Hallo,
ich habe einen Teil dieser Diskussion durchgelesen und
irgendwie kommt mir das alles ein Bisschen seltsam vor. Da
wird seitenlang darüber diskutiert ob man die Täter früher
freilassen soll, therapieren soll oder ihnen das Gefängnis
luxuriöser machen soll,
…
Der Teil der Diskussion ist mir irgendwie entgangen.
Scheint so, vielleicht nochmal alles durchlesen?
aber nirgendwo finde ich das Wort „Opfer“.
Nun, das liegt wohl am Thema.
Da wird darüber diskutiert, dass 15 Jahre+ eine lange Zeit sind und dass man was tun muss. Steht weiter unten in diesem Thread. Das Thema ob es lebenslänglich noch gibt hat sich im Laufe der Postings ebenfalls zu dem Thema gewandelt, ob es lebenslänglich noch/wieder geben SOLLTE. Insofern hat sich das Thema ohne Deine Kenntnisnahme erweitert.
Wenn mir einer sagt, dass man einen Mörder eher ändern könne,
wenn man ihm verzeiht,
Von Verzeihung wurde hier glaube ich nicht gesprochen. Finde
ich auch unangemessen. Als außenstehender hat man da
eigentlich nichts zu verzeihen und die Verzeihung alleine
bewirkt wohl beim Täter eher wenig.
Weiter unten wird aber in einem Posting genau das so dargestellt.
dann frage ich auch mal, obwohl ich dafür jetzt vielleicht mal
wieder Prügel bekomme, ob man denn die Opfer auch wieder lebendig
machen kann indem man ihnen (oder dem Mörder) verzeiht?
Was trägt das überhaupt zu der hier diskutierten Frage bei?
Welche Strafe macht denn irgendeine Tat an Leib und Leben
ungeschehen? Welche Strafe kann auch nur ein blaues Auge
verschwinden lassen oder eine Vergewaltigung vergessen machen?
Selbst eine Sachbeschädigung wird nicht durch die Strafe
behoben, sondern durch zivilrechtliche Forderungen - wenn es
gut geht. Seltsame Überlegung also.
Nicht eine seltsame, sondern eine berechtigte Frage. Bei Vergewaltigung und Mord ist der Schaden ja nicht „kompensierbar“. Damit jedoch rücken nun zwei verschiedene Überlegungen in den Vordergrund. Die einen sagen, wir müssen den Täter „resozialisieren“. Die anderen sagen zuerst müssen wir einmal die Gesellschaft schützen. In den letzten Jahrzehnten wurde resozialisiert auf Teufel komm raus. Aber die Anzahl der Fälle von Mödern, die auf Freigang oder nach Begnadigung wieder morden, wächst ständig. Ebenso die Anzahl der Wiederholungsvergewaltiger. Also sehe ich hier einen dringenden Bedarf, nicht nur auf die Situation der Täter sondern auch der Opfer zu sehen. Straferleichterungen mit globaler Wirksamkeit, wie z.B. die Abschaffung von „lebenslänglich“ wirken unter diesem Gesichtspunkt wie Hohn. Wenn hier immer wieder darauf verwiesen wird, dass es ja zusätzlich auch Sicherheitsverwahrung gibt, aber gleichzeitig jemand aus dem Strafvollzug schreibt, dass er lebenslänglich mit Sicherheitsverwahrung noch nie gesehen hat, dann scheint hier eine Lücke zu klaffen.
Was hat das mit der Diskussion zu tun? Wenn man die Problematik „lebenslänglich“ als reines juristisches Problem betrachtet, vielleicht nichts, wenn man es als Problem einer Gesellschaft betrachtet, in der Familien ihre Kinder sicher auf den Schulweg schicken wollen, in der Frauen alleine zu ihrem Auto gehen können ohne Angst haben zu müssen, dass wieder ein Resozialisierter da lauert, dann hat es aber vielleicht doch etwas mit diesem Thema zu tun. Das Abwinken der Opfer und weiterer potentieller Opfer wird also vielleicht das rein juristische Problem lösen, nicht aber das dahinter liegende gesellschaftliche.
Das kann man nämlich nicht.
Genau, warum sollte man also sowas überhaupt diskutieren?
Die Fragestellung ist, wie kann man Weiderholung verhindern, wenn jeder nach ungefähr zwanzig Jahren wieder raus ist. Es gibt sicher Fälle wo jemand aus persönlicher Feindschaft tötet, also die Gefahr der Weiderholung eher gering ist. Aber wir reden hier auch über Vergewaltiger, Terroristen und den gelegentlichen Psychokiller. Also Mörder, die bereits wiederholt getötet haben und bewiesen haben, dass sie jederzeit erneut dazu fähig sind. Da wird also diskutiert, dass Christian Klar schon so lange sitzt. Und seine Opfer sind schon so lange tot. Also sehe ich das keinen Grund, dem implizieten Mitleid mit dem armen Terroristen zu folgen. Der Mann hat wiederholt gemordet bevor man ihn überhaupt das erste Mal fasste. Wenn man ihn rausläßt wird er vielleicht ein ganz normaler Bürger, aber vielleicht auch nicht. Und was dann? Wieder ein paar Opfer, über die es sich nicht lohnt zu diskutieren?
Und das Problem geht gleich noch weiter. Es hat ja bereits
genügend Fälle gegeben in denen Mörder auf Freigang gleich
wieder auf diesem Freigang gemordet haben. Es gab genügend
Wiederholungstäter, die als geheilt entlassen wurden, bevor
sie wieder töteten.
Genügend ist immer ein schönes Argument und im Sinne von
„jeder ist zu viel“ stimmt es auch irgendwie. Gefühlt ist die
Bedrohungslage auch medial gepuscht. Wenn wir mal Triebtäter
herausnehmen, dann soll aber in Deutschland statistisch
gesehen die Rückfallquote von Mördern dem Grundrisiko der
Bevölkerung entsprechen. Es ist also genau so wahrscheinlich,
dass jemand Ersttäter wird, wie dass jemand, der seine Strafe
abgesessen hat, wiederholt tötet.
„Soll“ ist ebenfalls ein sehr hübscher rethorischer Trick, der aber im Gegensatz zu „genügend“ nicht einmal für sich in Anspruch nehmen kann, dass einer schon einer zuviel ist. Aber wir reden nicht über einen. Da finden wir z.B. die JVA Herford, die sich damit brüstet, dass die Rückfallquote der dort einsitzenden Nachwuchskriminellen die geringste aller vier GroßJVAs ist. 42%. Der Bundesdurchschnitt, also über alle vier gerechnet, liegt bei 78%. Aber schön, das ist ja über alles gerechnet, von Auto klauen bis Mord. Also schauen wir mal auf Sexualstraftäter. Rückfallquote 22% (Egg u.a. (2001). Evaluation von Straftäterbehandlungsprogrammen in Deutschland. Überblick und Meta-Analyse.Behandlung gefährlicher Straftäter. Herbolzheim: Centaurus (2001)), bei pädophilen Tätern beinahe doppelt so hoch, nämlich 40-50% (u.a. ebenfalls Egg). Also, wir reden nicht über einen. Und das „soll“ bedeutet offensichtlich genau das, was das Wort aussagt. Es SOLL so sein, ist es aber nicht.
Gruß
Peter B.