Krank - Aufhebungsvertrag - KG - ALG I Sperrfrist

Hallo Community,

ich habe die SuFu bereits benutzt und auch einiges über folgende Fragestellung gefunden, aber vieles ist mir noch nicht deutlich geworden. Bitte um Mithilfe - ich habs noch nicht verstanden^^

Nehmen wir folgende Situation an:

Arbeitnehmer ist seid 2 Jahren unbefristet im Job tätig. Dieser hat immer wieder gesundheitliche Schwierigkeiten, die auf psychische Belastungen zurückzuführen sind. Diese wurden aber nur eingeschränkt vom Hausarzt dokumentiert. Oftmals nur die körperlichen Begleiterscheinungen wie Magen-Darm-Probleme, Lungenschmerzen, Kopfschmerzen.

Arbeitnehmer hält den psychischen Druck nicht mehr Stand und unterzeichnet einen Aufhebungsvertrag. Einen Tag vorher hatte er sich nach einem Zusammenbruch für 14 Tage krankschreiben lassen, aufgrund: F43.0 Akute Belastungsreaktion

Frage 1: Würde Ihm nach dem Aufhebungsvertrag für die Dauer der Erkrankung Krankengeld zustehen?

Frage 2: Wie kann eine Sperrfrist bei dem ALG I vermieden werden? Reicht ein ärtzliches Attest, dass bescheinigen würde, dass der Arbeitnehmer auf Grund der Beschäftigung psychische Probleme hatte? Kann das Attest auch jetzt, im nachhinein ausgestellt werden? Gibt es alternative Nachweismöglichkeiten?

Frage 3: Wenn eine Sperrfrist eintreten sollte und der jenige erst das Krankengeld bekommen sollte, wird dann die Sperrfrist bereits auf die Dauer des Bezuges vom KG angerechnet? Oder tritt die Sperrfrist erst nach Beendigung vom KG ein und läuft dann die vollen 12 Wochen.

Ist ne ganze Menge… Würde mich über Hilfe sehr freuen!

LG
Free

Hi!

ich habe die SuFu bereits benutzt

*lol* „SuFu“. Das habe ich in all den Jahren auch noch nicht gehört. Werde ich mir auf jeden Fall merken. :smile:
Jedenfalls: löblich.^^

Bitte um Mithilfe – ich hab’s noch nicht verstanden^^

Ich versuch’s mal:

Arbeitnehmer ist seid 2 Jahren unbefristet im Job tätig. Dieser hat immer wieder gesundheitliche Schwierigkeiten, die auf psychische Belastungen zurückzuführen sind. Diese wurden aber nur eingeschränkt vom Hausarzt dokumentiert. Oftmals nur die körperlichen Begleiterscheinungen wie Magen-Darm-Probleme, Lungenschmerzen, Kopfschmerzen.
Der Arbeitnehmer hält dem psychischen Druck nicht mehr Stand und unterzeichnet einen Aufhebungsvertrag. Einen Tag vorher hatte er sich nach einem Zusammenbruch für 14 Tage krankschreiben lassen, aufgrund: F43.0 Akute Belastungsreaktion

Frage 1: Würde Ihm nach dem Aufhebungsvertrag für die Dauer der Erkrankung Krankengeld zustehen?

Diese Frage gehört eigentlich ins Brett „Versicherungen.
Jedoch weiß ich zufällig, dass die Voraussetzungen, damit hier nach Ende des Beschäftigungsverhältnis (egal, auf welche Art es beendet wurde) Krankengeld (KRG) bezogen werden kann, sind, dass man
– während des Beschäftigungsverhältnisses (natürlich) gesetzlich krankenversichert ist bzw. war und nicht privat sowie
– nach Beschäftigungsende (hier: weiter) arbeitsunfähig erkrankt (au) ist („gelber Schein“/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB)).
Ob das erfüllt ist, kann ich Dir aufgrund fehlender Infos nicht sagen, aber hier ist es ja nicht schwer, sich das selbst zu beantworten.

Der Grund für den KRG-Anspruch in solch einer Situation liegt übrigens (u. a.) im SGB III begründet, das sinngemäß Folgendes besagt:
Sollte man „nahtlos“ au sein (also sowohl am letzten Tag des Beschäftigungsverhältnisses als auch am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit) – und so hört sich das hier an –, kann Arbeitslosigkeit (und damit ein Alg-Anspruch, der eine sechswöchige Entgeltfortzahlung bewirken würde (analog zur Lohnfortzahlung des AGs)) gar nicht erst eintreten, und KRG ist hier quasi die Ersatzleistung fürs Alg I (auch wenn diese Formulierung formaljuristisch nicht korrekt ist).

