Hallo Ultra,
ich habe den Eindruck, zwischen uns herrscht immer noch ein kommuikatives Missverständnis.
Zumindest verstehe ich mich auch selbst so und glaube kaum, dass aus irgendeinem meiner Postings etas anderes herauszulesen ist: Ich bin für die strikte Trennung von Staat und Kirche. Dies ganz besonders deshalb, weil ich Kirchenhistorikerin bin, dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ich Bürgerin der BRD bin und letztlich auch, weil ich überzeugtes Mitgleid meiner Kirche bin, so sehr ich unter den beiden letzten Umständen auch oft genug leide.
Bei der Frage aber, wie weltanschauliche Neutralität zu gestalten ist, denn das ist eben das Problem, auch der Atheismus ist nicht neutral, ist ein gesellschaftlicher Diskurs notwendig. Der WEg, der hier mE in den letzten Diskussionen aufgezeigt wurde, nämlich schafft (hängt) ab, was Euch stört, ist sicherlich falsch, da irreführend und letztlich wird mit Fanatismus ersetzt, was für Fanatismus gehalten wird.
Die Arguementation ist intellektuell erbärmlich, was sich an der historischen, kunsthistorischen, geistesgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen Niveaulosigkeit der Beiträge gezeigt hat.
Selbstverständlich gibt es auch in A ein Neutralitätsgebot des Staates, aber man kann nicht einfach mit seinen deutschen Vorstellungen dahin gehen als intellektueller Heilsbringer. Es gibt eben auch einen gesellschaftlichen Diskurs der Österreicher, wie sie ihre Neutralität gestalten wollen, dieser ist zu respektieren.
Gerade als Protestantin erlebe ich in konfessioneller Hinsicht in A ständig Grenzüberschreitungen durch die rk Kirche. Die entscheidende Frage, mit der ich mich beschäftige, ist, warum das so ist. Es kann nicht nur darum gehen, ob ich gerade mal beleidigt bin (weil man es in D anders machen würde), sondern wie es der andere meint innerhalb seines kulturellen Alphabeths.
UNd dann gibt es eben die Situation (z.B. die Einweihung (!) einer staatlichen Fakultät (!) durch einen Kardinal), in der ich mit meinem Verständnis von Wissenschaft und staatlicher Neutralität an meine Grenzen stoße und mich verweigere - aber ich sollte auch erkennen, dass es eine individuelle Empfindlichkeit ist und bei denen, die diese nicht teilen können, vielleicht in dieser Beziehung nur größere Gelassenheit vorliegt.
Und die ganzen Diskussionen über Kruzifixe sind hier weiß Gott
schon oft ausgetragen worden.
Und wenn in der BRD ein Gericht entscheidet, dass diese an staatlichen Schulen nichts zu suchen haben, bin ich völlig einverstanden damit.
Dennoch zeigt ein Kreuz (und wie schön eben die obskuren Vorstellungen unser Kruzifixgegner, was sie bedeutet), genauso wie die Kopftuchdiskussion, dass Neutralität eben nicht zu haben ist, indem man es sich einfach macht - geschweige denn einfach mal so erklärt, was man denn selbst so meint.
Beispiel:
Einer Muslimin wird mit bekannten Argumenten das Kopftuch verboten, einer Nonne nicht. Bitte, hier kann mir nun wirklich keiner damit kommen, der Katholizismus hätte ein moderneres Frauenbild als der Islam.
Aber was ist eigentlich, wenn ich als Protestantin oder eine Atheistin ein Kopftuch trägt? Ein Symbol für was ist es?
Was ist, wenn eine Muslimin ein Kopftuch trägt, um sich gegen Zugluft zu schützen - muss sie vielleicht eine Mütze oder Ohrschützer tragen bei der Pausenaufsicht, weil es eben bei ihr missverstanden werden könnte, ich aber dürfte mir aussuchen, ob ich nicht ein Kopftuch schicker finde??
Grüße
Taju