Hallo,
eins vorweg: auf deinem eigenen Mist gewachsen ist die von dir verwendete Semantik offensichtlich wirklich nicht. Ich nehme also zurück, dass du dir das ausgedacht hast. Tatsächlich gibt es eine Latte von Traktaten zu dem Thema im Web, und ich gebe zu, dass modernere Lehrbücher wie möglicherweise das von dir genannte „Carroll“ (welches ich nicht kenne) ebendiese Begrifflichkeit verwenden.
Das macht es deswegen nicht richtiger. Ich stelle immer wieder fest, dass vor allem Vertreter der QFT und der String-Theorie zwar locker-flockig ihre Indexschiebereien und Tensoralgebra hinbekommen, aber immense Probleme haben, die physikalischen Implikationen der SRT (erst recht der ART) in ihrer vollen Tiefe zu erfassen. Grundlegende physikalische Diskussionen werden offensichtlich immer nur von Vetretern der „alten Schule“ geführt, als es nicht selbstverständlich war, Paradigmenwechsel als solche einfach zu schlucken, sondern man sich intensiv mit fundamentalen Fragestellungen auseinandergesetzt hat. (Nicht umsonst ist eines der besten Bücher über die Philosophie der Quantenmechanik ein kleines Heftlein von Heisenberg aus den 20er-Jahren.
Dein Argument kurzgefasst ist folgendes: „Die relativistische Masse als Masse zu bezeichnen führt zur Verwirrung. Deswegen verwendet man am besten nur den Begriff der Ruhemasse.“
Das Argument ist das hahnebüchenste, das man anschicken kann, nur um eine ansonsten völlig willkürliche Abänderung bestehender Semantik vorzunehmen, die darüberhinaus auch noch physikalische Zusammenhänge vollkommen verschleiert. Möglicherweise sind ein paar Studenten verwirrt; das sind sie aber sowieso, wenn sie Erstkontakt mit der RT bekommen. Sie, und offensichtlich du auch, schaffen es ohne gründliche Diskussion mit Professoren und Kommilitonen nicht, die SRT/ART wirklich zu verstehen. Das schnelle Anlesen aus einem Buch reicht da nicht aus, wenn dieses darüberhinaus auch noch ohne wirklichen Tiefgang ist.
Ein Gedankenexperiment:
Betrachte eine Kiste, deren Eigengewicht vernachlässigbar ist, in der sich genau ein Teilchen der Ruhemasse m befindet. Ein zusammengesetztes Teilchen, dessen exakte innere Struktur uninteressant ist. Wir betrachten Kiste und Teilchen in deren Ruhesystem. Die Kiste sei derart, dass sie ein abgeschlossenes System darstellt: keine Strahlung und keine Teilchen können entweichen.
Das Teilchen zerfällt nun in 2 Teilchen, die unter Einhaltung von Energie- und Impulssatz in jeweils entgegengesetzte Richtung fliegen. Sie besitzen nun jeweils eine deutlich geringere Ruhemasse m2 schwere Masse?), wie, wenn man sie beschleunigen möchte (–>träge Masse?)?
Wie wäre die Masse der Kiste nach dem Zerfall, wenn zusätzlich Strahlung in Form von 2 Photonen der Energie h\nu freigesetzt würde, die aufgrund einer geeigneten Spiegelvorrichtung die Kiste ebenfalls nicht verlassen könnten? (Die Photonen könnten von mir aus nach endlicher Zeit auch von den Kistenwänden absorbiert werden, die Kiste stellt jedenfalls nach wie vor ein abgeschlossenes System dar.)
Ich bin auf deine Antwort und deine Begründung gespannt. Ich denke nicht, dass wir allgemeinrelativistisch rechnen müssen, um ein konsistentes Bild von diesem Szenario zu erhalten, oder?
Die relativistische Version von F=m*a sieht alles andere so
aus wie du sie hinschreibst.
Nur, wenn man so seltsame Konventionen verwendet, wie du.
Ich weiß nicht, ob du eines der Bücher, die du unten anführst,
schon mal wirklich gelesen hast.
