Kürzer oder länger?

Hi!

In meinem Bekanntenkreis diskutieren wir seit einiger Zeit das Problem der Arbeitszeit, ohne dass wir einen Konsens finden. Vielleicht gibt es hier ja jemanden, der einen vermeindlichen Widerspruch auflösen kann:

Bekanntlich gibt es von Arbeitgeberseite immer wieder Forderungen nach einer Verlängerung der Arbeitszeit, um die krisengeschüttelte deutsche Wirtschaft wieder nach vorne zu bringen. So soll länger pro Woche gearbeitet werden (Rückkehr zur 40-Stunden-Wochen, teilweise Ausdehnung auf eine 44- oder gar 48-Stunden-Woche, ohne Anpassung der Gehälter), Verlängerung der Jahresarbeitszeit (Abschaffung von Urlaubs- und/oder Feiertagen), späterer Eintritt in den Ruhestand (Rentenbeginn erst mit 67 oder noch später).

Andererseits reagieren Arbeitgeber (ja, richtig, Arbeit_geber_) auf Krisensituationen im Unternehmen mit genau entgegengesetzten Maßnahmen. Gerät ein Unternehmen in echte Schwierigkeiten, ist der probate Schritt die Einfühung der Kurzarbeit. Andere Unternehmen, wie etwa VW oder jetzt Opel, reduzieren die Wochenarbeitszeit bei paritätischer Absenkung der Gehälter auf 28,8 (VW) bzw. 30 (Opel) Stunden je Woche. Und wenn es besonders hart auf hart geht, werden Mitarbeiter sogar dafür belohnt, wenn sie vorzeitig in Ruhestand gehen.

Zusammengefasst:

  • Die AG fordern längere Wochenarbeitszeiten, verkürzen sie aber in Krisenzeiten
  • Die AG fordern längere Jahresarbeitszeiten, verkürzen diese aber durch Kurzarbeit in Krisenzeiten
  • Die AG fordern längere Lebensarbeitszeiten, verkürzen diese aber durch Auflösungsverträge mit Frühverrentung, zum Großteil sogar unter Prämienzahlungen.

Wie geht das zusammen?

Grüße
Heinrich

flexibler!
Hallo,

Wie geht das zusammen?

das geheimnisvolle Wort, was das gut erklärt, lautet Flexibilität. Wie ich immer zu sagen pflege: Wenn ich heute eine Tageszeitung will, lege ich mir kein Jahresabo zu.

Die Unternehmen wollen grundsätzlich längere Arbeitszeiten, die aber nicht stur auf Wochenbasis unabhängig von der Auslastung abgearbeitet werden, sondern flexible Lösungen (z.B. mit Arbeitszeitkonten).

Flexibilität ist im übrigen der Weg zu mehr Arbeitsplätzen. Wenn ich heute einen einstelle, habe ich den an der Backe und zwar zu denzeit gültigen Tarifarbeitszeiten und auch unabhängig davon, wie im nächsten Monat (evtl. sogar bekanntermaßen) die Auslastung ist. Daher stellt man lieber keinen ein und erledigt das erhöhte Arbeitsaufkommen heute mit Überstunden. Und so hat man eine feine Erklärung dafür, daß bei schlechter Wirtschaftslage trotzdem viele Überstunden anfallen.

Gruß,
Christian

Hi Heinrich,

Zusammengefasst:

  • Die AG fordern längere Wochenarbeitszeiten, verkürzen sie
    aber in Krisenzeiten

weil sie dann mit weniger Arbeitnehmern - wenn notwendig - mehr Arbeit erledigen koennen. Dadurch entfaellt das „Problem“, waehrend eines Engpasses eingestellte Arbeitnehmer wieder loswerden zu muessen (was gar nicht sooooo einfach ist, Stichwort Kuendigungsschutz).

  • Die AG fordern längere Jahresarbeitszeiten, verkürzen diese
    aber durch Kurzarbeit in Krisenzeiten

s. o. und: Kurzarbeit vermeidet die Notwendigkeit, Leute zu entlassen (siehe oben) um so kuerzere Krisenzeiten zu ueberstehen. Ausserdem bleibt mit den Leuten meist auch das know-how erhalten und es muessen spaeter nicht wieder neue Arbeitskraefte neu eingearbeitet werden wie es beim angelsaechsischen „hire and fire“ der Fall ist.

  • Die AG fordern längere Lebensarbeitszeiten, verkürzen diese
    aber durch Auflösungsverträge mit Frühverrentung, zum Großteil
    sogar unter Prämienzahlungen.

Das nennt man auch „sozialvertraegliche Kuendigungen“. Der AG vermeidet dabei, Leute zu entlassen und ggf. hohe Abfindungen zahlen zu muessen und entlaesst lieber aeltere AN in den vorgezogenen Ruhestand - das kommt ihn samt Praemienzahlungen billiger, belastet aber die Rentenkasse (also letztlich alle) um so mehr.

Wie geht das zusammen?

Hoffe ein paar hilfreiche Antworten gegeben zu haben …

Gruesse Henning.

Kürzer, Flexibler, Billiger oder bessere Politiker
Hallo,

also mit mindestens 5 Mio Arbeitslosen bei 80 Mio Einwohnern (nicht Arbeitnehmer) kann man schon davon ausgehen, daß Arbeitskräfte leicht zu kriegen sein sollten; ob das stimmt?

Ich sehe oft Galileo und häufig werden Massenproduktionen vorgestellt. Also, wenn es einen Bedarf mit Stückzahlen gibt, wird der Arbeitgeber eher mit Kapitalaufwand eine möglichst „automatische“ Produktion wählen als mit teuren Arbeitskräften fehlerhafte Waren zu erzeugen.

