Kleinkind am Sterbebett

Hallo!

Folgendes Szenario könnte sich gerade irgendwo abspielen:

Ein alter Mann liegt im Sterben. Er liegt palliativ in einem Krankenhaus. Sein Enkel samt Urenkel (gerade 2) wohnen sehr weit weg. Die Mutter des Kleinkindes ist hochschwanger und nicht mehr fahrbereit, die Geburt wird jederzeit innerhalb der nächsten zwei Wochen losgehen. Der Wunsch des Enkels ist es, den Großvater nochmals zu sehen bzw. seiner Mutter bei der Trauer beizustehen. Ein Besuch wäre erst am kommenden Wochenende möglich. Ob es der Opa bis dahin schafft, ist offen.

Es werden verschiedene Optionen diskutiert, u.a. auch, das Kleinkind mitzunehmen, da die Mutter nicht in der Lage ist, sich 24/48 Stunden allein zu kümmern (verordnetes Liegen über mehrere Stunden, keine geöffnete Tagesbetreuung am Wochenende). Das Gefühl der Mutter sagt aber, dass es nicht gut ist, ein knapp 2jähriges Kind in diese Situation zu bringen: ein trauriger, emotionaler, aber auch nervöser (der Anruf zum Geburtsbeginn könnte ja jederzeit kommen) Papa, viele weinende Omas und Opas und Tanten, vielleicht auch ein Uropa, der gar nicht mehr begreift, was los ist (und ein sehr empathisches Kind), die Krankenhaussituation (oder eben die Trauersituation) usw. Erwähnt werden muss wahrscheinlich auch nicht, dass die werdende Mutter ohnehin nervös ist, wenn sie weiß, der Vater braucht mindestens 4 Stunden, ehe er im Kreißsaal sein könnte.

Die Situation ist kniffelig. Würdet ihr als Mutter der Option „Vater und Kind fahren“ überhaupt zustimmen? Oder gehört ein Kleinkind nicht in die Nähe einer solchen Situation? Welches „Recht“ hat die werdende Mutter, darauf zu bestehen, dass auch zu ihrem (emotionalen) Schutz jemand (der Kindsvater) abrufbereit ist? Oder ist es egoistisch zu erwarten, dass der Vater nicht direkt Abschied von seinem Großvater nimmt?

Wer sich in diese hormonell belastete Situation hinein versetzen kann, kann mal gern seinen Senf dazugeben.

Danke und Grüße,
sonne

Moin,

Wer sich in diese hormonell belastete Situation hinein
versetzen kann, kann mal gern seinen Senf dazugeben.

kennt das Kind einige der Anweasenden und/oder den Sterbenden?

Wenn sich ein Kind sicher fühlt, kann man ihm wesentlich mehr zumuten, als die meisten Erwachsenen es wahrhaben wollen.
Wenn der Vater das Kind etwas vorbereitet, sehe ich kein Problem in der Situation.
Die Vorbereitung könnte sein, daß dem Kind erklärt wird, das da viele leute sehr traurig sind, weil jemand für immer weggeht. Dann dem Kind Sicherheit geben, z.B. daß es immer auf den Arm kann oder wenn es möchte den Raum verlassen.

Wenn das Kind den Sterbenden kennt, dann sollte man ihm sagen, daß diese Person es ist, die für immer weggeht.

Wie gesagt, ein Problem sehe ich darin keines.

Gandalf

Hallo,

als werdender Vater würde ich in dieser Situation niemals mehr als 20 km von meiner Frau entfernt sein. So habe ich das jedenfalls zweimal gemacht.
So gerne wie er den Opa nochmal sehen will; die Frau benötigt die Hilfe mehr. Oder will er bei der Geburt auch nicht dabei sein? Was soll die Frau machen, wenn es los geht?

Von daher würde sich die Frage nach dem Kleinkind gar nicht stellen. Ansonsten bekommt man mit 2 Jahren noch nicht soviel mit, als dass es Schaden verursachen würde. Aber mich als Trauernder würde er doch eher stören. Er bleibt ja bestimmt nicht eine Stunde ruhig auf dem Stuhl sitzen?!

Haelge

Hallo!