Du offensichtlich nicht, sonst wäre dir aufgefallen, dass etwa
- Gleichung (1.102) in Carroll,
- Gleichung (5.37) in Hartle und
- Gleichung (3.3) in MTW
bis auf eventuell andere Namen gerade f=m*a lauten.
Entschuldigung: meine Ausgabe von MTW muss eine andere sein als deine. Bei mir ist (3.3) eine Formel für die Lorentz-Kraft im Ruhesystem des elektrisch geladenen Teilchens: dp/d\tau = e* F(v), wobei F der Feldstärketensor und u der Geschwindigkeits-4-Vektor ist. p ist der Impuls.
Aber das ist nicht schlimm: ich kriege die richtige Formel, die du benötigst, auch so hin:
F=dp/dt, mit Impuls p, so weit einverstanden? Aus
p = \gamma * m * v,
wobei \gamma der übliche relativistische Faktor ist, m die Ruhemasse und v die Geschwindigkeit,
folgt nun mit Hilfe der bekannten Ableitungsregeln, dass F einen longitudinalen und einen transversalen Anteil besitzt: der transversale Anteil ist proportional zu \gamma*m, der longitudinale zu \gamma^3 * m. Wie schon einmal vorgeschlagen: führe dir Moses Fayngold zur Gemüte. Dann lernst du an dieser Stelle was dazu.
Und da steht’s nicht drin.
Doch, nehmen wir etwa Wald, der beinahe wortgleich meine
Aussage enthält:
Wald: „For a particle at rest with respect to the observer
[…] equation (4.2.8) reduces to the familiar formula
E=mc2.“
Ist ja auch korrekt so weit: „at rest with respect to the observer“, ergo Masse=Ruhemasse.
Wald führt die Masse eines Teilchens mit den Worten „All
material particles have an attribute known as ``rest mass’’,
which appears as a parameter in equations of motion when
forces are present“ , um fürderhin den Parameter m schlicht
mit „mass m“ zu bezeichnen.
Das kann er ja auch machen. Er behält halt fürderhin im Hinterkopf, dass m bei ihm die Ruhemasse ist. Kein Problem damit. Das hat aber überhaupt nichts mit der Frage der Identität von Masse und Energie IN ALLEN BEZUGSSYSTEMEN zu tun, und um diese geht es.
Deine Kritik an Wald beweist leider, dass du nicht verstanden
hast, was hier gemacht wird. Vermutlich wirst du - wie viele -
von der abstrakten Index-Notation verwirrt. Im Wald wird ganz
besonders darauf geachtet, Aussagen ohne Bezug auf ein
Koordinatensystem zu machen.
Jaja. Und das macht er auf die denkbar dämlichste Art, die einem einfallen könnte, wenn man betonen möchte, dass Tensorgleichungen koordinatenunabhängig sind und keine Indizes brauchen: man führt einfach neue Indizes ein, die nicht griechisch sind, sondern lateinisch, die Gleichungen sehen danach genauso aus, nur müssen wir alle „im Hinterkopf behalten“, dass diese Indizes keine Koordinaten bezeichnen, sondern, tja, irgendwie abstrakte Stellvertreter für bloß gedachte – hmmh was eigentlich – Koordinaten sind???
Wenn man bitteschön Koordinatenunabhängigkeit haben möchte, soll man halt in Gottes Namen vorgehen wie MTW und mit Differentialformen formulieren. Damit kann man zwar nicht schön rechnen, aber dann hat man wenigstens Koordinatenfreiheit.
Ach ja: und übrigens auch keinen Zusammenhang mehr. Einen Zusammenhang als Tensor zu bezeichnen zeugt von mangelndem Verständnis von Differentialgeometrie. Willst du wirklich darauf bestehen, dass ich dir eine Einführung gebe? Ich verzichte jedenfalls an dieser Stelle darauf, dich mit Zitaten und Referenzen vollzuschütten. Das kannst du dir selbst zusammensuchen.
Daher wird der Zusammenhang als
Tensor eingeführt - es ist also ein Tensor, er wird
nicht nur so genannt - und daher wird auch
selbstverständlich darauf verzichtet so etwas seltsames wie
die `relativistische Masse eines Teilchens’ einzuführen.