Viele Dienstleistungen werden durch die Entwicklung der Computer auch immer schneller erledigt. Wenn ich mich noch an ein technisches Zeichenbrett erinnere dann denke ich keine 20 Jahre zurück. Und wie ist das bei Finanzdienstleistungen? Eine Zeit lang wurden durch Computer mehr Leute gebraucht, das ist vorbei.

Ich bin häufig in Asien und da sehe ich Millionen junge Menschen die um Pfennigbeträge arbeiten würden, wenn es Arbeit gäbe. Dort wird das „Wachstum“ (Anzahl der Menschen) in dieser Generation nicht aufhören. Dorthin kann man ja Lohnarbeiten vergeben.

Das Wort „Arbeitsplätze“ wurde von Politikern geprägt und dazu gehofft, jemand würde solche „schaffen“. Nicht oft wird etwas blöderes erzählt. Es muß Bedarf nach etwas da sein und Geld um es zu bezahlen. Dann findet sich ein Unternehmer, der diesen Bedarf stillen wird. Er wird in erster Linie obige Möglichkeiten in Betracht ziehen und erst in letzter Not „Arbeitsplätze schaffen“. Sagt einmal, welche und wieviele solche Bedarfsfälle könnt Ihr aufzählen, die so einen „letzten Notfall“ erzeugen würden? Aber bitte nicht vergessen, daß auch jemand dafür bezahlen muß.

Und bei uns streiten sich die von uns gewählten Regierenden, ob sie von der Lohnsteuer 5 Prozentpunkte abziehen wollen und ab wann das geschehen soll. Oder ob den Rentnern 10 EURO weggenommen werden soll um den Unternehmern die Lohnnebenkosten zu verbilligen. Ich wäre dafür, die Politiker auf „normale“ Rentenberechnung zurückzustufen, nicht weil das viel Geld erspart, sondern als Strafe, weil sich die nicht um uns kümmern so wie sie sollten.

Ich habe keine Patentlösung parat, aber solange man einen großen Teil der Steuern aus dem Arbeitslohn gewinnt, werden sich die Unternehmer halt überlegen, den bezahlbaren Bedarf mit möglichst wenigen deutschen Arbeitskräften zu befriedigen. Und solange wird es weniger Arbeitsstunden hier geben und billiger werden sie auch werden. Die Zeit, wo die Gewerkschaft mit Druck den Lebensstandard der Bevölkerung verbessern konnte, sind halt vorbei, weil es kaum mehr möglich ist, Druck auszuüben.

Nicht Unternehmer sondern Politiker sollen sich etwas einfallen lassen und die Veränderungen der letzten 2 Generationen berücksichtigen.

Grüße, Rudolf

Hi!

In meinem Bekanntenkreis diskutieren wir seit einiger Zeit das
Problem der Arbeitszeit, ohne dass wir einen Konsens finden.
Vielleicht gibt es hier ja jemanden, der einen vermeindlichen
Widerspruch auflösen kann:

Bekanntlich gibt es von Arbeitgeberseite immer wieder
Forderungen nach einer Verlängerung der Arbeitszeit, um die
krisengeschüttelte deutsche Wirtschaft wieder nach vorne zu
bringen. So soll länger pro Woche gearbeitet werden (Rückkehr
zur 40-Stunden-Wochen, teilweise Ausdehnung auf eine 44- oder
gar 48-Stunden-Woche, ohne Anpassung der Gehälter),
Verlängerung der Jahresarbeitszeit (Abschaffung von Urlaubs-
und/oder Feiertagen), späterer Eintritt in den Ruhestand
(Rentenbeginn erst mit 67 oder noch später).

Andererseits reagieren Arbeitgeber (ja, richtig,
Arbeit_geber_) auf Krisensituationen im Unternehmen mit genau
entgegengesetzten Maßnahmen. Gerät ein Unternehmen in echte
Schwierigkeiten, ist der probate Schritt die Einfühung der
Kurzarbeit. Andere Unternehmen, wie etwa VW oder jetzt Opel,
reduzieren die Wochenarbeitszeit bei paritätischer Absenkung
der Gehälter auf 28,8 (VW) bzw. 30 (Opel) Stunden je Woche.
Und wenn es besonders hart auf hart geht, werden Mitarbeiter
sogar dafür belohnt, wenn sie vorzeitig in Ruhestand gehen.

Dazu gab es heute früh auf SWR 3 ein paar Gedanken von irgendjemadn der sich mit sowas angeblich asukennt. Fand ich auch interessant. Ich kann das Ergebnis nicht genau wiedergeben…
Es wäre zum jetzigen Zeitpunkt Blödsinn, die Arbeitszeit allgemein zu verlängern. Das würde nur denjenigen Unternehmen helfen, die eine große Nachfrage haben, aber kein Geld um zusätzliche Arbeiter zu beschäftigen. Das Problem zur Zeit ist aber eben, dass die Nachfrage so niedrig ist, die Lager voll sind. Und darauf reagieren Unternehmen eben mit weniger Produktion. Und um keine Arbeitnehmer entlassen zu müssen eben die Kurzarbeit (wurde bereits gut erklärt…)
Arbeitszeiten zu verlängern nützt langfritsig den Unternehmern, allerdings nicht in ner Krise. Arbeitslose werden damit allerdings nicht beseitigt…

Max

Hallo Heinrich,

ich kann nur stellvertretend für den Dienstleistungsbereich „Pflege“ antworten.
Hier sind, bedingt durch Pflegepersonalmangel einerseits und eigene Arbeitszeitgesetze (u.A. BAT im Pflegebereich, kirchliche Arbeitszeitgesetze usw.) und unter dem Druck des allgemeinen Sparzwanges, SEHR flexible Arbeitszeiten möglich.
Wer Interesse hat, kann sich im Internet z.B. unter http://www.gewerkschaft-big.de/ informieren oder sich die sehr persönlichen Erfahrungen und Nöte von Arbeitnehmern in diesem Bereich anschauen http://www.altenpflege.de (hauptsächlich Pflegepersonen, die in der Altenpflege beschäftigt sind).
Was bringt es dem AN?
Nichts ! - wenn er seine Arbeitszeit reduziert, natürlich ohne Lohnausgleich, dann wird er so eingesetzt, dass sich eine Reduzierung, auch unter dem Aspekt des „mehrZeitfürdieFamiliehabenwollens“, nur als eine Farce herausstellt.
Für den AG ist eine sehr flexible Regelung natürlich zunächst mal höchstwillkommen - doch man sollte auch den „Burn-Out-Effekt“ berücksichtigen - ein unzufriedener AN ist eine Gefahr für den Erfolg eines Unternehmens und ein potentieller Ausstiegskandidat.