Danke für die Antwort!
Der werdende Vater geht natürlich auch nach wie vor arbeiten usw. Mehr als die Entfernung in Kilometer zählt für die Mutter natürlich der Zeitfaktor. Momentan wäre der Vater innerhalb einer Stunde zu Hause bzw. innerhalb einer halben Stunde im Krankenhaus. Damit kann die Mutter leben - sie geht nicht von einer Sturzgeburt aus.
In die Klinik würde schon irgendein Nachbar fahren.

Vier Stunden Entfernung plus eventuelle Verkehrsstörungen auf den Autobahnen dieser Republik sind da natürlich etwas anderes. Die gesamte erste Geburt dauerte keine 4 Stunden…
(Wobei man halt ggf. bei der ersten Wehe Bescheid geben müsste und nicht abwarten würde - ggf. einen Fehlalarm riskierend.)

Eine Stunde bleibt der Lütte niemals sitzen, ich würde sagen, eine Minute ist schon viel :wink:

Fakt ist: Die Situation ist für die werdende Mutter und ihren Blutdruck enorm unangenehm. Es gibt keine alternative Vertrauensperson, die bei der Geburt dabei sein könnte. Andererseits gönnt sie natürlich auch dem Vater den Abschied von einem geliebten Menschen. Wir haben hier wohl eine klassische Dilemmasituation. Die Frage ist: Wer sollte das entscheiden?!

Schwierig, schwierig.

Grüße,
sonne

Hallo,

die „vier Stunden“ bis der Vater wieder bei der Mutter wäre, würde ich als nicht so kritisch sehen. Das ist etwas, dass man aus der Situation im letzten Moment heraus entscheiden kann. Gibt es Anzeichen einer kurz bevorstehenden Geburt, dann würde ich auch den Vater eher an der Seite seiner Frau sehen. Gibt es die nicht, spricht eine recht hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Vater auch die Chance hat, rechzeitig wieder da zu sein. Klar, es gibt durchaus aus auch sehr spontane Geburten, aber wenn wir von Abwägung sprechen, würde ich nicht vom Extremfall sondern von einer durchschnittlichen Erwartungshaltung ausgehen.

Was die Situation des Kindes angeht, so verpacken Kinder den Umgang mit dem Tod meiner Erfahrung nach viel besser als sich Erwachsene dies üblicherweise vorstellen. Bei uns ist der Tod recht regelmäßig Thema, weil meine Frau diversen Einrichtungen, und u.a. auch einem Hospiz vorsteht, und wir die Kinder auch immer wieder mit in die Einrichtungen nehmen, wenn sich dies anbietet. Da lernen sie durchaus auch Menschen kennen, von denen meine Frau dann später erzählt, dass diese verstorben sind, und der Große nimmt das sehr pragmatisch auf. D.h. der „naturwissenschaftliche“ Teil wird im Sinne von „lebt nicht mehr“ als dauerhafter Zustand verstanden, aber emotional belastet ihn das kaum. Das traf auch für einige Todesfälle im persönlichen Umfeld der letzten Jahre zu.

Insoweit hatten wir auch keine Bedenken als komplette Familie noch einmal zum schon bewusstlosen Opa zu fahren. Und ich werde nie vergessen, dass dieser noch einmal den Kopf hob, die Augen aufmachte, und mit ganz glücklicher und fester Stimme seinen Enkel ansprach. Auf der Rückfahrt bekamen wir dann die Todesnachricht, und sind natürlich ebenfalls wieder mit Kind zurück gefahren, und haben uns dann verabschiedet. Natürlich ist abwechselnd einer von uns mit ihm immer mal aus dem Zimmer gegangen, wenn es ihm zu langweilig wurde. Aber auch für uns war es sehr positiv als Familie teilgenommen zu haben, und der Kleine hat uns allen mit seiner Anwesenheit und seiner Unbekümmertheit durchaus eben auch geholfen, mit der Situation fertig zu werden. Das war also alles andere als zusätzlich belastend für den Rest der Familie, dass da auch noch so ein kleines Kind dabei war.

Im Übrigen sollten wir nicht vergessen, dass es eine recht neue Entwicklung ist, dass der Tod zunehmend „ausgelagert“ wird. Es ist noch nicht so lange her, dass Menschen überwiegend in der eigenen Wohnung und im Beisein der Großfamilie verstarben. Und es wurde angesichts hoher Kinder- und Mütter-Sterblichkeit weit mehr gestorben als heute, wo es die große Ausnahme ist, dass Kind oder Mutter eine Geburt nicht überleben, und angesichts wunderbarer medizinischer und wirtschaftlicher Gegebenheiten die Menschen älter und älter werden.