Wie gesagt: abgehakt.
Im übrigen ist Physik keine Geisteswissenschaft, wo ein Zitat
eines Autors für sich schon einen Nachweis stellt.
Du hattest behauptet, meine Begrifflichkeit sei absolut
unüblich. Die Tatsache, dass beinahe alle Bücher, darunter
insbesondere die Standardwerke, diese Begrifflichkeit
verwenden, widerlegt diese Behauptung.
Wie eingangs erwähnt: das ist das einzige, wo ich dir recht gebe. Es sieht so aus, als leiden auch andere Physiker und selbst Autoren unter Verständnisschwierigkeiten.
Die Tatsache, dass die Formel für die `relativistische Masse’
in zahlreichen Büchern nicht einmal erwähnt wird, stützt meine
Aussage, sie sei überflüssig.
Abgesehen davon, dass du sicher nicht zahlreiche Bücher durchforstet hast (den von mir erwähnten Rindler hast du ja, wie’s aussieht, weggelassen), lässt das nur darauf schließen, dass sich viele, vor allem jüngere und neuere, Autoren nicht die Mühe machen, sich über fundamentale Zusammenhänge und tiefgreifende Implikationen Gedanken zu machen. Es scheint, als ob die allgegenwärtige Dominanz der Stringtheorie ein tiefes Verständnis „altmodischer“ Disziplinen wie der SRT oder auch der ART überflüssig werden ließen. Ich frage mich nur, durch welche Erfolge der „neuen Wissenschaft“ dies gerechtfertigt werden soll.
Bitte tu mir jetzt einen Gefallen und lies die Details zum
Pound-Rebka-Experiment.
Das Pound-Rebka-Snider-Experiment ist in dieser Frage
irrelevant, da beide Bilder das Ergebnis gleichermaßen
vorhersagen. Allerdings impliziert die Existenz der
Gravitationsrotverschiebung, dass Gravitation nicht mit
spezieller Relativitätstheorie zusammen passt. Der Versuch,
dem Photon auf sinnvolle Art und Weise eine
nicht-verschwindende Masse zuzuordnen, ist mithin zum
Scheitern verurteilt.
Der Energieverlust von Photonen in einem homogenen Schwerefeld, wie es das der Erde lokal ja nahezu ist, ist derart, wie er klassisch von einem Teilchen der Masse p/c zu erwarten wäre. Sowohl der von dir gerade zur Hand genommene Wald geht auf S. 137 darauf ein, und im MTW steht auch ein Riesenkapitel dazu drin.
(Bezogen auf ein radiales Gravitationsfeld ist das Pound-Rebka-Experiment auch nur ein Test des Äquivalenzprinzips und nicht der ART.)
Und er scheitert z.B. bei der Lichtablenkung. Ein Teilchen mit
`relativistischer Masse’ und Geschwindigkeit eines Photons
wird in newtonscher Gravitation weniger stark abgelenkt, als
ein masseloses Photon in der allgemeinen Relativitätstheorie.
Das stimmt, aber darum ging es auch gar nicht. Bei Pound-Rebka-Experiment werden keine allgemeinen Nullgeodäten betrachtet, sondern radiale Geodäten. Und für diese gilt (in erster Näherung) die klassische Lösung für den Energieverlust.
Mir immer nur ohne weitere Ausführung zu widersprechen, ist ja
kein Diskussionsstil unter Physikern, oder doch?
Gegen schlicht falsche Aussagen, wie du sie vorbringst, kann
man nicht mehr tun, als zu widersprechen.
Zur Abwechslung könntest du auch mal ein wenig nachdenken über das, was ich sage bzw. wenigstens mal richtig in die Bücher schauen, wenn du schon zitierst.
An anderer Stelle hattest du behauptet, die Masse hätte kein wohldefiniertes Transformationsverhalten, im Gegensatz zur Energie. Als ich dir gesagt habe, dass wegen der Proportionalität mit c (mit c=1 sogar der manifesten Identität) beider Größen dieses sehr wohl gegeben ist, habe ich zu diesem Punkt von dir nichts mehr gehört. Hast du das nun geschluckt oder verdrängt?
Gruß
OT
–
Philipp