HI Lars,
27 Kampfpiloten verweigern Einsatz in den
Palästinensergebieten.
Naja, mich würde jedenfalls mal interessieren, was die
israelische Presse so dazu meint;
In allen israelischen Tageszeitungen von gestern ist die Pilotenrevolte das Hauptthema.
Z.B. AHRONOT und MAARIV behandeln das Thema an 2x 6 Seiten.
Meiner Meinung nach bringt den besten Kommentar AHRONOT (an der 1.Seite):
Ein Erdbeben
Die „Pilotenrevolte“ ist ein Erdbeben mit vernichtendem Potenzial, dessen Grösse man sich jetzt noch nicht vorstellen kann.
Diese Aufregung muss man sofort stoppen, sonst könnte sie weitere Sektoren in der Armee mitreißen, und das nicht nur in der Luftwaffe.
…Dieser Brief ist gefährlich, er stellt einen Präzedenzfall dar. In der Luftwaffe ist es bis heute nie passiert, dass Piloten erklärten, sie würden einen Auftrag nicht durchführen. Im Libanonkrieg kammen manchmal Zweifel bei Angriffen auf die Städte oder Flüchtlingslager, aber diese blieben im grauen Bereich, innerhalb der Luftwaffe. Mit diesem öffentlichen Aufruf sollen weitere Teile der Armee mitgerissen werden. Und schaut man das an wie man will- das ist ein Appell zu einem Aufstand. Die Luftwaffesoldaten waren immer diejenigen, die alle andere zogen. Und es gibt auch andere. Auch in anderen Teilen der Armee, wie zum Beispiel im militärischen Geheimdienst und im Heer, haben Offiziere schon Zweifel im Zusammenhang mit dem Verhalten gegenüber der Palästinenser geäußert.
Dieser Brief hat die Öffentlichkeit geschockt, und das war auch seine Absicht. Auch wenn es der Armee gelingen sollte, die Aufregung zu beruhigen, wird eine gründliche Untersuchung erforderlich sein um festzustellen, auf welchem Boden diese Erscheinung entstehen konnte. Denn dieser Brief bringt Verzweiflung zum Ausdruck, Ausweglosigkeit. In Zeiten der Alarmbereitschaft wurden keine Fragen gestellt. Heute, in einer Zeit, da militärische Aktionen nicht durch politische Maßnahmen unterstützt werden, kommen erste Fragen auf. Und zwar bei den besten Leuten, die wir haben. Man kann sie bestrafen, man kann sie einsperren. Aber man darf die Fragen, die sie auf den Tisch bringen, auf keinen Fall ignorieren!
Nochmals Ahronot: Die Piloten und der General
…nachdem die Probleme der Disziplin gelöst sind, können andere Aspekte des Briefs erörtert werden. Denn trotz seiner Nachteile enthüllt er eine Reihe von Fragen, die von der israelischen Gesellschaft nicht ignoriert werden dürfen.
Der Kommandeur der Luftwaffe tröstete sich gestern damit, dass sich unter den Piloten, die den Brief unterzeichneten, fast keine Piloten von Kampfflugzeugen befinden und nur 9 in aktivem Dienst sind…Wehe einem Kommandeur, der sich mit so etwas tröstet, und wehe einem politischen Apparat, der den Kopf in den Sand steckt, anstatt sich mit den an ihn gerichteten Fragen auseinanderzusetzen.
In dem Brief wird behauptet, es gäbe „illegale Befehle“ in der Luftwaffe. Das ist ein sehr schwerer Vorwurf. Leider werden in dem Brief keinerlei Beweise dafür angeführt, dass derartige Befehle tatsächlich erteilt wurden.
Der andere Vorwurf, es gäbe „unmoralische Befehle“, hängt mit dem Schaden zusammen, der der Kampfmoral der israelischen Armee durch die anhaltende Besatzung und den Kampf gegen den Terror entstanden ist. Politiker und hohe Offiziere geben damit an, die israelische Armee sei „die moralischste Armee der Welt“. Diese Behauptung lässt sich leider immer weniger mit der Realität verbinden.
…Es kann durchaus sein, dass eine Gesellschaft, die sich mit derart gemeinem Terror auseinandersetzen muss wie die israelische, ähnlich, und vielleicht sogar noch schärfer als Israel reagieren würde. Aber die schwere Schuld, die auf den Palästinensern lastet, befreit uns Israelis nicht von der Verantwortung für unsere Taten. Der Krieg hat bisher nur kurzfristige Erfolge gebracht. Auf lange Sicht hat er die blutige Rechnung zwischen den beiden Völkern nur verstärkt und die Rechtsnormen in der israelischen Armee gesenkt.
Die Sharon-Regierung hat beschlossen, nichts für eine Heilung der Wunden zu unternehmen, solange der Terror anhält. Würde sie nur ein Prozent von dem, was sie in den Krieg investiert, in den Frieden investieren, dann würden solche Briefe vielleicht nicht geschrieben werden. Die Regierung fordert vom Volk Durchhaltevermögen, aber sie liefert ihm nicht einmal den kleinsten Funken Hoffnung…
MAARIV: Dann sollen sie nicht fliegen
Ich kenne die Luftwaffe… und ich weiß, dass wir niemals versucht haben, unschuldige Menschen zu treffen. Immer haben wir versucht, so exakt wie möglich zu operieren. In diesem Krieg demonstriert Israel Präzision wie in einem Operationssaal.
Natürlich kommen manchmal Unschuldige zu Schaden. Man darf jedoch nicht vergessen, dass sich die Terroristen absichtlich hinter Zivilisten verstecken, sogar hinter Kindern. Wer für die israelische Luftwaffe fliegt, tut dies freiwillig. Wer das Gefühl hat, er treffe Unschuldige, der sollte lieber gar nicht fliegen.
…Ein großer Teil der Piloten, die unterzeichnet haben, fliegt keine operativen Flüge, und schon viele Jahre hat niemand von ihnen verlangt, Bomben abzuwerfen. Plötzlich nützen sie die Tatsache, Piloten zu sein, zu politischen Zwecken aus. Sie sollten begreifen, dass jeder Schuss, der aus der Luft abgefeuert wird, bedeutet, dass es in Tel Aviv und Jerusalem weniger Tote geben wird.
…Im Gegensatz zu der Luftwaffe und der israelischen Armee suchen die Terroristen ihre Ziele nicht aus. Ihr einziges Ziel ist es, so viele Israelis wie möglich zu töten, und es ist ihnen egal, ob es Frauen, Kinder, alte Leute oder Passanten sind. Der Luftwaffe ist das nicht egal, und das sollten wir alle in Erinnerung behalten.
Oder einzelne Personen:
Aloni (ein Knessetmitglied): „Ich salutiere diesen Piloten. Sie retten die Ehre des Staates und die Ehre der israelischen Armee. Der Verteidigungsminister prahlt damit, wir haben die moralischste Armee der Welt, und diese Piloten haben das nun bewiesen.“
Effi Eitam (Minister, Vertreter der Siedler in der Regierung, ein religiöser Fanatiker): „Dies ist das Ergebnis einer schweren Verzerrung der Moral und Gerechtigkeit in der israelischen Gesellschaft und deutet auf einen tiefen Bruch in der Armee hin. Diese Piloten müssen unverzüglich aus der Armee entfernt werden.“
Reicht’s?
Gruss
MMHK