Und wenn irgendwie möglich habe ich auch immer zugesehen, dass ein Sterben in den eigenen vier Wänden und im Kreis der Familie möglich war, wenn ich damit zu tun hatte. Ich weiß aber auch, dass dies immer seltener wird, und ich fand es beeindruckend, dass uns ein Krankenhaus-Arzt mal nach einem Todesfall angeschrieben hat, dass er tief bewegt davon gewesen sei, wie umfassend die Familie sich auch im Krankenhaus gekümmert habe, und dass dies leider kaum noch so zu beobachten sei.

Also ich kann einfach nicht anders, als - mal abgesehen von der Geburts-Thematik - Dich/Euch nur darin bestärken, diesen durchaus schwierigen, aber doch ganz natürlichen und lohnenden Weg zu gehen.

Gruß vom Wiz

Hallo!

Das Kind ist ganz knapp 2. Es „kennt“ außer den Bezugspersonen und den direkten Nachbarn niemanden. Es weiß, dass es Oma und Opa gibt und das in mehrfacher Ausführung. Das sind die Leute, mit denen man einmal pro Woche telefoniert und die man vier- bis sechsmal im Jahr sieht. Also jeweils. Es gibt insgesamt fünf Omas und drei Opas (noch). Wenn man telefoniert, dann sagt der Junge, es sei Oma am Telefon, aber es kann nicht unterscheiden, ob es jetzt eine Oma mit Opa ist oder nicht. Jede Oma wird nach dem Opa gefragt. Meiner Meinung nach „kennt“ das Kind den Sterbenden also nicht, besonders, da er ihn bisher vielleicht fünfmal in seinem Leben gesehen hat und das meist bei großen Feierlichkeiten.

Natürlich kennt das Kind noch andere Omas und Opas, die anwesend sein würden. Es kennt ja auch den Vater, der mit vor Ort wäre. Je nach Zustand des Opas ließe es sich ja auch arrangieren, dass der Junge die Möglichkeit hat, aus dem Raum zu gehen.

Interessant wäre schon die Frage, was ein Kind mitbekommt und wie es davon geprägt wird. Kürzlich war die werdende Mutter grippekrank und einen ganzen Tag mit dem Kind allein zu Hause. Aufgrund eines Hustenanfalls entstanden große Schmerzen im Bauch und am Muttermund und die Mutter weinte. Das Kind war sofort da, streichelte die Mutter, kuschelte sich an sie und fing schließlich auch an zu weinen. Es verstand nur, dass die Mutter Schmerzen hat, und zeigte enorme Empathie. Einem Kind, das ja auch noch gar nicht richtig sprechen kann, zu erklären, dass da jemand stirbt und alle ganz traurig sind, es selbst aber nicht traurig sein und weinen muss, finde ich schwierig. V.a. handelt es sich ja um viele, ihm auch teilweise gänzlich unbekannte Menschen. Überfordert das ein Kind nicht?!

Grüße,
sonne

Hallo wiz,

„abgesehen“ von der Geburtssituation gibt es ja eigentlich auch kein Problem. Unter normalen Umständen würde die kleine Familie heute dorthin fahren, vom Opa Abschied nehmen und fertig. Inwiefern das Kleinkind Teil des unmittelbaren Sterbens sein würde, müsste man eben überlegen. Leider geht es aber v.a. um die „Abgesehen“-Situation. Die Schwangere ist weder in der Lage noch Willens, 4 Stunden oder mehr in einem Auto zu sitzen, sie würde also nicht mitfahren. Vater und Sohn müssten allein fahren. Die Mutter wäre allein zu Hause, mit einer kurz bevorstehenden Geburt. Es gäbe verschiedene Optionen, die allesamt nicht ideal wären. Dem Kind fehlt vor Ort eine „stabile“, nicht trauernde Bezugsperson (die Mutter). Der Vater ist traurig und nervös. Die Mutter ist natürlich ebenso nervös, denn es könnte jederzeit losgehen, und sie wäre allein. Wie gut ist das für das Kind? Spürt es nicht auch, dass da alles ganz „nervös“ ist? Wie egoistisch ist es von der Schwangeren vom werdenden Vater zu verlangen, nicht zu fahren? Wie egoistisch ist es vom Vater doch zu fahren?