Meine persönliche Erfahrung, wenn man den AG völlige Freiheit in der Gestaltung der Arbeitszeit gibt, wird man als AN immer mehr ausgenutzt.
Erst der kleine Finger und dann die ganze Hand und dann der ganze Mensch.

Ihr könnt jetzt über mein Posting lächeln - ist ja nur von einer kleinen Krankenschwester - die Mehrheit der Forumsteilnehmer besteht anscheinend aus anderen Berufen (Büroberufen :wink:), aber der allgemeine Flexibilisierungsgedanke geht in die Richtung, die Pflegeberufe schon lange eingeschlagen haben.

Gruß
Karin

Flexibilität, ein Beispiel
Hallo Rudolf,

Ich sehe oft Galileo und häufig werden Massenproduktionen
vorgestellt. Also, wenn es einen Bedarf mit Stückzahlen gibt,
wird der Arbeitgeber eher mit Kapitalaufwand eine möglichst
„automatische“ Produktion wählen als mit teuren Arbeitskräften
fehlerhafte Waren zu erzeugen.

hier liegt doch der Hase im Pfeffer. Beispiel: Ein Automobilzulieferer bekommt einen Auftrag, der vorsieht, daß er im Verlauf von 5 Jahren 200.000 Benzindruckleitungen produzieren soll. Bei einem Abnahmepreis von rd. 20 Euro je Stück, kann er seinen Umsatz verhältnismäßig gut kalkulieren.

Die 200.000 verteilen sich nicht gleichmäßig auf die Jahre, sondern werden dann abgerufen, wenn der Automobilhersteller sie nachfragebedingt braucht. Nun erfolgt die Kalkulation: Rechnet es sich eher, wenn die Biege-, Fräs- usw.-Maschinen von Robotern bestückt werden, oder sollten das Menschen machen.

Wenn nun über die Arbeitskosten herauskommt, daß es sich ungefähr die Waage hält, wie wird er sich entscheiden? Nimmt er den Menschen, der jede Woche fünf Jahre lang montags bis freitags von 8-16.30 da ist oder nimmt er den Roboter, dem es schnurz ist, wenn er mal drei Wochen nicht arbeitet oder mal 2 Wochen lang 24 Stunden am Stück?

Hmm, schwierige Frage. Achja: Wir finanzieren derzeit 4 Roboter, die 12 Menschen ersetzen.

Gruß,
Christian

Wettbewerb und Flexibilität
Hallo,

ich kann nur stellvertretend für den Dienstleistungsbereich
„Pflege“ antworten.

damit haben wir direkt ein Problem erkannt: Du redest nicht von der freien Wirtschaft, sondern von einem hochgradig regulierten System. Allein die Tatsache, daß im Ausland lebende Rentner nach Deutschland eingeflogen werden müssen, um nach den Regeln der Pflegeversicherung hier Anspruch auf Leistung zu haben, obwohl die Pflege hier x-mal so teuer aber nicht zwangsläufig besser ist, spricht eine deutliche Sprache.

Wie auch immer: In der Wirtschaft gibt es eigentlich nur einen zentralen Punkt: Wir stehen im Wettbewerb und zwar im Wettbewerb mit der ganzen Welt.

Außer der Errichtung einer großen Mauer um uns herum gibt nur zwei Möglichkeiten: Wir stellen uns dem Wettbewerb und reagieren auf ihn oder wir verlieren.

So einfach ist das.

Im Augenblick beschränken sich Regierung, Gewerkschaften und weite Teile des Volkes darauf, die Existenz dieses Wettbewerb zu verleugnen und diejenigen, die unsere Situation in diesem Wettbewerb zutreffend beschreiben, als Leute abzutun, die einfach alles schlechtreden.

Früher haben wir von diesem Wettbewerb profitiert, weil wir besser waren. Wir waren zwar immer schon teurer, aber besser. Besser ausgebildet, besser motiviert, produktiver. Heute sieht das anders aus. Über die Gründe kann man trefflich diskutieren, was aber an dieser Tatsache nichts ändern wird.

Der Gedanke, in einer zyklischen Wirtschaft müsse Woche für Woche gleichmäßig gearbeitet werden, ist aberwitzig. Wir wollen zu den Stoßzeiten den ÖPNV benutzen und nicht Mitternacht, wir wollen im Winter heizen und nicht im Sommer, wir wollen Weihnachten und Ostern Schokolade sowie zu Silvester Böller, wir wollen im Sommer an der Theke und im Biergarten bedient werden, aber eigentlich nicht im Winter usw. usw.

Wir leben höchst zyklisch, erwarten Angebot dann, wenn wir nachfragen, alles ganz selbstverständlich. Aber wenn es darum geht, unserem Arbeitgeber dann zur Verfügung zu stehen, wenn er bzw. seine Kunden uns brauchen, daß wird gejammert. Unbegreiflich für mich, selbstverständlich in Deutschland.

Gruß,
Christian

Persönlicher Einsatz
Hallo Christian,

bist Du - persönlich - bereit dazu, auch abends, nachts, evtl. rund um die Uhr und am Samstag, Sonntag , Feiertag, in Deiner Arbeitsstelle zu erscheinen um Deine Kunden zu beraten?
Wohlgemerkt ohne grosszügige Zulagen, sagen wir mal 3,50 Euro pro Stunde steuerfreie Zulage für Sonntag und Feiertage.

