Kruzifix - Friedhof

Hallo,

na ja gut - wer jemanden da liegen hat, muß wohl ab und an auf den Friedhof. Die Alternative dazu wäre höchstens eine Bestattung auf der grünen Wiese.
Aber andererseits: Was willst Du machen? Das Thema Tod ist nun einmal stark religiös besetzt, da hielte ich es irgendwie für unangemessen, den Gläubigen ihre Symbole zu verbieten.
Wobei ich mich da auch nicht so auskenne - auf unserem friedhof gibt es ja keine Kruzifixe. Hier liegen erstens sowieso fast nur Protestanten und zweitens sind in dieser Gegend generell eigentlich mehr recht schlichte Grabsteine üblich - da gibt es höchstens mal ein einfaches Kreuz.

Gernot Geyer

Hallo,

kann es sein, dass du früher einmal etwas gelassener warst?

Keine Ahnung.

Sogar du hast ansatzweise mal verstanden, worum es bei dem
Wunsch nach staatlicher Neutralität geht.

Aber dieser Satz ist höchst eigenartig, Wieso „sogar“ ich? Vielleicht sind wir hier auch bei dem Punkt, der mich in Deinen Augen weniger gelassen macht:
Sicherlich steht in meiner ViKa mein Beruf, aber es ist schon erstaundlich, in welchem Maße jemand meint, daraus Schlüsse ziehen zu müssen. Nein, es ist kein „Sogar“ hier angebracht, wenn es um die Frage jnach dem Verständnis staatlicher Neutralität geht. Dass ich hier „nur“ ein „sogar“ bekomme, ist eher höchst erstaunlich. Es belegt eher Vor-Urteile.
Das eine aber ist, ob ich hier eine Ansicht/Forderung betreffs der BRD habe, das andere aber ist es, wenn ich dies als Deutsche in Österreich tue.
Auch von den Bürgern andere EU-Ländern würden wir ein gewisses Maß an BEschäftigung mit unserer Kultur, Geshcichte und letztlich auch mit unserem Verständnis von weltaschaulicher Neutralität des Staates verlagen, bevor hier jemand mit Forderung auftritt.
Ein Beipiel wäre vielleicht das sog. Ausschwitzverbot - tatsächlich diskutiere ich darüber nicht mit einem Engländer, NIederländer etc., sondern erwarte Akzeptanz - auch davor, wie wir Deutsche meinen mit unserer Geschichte umzugehen zu müssen.
Für den Ausgangposter uns seine größte Verteidigerin kann man von mir kein Verständnis erwarten (und tatsächlich war ich fassungslos), denn hier wird ein diffuses Verständnis von Neutralität absolut gesetzt.
Als Arguementationshilfe kam nicht nur, dass gleich Nationalist ist, wer den Unterschied zwischen EU- und Staatsbürgerschaft kennt. Unglaublich auch die Demagogie (!), mit der einem dann Kruzifix-Beispiele gezeigt werden, von denen nun nachweislich keines in einem Kindergarten hängt.
Fassungslos macht mich auch, wie man ein eigenes, selbstverständlich negtives Kreuz-Bild in die Welt setzt, schon längst korrigierte Postings für „überzeugend“ erklärt, und, sozusagen als Gipfel, der Religion, der man explizit nicht angehören möchte, ihre Symbolik vorschreibt - dies wohlgemerkt in Unkenntnis der Symbolik, schön zu erkennen an der nun fast schon süßen BEhauptung in diesem Thread, dass das Kreuz als Symbol von Tod und Leiden Chisti etwas anderes sei als als Symbol von Auferstehung. Das kann dann nur jemand behaupten, der es wirklich erfolgreich geschafft hat, sich von europäischer Geistesgeschichte fern zu halten.
Das Niveau dieser Posts ist in meinem Augen auf dem von irgendwelchen Kreationisten. Auf der einen wie der anderen Seite wird mit einem gefährlichen Eifer die Verdummung als lohnenswertes Ziel ausgeschrien, weil man es „eben so sieht, basta.“

Grüße
Taju

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Hallo Taju,

ich muss gleich weg, deshalb nur kurz. Ich habe früher schon deine Beiträge gelesen. Du warst - innerhalb deiner festen Überzeugung - auch offen für Gegenargumente.

Und die ganzen Diskussionen über Kruzifixe sind hier weiß Gott schon oft ausgetragen worden. Es sollte doch zumindest klar sein, dass man zwischen religiöser Betätigung des einzelnen und der religiösen Betätigung des Staates unterscheiden muss. Vielleicht meinte die Threaderstellerin nicht die Kreuze auf Grabsteinen, sondern lediglich anderswo angebrachte Kreuze auf staatlichen Friedhöfen. Als überzeugter Atheist würde ich mich „Sogar“ dafür einsetzen, dass jeder in seiner Wohnung oder auf seinem Grabstein (wenn er es vorher bestimmt) ein Kreuz anbringen darf. Aber bei dem zur weltanschaulichen Neutralität verpflichteten Staat (ich nehme an, in AUT gibt es auch eine Art von Neutralitätsgebot) ist das eben was anderes. Hier muss man zumindest abwägen zwischen dem Bedürfnis der Bürger des Staates nach Religion und der notwenidigen Neutralität - wenn man nicht gleich eine sehr strenge Trennung von Staat und Religion befürwortet so wie ich.

