleranz von Leuten wie
dir, die es nicht einmal verstehen, dass es ein Unterschied
ist, ob man still und ohne Laut- oder Sichtäußerung einem
anderen oder gar keinem Glauben anhängt.
Sicher sind die genannten Punkte keine unmittelbare Glaubensausübung wie Gebetsläuten oder Prozessionen durch den Ort. Aber Maschinen, die sonntags laufen, „Kathreinsonntage“ (um nur ein Beispiel für Sonntagsarbeit zu nennen), die die Angestellten der Kaufhäuser am Totensonntag an den Arbeitsplatz binden sind als Folgen des Nicht-Glaubens ebenso wahrnehmbar - und sie treffen die Betroffenen mitunter noch härter, als das Zuhörenmüssen beim Läuten.
Wie gesagt, ich bin gar kein großer Kirchengeläutgegner, aber
deine Argumentation ist ziemlich dreist gegenüber
Nichtchristen.
Das Blatt hat zwei Seiten - und viele „gesellschaftliche“ Forderungen Nicht-Gläubiger, die sich den Geboten der Religionen mit gutem Recht nicht unterwerfen wollen, sind für Gläubige (nicht nur Christen) ähnlich dreist. In einer pluralistischen Gesellschaft wird man über solche Fragen reden müssen - und ich denke nicht, daß eine „Partei“ da das „wir tun niemandem etwas“-Recht automatisch auf ihrer Seite hätte.
Gruß, Martinus…