Hättest Du Damit keine Probleme?

Gruß
karin

ich kann nur stellvertretend für den Dienstleistungsbereich
„Pflege“ antworten.

damit haben wir direkt ein Problem erkannt: Du redest nicht
von der freien Wirtschaft, sondern von einem hochgradig
regulierten System. Allein die Tatsache, daß im Ausland
lebende Rentner nach Deutschland eingeflogen werden müssen, um
nach den Regeln der Pflegeversicherung hier Anspruch auf
Leistung zu haben, obwohl die Pflege hier x-mal so teuer aber
nicht zwangsläufig besser ist, spricht eine deutliche Sprache.

Wie auch immer: In der Wirtschaft gibt es eigentlich nur einen
zentralen Punkt: Wir stehen im Wettbewerb und zwar im
Wettbewerb mit der ganzen Welt.

Außer der Errichtung einer großen Mauer um uns herum gibt nur
zwei Möglichkeiten: Wir stellen uns dem Wettbewerb und
reagieren auf ihn oder wir verlieren
.

So einfach ist das.

Im Augenblick beschränken sich Regierung, Gewerkschaften und
weite Teile des Volkes darauf, die Existenz dieses Wettbewerb
zu verleugnen und diejenigen, die unsere Situation in diesem
Wettbewerb zutreffend beschreiben, als Leute abzutun, die
einfach alles schlechtreden.

Früher haben wir von diesem Wettbewerb profitiert, weil wir
besser waren. Wir waren zwar immer schon teurer, aber besser.
Besser ausgebildet, besser motiviert, produktiver. Heute sieht
das anders aus. Über die Gründe kann man trefflich
diskutieren, was aber an dieser Tatsache nichts ändern wird.

Der Gedanke, in einer zyklischen Wirtschaft müsse Woche für
Woche gleichmäßig gearbeitet werden, ist aberwitzig. Wir
wollen zu den Stoßzeiten den ÖPNV benutzen und nicht
Mitternacht, wir wollen im Winter heizen und nicht im Sommer,
wir wollen Weihnachten und Ostern Schokolade sowie zu
Silvester Böller, wir wollen im Sommer an der Theke und
im Biergarten bedient werden, aber eigentlich nicht im Winter
usw. usw.

Wir leben höchst zyklisch, erwarten Angebot dann, wenn wir
nachfragen, alles ganz selbstverständlich. Aber wenn es darum
geht, unserem Arbeitgeber dann zur Verfügung zu stehen, wenn
er bzw. seine Kunden uns brauchen, daß wird gejammert.
Unbegreiflich für mich, selbstverständlich in Deutschland.

Gruß,
Christian

Ich denke nicht dass hier die Rede von einer Arbeitszeit von 7 tagen die Woche, bei 24 h war. Nicht ich oder Christian muss da sein, sondern jemand. Dieser Jemand kann stellvertretend für mehrere, sich ablösende Personen stehen.

Ich habe auch schon manchmal 7 Tage die Woche gearbeitet und Samstag sowi Sonntag von 7 h bis 22 h. Das ist nicht die Regel. Diese Tage konnte man sich beliebig wieder frei nehmen. Das nennt man Flexibilität. Leider geht das derzeit nur mit Angestelltenbereich.

Hallo,

bist Du - persönlich - bereit dazu, auch abends, nachts, evtl.
rund um die Uhr und am Samstag, Sonntag , Feiertag, in Deiner
Arbeitsstelle zu erscheinen um Deine Kunden zu beraten?

warum nicht? Ich habe z.B. bei der Bundeswehr auch hardcore-Schichtdienst geleistet, ich kenne das also.

Ich würde mich um den Dienst an Samstagen reißen, um aus diesem elenden Wochentrott und Wochenendeinkaufsstreß rauszukommen. Meine Kollegen in der ein oder anderen Abteilung haben schon unübliche Arbeitszeiten. Schichtdienst wegen der Börse, Frühdienst aus rechtlichen Gründen (Devisenabwicklung) usw. Beklagt hat sich bei mir bisher keiner. Man muß halt schauen, was man draus macht.

Um Schichtdienst geht es mir aber auch gar nicht so sehr. Es geht mir (und den Leuten, die Flexibilisierung fordern) um eine flexiblere Arbeitszeit im Jahresverlauf. Es macht keinen Sinn, daß die Leute zur Nebensaison unbeschäftigt herumhängen, während zu den Stoßzeiten Überstunden en masse anfallen.

Wenn man eine Jahresarbeitszeit festlegt, die aber flexibel je nach Nachfrage abarbeitet, wären schon viele sehr glücklich.

Wohlgemerkt ohne grosszügige Zulagen, sagen wir mal 3,50 Euro
pro Stunde steuerfreie Zulage für Sonntag und Feiertage.

Witzige Geschichte: Die Steuerfreiheit der Wochenend- und Nachttätigkeit entspringt der Hitler´schen Kriegswirtschaft. So wollte man die Leute motivieren, Dienst zu ungünstigen Zeiten zu schieben.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

Die 200.000 verteilen sich nicht gleichmäßig auf die Jahre,
sondern werden dann abgerufen, wenn der Automobilhersteller
sie nachfragebedingt braucht. Nun erfolgt die Kalkulation:
Rechnet es sich eher, wenn die Biege-, Fräs- usw.-Maschinen
von Robotern bestückt werden, oder sollten das Menschen
machen.

Es gibt sicherlich Reserven bei der Flexibilität der Arbeitskräfte.
Ich habe beide Richtungen im Dienstleistungssektor erlebt. Aufgabenerfüllung mit vollbeschäftigten Arbeitnehmern sowie die zweite Variante mit 60 %Vollbeschäftigten und restlichen saison- und tageszeitabhängigen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern. Es ist sicher so, daß die flexible Variante viel leichter planbar und effektiver ist.
Bei der Variante Vollbeschäftigte habe ich bemerkt, daß trotz eventuell bevorstehender Entlassungen die AN in der Masse gar nicht bereit ist, auf Anfrage flexibel zu reagieren.

