Lieber Kai!
Der Arbeitnehmer hat ja seine Arbeitskraft benutzt um
irgendein Produkt herzustellen oder irgendeinen Dienst zu
leisten. Damit gehört ihm als Hersteller ja
(rein logisch gesehen, natürlich nicht juristisch) in gewisser
Weise dieses Produkt bzw. dessen Gegenwert.
Bekommen tut er als Arbeitslohn aber nicht
den vollen Gegenwert seines Arbeitsprodukts, sondern den Teil
nicht, der als „Unternehmergewinn“ in die
Taschen des Unternehmers fließt. So gesehen ist ihm also etwas
ersatzlos entzogen worden, das kann man doch auch (wenn man
den Begriff anders als im juristischen Sinne verwendet)
„Enteignung“ nennen, oder nicht?
Nein, kann man nicht.
Dem Arbeitnehmer gehört sein erstelltes Produkt nicht. Es
steckt zwar seine Arbeitskraft und sein Wissen, seine
Erfahrung hinter dem erstellten Produkt, aber ihm gehören
weder Die Materialien die er einsetzt, noch die
Maschinen die
er benutzt.
Deshalb ist die Argumentation für mich „hochgradig
Schwachsinnig“.
Wohlgemerkt muss man das bestimmt nicht so sehen, aber
„hochgradiger Schwachsinn“ scheint es mir nun auch nicht
gerade zu sein, weil es logisch ziemlich stringent gedacht
ist.
Siehe Oben du hast eine Logikfehler.
Nein, der Fehler liegt ganz auf deiner Seite, weil du (vgl. die von mir markierten drei Begriffe oben!) den Begriff des „Arbeitsprodukts“ falsch benutzt.
Vgl.:
Als Arbeitsproduktivität (engl.: labour productivity) bezeichnet man den Quotienten aus mengenmäßiger Leistung und mengenmäßigem Arbeits einsatz. Die Arbeitsproduktivität ist eine faktorbezogene Teilproduktivität, bei der die gesamte Ausbringungsmenge (im Gegensatz zur Produktivität) nur dem Produktionsfaktor Arbeit gegenübergestellt wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsproduktivit%C3%A4t
Wenn der Arbeitnehmer aber seine Arbeitskraft in den Poduktionsprozess einbringt (wem sonst sollte sie denn zunächst gehören?), dann kann das daraus resultierende Arbeits produkt erst mal, logisch-semantisch gesehen, auch nur das seinige sein, völlig egal wie die Besitzverhältnisse der Materialien und Maschinen sein mögen, denn diese allein bringen das Arbeits produkt ja eben nicht zustande.
Letztlich gibt es darauf nur zwei Sichtweisen:
-
Der Unternehmer besitzt Materialien+Maschinen (von weiteren Dinge der Einfachheit halber abstrahiert), und eignet sich die Arbeitskraft zum Preis des Arbeitslohns an schon bevor sie ein Produkt hervorbringt, somit gehört das Arbeitsprodukt dann auch voll ihm.
-
Der Unternehmer besitzt Materialien+Maschinen, der Arbeitnehmer bringt seine Arbeitskraft in den Produktionsprozess ein und stellt ein Produkt her, das dem Materialien- und Maschinenanteil (inklusive deren Rendite) nach dem Unternehmer gehört, dem Arbeitsanteil nach aber demjenigen, dessen Arbeitskraft drinsteckt, weshalb ihm eigentlich der Gegenwert des Arbeits produkts zustehen müsste.
–>> beide Sichtweisen sind in sich logisch kohärent gedacht, mit Sichtweise 2) kann man aber sehr wohl die Argumentation Lafontaines erkennen, dass nämlich dann, wenn der Arbeitslohn kleiner als der Wert des Arbeitsprodukts ist, eine Art von ersatzloser Enteignung stattfindet, weil der Unternehmer nicht nur den Materalien- und Maschinen(rendite)anteil aus dem Produktionsprozess einschiebt, sondern auch denjenigen Teil des Arbeitsprodukts, der über den Arbeitslohn hinausgeht.
Sichtweise 2) hat natürlich eine politische Sprengkraft, was du ja in deinem ersten Posting auch richtig (wenn auch m.E. maßlos übertrieben) benennst, sie ist aber ganz sicher kein bißchen „hochgradig schwachsinniger“ wie Sichtweise 1).
Beide Sichtweise sind ideologische Ausdrücke von ein- und demselben Vorgang, und beide beschreiben diesen auch gleichermaßen adäquat.
Um es am Beispiel mit den Schaefflers auszudrücken: die haben
die Unternehmergewinne aus den vielen Millionen von
Arbeitsprozessen ja jeweils einbehalten.
Natürlich haben sie dabei auch immer selbst ihre Arbeitskraft
eingesetzt.
Aber kann man wirklich sagen, dass die Arbeitskraft dieser
zwei Menschen ein Lebenszeit-Arbeitsprodukt hervorgebracht
hat, das 10 Milliarden Euro wert ist. Wohl kaum, oder?
Sagen wir mal, das Arbeitsprodukt dieser zwei Menschen (was
ist eigentlich überhaupt ihr Arbeitsprodukt konkret?) ist 10
Millionen wert, was ja immer noch sehr viel ist, aber woher
stammen die restlichen 9,99 Milliarden bitteschön, wenn nicht
aus dem millionenfachen teilweisen Einbehalten der
Arbeitsprodukte anderer Arbeitskräfte?
