Mal ganz langsam,
bevor dieser Diskussionsstil ausufert.
Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften sind zwei völlig unterschiedliche paar Stiefel mit unterschiedlichen Methoden.
Nur Naturwissenschaften kennen beispielsweise den Begriff des Experiments. Nur Naturwissenschaften haben dieses Mittel zur Verfügung um ihre Thesen zu untermauern. Geisteswissenschaften
müssen sich auf völlig andere Art und Weise mit Thesen auseinandersetzen. Geisteswissenschaftliche Thesen sind daher
immer spekulativ und subjektiv. Das liegt in der Natur der
Geisteswissenschaften.
Geisteswissenschaften gehen immer von Annahmen aus, die sich
überhaupt nicht oder nicht beliebig oft überprüfen lassen.
Von Beweisen will ich gar nicht reden.
Eine etwas besondere Rolle unter den Geisteswissenschaften nimmt die
Mathematik ein. Jawohl, die Mathematik ist weder eine Naturwissenschaft, noch eine Hilfswissenschaft der Naturwissenschaften, sondern ihrem Wesen nach handelt es sich um eine Geisteswissenschaft. Sie befasst sich mit frei erfundenen Konzepten.
Geisteswissenschaften haben nicht die Möglichkeit der experimentellen Bestätigung ihrer Ergebnisse. Das einzige, was geisteswissenschaften zu leisten vermögen, besteht darin, Annahmen zu treffen und aus diesen nach den Regeln der Logik gültige Schlüsse zu ziehen.
Der Hauptangriffspunkt für eine geisteswissenschaftliche Arbeit stellt in der Regel eine unsaubere Schlußfolgerungskette dar, nicht die Annahmen, die zugrundegelegt wurden.
Nehmen wird die Mathematik. Die Annahmen, die in der Mathematik getroffen werden, nennt man Axiome. Ein solches Axiom wäre das Euklidische Parallelenaxiom.
„Zu einer gegebenen Geraden gibt es durch einen gegebenen Punkt außerhalb dieser Geraden genau eine Parallele.“
Es führt zusammen mit einigen anderen Axiomen zu der euklidischen Geometrie.
Die Frage, ob dieses Axiom als solches eine tiefe, nicht zu leugnende
Wahrheit enthält, muss allerdings verneint werden. Man kann das Axiom
streichen und erhält dann eben andere Arten von Geometrien, mit denen man ebenfalls rechnen kann und die sogar in der Allgemeinen Relativitätstheorie eine Rolle spielen.
Auch die Frage, ob unendlich ein definiertes mathematisches Objekt und nicht nur ein Grenzwert ist, ist Definitionssache. Die sogenannte Nichtstandard-Analysis behandelt auch unendliche und infinitesimale Größen als wohldefinierte Körperelemente, für die die Verknüpfungen die im Körper der reellen bzw. der komplexen Zahlen gelten, tatsächlich anwendbar und nicht nur ‚bequeme Schreibweisen‘ sind. Auch in der Mathematik existiert die übliche geisteswissenschaftliche Beliebigkeit. Axiome dürfen quasi frei gewählt werden um daraus strikt logisch Schlußfolgerungen zu ziehen (Sätze zu beweisen). Gewiss wird hier der eine oder andere einwenden, dass die Axiome in der Mathematik SOOOoooooo beliebig nun auch wieder nicht sind. Das stimmt - zum Teil - denn ungeschickt gewählte Axiome erlauben es nicht, interessante Schlußfolgerungen zu ziehen. Auch in der Philosophie führen ungeschickt gewählte Annahmen zu Arbeiten, für die sich kein Mensch wirklich interessiert, selbst wenn die Schlußfolgerungen formal logischen Kriterien standhalten. Genauso wie in der Mathematik ist es auch in der Philosophie möglich, selbst aus guten Annahmen, auf logisch korrekte Weise, völlig uninteressante Schlüsse zu ziehen.
Was ist denn nun das besondere an der Mathematik als Geisteswissenschaft? Zufällig hat sie Modelle entwickelt, die für die Anwendung in Natur- und Ingenieurwissenschaften sehr geeignet sind. In einem anders aufgebauten Universum mit anderen Naturgesetzen könnten aber Methoden der Literaturwissenschaft erfolgreicher sein und sich das Verhalten der Natur am besten durch Versmaße, Stilmittel und ähnliche Konzepte beschreiben lassen. Die Mathematik quasi als Teil der Physik zu betrachten ist jedenfalls nicht ganz korrekt, selbst wenn man zugeben muß, dass mit die fruchtbarsten Impulse für die moderne Mathematik aus physikalischen Problemstellungen erwachsen sind.