Die Abwägung erscheint mir gerade zwischen „Wie gut ist emotionaler Stress für das Kind?“, „Wie gut ist emotionaler Stress für die Hochschwangere?“ und „Wie gut ist es für den Enkel, nicht direkt von seinem Opa Abschied nehmen zu können?“

Warum liegen Leben und Tod so nah beieinander?

Grüße,
sonne

P.S.: Die erste Geburt dauerte insgesamt keine 4 Stunden. Die Vorstellung von dieser zeitlichen Entfernung ist für eine Zweitgebärende also durchaus beängstigend.

HAllo,

ich verstehe ihn nicht. Was gibt es wichtigeres (und schöneres) als bei der Geburt seines Kindes dabei zu sein. Da würde ich kein Risiko eingehen, das zu verpassen.
Und du brauchst ihn jetzt nötiger, als sein Vater ihn braucht. Das ist jetzt blöd für ihn. Aber nachhaltiger ist doch eher die Geburt und die Unterstützung, die du so dringend gebrauchst.
Letztendlich muss er das aber entscheiden. Kann er nicht morgens hin und abends wieder bei dir sein? Und zwar bald. Die Wahrscheinlichkeit wächst mit jedem Tag.

Haelge

Moin,

Einem Kind,
das ja auch noch gar nicht richtig sprechen kann, zu erklären,
dass da jemand stirbt und alle ganz traurig sind, es selbst
aber nicht traurig sein und weinen muss, finde ich schwierig.

da unterschätzt Du das Kind mit einiger Wahrscheinlichkeit!

V.a. handelt es sich ja um viele, ihm auch teilweise gänzlich
unbekannte Menschen. Überfordert das ein Kind nicht?!

Wie ich schon schrieb, wenn eine gute Bezugperson dabei ist, wahrscheinlich nicht.
Kinder haben einen sehr feinen Draht, auch wenn sie es noch nicht so klar ausdrücken können.

Gandalf

Hallo,

ich verstehe ihn nicht. Was gibt es wichtigeres (und
schöneres) als bei der Geburt seines Kindes dabei zu sein.

er wird mit seinem Kind und seiner Frau in der Zukunft hoffentlich noch viele schöne Stunden verbringen können.

Von dem Sterbenden kann er sich nur einmal verabschieden.

Grüße

Billi

PS: Meiner Meinung nach ist die tatkräftige Mithilfe des Vaters in der Zeit nach der Geburt sehr viel wichtiger als seine Anwesenheit während der Geburt.

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Hallo Sonne,

Erwähnt werden muss wahrscheinlich auch
nicht, dass die werdende Mutter ohnehin nervös ist, wenn sie
weiß, der Vater braucht mindestens 4 Stunden, ehe er im
Kreißsaal sein könnte.

wenn der Vater bei der Geburt dabei sein soll wer betreut dann das 2jährige Kind? Kann man diese Person bitten bei der Betreuung schon einen Tag am WE auszuhelfen, damit der Vater einen Tag am WE seinen Opa noch mal besuchen kann?

Der Wunsch des Enkels ist es, den Großvater nochmals zu sehen

Das ist verständlich, aber er sollte das in einem Tag machen.

bzw. seiner Mutter bei der Trauer beizustehen.

Nach deinen Angaben gibt es einige Familienmitglieder vor Ort die sich gegenseitig beistehen können und der werdende Vater wird dringender von seiner hochschwangeren Frau gebraucht.

Also wenn am WE noch keine Geburtsanzeichen sind, dann soll der Vater einen Tag zum Opa fahren und Mutter und Kind sollen zu Hause bleiben und für die Betreuung des Kindes soll Hilfe gesucht werden.

Liebe Grüße Sela

Hallo Sonne,

nun wurde dir doch schon mehrfach gesagt, dass es für Kinder nicht so abläuft wie für Erwachsene! Du hälst immer wieder dagegen, dass das Kind sehr empatisch ist. Ja, das ist gut - nein, es schadet ihm nicht!

Meine Oma starb als ich 2 Jahre alt war - es war schon ein Erlebnis, dass ich es jetzt noch in Erinnerung habe. Alle standen im Krankenhaus um das Bett herum - man hatte mir wohl erzählt, dass die Oma nun im Himmel ist. Da wir ja aber alle bei ihr standen, ging ich davon aus, dass wir sie gerade im Himmel besuchen, dass die Schwestern Engel seien und beim Hinausgehen und Treppab-gehen würden wir wieder auf die Erde kommen. Klar haben alle geweint, sie hatte 7 Kinder, alle waren da. Aber das ist halt so. Es gibt Emotionen, es gibt Tod, es gibt aber auch das Weiterleben. Ein Kind verarbeitet das besser als ein Erwachsener! Und es darf auch sehen, dass der Papa weint, weil er traurig ist.

