Leiharbeit oder politisch gewollte Ausbeutung ?

Hallo

Ich habe es zwar als Frage formuliert es sollte aber eher eine Festellung sein. Um dies zu untermauern ein Beispiel eines fiktiven Leiharbeiters Manfred Schulz.

Herr Schulz war vorher selbständig danach 3 Monate arbeitssuchend (ALG II) und nahm eine Stellung in einer Leiharbeitsfirma an. Dies deshalb weil ihm sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Entleiher eine Festanstellung bei der Entleihfirma nach 3 - 4 Monaten in Aussicht gestellt wurde. Mittlerweile arbeitet Herr Schulz 1 Jahr bei der Firma.

Herr Schulz bekam einen Arbeitsvertrag beim Verleiher mit 7 € bei 35 h/Woche. Beschreibung der Tätigkeit: „Unter Anleitung einfache Arbeiten ausführen“. Herr Schulz nahm an, da ja nach einigen Monaten die Übernahme anstehen sollte. Herr Schulz sah sich am neuen Arbeitsplatz mit folgender Konstellation konfrontiert.

Herr Schulz arbeitete bei einer Leihfirma als Hilfsarbeiter, wurde an eine Firma ausgeliehen die als Betreiber für Anlagen eines kommunalen Unternehmens tätig ist und dafür „qualifiziertes Personal“ stellt.

Herr Schulz bekommt also seine Lohnabrechung von der Leiharbeitsfirma, die Einsatzpläne von der Entleihfirma, jedoch arbeit er für das kommunale Unternehmen.

Bei diesem Unternehmen ist „Hilfsarbeiter“ Schulz mittlerweile in allen Bereiche einsetzbar. Dies umfasst EDV Anlage, Überwachung von Maschinen, Kundenberatung und weiteres. Auch ist Herr Schulz zeichnungsberechtigt für Lieferscheine, Rechnungen und andere Begleitpapiere. Seitens des kommunalen Unternehmens nimmt Herr Schulz auch an Besprechungen und Fortbildung teil.

Durch seine Tätigkeit im Büro und EDV weiss Herr Schulz das der Betreiber der Anlagen vom kommunalen Unternehmen für jede Arbeitsstunde des gestellten „qualifizierten Personals“ deutlich über 30 Euro bezahlt bekommt. Die Kollegen von Herrn Schulz verdienen dementsprechend mehr als Herr Schulz, dazu mehr Urlaub und weitere tarifliche Leistungen. Herr Schulz arbeitet also für halben Lohn.

Seitens der Entleihfirma wird Herr Schulz immer wieder vertröstet, gerade keine Zeit, viel zu tun, usw. Wirtschaftlich kann Herr Schulz die Entleihfirma sogar verstehen, schliesslich war Herr Schulz auch selbständig tätig.

Das Herr Schulz mit seinem Gehalt trotzdem über die Runden kommt ist nur der hohen Stundenzahl zu verdanken. Über 200 h/Monat. Dafür muss Herr Schulz täglich 50 km mit dem eigenen KFZ fahren. Rücklagen für evtl. Reparaturen sind kaum möglich.

Ihr fragt euch wieso Herr Schulz nicht kündigt? Gegenfrage. Kann Herr Schulz überhaupt kündigen und was wäre danach? Eigentlich hatte Herr Schulz auf die Bundestagswahl gehofft. Aber mit dieser Regierung ist „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ weit entfernt.

Die Forderungen der Regierenden für seine Rente vorzusorgen klingen in den Ohren von Herr Schulz wie reiner Hohn. Genauso die Vorurteile die manche gegenüber ALG II Empfängern haben. Herr Schulz hat die Wahl, knapp 800 € Hartz 4 oder 200 € mehr und dafür über 200 Stunden zu arbeiten. 1 € Job mal anders.

So sieht die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt aus. Provitieren tun alle, ausser denjenigen die für diese Löhne arbeiten. Aber haben sie eine Wahl?