Wenn nun über die Arbeitskosten herauskommt, daß es sich
ungefähr die Waage hält, wie wird er sich entscheiden? Nimmt
er den Menschen, der jede Woche fünf Jahre lang montags bis
freitags von 8-16.30 da ist oder nimmt er den Roboter, dem es
schnurz ist, wenn er mal drei Wochen nicht arbeitet oder mal 2
Wochen lang 24 Stunden am Stück?

Damit gräbt er sich sein eigenes Grab. Nichts gegen den Roboter. Fein, daß er pausenlos arbeiten kann. Doch dies tut er nicht lange, da die Arbeitskräfte, die keine Arbeit mehr haben, keine Fahrzeuge mit den Benzindruckleitunegen kaufen können. Zur Zeit kann er noch seine Produkte absetzen, weil die Marktaufteilung weltweit noch nicht abgeschlossen ist. Doch was kommt danach, wenn dieser Unter-nehmer „nichts für die visionelle Zukunft“ unternimmt?
Zur Zeit leben insbesondere die mittelständigen Betriebe von der Hand in den Mund. Großkonzerne mit zum Teil zweistelligen Zuwachsraten entlassen genauso Personal wie die kleinen Firmen, die wirklich nicht anders können.
… nennt man auch permanente Krise des Kapitals…

nix Gutes in Aussicht, weil weltweit

Gruß Gert

Hallo Christian,

ich denke, eines der Hauptprobleme in unserer Gesellschaft besteht darin, dass Jeder nur seine eigene Situation überblicken und nur auf seine eigenen Erfahrungen oder/und auf Informationen der Medien zurückgreifen kann.
Sender und Empfänger sind unterschiedlich gepolt und bräuchten eine gemeinsame Funkfrequenz (oder so), um den Anderen verstehen zu können.
Z.B.:
Arbeitgeber - Arbeitnehmer
Büroangestellter - Arbeiter
Bürger - Beamter
Familie - Single
Rentner - Berufstätiger
Bürger - Politiker
Banker - Krankenschwester

Solange verschiedenartige Menschen, mit verschiedenen Erfahrungswerten keine gemeinsame Basis finden/suchen - redet Jeder nur an dem Anderen vorbei.

so long
karin

Hi!

Nachdem ich mir die ganzen Kommentare, die bisher eingegangen sind, durchgelesen habe, ist das Zauberwort also „Flexibilität“. Je nach wirtschaftlicher Situation (gesamtwirtschaftlich oder betriebswirtschaftlich) muss dem Unternehmer freie Hand bei der Gestaltung der Arbeitszeitmodelle gegeben werden.

Lahmt das Unternehmen, muss der Firmenleitung die Chance haben, die Wochenarbeitszeit beliebig auszudehnen. Der 8-Stunden-Tag wird zum 10-, 12- oder 14-Stundentag, aus der 35- oder 37- oder 38,5-Stunden-Woche wird eine 40-, 48- oder 60-Stunden-Woche. Dies natürlich bei unveränderten Gehältern. Gleiches gilt für die Einbeziehung von Samstag, Sonntagen und Feiertagen in die normale Arbeitszeit sowie die Nutzung des gesamten Tages als Arbeitszeit (Schichtmodell). Gehaltsauszahlungen für Überstunden inklusive Zuschlägen oder ein Freizeitausgleiche für Überstunden, ebenfalls mit Zuschlägen, ist nicht möglich, da dies kontraproduktiv wäre für die aktuelle Finanzsituation des Unternehmens (dem Unternehmen geht es ja schlecht, und gerade deshalb verlängert es seine Arbeitszeiten) bzw. kann sich das Unternehmen keine Lohnzahlungen in Zeiten leisten, wo die Produktionszeiten reduziert werden und die Arbeitnehmer ihre angesammelte Freizeit nehmen.

Neben der beliebigen Ausdehnung der Arbeitszeit muss dem Unternehmer auch das Recht eingeräumt werden, die Arbeitszeit auf ein von ihm festgelegtes Mindestmaß zu reduzieren. Kommt es zu Schieflagen beim Auftragseingang, muss eine Reduzierung der Produktionszeiten je nach unternehmerischer Sicht möglich sein. Um Finanzbelastungen des Unternehmens in dieser Zeit auszuschalten, erfolgt die Reduzierung der Arbeitszeit nur bei gleichzeitiger Reduzierung der Lohnkosten.

Dazu muss es dem Unternehmer freigestellt sein, kurzfristig Arbeitnehmer einzustellen und wieder zu entlassen. Eine Regelung, die einen Arbeitgeber mittel- oder langfristig an Personal bindet, hindert ein Unternehmen, auf Veränderungen des Marktes zu reagieren. Die Lösung dieses Problems ist also „Hire And Fire“ auf Monats-, Wochen- oder gar Tagesbasis („Tagelöhner“).

Wären damit unsere wirtschaftlichen Probleme gelöst? Ist das der Zustand, den wir anstreben müssen?

Grüße
Heinrich

Hallo Karin,

ich denke, eines der Hauptprobleme in unserer Gesellschaft
besteht darin, dass Jeder nur seine eigene Situation
überblicken und nur auf seine eigenen Erfahrungen oder/und auf
Informationen der Medien zurückgreifen kann.

ich denke nicht, daß das ein Problem ist. Wer mit offenen Augen und Ohren sowie einem wachen Verstand durchs Leben läuft, kann sich sehr gut in die Situation anderer Menschen versetzen.