Hinweis (auch als MOD): Aufgrund meines Hinweises zu Anfang (Versicherungsbrett), bitte ich Dich, falls Du nun noch weitergehende/andere Fragen bzgl. KRG bzw. mit dem Schwerpunkt KRG hast, diese im Versicherungsbrett zu stellen! Vielen Dank!

Frage 2: Wie kann eine Sperrzeit bei dem Alg I vermieden werden? Reicht ein ärtzliches Attest, dass bescheinigen würde, dass der Arbeitnehmer auf Grund der Beschäftigung psychische Probleme hatte?

Grundsätzlich ja, aber …

Kann das Attest auch jetzt, im Nachhinein ausgestellt werden?

Das schon, allerdings muss zwingend drinstehen, dass der/ein Arzt bereits vor * Abschluss des Aufhebungsvertrages aus gesundheitlichen Gründen zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses geraten hatte – und zwar (hier) schnellstmöglich!

*) Wie lange vor Abschluss des Aufhebungsvertrages (ein Tag, eine Woche, …), ist dabei irrelevant, auch wenn die AA das Datum der Beratung, in der dieser ärztliche Ratschlag erfolgte, erfragt; jedoch nur, um sicherzustellen, dass er vor dem Datum des Aufhebungsvertrages liegt, nicht, warum er nun gerade zu diesem Zeitpunkt erfolgte.
(Es gibt da so einen speziellen „Attestvordruck“ von der AA, quasi ein „Sperrzeitfragebogen für Ärzte“, den man für die ärztliche Stellungnahme nutzen muss (siehe DA zu § 144 SGB III, Anhang 4a [PDF] (S. 74 f.)).)

Gibt es alternative Nachweismöglichkeiten?

Eigentlich nicht.
Was schwebte Dir denn da so vor?

Wenn die Sache mit dem Attest allerdings nicht in Frage käme (weil kein Arzt dies bescheinigen könnte oder wollte(…)), müssten wir den Sachverhalt auf andere sog. „wichtige Gründe“ im Sinne der gesetzlichen Sperrzeitregelungen abklopfen. Die einzige Alternative sähe ich hier spontan in einer Abfindungszahlung – und das auch nur sehr unwahrscheinlicherweise. Aber ich frage einfach mal:
Wurde eine Abfindung gewährt, und wenn ja: in welcher Höhe und wie hoch war das „normale“ Monatsbrutto?
(Dies ist ein (extrem dünner!) Strohhalm; deswegen versteife Dich bitte nicht auf diese Alternative! Ich will nur auf Nummer Sicher gehen.)

Frage 3: Wenn eine Sperrfrist eintreten sollte und derjenige erst das Krankengeld bekommen sollte, würde dann die Sperrzeit bereits auf die Dauer des Bezuges vom KG angerechnet oder träte die Sperrzeit erst nach Beendigung des KRGs ein und läuft dann die vollen 12 Wochen?

Falls wirklich eine Sperrzeit eintreten sollte (ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es bei diesen ersten gesundheitlichen Problemen einen Arzt gibt, der nicht bescheinigen würde, vor dem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen zur (schnellstmöglichen) Arbeitsaufgabe geraten zu haben, selbst wenn dies fahrlässigerweise versäumt wurde) dann gilt Ersteres.
Eine Sperrzeit beginnt nämlich immer am Tag nach dem „sperrzeitbegründenden Ereignis“, welches bei „Arbeitsaufgabe“ (so wie hier) stets der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses ist (§ 144 (1) S. 1 Nr. 1 + (2) S. 1 SGB III).

LG
Jadzia

Hallo Jadzia,

du hast mir super weitergeholfen - vielen, vielen dank!

Jedoch weiß ich zufällig, dass die Voraussetzungen, damit hier nach Ende des Beschäftigungsverhältnis (egal, auf welche Art es beendet wurde) Krankengeld (KRG) bezogen werden kann, sind, dass man
– während des Beschäftigungsverhältnisses (natürlich) gesetzlich krankenversichert ist bzw. war und nicht privat sowie
– nach Beschäftigungsende (hier: weiter) arbeitsunfähig erkrankt (au) ist („gelber Schein“/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB)).
Ob das erfüllt ist, kann ich Dir aufgrund fehlender Infos nicht sagen, aber hier ist es ja nicht schwer, sich das selbst zu beantworten.

Gelber Schein liegt vor und geht über den Zeitpunkt der Kündigung hinaus. Also besteht dann Anspruch auf KG.