Ein Geisteswissenschaftler darf zunächst einmal jede beliebige Annahme treffen. Er tut sich allerdings einen Gefallen damit, wenn er keine Annahmen über naturwissenschaftliche Sachverhalte trifft, deren Falschheit bereits experimentell bewiesen wurde. Ausgehend von falschen Annahmen kann man nämlich leider ALLES beweisen. Deshalb muss der Gesiteswissenschaftler allergrößtes Augenmerk auf die Plausibilität seiner Annahmen legen.
Wie dem auch sei, ist die Annahme, dass Gott existiert für eine geisteswissenschaftliche Arbeit legitim, solange dies nicht naturwissenschftlich experimentell widerlegt ist. Dasselbe gilt für
sämtliche metaphysischen, esoterischen oder hochspekulativen Annahmen. Der Gesiteswissenschaftler tut aber gut daran, ebenfalls kontoverse Annahmen zu diskutieren und eine Problematik unter verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Wem ist hier der schwarze Peter zuzuschieben? Den Geisteswissenschaften oder den Naturwissenschaften?
Die Naturwissenschaften müssen sich einen schwerwiegenden Vorwurf gefallen lassen. Sie arbeiten mit einer ganz bestimmten Methodik, die sie für sich selbst festgelegt haben. In gewissem Sinne nehmen sie keine Rücksicht auf die Realität. Nämlich in diesem Sinne, dass sie Realität nur dann anerkennen, wenn sie sich beliebt, sich durch diese Methodik erfassen zu lassen (gilt für Geisteswissenschaften aber auch). Sollte es jemals die Realität oder ein Aspekt derselben wagen, sich nicht dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnungsinstrummentarium unterzuordnen, so lehnen es die Naturwissenschaften ab, sich mit diesem Aspekt zu befassen, was nicht automatisch bedeuten muss, dass dieser Aspekt nicht wirklich existiert. Viele Naturwissenschaftler tun aber so, als ob Aspekte der Realität, vor denen sie sich selbst per Definition verschlossen haben, auch gar nicht existent sein können. Das müsste zuerst einmal bewiesen werden und zu so einem Beweis sind weder Logik noch Mathematik im allgemeineren Sinne, noch Naturwissenschaften, noch alle drei Gebiete zusammengenommen in der Lage. Selbst der Erfolg dieser Wissenschaften rechtfertigt nicht diese Behauptung. Angenommen ich hätte die Trigonomterie erfunden und stelle mit ihrer Hilfe sehr erfolgreich Berechnungen an, dann kann ich doch jemand anderen, der behauptet, er habe die Gruppentheorie erfunden, nicht einen Spinner nennen, nur weil aus seiner Theorie nicht so leicht verwertbare Ergebnisse resultieren, wie aus der Trigonometrie.
Jedenfalls sind die Aufgabengebiete von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften anhand ihrere Methodik einigermaßen klar voneinander getrennt, genauso wie die Aufgabengebiete von Ingenieurwissenschaften wieder andere sind.
Worauf Du Dich nun eingelassen hast, ist eine Prognose darüber abzugeben, was Ingeneurwissenschften in der Lage sind zu leisten. Das steht einem Geisteswissenschaftler kaum zu. Genausogut könntest Du beweisen, dass wir niemals erfolgreich eine Raumsonde zu Proxima Centauri und wieder zurück schicken werden.
Für einen Philosophen wäre eine angemessene Frage etwa, ob künstliche Intelligenz Segen oder Fluch wäre und wie sie sich auswirken würde. Ich habe den Eindruck , dass Du unter Intelligenz etwas anderes verstehst, als das, was ein Intelligenztest misst. Wenn Du einen Begriff anders verwendest, als er definiert ist, führt dies zu Irritationen und Mißverständnissen. Es wäre dann allemal besser, einen neuen Begriff einzuführen, als bereits vorhandene Begriffe umzudefinieren.
Das, was ein Intelligenztest misst, kann bereits jetzt zu einem großen Teil maschinell erledigt werden. z.B. Zahlenreihen ergänzen, oder Bongart-Probleme lösen.
Hab ich etwa den Nagel auf den Kopf getroffen? Verstehst Du unter Intelligenz etwas ganz anderes, als das, wie es definiert ist?
( ich hab einfach nicht die Zeit, das Werk durchzulesen, sorry )
gruß an Alle
unimportant