Das müsstest auch du einsehen, ohne konkret deine Überzeugung zu ändern. Deshalb fand ich die Polemik unangebracht und entgegen früheren Diskussionen als Qualitätsverlust.

Gruß
Ultra

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Moin,

Ungeachtet dessen habe ich aber (woe jeder andere auch) das
Recht, meine eigene Meinung zu vertreten und an sie zu
glauben. Und dabei ergibt sich nun einmal, daß bei
kontroversen Dingen, bei denen ich glaube, Recht zu haben, ich
die Meinungen der anderen für falsch halten muß. Das aber ist
in jedem Fall eine Abwertung - bewußt oder unbewußt.

Ich gehe mal davon aus, dass deine Meinungen sich im Laufe deines Lebens auch entwickelt und verändert haben. Solange der Mensch lern- und aufnahmefähig ist, verändert jeder weitere Informations-, Erkenntnis- oder Erfahrungszuwachs auch damit verknüpfte Meinungen, sei es redikal oder nur um Nuanchen. Sprich: selbst für dich allein genommen ist deine Meinung eine recht flüchtige Angelegenheit.

Darin liegt das Problem. Wenn ich recht habe, dann muß der
andere ein Idiot sein, wenn er das nicht sehen will und genau
so geht es logischerweise anders herum.

Bist du heute ein Idiot, weil du in ein paar Jahren vermutlich einiges anders sehen wirst als heute?

Aber trotzdem: bei Dingen wie Himmel, Hölle, Gott, Teufel,
Engel usw. denke ich in christlichen Kategorien. Bei dem Wort
Gott erscheint vor meinem Auge nicht der römische Jupiter und
auch nicht der weise Manitu der Indianer, genau so wenig wie
Allah oder sonstwer - da sehe ich den alten Herren mit Bart
und Heiligenschein und Nachthemd auf Wolke 7. Und der Teufel
hat nen langen Schwanz, nen Pferdefuß, zwei Hörner und ne
Mistgabel.

Und du meinst, das ist das christliche Verständnis von Gott und Teufel? Naja…

Gruß
Marion

Hallo Ultra,
ich habe den Eindruck, zwischen uns herrscht immer noch ein kommuikatives Missverständnis.
Zumindest verstehe ich mich auch selbst so und glaube kaum, dass aus irgendeinem meiner Postings etas anderes herauszulesen ist: Ich bin für die strikte Trennung von Staat und Kirche. Dies ganz besonders deshalb, weil ich Kirchenhistorikerin bin, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ich Bürgerin der BRD bin und letztlich auch, weil ich überzeugtes Mitgleid meiner Kirche bin, so sehr ich unter den beiden letzten Umständen auch oft genug leide.
Bei der Frage aber, wie weltanschauliche Neutralität zu gestalten ist, denn das ist eben das Problem, auch der Atheismus ist nicht neutral, ist ein gesellschaftlicher Diskurs notwendig. Der WEg, der hier mE in den letzten Diskussionen aufgezeigt wurde, nämlich schafft (hängt) ab, was Euch stört, ist sicherlich falsch, da irreführend und letztlich wird mit Fanatismus ersetzt, was für Fanatismus gehalten wird.
Die Arguementation ist intellektuell erbärmlich, was sich an der historischen, kunsthistorischen, geistesgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen Niveaulosigkeit der Beiträge gezeigt hat.

Selbstverständlich gibt es auch in A ein Neutralitätsgebot des Staates, aber man kann nicht einfach mit seinen deutschen Vorstellungen dahin gehen als intellektueller Heilsbringer. Es gibt eben auch einen gesellschaftlichen Diskurs der Österreicher, wie sie ihre Neutralität gestalten wollen, dieser ist zu respektieren.
Gerade als Protestantin erlebe ich in konfessioneller Hinsicht in A ständig Grenzüberschreitungen durch die rk Kirche. Die entscheidende Frage, mit der ich mich beschäftige, ist, warum das so ist. Es kann nicht nur darum gehen, ob ich gerade mal beleidigt bin (weil man es in D anders machen würde), sondern wie es der andere meint innerhalb seines kulturellen Alphabeths.
UNd dann gibt es eben die Situation (z.B. die Einweihung (!) einer staatlichen Fakultät (!) durch einen Kardinal), in der ich mit meinem Verständnis von Wissenschaft und staatlicher Neutralität an meine Grenzen stoße und mich verweigere - aber ich sollte auch erkennen, dass es eine individuelle Empfindlichkeit ist und bei denen, die diese nicht teilen können, vielleicht in dieser Beziehung nur größere Gelassenheit vorliegt.