Man muss ein Kind nicht vor emotionalen Erlebnissen schützen.

In dieser Situation finde ich wichtiger, dass die Mutter nicht alleine im Kreißsaal liegt, mit dem offensichtlichen Unwillen, das Kind in einer solchen Situation zu wissen. Also unentspannt, ohne Mann, Kind in einer Situation, die sie nicht will.

Wie nah ist der Termin?

lg, Dany

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Hallo nochmal,

deine persönliche Angst, ggf. alleine ins Krankenhaus zur Geburt zu müssen, kann ich durchaus verstehen, und ich finde es von deiner Position aus auch durchaus verständlich, dass Du da für Dich eine klare Priorität hast.

Aber dann habe auch den Mut dies auch genau so deutlich zu sagen.

Es bringt keinem der Beteiligten etwas, wenn Du da anderen Gründe suchst und vorschiebst, an denen objektiv nichts dran ist, oder hier Fragen in der Hoffnung von Bestätigung anstelle ehrlicher Antworten zu stellen.

Ich möchte ganz sicher nicht in deiner oder der Haut deines Mannes momentan stecken. Das ist sicherlich eine ganz furchbar zwiegespaltene und emotional belastende Achterbahnfahrt der Gefühle, in der es kein wirkliches und absolutes Richtig oder Falsch gibt. Also musst Du selbst eine Entscheidung finden, mit der Du bestmöglich leben kannst. Aber das Leben ist eben manchmal genau so gemein zu einem. Auf der anderen Seite steht aber eben auch, dass Geburt und Tod nun einmal beides zu unserem Leben dazu gehört, und genau so auch akzeptiert werden muss.

Gruß vom Wiz

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Seh ich genauso!
o. w. T.

Entwicklung der Situation
Hallo!

Danke schon einmal für die eingegangenen Antworten.

Ich trenne das jetzt folgendermaßen in diese „Problempunkte“:

  1. Die Geburt steht unmittelbar bevor. Sie passiert zwischen heute und in zwei Wochen. Die erste Geburt passierte spontan und in sehr kurzer Zeit. Für die zweite Geburt gibt es normale Anzeichen. Sie könnte wirklich jederzeit losgehen, muss aber nicht. Ich möchte diese Geburt nicht allein machen. Als Begleitperson kommt nur der Vater in Frage. Die Betreuung des Kindes während der Geburt ist für uns ein enormer organisatorischer Aufwand, da wir keine Verwandten vor Ort haben. Wir haben eine „Notfallliste“ von Bekannten, Freunden und Nachbarn, die einspringen können. Eine „vorgezogene“ Wochenendbetreuung wie vorgeschlagen wäre irgendwie organisierbar. Dennoch wäre der werdende Vater nicht vor Ort.

  2. Das Ableben des Opas kann ebenso jederzeit stattfinden. Die Familie erwartet NICHT, dass mein Partner kommt. Für ihn wäre es ein Bedürfnis zu fahren, er ist aber natürlich auch in einem Dilemma. Er will die Geburt seines Kindes nicht verpassen. Er will mir beistehen. Er will mich mit dem Kleinkind nicht allein lassen. Er will für seine Mutter da sein. Er will Abschied nehmen.

  3. ICH will nicht, dass mein seit wenigen Tagen 2 Jahre altes Kind in diese nervöse Situation hineinkommt. Klar kann es sein, dass es bei ihm keinen Schaden hinterlässt, aber es wäre Stress für ihn. Es wäre auch für ihn eine spontan angesetzte 4stündige Autofahrt, nachdem er schon die ganze Woche außerhäusisch betreut wird. Es wäre eine angespannte Situation vor Ort. Dem Opa geht es ausgesprochen schlecht. Er kriegt nichts mehr mit. Alle Verwandten sind bei ihm. Mein Kind kennt diese Leute kaum. Sein Vater wäre in Trauer und in Rufbereitschaft. Er müsste ggf. spontan unter Vollspannung 4 Stunden lang mit dem Auto zurückfahren - mit meinem Kind auf der Rückbank. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken. Außerdem müsste der Vater dann zusätzlich die Unterbringung des Lütten organiseren, wenn er zur Geburt zurückkommt. Das kostet auch noch mal Zeit - auch wenn es vielleicht nur eine halbe Stunde ist. Wie gesagt - meine erste Geburt dauerte alles in allem keine 4 Stunden…