Im übrigen ist mir etwas unklar, was die persönliche Situation eines jeden von uns mit der von mir skizzierten gesamtwirtschaftlichen Lage zu tun hat. Nur, weil uns etwas nicht paßt, ändert sich nicht die Weltwirtschaft. Ich weiß, da es derzeit in Mode ist, Tatsachen zu leugnen bzw. zu ignorieren, aber es ist nunmal so,

daß es da draußen eine Welt gibt.
daß unsere Gesellschaft immer älter wird
daß unser Krankenversicherungssystem so nicht mehr finanzierbar ist.

Sender und Empfänger sind unterschiedlich gepolt und bräuchten
eine gemeinsame Funkfrequenz (oder so), um den Anderen
verstehen zu können.
Z.B.:
Arbeitgeber – Arbeitnehmer

Nein, verstehen könnten sie sich, wenn sie nur wollten. Dummerweise gibt es in diesem Lande Kräfte, die die Konfrontation zwischen diesen „Lagern“ immer wieder anschüren. Eigentlich haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gleichen Ziele, was aber in den Hintergrund tritt, weil einige nicht müde werden, den Arbeitgeber als rücksichtslosen Ausbeuter darzustellen und andere, den Arbeitnehmer als geldgierigen Faulpelz.

Solange verschiedenartige Menschen, mit verschiedenen
Erfahrungswerten keine gemeinsame Basis finden/suchen - redet
Jeder nur an dem Anderen vorbei.

Da hast Du recht. Ein schönes Beispiel dafür sind Deine Antworten auf meine letzten beiden Artikel in diesem Brett, die nicht wirklich Antworten darstellen.

Gruß,
Christian

Hallöchen,

Wenn nun über die Arbeitskosten herauskommt, daß es sich
ungefähr die Waage hält, wie wird er sich entscheiden? Nimmt
er den Menschen, der jede Woche fünf Jahre lang montags bis
freitags von 8-16.30 da ist oder nimmt er den Roboter, dem es
schnurz ist, wenn er mal drei Wochen nicht arbeitet oder mal 2
Wochen lang 24 Stunden am Stück?

Damit gräbt er sich sein eigenes Grab. Nichts gegen den
Roboter. Fein, daß er pausenlos arbeiten kann. Doch dies tut
er nicht lange, da die Arbeitskräfte, die keine Arbeit mehr
haben, keine Fahrzeuge mit den Benzindruckleitunegen kaufen
können.

dieses Argument finde ich so was von bescheuert, daß es mir körperlich wehtut. Was hat ein Unternehmen/er davon, Arbeitskräfte weiter zu beschäftigen, um Nachfrage nach seinen Produkten zu erzeugen, die er gar nicht mehr produzieren kann, weil er pleite ist?

Zur Zeit leben insbesondere die mittelständigen Betriebe von
der Hand in den Mund. Großkonzerne mit zum Teil zweistelligen
Zuwachsraten entlassen genauso Personal wie die kleinen
Firmen, die wirklich nicht anders können.
… nennt man auch permanente Krise des Kapitals…

Da bekomme eher ich eine Krise. Was sind das wieder für klassenkämpferische Verallgemeinerungen? Ein Großkonzern besteht aus u.U. hunderten mittelständischen Unternehmen und ich kenne zig Mittelständler, denen es prächtig geht, weil sie a) flexible Lösungen durchsetzen konnten und b) überwiegend exportorientiert sind.

Ob ein Unternehmen bzw. Unternehmensverbund groß oder klein ist, hat mit seinem Erfolg am Markt nur wenig zu tun.

Gruß,
Christian

Hallo Christian,

ich denke, eines der Hauptprobleme in unserer Gesellschaft
besteht darin, dass Jeder nur seine eigene Situation
überblicken und nur auf seine eigenen Erfahrungen oder/und auf
Informationen der Medien zurückgreifen kann.

ich denke nicht, daß das ein Problem ist. Wer mit offenen
Augen und Ohren sowie einem wachen Verstand durchs Leben
läuft, kann sich sehr gut in die Situation anderer Menschen
versetzen.

Entschuldige bitte, hier bin ich anderer Ansicht.
Genausowenig wie ich mich in Deinen Arbeitsalltag hineinversetzen kann, kannst Du Dich in meinen Arbeitsalltag hineinversetzen.
Warum?
Weil Du noch nie in einer Gesundheitseinrichtung gearbeitet hast - und selbst wenn Du schon als Patient in einem Krankenhaus gelegen hast oder häusliche Pflege in Anspruch nehmen musstest, siehst Du meinen Part nur von aussen.
Genausowenig habe ich schon mal die Arbeit in einer Bank betrachten, bzw. die Arbeitsbedingungen der dort tätigen Mitarbeiter kennen lernen können.

Im übrigen ist mir etwas unklar, was die persönliche Situation
eines jeden von uns mit der von mir skizzierten
gesamtwirtschaftlichen Lage zu tun hat. Nur, weil uns etwas
nicht paßt, ändert sich nicht die Weltwirtschaft. Ich weiß, da
es derzeit in Mode ist, Tatsachen zu leugnen bzw. zu
ignorieren, aber es ist nunmal so,

Hier würde mein Hinweis auf die Mitarbeitermotivation greifen.

daß es da draußen eine Welt gibt.
daß unsere Gesellschaft immer älter wird
daß unser Krankenversicherungssystem so nicht mehr
finanzierbar ist.

Mir sind diese Gegebenheiten ebenfalls bekannt und ich bin auch der Meinung, dass sich Etwas ändern muss.
Nur denke ich, dass man notwendige Reformen konstruktiv zu diskutieren und MIT Allen Betroffenen zu lösen versuchen sollte und nicht schnell-schnell über den Kopf von vielen Menschen hinweg einfach aus den Sachzwängen heraus entscheiden sollte.
Das Magazin „Stern“ hat Dazu schon gute Ansätze gezeigt.