Wie lange vor Abschluss des Aufhebungsvertrages (ein Tag, eine Woche, …), ist dabei irrelevant, auch wenn die AA das Datum der Beratung, in der dieser ärztliche Ratschlag erfolgte, erfragt; jedoch nur, um sicherzustellen, dass er vor dem Datum des Aufhebungsvertrages liegt, nicht, warum er nun gerade zu diesem Zeitpunkt erfolgte.

Ok, der Zeitpunkt der Beratung könnte dann ja wirklich der Tag sein, wo zuletzt der Arbeitnehmer krankgeschrieben wurde - nach dem Zusammenbruch, ein Tag vor dem Aufhebungsvertrag.

Ich gehe auch davon aus, dass der Arzt solch eine Bescheinigung erstellen wird.

Gibt es alternative Nachweismöglichkeiten?

Eigentlich nicht.
Was schwebte Dir denn da so vor?

Ich weiß nicht :wink:… Aber wenn die o.g. Bescheinigung ausreichend sein wird, dann sollten keine Alternativen nötig sein.

Falls wirklich eine Sperrzeit eintreten sollte (ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es bei diesen ersten gesundheitlichen Problemen einen Arzt gibt, der nicht bescheinigen würde, vor dem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen zur (schnellstmöglichen) Arbeitsaufgabe geraten zu haben, selbst wenn dies fahrlässigerweise versäumt wurde) dann gilt Ersteres.
Eine Sperrzeit beginnt nämlich immer am Tag nach dem „sperrzeitbegründenden Ereignis“, welches bei „Arbeitsaufgabe“ (so wie hier) stets der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses ist (§ 144 (1) S. 1 Nr. 1 + (2) S. 1 SGB III).

Bedeutet, wenn der Arbeitnehmer jetzt 6 Wochen lang durchgängig nach der Kündigung krank sein sollte und eine Sperrfrist von 12 Wochen verhängt werden würde, so würden „spürbar“ nur 6 Wochen zum tragen kommen?

Vielen Dank für deine umfassende Antwort! Du hast mir sehr weitergeholfen!

LG
Free

Hallo Community,

Hallo,

ich habe die SuFu bereits benutzt und auch einiges über
folgende Fragestellung gefunden, aber vieles ist mir noch
nicht deutlich geworden. Bitte um Mithilfe - ich habs noch
nicht verstanden^^

Nehmen wir folgende Situation an:

Arbeitnehmer ist seid 2 Jahren unbefristet im Job tätig.
Dieser hat immer wieder gesundheitliche Schwierigkeiten, die
auf psychische Belastungen zurückzuführen sind. Diese wurden
aber nur eingeschränkt vom Hausarzt dokumentiert. Oftmals nur
die körperlichen Begleiterscheinungen wie Magen-Darm-Probleme,
Lungenschmerzen, Kopfschmerzen.

Da hätte der AN schon längst einen Facharzt (zB für Psychiatrie) aufsuchen sollen. Wenn noch nicht geschehen, kann er dies jetzt tun.

Arbeitnehmer hält den psychischen Druck nicht mehr Stand und
unterzeichnet einen Aufhebungsvertrag. Einen Tag vorher hatte
er sich nach einem Zusammenbruch für 14 Tage krankschreiben
lassen, aufgrund: F43.0 Akute Belastungsreaktion

Vorab zu Deinen Fragen: Ob die AA hier überhaupt schon ins Spiel kommt, muß erstmal geklärt werden, da evtl. andere Ansprüche des AN vorrangig sind.

Frage 1: Würde Ihm nach dem Aufhebungsvertrag für die Dauer
der Erkrankung Krankengeld zustehen?

Aufgrund der geschilderten zeitlichen Abfolge ist es nicht ausgeschlossen, daß dem AN erst mal Entgeltfortzahlung durch den AG zusteht. Zwar sieht der § 8 EFZG eine Kündigung des AG als Vorraussetzung an, aber das BAG hat in einer alten Rechtsprechung ( 5 AZR 589/79 v. 20.08.1980) an der es bis heute festhält, auch bei einem Auflösungsvertrag unmittelbar nach Feststellung einer AU den Schutz des § 8 EFZG für gegeben erachtet. Dies ist auch heute noch überwiegende Kommentatorenmeinung (zustimmend: Treber, EFZG, Rn. 11 zu § 8; ablehnend: ErfK, Rn. 16 zu § 8)

Frage 2: Wie kann eine Sperrfrist bei dem ALG I vermieden
werden? Reicht ein ärtzliches Attest, dass bescheinigen würde,
dass der Arbeitnehmer auf Grund der Beschäftigung psychische
Probleme hatte? Kann das Attest auch jetzt, im nachhinein
ausgestellt werden? Gibt es alternative Nachweismöglichkeiten?