Und die ganzen Diskussionen über Kruzifixe sind hier weiß Gott
schon oft ausgetragen worden.

Und wenn in der BRD ein Gericht entscheidet, dass diese an staatlichen Schulen nichts zu suchen haben, bin ich völlig einverstanden damit.
Dennoch zeigt ein Kreuz (und wie schön eben die obskuren Vorstellungen unser Kruzifixgegner, was sie bedeutet), genauso wie die Kopftuchdiskussion, dass Neutralität eben nicht zu haben ist, indem man es sich einfach macht - geschweige denn einfach mal so erklärt, was man denn selbst so meint.
Beispiel:
Einer Muslimin wird mit bekannten Argumenten das Kopftuch verboten, einer Nonne nicht. Bitte, hier kann mir nun wirklich keiner damit kommen, der Katholizismus hätte ein moderneres Frauenbild als der Islam.
Aber was ist eigentlich, wenn ich als Protestantin oder eine Atheistin ein Kopftuch trägt? Ein Symbol für was ist es?
Was ist, wenn eine Muslimin ein Kopftuch trägt, um sich gegen Zugluft zu schützen - muss sie vielleicht eine Mütze oder Ohrschützer tragen bei der Pausenaufsicht, weil es eben bei ihr missverstanden werden könnte, ich aber dürfte mir aussuchen, ob ich nicht ein Kopftuch schicker finde??

Grüße
Taju

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Hallo,

ob es das christliche Verständnis von Gott und Teufel ist? Weiß ich nicht - aber beide werden üblicherweise nun einmal so dargestellt, auch in Gemälden in Kirchen. Sicher ist es auch simpel und verkitscht und deckt sich auch nicht unbedingt mit meiner heutigen Vorstellung von Gott. Und es hinkt auch wie alle Beispiele. Aber man stellt sich unter einem Begriff nun einmal zuerst das vor, was man darüber gelernt, gehört, gesehen und gelesen hat - und da sind in unserem Kulturraum die christlichen Quellen einfach in der Überzahl.
DAs beginnt doch schon mit dem Monodeismus als solchem - ich kenne zwar auch die vielen Götter in den Weltbildern der Antike - vermag aber nicht wirklich, daran zu glauben. DAs läßt sich nicht einmal rational begründen - aber es paßt gefühlsmäßig irgendwie nicht in mein Bild von der Welt.

Natürlich ändern sich Meinungen und Überzeugungen im Laufe der Jahre - zum Glück. Und manchmal schüttelt man selber den Kopf über sene früheren Vorstellungen dabei.
Trotzdem bleibt aber dann, daß ich früher vieles, was ich heute für richtig halte, für falsch gehalten habe - und umgekehrt. Und schon in diesem richtig und falsch liegt eine gewisse Wertung. Neutral ist eigentlich blos „Ich weiß es nicht und halte beides für möglich.“

Für meine person stimmt das sogar religionsmäßig gesehen. Ich weiß echt nicht, ob es einen Gott gibt oder nicht und wenn ja, welche Glaube da den Tatsachen am Nähesten kommt.
Aber genau deshalb räume ich auch beiden Seiten das recht ein, an ihre Meinung zu glauben. Nun stört mich als Nichtkatholik ja das Kruzifix als solches nicht. Also mag es hängen bleiben, wenn es den Gläubigen so wichtig ist. Natürlich kann es sein, daß ich da etwas versaut bin - ich habe habe mich früher ja auch nicht von Honeckers geschöntem Jugendbildnis vom Lernen abhalten lassen. Da mußte man halt durch. Aber offenbar hat der Anblick auch nicht sonderlich geschadet - immerhin haben ja die DDR-Bürger ihn am Ende trotzdem davongejagt.

Gernot Geyer

Hallo Petra,

kann es sein, dass du das hier

Wie dem auch sei, es gibt Friedhöfe verschiedenster Religionen, Konfessionen und auch für Nichtreligiöse. Nur bei einigen wenigen davon gibt es Kruzifixe.

bei deiner Antwort übersehen hast? Ich denke, dass Eli darauf hinweisen wollte, dass es nicht nur christliche Friedhöfe gibt und damit auch Friedhöfe auf denen von vornherein keine Kreuze oder Kruzifixe stehen. Das wird in Österreich und Deutschland ähnlich sein.

Mein persönlicher Senf dazu: Ich denke, dass Friedhöfe schon an sich Orte der Religion sind (im Gegensatz zu Schulen, Kindergärten etc.) und damit auch religiöse Symbole tragen dürfen/sollten. Es sollte nur sichergestellt sein, dass jeder die Möglichkeit hat, auf einem Friedhof seiner Wahl bestattet zu sein, dann gibt es diesbezüglich keine Probleme.

Viele Grüße
Kati