Danke fürs Lesen und schönen Gruss

NixName

ja, nixname,

deine worte sind wohl wahr.
wer ist jetzt der schwarzen peter?

die politik ist längst machtlos, war sie eigentlich schon immer.
was soll den ein nationaler politiker ausrichten wenn er es mit globalen unternehmern zu tun hat?
Unsere ansässigen mittelständler können wir nicht anprangern,die erhalten und schaffen gute jobs.

arbeit schaffen die unternehmer.ob das gefällt oder nicht, sie werden die bedingungen diktieren - auch.
aber auch wir arbeitnehmer,verbraucher haben eine funktion.
denn, wir müssen auch die nötige nachfrage schaffen.
was tun wir aber : Schwarzarbeit,einkaufen beim sklavendiscounter, …usw.das schafft keine lohnenswerte arbeit das bringt uns geringfügige beschäftigung!

damit wasche ich nicht die unternehmer rein, aber wir dürfen uns nicht immer komplett ausblenden.wir reden anders als wir handeln.
dieser ehemalige selbständige weiss, was kundenorientierung bedeutet: nämlich das herzustellen oder das zu tun was der kunde/nachfrager will.damit ist es erklärt.

herzliche grüße

holzmichl

Hallo nixname,

…weiss Herr Schulz das
der Betreiber der Anlagen vom kommunalen Unternehmen für jede
Arbeitsstunde des gestellten „qualifizierten Personals“
deutlich über 30 Euro bezahlt bekommt. Die Kollegen von Herrn
Schulz verdienen dementsprechend mehr als Herr Schulz, dazu
mehr Urlaub und weitere tarifliche Leistungen. Herr Schulz
arbeitet also für halben Lohn.
…schliesslich war Herr Schulz auch selbständig
tätig.

Wenn Herr Schulz selbständig war, dann wird er in etwa wissen, wieviel ein Selbstständiger pro Stunde verdienen muss, um auf das gleiche wie ein Angestellter mit 7€ Stundenlohn zu kommen. Die sog. Arbeitgeberanteile zur SV muss der Selbstständige schließlich von seinem „Lohn“ komplett selber tragen. Alternativ private Versicherung für die Absicherung des Ausfalls der eigenen Arbeitskraft. Daneben bekommt der Selbstständige von niemanden eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, für mindestens 24 Tage Urlaub und je nach Bundesland und Jahr einer bestimmten Anzahl von Feiertagen bezahlt. Auch dies muss er in seiner aktiven Zeit verdienen. Für einen Angestellten fallen dazu noch ein nicht unbedeutender Anteil administrativer Aufwand an.

Langer Rede kurzer Sinn. Das kommunale Unternehmen würde wohl kaum auf Dauer 30€ pro effektiver Arbeitsstunde bezahlen, wenn dies nicht annähernd den gleichen Kosten entspräche, die ein eigener Angestellter verursachen würde.
Ein weiterer Grund für die Attraktivität der Leiharbeit aus Arbeitgebersicht ist der hohe Kündigungsschutz in Deutschland. Unter Umständen muss man nämlich den besten Mitarbeitern kündigen, oder man muss hohe Abfindungen zahlen, um Arbeitnehmer los zuwerden, die man nicht mehr gerauchen kann. Auch diese Kosten müssen einkalkuliert werden.
Meiner Meinung nach ist dies auch der Hauptgrund für den Erfolg der Leiharbeitsunternehmen. Hätten wir einen weniger restriktiven Kündigungsschutz würden die Arbeitgeber auch sofort selber einstellen.
Weitere Gründe sind, dass man vom Arbeitsamt häufig nur vollkommen unqualifizierte und/oder unwillige „Bewerber“ angeboten bekommt. Auch das kostet Zeit und damit Geld. Die Leiharbeitsunternehmer nehmen da eine wesentlich effektivere Vorauswahl vor.

Meiner Meinung nach ist das Problem unserer „sozialen“ Sicherungssysteme, dass sie zunehmend die Fälle produziert, die sie dann anschließend „behandeln“ wollen. Etwa anlaog einem Feuerwehrmann, der selbst Feuer legt.
Da muss ein grundlegender Wechsel im Denken stattfinden. Nicht das Sichern der vorhandenen Arbeitsplätze ist wichtig. Wichtiger ist, dass Vorraussetzungen für Arbeitsplätze geschaffen werden. Dem arbeitlosen 55jährigen nutzt ein besonders hoher Kündigungsschutz oder eine hohe Lohneingruppierung schließlich nichts, wenn er gar keinen Arbeitsplatz hat. Da greift der Arbeitgeber eben zum Instrument Leiharbeit.

