Servus,
es tut mir ja leid, wenn ich hier gleich nochmal einen Frontabschnitt aufmache, aber da stehen ein paar Dinge, die nicht nur nicht ok sind, sondern einem Gründer, der begreiflicherweise nicht so weit ins USt-Recht eintauchen will, wenn er sich mit wichtigeren Dingen wie z.B. Akquise beschäftigen kann, durchaus schaden können.
Der verlinkte Aufsatz ist übrigens schön, darum gehts mir nicht. Obwohl das Original § 19 Abs 1 UStG - nur echt mit dem Geier - auch recht gut lesbar ist, wenn man ihn z.B. mit so Grausamkeiten wie dem § 10 EStG vergleicht…
Das hier:
Einnahmen und Ausgaben müssen verbucht werden.
ist falsch und führt einen nebenberuflichen Gründer ggf. in die Irre. Die Einnahmen und Ausgaben müssen nur nachvollziehbar aufgezeichnet werden. Dafür genügt ein Leitzordner, einige Trennblätter oder Trennstreifen aus Karton und ein Tischrechner mit Addistreifen. Ausgaben nach Kostenarten getrennt abgelegt, aufaddiert, Addistreifen gelocht und oben drauf geheftet genügt vollkommen; wenn Vorsteuerabzug ins Spiel kommt, wird es ein bissel komplexer (man braucht dann für die meisten Kostenarten zwei Fächer, und man muss am Tischrechner auch die Divisions-, die Subtraktions- und die Zwischensummenfunktion beherrschen, aber gehen geht auch das. Bei meinen ersten Gehversuchen in den 1990er Jahren hab ich übrigens in einer WP-Kanzlei gearbeitet, in der alle Ärzte auf diese Weise verarztet wurden.
Die Aufzeichnungen selber erledigen vs. nach draußen geben macht im Jahr auch bei einer kleinen Bude ruckzuck einen Tausender im Jahr aus. Davon kann man z.B. viele schönen Flyer drucken lassen.
Bei dem Jahresumsatz kann im Regelfall davon ausgegangen
werden, daß keine Einkommenssteuer anfällt.
Wenn jemand nebenberuflich selbständig tätig ist, darf davon ausgegangen werden, daß außer SE- auch N-Einkünfte anfallen. Selbst wenn es plausibel ist, daß die Betriebsausgaben nicht dramatisch hoch sein werden, wird doch allemal die ESt auf das zu versteuernde Einkommen festgesetzt und nicht auf die Einkünfte aus den einzelnen Einkunftsarten separat. Für einen Gründer, der eventuell in einer Anlaufphase bissel knapp mit der Liquidität ist, ist die Behauptung, er könne sich drauf verlassen, daß er keine ESt bezahlt, unter Umständen ein Handkantenschlag ins Genick mit Zeitzünderfunktion: Das KO kommt dann bei der Veranlagung.
Für den Kunden gibt es dann wohl den Verdacht, daß die
Kalkulation trotzdem so hoch wie mit MWSt. USt ist; mit anderen
Worten, daß man zu teuer ist.
Ich habe den Verdacht, daß bei den Auftraggebern eines selbständigen Freiberuflers üblicherweise keine derartigen Flachschippen in der Beschaffung sitzen, daß man so einen Unsinn unterstellen sollte.
Die Firmen kalkulieren eben so, daß sie im Hinterkopf immer
die 19% Mwst. haben, die sie als Vorsteuer absetzen können.
Oh weh. Was für Firmen sind das? Paul Pachulkes Trockenbau- und Hausmeisterservice Senftenberg vielleicht?
Erscheint diese Mwst. nicht auf der Rechnung, mag man das
nicht so sehr - manche wittern sogar Schwarzarbeit.
Ja, Paul Pachulke eventuell schon, da magst Du richtig liegen. Mit jedem halbwegs relevanten Auftraggeber kann man die Frage ganz einfach diskutieren. Sie wird sich in der Regel nicht einmal stellen, wenn im Angebot z.B. beim Preis steht „ohne USt wegen Anwendung der Kleinunternehmerbesteuerung gem. § 19 Abs. 1 UstG“.
Ich kann mir vorstellen, worauf die Anweisung an die Beschaffung „nur Unternehmer mit korrektem USt-Ausweis“ beruht. Das ist aber im vorliegenden Fall schnurzpiepe - entweder, man will die (nicht so arg dicht gestreuten) Auftraggeber haben, die solchen Firlefanz vorschreiben, oder es ist einem wichtiger, die Aufzeichnungen leicht erledigen zu können und ggf. bei Endverbrauchern die viel besseren Preise bieten zu können. Unternehmerische Entscheidung.
Wenn man also anstrebt, möglichst viele Aufträge zu bekommen,
sollte man auf die Kleinunternehmerregelung verzichten,
Wenn man viel für Auftraggeber tätig ist, die keine Unternehmer im Sinn des UStG sind, schießt man sich durch Befolgen dieses Ratschlags gleich zum Start ins Knie - und mit einer kaputten Kniescheibe kann man nicht so gut spurten wie der Wettbewerb.
Mit diesem gemischten Salat:
Umsatzsteuer zu zahlen - aber die hat man ja bereits durch die Mwst.eingenommen!
wird die Verwirrung des armen Gründers komplett. Zu den Begriffen:
„Mehrwertsteuer“ ist insofern nicht falsch, als der Begriff im europäischen Recht als Sammelbegriff für die Umsatzsteuersysteme der einzelnen Länder verwendet wird. Aber es ist vollkommen überflüssig, ihn zu verwenden. U.a. deswegen, weil in den einschlägigen Quellen UStG, UStR, UStH, UStDV, die man als Gründer wohl hie und da brauchen können wird, von Anfang bis Ende nirgendwo von „Mehrwertsteuer“ die Rede ist. Es wird nicht leichter, die Quellen außerhalb von Wikipedia zu lesen und zu verstehen, wenn man diesen überflüssigen Begriff erstmal eingeführt hat.
Schöne Grüße
MM