Sender und Empfänger sind unterschiedlich gepolt und bräuchten
eine gemeinsame Funkfrequenz (oder so), um den Anderen
verstehen zu können.
Z.B.:
Arbeitgeber – Arbeitnehmer

Nein, verstehen könnten sie sich, wenn sie nur wollten.

Hier bin ich wieder anderer Ansicht.
Einfach, wie schon oben geschildert, aus Mangel an gemeinsamen Erfahrungswerten.

Dummerweise gibt es in diesem Lande Kräfte, die die
Konfrontation zwischen diesen „Lagern“ immer wieder anschüren.

Du redest von den Gewerkschaften, die ich persönlich als überaus hilfreich ansehe.
Die Tatsache, dass Arbeitnehmer aus Pflegeberufen im Vergleich zu der übrigen Bevölkerung, schlechter bezahlt werden, resultiert sicherlich aus einem fehlenden Engagement der Gewerkschaften, was wiederum aus fehlender Organisation der Arbeitnehmer in diesem Bereich resultiert.

Eigentlich haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber die gleichen
Ziele, was aber in den Hintergrund tritt, weil einige nicht
müde werden, den Arbeitgeber als rücksichtslosen Ausbeuter
darzustellen und andere, den Arbeitnehmer als geldgierigen
Faulpelz.

Du meinst mit gemeinsamen Zielen die Erhaltung einer Firma, bzw. deren Arbeitsplätze.
Das stimmt.
Jedoch haben AG und AN verschiedenartige Vorstellungen von diesem Ziel.
Der AG will sich selbstständig machen und unabhängig sein,
danach wachsen und mehr Profit erreichen.
Der AN will einen Arbeitsplatz, der ihn und seine Familie ernährt, danach entweder mehr Lohn oder für ihn bessere Arbeitsbedingungen erreichen.

Solange verschiedenartige Menschen, mit verschiedenen
Erfahrungswerten keine gemeinsame Basis finden/suchen - redet
Jeder nur an dem Anderen vorbei.

Da hast Du recht. Ein schönes Beispiel dafür sind Deine
Antworten auf meine letzten beiden Artikel in diesem Brett,
die nicht wirklich Antworten darstellen.

Da magst Du teilweise Recht haben, allerdings waren Deine Antworten m.E. zum Teil (Stichwort:Bundeswehr und Schichtdienst) auch nicht von ausgeprägtem Einfühlungsvermögen in das Anliegen meiner Postings geprägt.

Gruß,
Christian

Gruß
karin

P.S. Ich bin froh, dass Du als Moderator fungierst und bin dankbar, dass Du immer so schnell antwortest.
Was mir nicht so gut gefällt ist,
dass Du so sehr Wert auf Statistiken legst :wink:

Hallo,

Die Tatsache, dass Arbeitnehmer aus Pflegeberufen im Vergleich
zu der übrigen Bevölkerung, schlechter bezahlt werden,
resultiert sicherlich aus einem fehlenden Engagement der
Gewerkschaften, was wiederum aus fehlender Organisation der
Arbeitnehmer in diesem Bereich resultiert.

vielleicht haben sich die Gewerkschaften bisher für die Arbeitnehmer im Pflegebereich nur wenig eingesetzt, weil es in dem Bereich schwieriger wäre, sich zu profilieren und es nur wenige, nehme ich an, lukrative Aufsichtsratsposten zu besetzen gibt. Hmmmmmmm…

Sarah

Flexibilität und Tagelöhner
Hallo Heinrich,

Wären damit unsere wirtschaftlichen Probleme gelöst? Ist das
der Zustand, den wir anstreben müssen?

Anscheinend Ja, sonst hätte Dir Jemand widersprochen.

Zu Bedenken geben möchte ich, dass sich mit einer völligen Arbeitszeitflexibilisierung das gesamte Soziale Gefüge verändern wird, Stichworte:
-Familie (keine oder wenig Zeit für Familienbildung, Familienbindung, Kindererziehung, Eltern-/ Altenversorgung)
-Freizeitverhalten (Welches? Wann? Wie noch planbar? Ehrenamt?)

Tagelöhner:
Bei den angestrebten höherqualifizierten Beschäftigungen problematisch:
-Knowhow?
-Weiterbildung?
-Einarbeitungszeit?
-Motivation?

Gruß
karin

Skizzen für die Zukunft
Hallo Heinrich,

Du überspitzt die Sachverhalte soweit, daß man das Szenario schlecht finden muß. Nur stellen sich die Sachverhalte weder so überspitzt dar, noch will jemand auf dieses Szenario hinaus.

Aus diesem Grunde habe ich nicht geantwortet und nicht, weil ich das genauso sehe wie Du.

Lahmt das Unternehmen, muss der Firmenleitung die Chance
haben, die Wochenarbeitszeit beliebig auszudehnen.

Von beliebig war nie die Rede.

Der
8-Stunden-Tag wird zum 10-, 12- oder 14-Stundentag, aus der
35- oder 37- oder 38,5-Stunden-Woche wird eine 40-, 48- oder
60-Stunden-Woche. Dies natürlich bei unveränderten Gehältern.
Gleiches gilt für die Einbeziehung von Samstag, Sonntagen und
Feiertagen in die normale Arbeitszeit sowie die Nutzung des
gesamten Tages als Arbeitszeit (Schichtmodell).

Will auch niemand. Warum sollte ich bspw. nachts arbeiten? Meine Kollegen aus den börsennahen Abteilungen schieben seit zwei Jahren Spätschichten bis 21 Uhr. Was passiert heute? Die Börsenzeit bei Xetra wird wieder verkürzt und alle anderen Börsenplätze, die sich gezwungen sahen, nachzuziehen aber dies nie wollten, werden über kurz oder lang folgen. Grund für die Verkürzung der Handelszeiten: Fehlende Nachfrage.

Was sagt uns das? Es soll bedarfsgerecht gearbeitet werden und nicht einfach nur lang.

Ansonsten: In dem Augenblick, wo Du Schichtdienst an sich verteufelst, solltest Du Dir überlegen, wie heute morgen Zeitung und Post zu Dir gelangten und wieso heute nacht noch Wasser aus der Leitung kommt.

Gehaltsauszahlungen für Überstunden inklusive Zuschlägen oder
ein Freizeitausgleiche für Überstunden, ebenfalls mit
Zuschlägen, ist nicht möglich, da dies kontraproduktiv wäre
für die aktuelle Finanzsituation des Unternehmens (dem
Unternehmen geht es ja schlecht, und gerade deshalb verlängert
es seine Arbeitszeiten)

Woher hast Du den Blödsinn denn?

Mal was grundsätzliches: In Zeiten schwacher Wirtschaftslage geht es den Unternehmen schlechter, weil die Nachfrage fehlt. Maßnahmen können erst mit Verzögerung umgesetzt werden, so daß meist (und so wird es auch diesmal sein) alle abgebauten Mitarbeiter erst das Haus verlassen haben, wenn die allgemeine Krise dem Ende zugeht. In der Zwischenzeit wurden aufgrund der schlechten Lage des Unternehmens die Kreditlinien reduziert, was auch ganz gut paßte, weil bei geringerem Umsatz auch weniger Liquidität benötigt wurden.

Nun ist die Krise vorbei und was fehlt? Richtig, Mitarbeiter und Geld. Aufträge sind da, können nicht abgearbeitet werden, die Konkurrenz (und die gibt es immer) springt ein. Das Ende vom Lied: Mitten im Aufschwung legt die Pleitewelle noch mal einen Gang zu.

Zurück zu Deiner Aussage: Den Unternehmen geht es nicht schlecht, weil die Leute länger arbeiten sollen, sondern weil sie nicht schnell genug auf Nachfrageänderungen (nach oben oder nach unten) reagieren können. Die Regel ist heute, daß die Leute entlassen und im Gegenzug als Zeitarbeiter eingestellt werden, teilweise sind es sogar die gleichen Personen. Warum dieser Umweg? Ganz einfach: Arbeitsrecht und die Tarifverträge fordern das heraus.

bzw. kann sich das Unternehmen keine
Lohnzahlungen in Zeiten leisten, wo die Produktionszeiten
reduziert werden und die Arbeitnehmer ihre angesammelte
Freizeit nehmen.

Warum soll eine Glättung ein Problem sein? Man muß die schwankende Arbeitszeit ja nicht voll auf die Entlohnung durchschlagen lassen.

Dazu muss es dem Unternehmer freigestellt sein, kurzfristig
Arbeitnehmer einzustellen und wieder zu entlassen. Eine
Regelung, die einen Arbeitgeber mittel- oder langfristig an
Personal bindet, hindert ein Unternehmen, auf Veränderungen
des Marktes zu reagieren. Die Lösung dieses Problems ist also
„Hire And Fire“ auf Monats-, Wochen- oder gar Tagesbasis
(„Tagelöhner“).

Wer will denn die vollständige Aufhebung des Kündigungsschutzes? Es geht vor allem um die Lockerung bei kleineren Unternehmen. Was macht es für einen Sinn, daß ein kleiner Handwerksbetrieb eher pleite sein ist, als sich von einem Mitarbeiter getrennt hat?

Wären damit unsere wirtschaftlichen Probleme gelöst? Ist das
der Zustand, den wir anstreben müssen?

Mal als Beispiel, wie es bei uns läuft: Jeder Mitarbeiter führt eine Excel-Tabelle, in der er seine Arbeitszeit einträgt. Diese Tabelle wird nicht kontrolliert. Jeder Mitarbeiter gestaltet seine Arbeitszeit wie es das Arbeitsaufkommen verlangt. Im Sommer ist bei uns Stoßzeit, da kommen am Tag leicht mal zwei Überstunden zusammen. Von Oktober bis Mai hat jeder die Möglichkeit, diese Überstunden allmählich abzubauen. Die Bezahlung ist über das Jahr gleichmäßig verteilt, mal abgesehen vom Bonus im Frühjahr, der in den letzten beiden Jahren eher mau ausgefallen ist.

Niemand will den entrechteten Lohnsklaven, den Du hier skizzierst, aber es kann auch keinen Sinn machen, an einem starren System festzuhalten, weil es so irgendwie schöner ist. Die Zeit der 16 Stundentage und 7 Tagewochen ist seit 100 Jahren vorbei. In dieser Zeit wurde viel errungen, nun wird es Zeit, auf Basis dieser Errungenschaften neue Wege zu finden, die für alle Beteiligten akzeptabel sind.

Wer wie Du, die Gewerkschaften und einige andere ewig gestrige Extremlinke Schatten an die Wand malt, die mit den Wünschen der Arbeitgeber nichts das geringste zu tun haben, betreibt Stimmungsmache und vergeht sich damit letztlich an unserer Zukunft.

Ich sagte es zuvor und ich sage es erneut: Wir stehen im Wettbewerb und da draußen warten einige hundert Millionen Menschen darauf, unsere Arbeit machen zu dürfen. Und die werden sie bereitwillig auch zehn Stunden am Tag erledigen, mit einer nur rudimentären Sozialabsicherung und ohne gesetzlich geregelte Mittagspausen, weil das immer noch besser ist, als das, was sie jetzt haben.

Wir können entscheiden:

Tun wir uns kurzfristig was gutes und bleiben auf dem derzeitigen sitzen und tun damit mittelfristig anderen was gutes, indem wir ihnen unsere Arbeitsplätze auf dem Silbertablett servieren?

Oder werden wir aber flexibler, rücken von Besitzständen und alten Gewohnheiten ab, zeigen Leistungswille und Motivation und zeigen der Welt die lange Nase?

Welches Schweinderl hättens denn gern?

Gruß,
Christian