Sollten Leistungen der AA nötig werden, müßte es ausreichen, daß der Arzt, der die Diagnose F 43.0 gestellt hat, diese schriftlich auf die Arbeitsbedingungen hin konkretisiert, da die Diagnose vor dem Auflösungsvertrag gestellt wurde

Frage 3: Wenn eine Sperrfrist eintreten sollte und der jenige
erst das Krankengeld bekommen sollte, wird dann die Sperrfrist
bereits auf die Dauer des Bezuges vom KG angerechnet? Oder
tritt die Sperrfrist erst nach Beendigung vom KG ein und läuft
dann die vollen 12 Wochen.

Krankengeld und ALG I sind verschiedene Baustellen mit unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen (SGB V bzw. SGB III)

Ist ne ganze Menge… Würde mich über Hilfe sehr freuen!

Der betroffene AN braucht wahrscheinlich einen guten Anwalt für Arbeits- und/oder Sozialrecht.
Und Auflösungsverträge ohne ausführliche vorherige rechtliche Beratung zu unterschreiben, ist leichtsinnig bis dumm!

LG
Free

&Tschüß
Wolfgang

Sperrzeit bedeutet immer auch Anspruchsminderung!

du hast mir super weitergeholfen - vielen, vielen Dank!

Bitte, gern geschehen. :smile:

Falls wirklich eine Sperrzeit eintreten sollte (ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es bei diesen ersten gesundheitlichen Problemen einen Arzt gibt, der nicht bescheinigen würde, vor dem Aufhebungsvertrag aus gesundheitlichen Gründen zur (schnellstmöglichen) Arbeitsaufgabe geraten zu haben, selbst wenn dies fahrlässigerweise versäumt wurde) dann gilt Ersteres.

Eine Sperrzeit beginnt nämlich immer am Tag nach dem „sperrzeitbegründenden Ereignis“, welches bei „Arbeitsaufgabe“ (so wie hier) stets der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses ist (§ 144 (1) S. 1 Nr. 1 + (2) S. 1 SGB III).

Bedeutet, wenn der Arbeitnehmer jetzt 6 Wochen lang durchgängig nach der Kündigung krank sein sollte und eine Sperrfrist von 12 Wochen verhängt werden würde, so würden „spürbar“ nur 6 Wochen zum Tragen kommen?

Auf den ersten Blick ja. Es ist in der Tat so, dass man bei folgender (nahtlosen) Reihenfolge:
Ende Beschäftigungsverhältnis (noch nicht sechs Wochen au)sechs Wochen krankarbeitslos/Alg-Anspruch
von der ersten Hälfte der zwölfwöchigen Sperrzeit erstmal nichts spürt.

Das „erstmal“ hat folgenden Grund: Auf den zweiten Blick wird nämlich gerne die zusätzliche Anspruchsminderung am Ende des Alg-Anspruchs übersehen, die zu jeder Sperrzeit _dazu_kommt…
(Rechtsgrundlage: § 128 (1) Nr. 4 SGB III)

Bedeutet im vorliegenden Fall Folgendes: Die Dauer einer Sperrzeit (12 Wochen bzw. 84 Kalendertage (KT)) wird nochmal „hinten“ von der Gesamtanspruchsdauer abgezogen!
Sofern im Einzelfall ein Viertel der Anspruchsdauer höher ist, als diese 84 KT, – bei einer ursprünglichen Anspruchsdauer von (der Einfachheit halber) z. B. 12 (vollen) Monaten = 360* KT (z. B. vom 01.04.11 – 31.03.12) wären das 90 KT – würde stattdessen sogar dieses Viertel abgezogen!
Um bei dem genannten Beispiel zu bleiben: „Vorne“ würden zwölf (bzw. bei der sechswöchigen AU sechs) Wochen Alg wegfallen (immerhin würden für die Sperrzeit – zumindest für die (hier) letzten sechs Wochen – trotzdem Krankenkassenbeiträge gezahlt und die Zeit der Rentenversicherung als Anwartschaftszeit gemeldet!) und „hinten“ nochmal 90 Kalendertage bzw. drei (volle) Monate (in denen auf nichts weiter Anspruch bestünde!).

Eine Sperrzeit bestraft einen also quasi doppelt. Das wissen nur die meisten nicht.

LG
Jadzia

*) Laut § 134 SGB III wird in (voller) Anspruchsmonat (AM) jeweils mit 30 KT gerechnet, was bei (vollen) 12 AM 360 KT machen würde, nicht 364 oder 365 (Schaltjahr).