Anscheinend ja, die Arbeitsleistung dieser 2 Personen scheint
ja zZ 10 milliarden Euro Wert zu sein. Sie haben es geschafft
etlichen Arbeitnehmern ihre Produktionsinfrastruktur gegen
Entgelt (Unternehmergewinn) zur Verfügung zu stellen. Also ja,
diese 2 Personen (wenn es denn nur diese 1 ´Generation war,
weiß ich nicht, so gut kenn ich das Unternehmen nicht) haben
10 Milliarden Euro durch Arbeit und Mut zum Risiko verdient.
Eben nicht!
Welche gigantische Arbeitsleistung von zwei Menschen soll das denn sein, die ein Arbeitsprodukt im Wert von 10 Milliarden Euro hervorbringt? Völlig absurd. Das ist ein Logikfehler!
Der Grund dafür ist, dass die beiden aus welchen Gründen auch immer die Möglichkeiten vorfanden, sehr viele Arbeitnehmer zu Löhnen für sich arbeiten zu lassen, die niedrig genug waren, dass dies mit Gewinn möglich war (Sichtweise 1), bzw. dass sie sich einen Teil der Arbeitsprodukte ihrer sehr vielen Arbeitnehmer ange-eignet haben (Sichtweise 2).
Das ist natürlich vollkommen legal (und ob es „moralisch“ oderdergleichen in Ordnung ist, ist mir egal), mit beiden Sichtweisen wird aber vollkommen klar, dass es sich nicht um die Arbeitskraft dieser zwei Menschen handelt, die da 10 Milliarden wert ist.
Dies ist für einen Unternehmer ein großes Risiko ,
schließlich muss dieser einen angestellten Arbeiter bezahlen,
egal ob er mit seiner Unternehmung was verdient hat oder
nicht.
Das ist Sichtweise 1), aber auch in Sichtweise 1) kann das nur eine Momentaufnahme sein, denn mittel- und langfristig kann es keinen Unternehmer geben, der seinen Arbeitnehmern mehr bezahlt, als sie an Werten hervorbringen, weil das rein rechnerisch nur so lange geht, bis der Unternehmer X pleite ist, und durch Unternehmer Y ersetzt wird.
Es bleibt aber (völlig egal, ob der Unternehmer X oder Y heißt) die Tatsache bestehen, dass -abgesehen von Momentaufnahmen- der Arbeitnehmer durch den Einsatz seiner Arbeitskraft mehr Werte erzeugt als sein Arbeitslohn beträgt.
–> das so viel beschworene Unternehmerrisiko trifft natürlich auf den einzelnen Unternehmer zu, für das allgemeine Verhältnis von Unternehmerschaft und Arbeitnehmerschaft ist es weitgehend irrelevant - wird aber ständig auf „naive und laienhafte Weise“ (Zitat Steven) auch für Sachverhalte auf dieser allgemeinen Ebene herangezogen, obwohl es da kaum etwas zu suchen hat.
Hier nimmt dann der Ausdruck „Unternehmerrisiko“ eine klar erkennbare ideologische Funktion an.
Mein Gott, „fair“, darüber brauchen wir nicht streiten, was
ist schon fair, völlig uninteressant aus ökonomischer Sicht.
Es geht nicht um moralische Beurteilung, sondern z.B. darum,
welche Anreize in welcher Höhe ganz konkret vorhanden sein
müssen, damit Menschen die Anstrengung einer
Unternehmensgründung auf sich nehmen.
Ist z.B. das Unternehmerrisiko eines Schaefflers so exorbitant
groß, dass man es nur eingeht, wenn dann 10 Milliarden
rausspringen?
(das haben die Schaefflers ex-ante natürlich nicht gewusst,
aber du rechtfertigst diesen Gewinn ja sehr
wohl aus der ex-post-Sicht mit ihrem Risiko, du kennst die
Höhe also schon …)
Nein, es gibt viele selbständige Unternehmer die für weit
weniger bereit sind das Risiko einzugehen.
eben!
Die Schefflers sind
ja anscheinend nur sehr, sehr erfolgreiche Unternehmer.
unbestritten!
Wenn man die Familie Scheffler verurteilt. weil sie mit ihrert
Unternehmungen geschafft haben so ein großes Vermögen zu
verdienen, muss man auch den Unternehmer verurteilen der mit
seinen 5 Angestellten es gerade so schafft seine 2000€ für
seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er macht das gleiche wie
Familie Scheffler, bloß halt nicht so erfolgreich.
Ums „Verurteilen“ geht es doch gar nicht (zumindest mir nicht), es geht einzig und allein um die Analyse dessen, an welchen Stellen im ökonomischen Prozessgeschehen „Ent-Eignungen“ im Sinne eines ersatzlosen Eigentumsübergangs stattfinden, bzw. um die Analyse dessen, welche Gesetze und Gesetzesinterpretationen den einen ersatzlosen Eigentumsübergang als ok, und den anderen als nicht ok definieren.
Darum hat Lafontaine ja gesagt, die Schaefflers hätten ihre 10 Milliarden grundgesetzwidrig erworben, was juristisch gesehen natürlich vollkommen lächerlich ist, und das weiß Lafontaine selbstverständlich, genauso wie er weiß, dass die Enteignung der Schaefflers juristisch gesehen eindeutig grundgesetzwidrig wäre, und somit unter diesen Bedingungen keine ernsthafte politische Agenda sein kann.
Lafontaine wollte mit diesem Hinweis aber offensichtlich aufzeigen, dass es genau anders herum sein müsste, wenn man Sichtweise 2) konsequent weiterdenkt.
_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _