Hallo Romana!
Setze ich die bisher bekannten Bruchstücke der Schilderung zusammen, ergibt sich folgende Gemengelage:
Es gibt eine Erbengemeinschaft, bestehend aus einem älteren Herrn, dem 75% der Immobilie gehören und seiner Tochter, die Eigentümerin der restlichen 25% ist. Dabei hat natürlich kein Mitglied der Erbengemeinschaft einen Anspruch darauf, daß der jeweils andere auf seinen Anteil verzichtet und keiner kann alleine nach Gutdünken über die Immobilie verfügen. Beschlüsse haben gemeinsam zu erfolgen. Es scheint Einigkeit darüber zu bestehen, die Immobilie zu verkaufen. Der Verkaufserlös wird nach Anteilen der Erbengemeinschaft geteilt. Bis hierher kann es innerhalb der Erbengemeinschaft keinen Streit geben, weil alles haarklein in §§ 1922 ff BGB geregelt ist.
… eine Käuferin für’s Haus … der Preis entspricht höchstens 75 - 80 % des Baugrundes und die Immobilie selbst :wird dabei verschenkt.
Der Wert einer Immobilie ist genau der Preis, der sich am Markt erzielen läßt. Mit realistischer Einschätzung der regionalen Marktlage kann man zu einer brauchbaren Preisidee kommen. Bei der Einschätzung helfen Zahlen über zeitnah erzielte Preise vergleichbarer Objekte oder ein Wertgutachten. Das sind aber immer nur Anhaltspunkte, denn einzig entscheidend ist, was ein Käufer zu zahlen bereit ist. Dabei kann es durchaus passieren, daß ein 40 oder 50 Jahre altes 08/15-Haus den Wert eines Grundstücks mindert, weil der Aufwand, es auf zeitgemäßen Stand zu bringen, sich nicht lohnt und man lieber neu baut. Es kann sich aber auch um ein architektonisches Kleinod handeln, das erst den Reiz des Grundstücks ausmacht. Mancher verfällt beim Anblick der Bruchsteinwände mit gestampftem Lehmboden in Verzückung, während sich ein anderer nur dafür interessiert, wie groß der Caterpillar sein muß, um den ganzen Kram zusammen zu schieben. Mancher Interessent erschrickt angesichts der großen alten Bäume (die machen ja Dreck und sind beim Rasenmähen lästig), während für einen anderen Interessenten die Bäume der Grund für den Kaufwunsch sind. Idealerweise hat man also realistische Preisvorstellungen und Zeit. Leute, die Zeitdruck erzeugen, obwohl ein Angebot nicht im Bereich realistischer Erwartung liegt, muß man auf den Topf setzen (nachdem man die eigene Preisidee kritisch hinterfragt hat).
Ich kenne den Immobilienhai, hatte selbst massive Verluste durch einen seiner Kollegen. In seinem :Kleingedruckten steht z.B. dass wenn die angedachte Verkaufssumme nicht zustande kommt…
Mooooment mal. Es handelt sich um einen Makler. Ein Makler ist nichts weiter als ein Vermittler. Wenn der Makler ein erfahrener, sachkundiger Mensch ist, kann man sich seine Kenntnisse nutzbar machen, aber der Makler hat ansonsten nichts zu melden. Es kann durchaus sein, daß ein Makler unrealistische Preisvorstellungen korrigieren muß. Sobald er aber Zeitdruck ausübt, Forderungen stellt, ohne daß ein Verkauf zustande kam oder sich sonst in irgendeiner Weise unangemessen benimmt, fliegt er raus. Die Verkäufer entscheiden ganz alleine, ob sie einen Kaufpreis akzeptieren oder nicht. Der Maklerlohn ist erst mit erfolgreichem Verkauf verdient und fällig. Im vorliegenden Fall hätte ein Miterbe der Erbengemeinschaft ohne Zustimmung des anderen Miterben den Makler gar nicht beauftragen dürfen. Wenn der Makler Kenntnis davon hatte, daß er nur mit einem Miterben ohne Zustimmung der anderen Miterben spricht, ist vermutlich der Maklervertrag sein Papier nicht wert. Das gilt übrigens auch, wenn im Maklervertrag irgendwelche Sachen stehen, die die Unerfahrenheit des Verkäufers ausnutzen. Aber das sollte ein Anwalt klären.
Bevor man an Advokaten denkt und Sachen veranstaltet, die familiäre Verhältnisse nachhaltig vergiften, sind deutliche Ansagen fällig. Sowas führt zwar zu Gegrummel, aber das vergeht auch wieder. Also:
- Die Erbengemeinschaft wird durch Verkauf des Erbes und Aufteilung des Erlöses aufgelöst
- Alleingänge eines Miterben der Erbengemeinschaft kann es nicht geben
- Bei Streit innerhalb der Erbengemeinschaft können die Beteiligten nur verlieren
- Zeitdruck darf es nicht geben
- Ein Wertgutachten von einem Gutachter (nicht von einem Makler) muß her
- Falls ein Makler beauftragt wird, geschieht es gemeinsam, wobei es längerfristige Bindungen an einen Makler und Regelungen, die nur ihn allein zur Vermittlung berechtigen und unabhängig von der Vermittlung zur Fälligkeit irgendeiner Vergütung führen, nicht geben wird.
Für das ins Auge gefaßte betreute Wohnen muß eine Lösung her, die im optimalen Fall aus laufenden Renteneinkünften finanzierbar ist und bei der ein Immo-Verkaufserlös ganz oder teilweise zur Deckung von einmalig entstehenden Kosten verwendet wird. Es gibt inzwischen viele Beispiele, wo sich ältere Herrschaften zusammentaten, ein geeignetes Wohnobjekt kauften und eigenes Personal beschäftigen. Für den Einzelnen ist das nicht bezahlbar, aber für z. B. ein halbes Dutzend Leute ist es kein Problem, ein paar Halbtagskräfte zu beschäftigen. Das geht natürlich nicht mit lauter dementen Menschen, die rund um die Uhr Betreuung brauchen. Wenn es aber hauptsächlich um Menschen mit altersbedingten körperlichen Einschränkungen geht, funktioniert die Sache auch dann noch, wenn ein Mitglied der Wohngemeinschaft intensivere Betreuung braucht. Wenn die Unterkunft bezahlt ist und außer Instandhaltung und Betriebskosten nichts anfällt, reichen Durchschnittsrenten, um alle sorgenfrei leben zu lassen. Für das Funktionieren einer Wohngemeinschaft muß es gemeinschaftlich genutzte, aber auch nur dem einzelnen Bewohner vorbehaltene Bereiche geben, die menschliche Chemie muß stimmen und man braucht einen Vertrag, der im Streitfall alles regelt. Funktionierende Alten-WGs gibt es inzwischen so viele, daß sich brauchbare Beispiele auch für die Vertragsgestaltung finden lassen werden. Ob solche Lösung in Frage kommt, kann ich ohne Kenntnis des Gesundheitszustands Deines Vaters und seiner Wünsche nicht beurteilen. Wenn Du Deinem Vater hilfst, zu einer Lösung in der beschriebenen Weise zu kommen (ich halte sie für menschengerechter und hinsichtlich der Kosten für überschaubarer und transparenter als jede Heimlösung und auch besser als Angebote, wo betreutes Wohnen in großem Stil mit zentraler Verwaltung aufgezogen wird), kannst Du immer noch entscheiden, ob es sinnvoll und erforderlich ist, Deinen Anteil aus der Auflösung der Erbengemeinschaft dazu zu geben.
Hoffentlich schaffte ich diesmal, überall lauernde Tretminen und Fettnäpfchen zu umgehen und Du bemerkst, daß Aussagen nicht schon deshalb Blödsinn sein müssen, weil sie von mir kommen.
Eine weiße Friedensfahne schwenkend und mit besten Wünschen für gutes Karma
Gruß
Wolfgang