Hallo Werner,
Wir entfernen uns mit Riesenschritten vom Gegenstand dieser
Diskussion
Das sehe ich nicht so. Gegenstand dieser Diskussion ist unter anderem diese Behauptung von Dir:
Denn um es zum Xten Mal zu sagen:
DER RU WIRD VON (ÜBERWIEGEND) STAATLICHEN LEHRERN NACH STAATLICHEN
LEHRPLÄNEN ERTEILT NICHT VON DER KIRCHE! Ist das nun angekommen?
Wegen dieser von Dir so lautstark vorgetragenen Behauptung habe ich in die Diskussion eingegriffen. Sie ist schlicht und einfach irreführend - ich hoffe nicht bewusst irreführend. Religionsunterricht wird von (überwiegend) staatlichen Lehrern erteilt, die dazu jedoch zwingend eine missio canonica oder Vokation der Kirche vorweisen müssen. Das ist ein kirchlicher Lehrauftrag, kein staatlicher. Der kirchliche Lehrauftrag geht dem staatlichen voraus - ohne kirchlichen Auftrag keinen staatlichen.
Die Erstellung der ‚staatlichen‘ Lehrpläne wiederum wird zumindest in Hessen an die Kirchen delegiert. Ich habe keine Lust das für andere Bundesländer zu überprüfen, glaube jedoch kaum, dass Hessen da eine Ausnahme darstellt.
Religionsunterricht gehört grundsätzlich zu den ‚res mixtae‘. Damit bezeichnet das deutsche Staatskirchenrecht Angelegenheiten, in denen Staat und Kirche zusammenwirken. Das, was Du tust, ist genau das, was Du den Machern der von Dir kritisierten Webseite vorwirfst. Du argumentierst undifferenziert und mit Halbwahrheiten. Meines Erachtens nicht nur in diesen speziellen Punkt der Diskussion, aber ich möchte mich auf ihn beschränken.
Hinter dem Hinweis auf die Gebundenheit der Religionslehrer an ihre
Konfession, hatte ich die Annahme vermutet, dass danach
den Religionslehrern abgesprochen werden sollte, eine differenzierte
auch kritische Darstellung von Religion und auch der eigenen
Konfession im Unterricht zu leisten. Wenn das nicht gemeint war gibt
es keinen Konflikt zwischen uns
Das habe ich aber so gemeint. Eine „eine […] kritische Darstellung […] der eigenen Konfession“ - das ist mit Sicherheit allenfalls eine Ausnahmeerscheinung und nicht der Regelfall, wie Du uns hier anscheinend ernsthaft weismachen möchtest.
Dein Hiweis auf die Mission bzw. Vokatio sind mir nun nicht
hilfreich, das so zu verstehen. Der Religionsunterricht ist
konfessionell gebunden. In den kirchlichen Lehrerlaubnissen wird
ausgesagt, dass der Unterricht in Übereinstimmung mit den
Grundsätzen der Konfessionen zu erteilen ist. Das ist übrigens auch
abgesehen von diesen Dokumenten die Pflicht der Religionslehrer -
schon laut Lehrplan
Gut erkannt. Der Staat verpflichtet die Religionslehrer darauf, den Religionsunterricht so zu erteilen, wie die Kirchen es für richtig halten.
Wo siehst du da einen Kritikpunkt? Das ist wie der Anspruch an
Biologielehrer den Unterricht in Übereinstimmung mit den gültigen
Lehren der Biologie zu erteilen
Klasse Vergleich. So einleuchtend. Das ist wie in der DDR der Anspruch an Lehrer für Gemeinschaftskunde, den Unterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der SED zu erteilen - das trifft’s wohl eher.
Du sprichst hier Leuten die wissenschaftliche Theologie studiert
haben, einfach die Fähigkeit und den Willen ab, differenzierten
Religionsunterricht zu geben, bezeichnest sie als „Linientreu“ (was
ja wohl als qualitativ minderwertig gemeint ist) und schließt ein
wenig küchenlateinmäßig von Missio canonica auf Mission (wie steht’s
mit der ev. Vokatio sind die damit unschuldig?).
Zunächst einmal - ich hatte nirgendwo von ‚missio canonica‘ auf Mission *geschlossen*. Ich hatte vielmehr - wie unschwer nachzulesen - den Auftrag durch die Kirche, den christlichen Glauben in ihrem Sinne zu lehren, als ‚Mission‘ bezeichnet:
Tatsächlich ist es so, dass diese Leute einen ausdrücklichen
Auftrag von ihrer Kirche erteilt bekommen und sich dafür
zu ‚Linientreue‘ im Sinne ihrer Kirche verpflichten müssen. Auch,
wenn Dir das Wort nicht gefällt - das ist nichts anderes
als ‚Mission‘
- was zumindest die katholische Kirche auch nicht im Geringsten leugnet:
Die ganze Kirche ist ihrer Natur nach missionarisch, und das Werk der Evangelisierung ist als grundlegende Aufgabe des Volkes Gottes anzusehen; daher haben alle Gläubigen, im Wissen um die ihnen eigene Verantwortung, ihren Teil zur Missionsarbeit beizutragen.(CIC Can. 781)
Menschen mit einem Theologiestudium spreche ich keineswegs die Fähigkeit ab, differenzierten Religionsunterricht zu machen. Was den Willen angeht, so ist das allerdings eine andere Geschichte. Ich beantworte gelegentlich Anfragen von Schülern, die sich im Religionsunterricht mit den Weltreligionen und dabei auch mit dem Buddhismus beschäftigen dürfen. Es ist schlicht und einfach haarsträubend, welcher blühende Unsinn da von „Leuten die wissenschaftliche Theologie studiert haben“ zusammengesponnen und für „differenzierten Religionsunterricht“ ausgegeben wird. Der Islam kommt da übrigens nach meinem Eindruck kaum besser weg. Hinzu kommt, dass bei jenen, deren Linientreue zweifelhaft ist, der Entzug der Lehrerlaubnis durch die Kirche droht. Erst heute nachmittag habe ich mit einem (katholischen) Religionslehrer gesprochen, der seit einigen Monaten in unserer (zen-buddhistischen) Gemeinschaft an den Meditationen (zazen) und den liturgischen Rezitationen (fugin) teilnimmt. Man hat ihm die Entziehung der missio canonica angedroht und wird diese Drohung wohl demnächst auch wahr machen. Wohlgemerkt, der Mann ist nach wie vor Mitglied der katholischen Kirche und hat sicher auch nicht seine Fähigkeit verloren, einen „differenzierten Religionsunterricht“ zu erteilen. Was fehlt, ist die Linientreue oder das, was seine Kirche darunter versteht. Einfach so, nach CIC (Codex Iuris Canonici) Can. 805: Der Ortsordinarius hat für seine Diözese das Recht, die Religionslehrer zu ernennen bzw. zu approbieren und sie, wenn es aus religiösen oder sittlichen Gründen erforderlich ist, abzuberufen bzw. ihre Abberufung zu fordern. Der Staat hat dabei nix zu melden - er darf lediglich die, die Religionsunterricht erteilen dürfen, besolden.
Und - da wir gerade dabei sind - auch noch Can. 804:
_§ 1. Der kirchlichen Autorität unterstehen der katholische Religionsunterricht und die katholische religiöse Erziehung, die in den Schulen jeglicher Art vermittelt oder in den verschiedenen sozialen Kommunikationsmitteln geleistet werden; Aufgabe der Bischofskonferenz ist es, für dieses Tätigkeitsfeld allgemeine Normen zu erlassen, und Aufgabe des Diözesanbischofs ist es, diesen Bereich zu regeln und zu überwachen.
§ 2. Der Ortsordinarius hat darum bemüht zu sein, daß sich diejenigen, die zu Religionslehrern in den Schulen, auch den nichtkatholischen, bestellt werden sollen, durch Rechtgläubigkeit, durch das Zeugnis christlichen Lebens und durch pädagogisches Geschick auszeichnen._
Und nun - weil der Kontrast so schön ist - noch einmal Deine Aussage:
DER RU WIRD VON (ÜBERWIEGEND) STAATLICHEN LEHRERN NACH STAATLICHEN
LEHRPLÄNEN ERTEILT NICHT VON DER KIRCHE! Ist das nun angekommen?
Deine Annahme der Staat (und sein Unterricht) solle weltanschaulich
neutral sein, ist im übrigen ganz grundsätzlich falsch. Unser Staat
ist (fast) ein demokratischer Rechststaat. Dies ist mit einer
bestimmten Weltanschauung und bestimmten Werten verbunden die auch
in der Schule vermittelt werden sollen. Auch im Politikunterricht
wird kein neutraler Unterricht erteilt.
Du verwechselst hier und im Folgenden zwei völlig verschiedene Dinge. Zum einen die durch das Grundgesetz für alle verpflichtenden Grundwerte und zum anderen Weltanschauungen und Religionen. Der Staat hat das Recht und die Pflicht, von allen Bürgern zumindest die Akzeptanz der Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte als Grundlage staatlichen Zusammenlebens einzufordern. Du nennst das eine ‚Weltanschauung‘ - nun, wenn Du Verfassungspatriotismus eine Weltanschauung nennen willst, sei’s drum.
Bei Religionen handelt es sich um in einem pluralistischen Staat miteinander konkurrierende Weltanschauungen. Was hingegen den ‚Verfassungspatriotismus‘ angeht, kann und darf der Staat keine konkurrierenden Ansichten gelten lassen. Was jedoch Religionen angeht, so ist der Staat durch Art. 4 GG zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet - eine Verpflichtung, mit der er sich noch immer reichlich schwer tut.
Da Dir die Vorstellung einer weltanschaulichen Neutralität des Staates doch erhebliche Probleme zu bereiten scheint, hier ein lesenswerter Artikel zu diesem Thema:
http://www.uni-bielefeld.de/ZIF/Publikationen/97-3-H…
Freundliche Grüße,
Ralf