Wenn ich es mir anschaue, stelle ich fest: Ich will nicht, dass der Vater fährt, der Sohn schon mal gar nicht. Ich werde es so formulieren. Natürlich kann ich es dem Vater am Ende nicht verbieten. Dann bleibt die Problematik der Unterbringung des Kleinkindes und die Abwesenheit des Vaters. Ich sehe es nach wie kritisch, dass dieses Kind ggf. erleben soll, wie ein „Fremder“ vor seinen Augen stirbt und alle todtraurig sind. Der Papa hat sicher genug mit sich selbst zu tun. Bei uns gibt es keinen Himmel und keine Engel. Ich stelle mir das so vor, dass mein Kind zu einem ihm völlig unbekannten Menschen gebracht wird (der Opa sieht heute immerhin anders aus als vor sechs Monaten, als das Kind 18 Monate alt war) und man ihm erklärt, der Opa sei jetzt für immer weg - wo auch immer. Wie soll das ein Kind verkraften, das alle Opas nur vom Telefonieren „kennt“? Wenn die eine Oma am Telefon erzählt, der Opa sei nicht da, er sei auf Arbeit, dann sind für die nächsten fünf Gespräche alle Opas von den anrufenden Omas (selbst die, bei denen es keinen Opa mehr gibt) auf Arbeit. Er kann das nicht differenzieren, so eng ist die Verbindung nicht. Ich weiß, dass mit dem Thema Tod unterschiedlich umgegangen wird, aber ich sehe das in unserer speziellen Situation durchaus kritisch.
Auf einer Beerdigung haben Kleinkind m.M. nach gleich mal gar nichts zu suchen - v.a. wegen der anderen Trauergäste.

Wir werden heute Abend „Kriegsrat“ halten. Vielleicht löst sich ja alles von selbst, das Baby kommt morgen, der Opa hält noch ein paar Tage durch und der Vater kann am Wochenende allein und in Ruhe nach Hause fahren. Das wäre die Optimallösung.
(Wobei das Leben ja bekanntermaßen selten so läuft…)

Grüße,
sonne

Hallo!

Inwiefern die Anwesenheit einer vertrauten Person unter einer Geburt von der Mutter gewünscht und benötigt wird, sollte man m.M. nach immer dieser überlassen. Ich ERWARTE von meinem Partner, dass er mir beisteht. Andere sehen das anders. Ich hätte kein zweites Kind unter der Voraussetzung, es allein wuppen zu müssen, bekommen. Das ist dem Vater klar. Und er will auch daran teilhaben.

Ich sehe v.a. für ihn ein riesiges Dilemma. Aber dass es für mich als Schwangere emotional schwierig ist, bedingungsloses Verständnis dafür aufzubringen, darf auch verstanden werden, bitte.

Danke!

Grüße,
sonne

P.S.: Der Opa ist ohne Bewusstsein.

Hallo duplosche,

es gibt doch aber einen Unterschied zwischen 2 und 2, oder?!
Ich erinnere mich an mein Kind, als es 1 wurde. Das war ein völlig anderes Kind als heute, wo es gerade 2 ist. Aber im Grunde konnte ich sagen: Das Kind ist 1…
Also, mein Kind ist gerade 2. Vor wenigen Tagen war es noch 1. Mit 1 - also drei Tage nach dem 1. Geburtstag - hätte ich das auch alles anders gesehen. Ein einjähriges Kind einen Tag vor seinem zweiten Geburtstag ist doch ein völlig anderes Kind.
So ist es doch auch bei dir. Warst du zwei Jahre und einen Tag alt oder eher zwei Jahre und vielleicht 11 Monate. Das ist doch in der geistigen, emotionalen und sprachlichen Entwicklung ein himmelweiter Unterschied!
Inwiefern es ihm schaden würde oder was er verstünde, weiß ich nur, wenn ich es ausprobiere. Aber ich möchte es nicht. Fertig, aus.

Wie gesagt, wenn meine Situation nicht die derzeitige wäre, würde ich einfach mitfahren und vor Ort entscheiden, was wir ihm zumuten können und was nicht.

Kann ich aber nicht.

Das Kind kann jederzeit kommen. Ich bin keine zwei Wochen vor Termin. Laut Hebamme ist „alles bereit“. Soviel dazu.

Mein Egoismus ist halt, dass ich nicht will, dass das Kind fährt und damit auch dem Vater indirekt die Option nehme. Auch ihn will ich hier haben.

Mal sehen, was der Abend bringt. Vielleicht kommt er von selbst drauf. Sonst müssen wir neu „verhandeln“.

Emotional und fürs Stresslevel ist das nat+rlich alles nicht günstig. Ich hatte mir ein schöneres Ende der Schwangerschaft gewünscht.

Grüße,
sonne

Hallo,

gibt es denn niemanden in der Nähe, der sich mit um das Kind kümmern kann, solange der Vater weg ist?

Und auch wenn er ohne Kind fährt braucht er besagte 4 Stunden bis er wieder zurück sein könnte.
Gäbe es auch da im Notfall jemanden, der mit in den Kreißsaal kommen könnte?

Vielleicht löst sich das Problem ja von allein, aber den persönlichen Abschied würde ich dem Mann nicht verwehren wollen, wenn es ihm so wichtig ist.

Gruß
wildpferd

huhu Sonne,

Inwiefern es ihm schaden würde oder was er verstünde, weiß ich
nur, wenn ich es ausprobiere. Aber ich möchte es nicht.
Fertig, aus.

ei, dann frag doch nicht !?

Mein Egoismus ist halt, dass ich nicht will, dass das Kind
fährt und damit auch dem Vater indirekt die Option nehme. Auch
ihn will ich hier haben.

na, dann ist für dich doch die Situation klar…

Emotional und fürs Stresslevel ist das nat+rlich alles nicht
günstig. Ich hatte mir ein schöneres Ende der Schwangerschaft
gewünscht.

ja, das in jedem Fall, es ist wirklich nicht einfach. So eine Situation, wo keine Entscheidung so richtig richtig ist :frowning: echt doof!

lg, Dany

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Hi,

Inwiefern die Anwesenheit einer vertrauten Person unter einer
Geburt von der Mutter gewünscht und benötigt wird, sollte man
m.M. nach immer dieser überlassen.

ok.

Ich ERWARTE von meinem
Partner, dass er mir beisteht. Andere sehen das anders. Ich
hätte kein zweites Kind unter der Voraussetzung, es allein
wuppen zu müssen, bekommen. Das ist dem Vater klar. Und er
will auch daran teilhaben.

Wir reden hier „nur“ von der Geburt? Verstehe mich nicht falsch, ich verstehe Dich voll und ganz, daß Du den Vater des Kindes bei der Geburt dabei haben willst. Aber es gehört ja noch mehr dazu als die Geburt gemeinsam durchzustehen.

Ich sehe v.a. für ihn ein riesiges Dilemma.

Ich sehe für Euch beide ein riesiges Dilema. Denn wenn er nicht fährt, wird er sich Vorwürfe machen, das er nicht gefahren ist, verstärkt vermutlich noch, wenn die Geburt eben nicht stattgefunden hat. Wie Billi schon richtig sagte, von einem Sterbenden kann man nur einmal Abschied nehmen.

Aber dass es für

mich als Schwangere emotional schwierig ist, bedingungsloses
Verständnis dafür aufzubringen, darf auch verstanden werden,
bitte.

Ich möchte wirklich nicht in Deiner Haut stecken. Zum einen sehe ich sehr wohl Deine Not, zum anderen aber sehe ich auch die Not Deines Mannes. Wenn er sehr an seinem Opa hängt, könnte es sein, das er lange daran zu knabbern hat. Ich habe damals gesehen, wie wichtig es für meinen Mann war, seine Mutter in den Tod zu begleiten, von daher kann ich eben auch verstehen, wie wichtig das für Deinen Mann ist.

P.S.: Der Opa ist ohne Bewusstsein.

Das spielt glaube ich für die Angehörigen keine Rolle. Wichtig ist, für dem Sterbenden das Gefühl zu geben für ihn da zu sein. Und dieses Bedürfnis haben ja gerade die Menschen, die dem Sterbenden sehr Nahe stehen.

Egal wie ihr Euch entscheidet, ich wünsche Euch viel Kraft.

Gruß
Tina

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