Hallo,
Es gibt viele, die keine Kirchensteuer zu bezahlen haben
(Schüler, Studenten, Arbeitslose). Diese werden von einem
Austritt abgehalten, auch in der Hoffnung, dass sie später,
wenn sie Geld verdienen, vielleicht vergessen auszutreten oder
es sich anders überlegen.
Sorry, das ist schon deshalb dummes Zeug, weil die Gebühr gar
nicht dem zu Gute kommt, dem die Kirchensteuer nutzt: der
Kirche.
Wer hat das behauptet? Was hat das mit dem Thema zu tun?
Psychologisch bedeuten die 30 Euro
auch ein Austrittshemmnis für diejenigen, die Kirchensteuer
zahlen. Denn diese wird automatisch vom Gehalt abgezogen und
wird daher kaum wahrgenommen, anders als das Geld, was man
direkt aus dem Portemonnaie zahlt.
Du bringst hier Argumente, die schlicht lächerlich sind.
Auch das persönliche
Erscheinen im Amt erscheint mir wie eine unnötige Barriere.
Ah so.
Zwei Fragen dazu:
a) Woher hast Du das mit dem persönlichen Erscheinen?
Zum Beispiel aus § 2 Niedersächsisches Kirchenaustrittsgesetz. Danach muss der Austritt persönlich beim Standesamt oder bei einem Notar erklärt werden. Eine Austrittserklärung durch einen bevollmächtigten Vertreter ist nicht zulässig. In NRW wird es ähnliche Regelungen geben.
b) Fällt Dir vielleicht noch ein anderer Behördengang ein, den
man persönlich machen muss und wo dann ebenfalls unnötige
Barrieren aufgebaut werden?
Nein, auf die schnelle nicht. Denn in der Regel ist das persönliche Erscheinen dann erforderlich, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Wenn ich ein Grundstück verkaufe, dann sehe ich es ein, dass ich zum Amt/Notar muss, da eine Immobilie etwas besonderes ist. Einen sachlichen Grund für das pers. Erscheinen beim Kirchenaustritt ist hingegen nicht ersichtlich.
Ein Brief mit dem Inhalt „hiermit erkläre ich meinen
Austritt“ reicht beim Austritt aus einer Partei oder
einem Verein auch aus.
Ja und? Eine Kirche ist weder Verein noch Partei und ihr
gegenüber erklärst Du auch eh’ nicht den Austritt.
Dein Argument zielt schon wieder ins Nirvana.
Es ist für mich kein Grund erkennbar, warum ich beim Parteiaustritt irgendwo persönlich erscheinen müsste. Gleiches gilt für den Kirchenaustritt. Unabhängig davon, bei wem man den Austritt erklärt, so könnte man dies mittlerweile sicherlich auch formlos (zB online) tun.
Nebenbei spricht die Kirche auch
offiziell davon, dass mit der Gebühr eine bestimmte Wirkung
erzielt werden soll: http://ibka.org/node/685 (unter
„Evangelische Kirche begrüßt Initiative der Landesregierung
den Kirchenaustritt zu erschweren“)
Ist Dir der Unterschied zwischen ‚ich begrüße das‘ und ‚ich
habe veranlasst, dass‘ bekannt?
Ach, dir brauche ich doch nicht zu erklären, was dahinter steckt, wenn rein zufällig nach dem Regierungswechsel in NRW eine solche Gebühr eingeführt wird. Ein Schelm, wer böses dabei denkt…
Übrigens, wo ist denn die Gebühr beim Eintritt in die Kirche? Müssen die Behörden in diesem Fall nicht auch tätig werden? Es muss doch der KiSt-Einzug veranlasst werden (Änderung der LSt-Karte usw.). Warum zahlt diesen Aufwand der Steuerzahler oder die Kirche, während der Aufwand für den Austritt vom Bürger zu zahlen ist?
Das Argument, es handele sich ja um eine
Verwaltungsdienstleistung, für die man auch zahlen müsste,
geht am wesentlichen vorbei.
Aha. Erklär doch mal, warum dann diese angebliche
Austritts-Schutzgebühr an die Behörde und nicht an die Kirche
zu zahlen ist.
? Vielleicht weil in diesem Land die Verwaltung dieser eigentlich kircheninterner Angelegenheiten vom Staat übernommen wird, das ist dir doch bekannt (KdöR). Was kann derjenige dafür, der austreten will?
warum der Staat überhaupt die Mitgliedsverwaltung übernimmt, ist
zweifelhaft und in anderen Ländern unüblich.
Inwiefern verwaltet denn der Staat neuerdings die
Kirchenmitglieder?
Darüber streite ich nicht mit dir. Nenn es wie du willst. Die Verwaltung von Austritten aus einer Organisation rechne ich zur Mitgliedsverwaltung, auch wenn die Kirche dies vielleicht parallel nochmal macht. Aber bitte, dann sage ich eben
KiSt-Verwaltung.
Das heißt konkret, wenn Sudo aus der
Kirche austreten will, und dies unbedingt von der Behörde
bearbeitet werden muss, so sollte dieser Aufwand aus den
KiSt-Einnahmen bezahlt werden.
Warum das? Will die Kirche was oder will der Kirchenaustreter
was?
Ganz eindeutig die Kirche! Sie genießt das Privilieg, dass der KiSt-Einzug durch den Staat veranlasst wird. Es dürfte bekannt sein, dass in Staaten mit einer Trennung von Staat und Kirche alle Religionsgemeinschaften selbst das Einziehen von Beiträgen und Spenden organisieren müssen. Dies ist in D anders, ein eindeutiges Privilig für wenige, ausgewählte Religionsgemeinschaften.
Durch das Konstrukt der KdöR wird letztendlich der Effekt
erzielt, dass der Austritt aus Religionsgemeinschaft A
kostenlos ist, während der Austritt aus Religionsgemeinschaft
B vom Staat mit einer Gebühr belegt wird.
Ja. Und? Stell Dir vor, Fahrradfahren ist auch kostenlos,
während das Autofahren mit einer Gebühr belegt wird.
Absolut richtig. Der Staat führt hier verständlicherweise eine Bewertung durch und macht bewusst Unterschiede zwischen Rad- und Autofahrern. Der nachvollziehbare Grund dafür ist die deutlich größere Gefahr, die vom motorisierten Individualverkehr ausgeht.
Auch zwischen den verschiedenen Kirchen bzw. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften führt der Staat bewusst eine Wertung durch. Und das, obwohl der Staat zur Neutralität verpflichtet ist (vgl. Kruzifix-Urteil). Ich will nicht darauf hinaus, dass das GG in sich widersprüchlich ist. Damit hätte man vor Gericht sicherlich keine Chance. Aber eine Gebühr (im mikroökonomischen Sinne also ein Preis für ein bestimmtes Gut) hat generell die Wikrung, dass die Nachfrage nach diesem Gut nachlässt. Erhebt der Staat eine Gebühr, muss er damit rechnen, dass tendenziell weniger Leute diese Dienstleistung in Anspruch nehmen. Wenn man dann noch sieht, dass es dem Staat untersagt ist, in die freie Wahl der Religion oder Weltanschauung einzugreifen, so lässt sich die Erhebung einer Gebühr, wie hoch oder niedrig sie auch sei, anzweifeln.
Gruß
Axel