Was aus meiner Sicht an der ganzen Sache durchaus kritikwürdig ist, ist der Umstand, dass aus dieser Konstellation die Leiharbeitsfirmen einen Profit ziehen, der eigentlich dem Arbeitnehmer zukommen könnte. Aber genau den verwehrt ihm die Sozialpolitik mit dem Argument, diejenigen, die noch einen „normalen“ Arbeitsplatz haben, schützen zu wollen. Denn nur die sind geschützt. Dem Arbeitssuchenden nützt das alles nichts.
Hier besteht also ein Interessenkonflikt zwischen denen, die solche „normalen“ Arbeitsplätze haben und jenen, die sie nicht (mehr) haben.

Und was solch ein Schutz tatsächlich wert ist, erfahren gerade ein paar tausend Mitarbeiter bei Quelle. Da gibts plötzlich keine Kündigungsfristen und Abfindungen. Immerhin gibts Arbeitslosengeld. Juhu.

Grüße

Hallo,

Herr Schulz hat die Wahl, knapp 800 € Hartz 4 oder 200 € mehr
und dafür über 200 Stunden zu arbeiten. 1 € Job mal anders.

Damit ist eigentlich gesagt was in unserer Gesellschaft schief läuft. Vor nicht mal 15 Jahren konnte selbst ein Hilfsarbeiter durch seine Arbeit Frau und Kinder ohne staatliche Unterstützung ernähren.

Gruss vonsales

Hallo!

Die Verhältnisse sind bekannt, sie werden mindestens geduldet, jedenfalls wird nichts dagegen getan.

Profitieren tun alle, ausser denjenigen die für diese Löhne arbeiten.

Nur die beteiligten Unternehmen profitieren, aber gewiss kann man nicht sagen, dass alle profitieren. Für die Volkswirtschaft, für das gesamte Gemeinwesen, haben die genannten Praktiken auf längere Sicht fatale Auswirkungen. Der mit Leiharbeit ausgeweitete Niedriglohnsektor führt bei Millionen Betroffener zu geringer Kaufkraft, zu verminderten Steuereinnahmen und irgendwann zu verbreiteter Altersarmut.

Das gerne genutzte Argument von Globalisierung halte ich für wenig stichhaltig. Wer Grünanlagen pflegen, Haare schneiden oder Fenster putzen muss, kann kaum glaubhaft machen, dass er die Arbeit bei höheren Lohnkosten nach Fernost auslagern würde. Vielmehr wird durch Zwischenschaltung von Vermittlern und Verleihern Lohn abgeschöpft.

Um dem Spiel ein Ende zu setzen, brauchen wir in D flächendeckenden Mindestlohn, der so bemessen sein muss, dass Beschäftigte ohne Zuschüsse aus öffentlichen Kassen leben können. Kern allen Übels sind die gesetzlichen Regelungen, dass Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt zu jedem Lohn arbeiten müssen. Mit Unterstützung der ARGEN wird damit bundesweit Schindluder getrieben. Die verantwortlichen Politiker wissen das. Die Zustände sind also politisch gewollt.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Profitieren tun alle, ausser denjenigen die für diese Löhne arbeiten.

Nur die beteiligten Unternehmen profitieren, aber gewiss kann
man nicht sagen, dass alle profitieren. Für die
Volkswirtschaft, für das gesamte Gemeinwesen, haben die
genannten Praktiken auf längere Sicht fatale Auswirkungen. Der
mit Leiharbeit ausgeweitete Niedriglohnsektor führt bei
Millionen Betroffener zu geringer Kaufkraft, zu verminderten
Steuereinnahmen und irgendwann zu verbreiteter Altersarmut.

Wir haben aus dem Beispiel gerade erfahren, dass das Unternehmen pro Stunde 30€ bezahlt. Von Niedriglohn kann da meiner Meinung nach keine Rede sein. Es muss also einen vernüftigen Grund dafür geben, warum er für diese Kosten nicht selber jemanden einstellt.

Das gerne genutzte Argument von Globalisierung halte ich für
wenig stichhaltig. Wer Grünanlagen pflegen, Haare schneiden
oder Fenster putzen muss, kann kaum glaubhaft machen, dass er
die Arbeit bei höheren Lohnkosten nach Fernost auslagern
würde.

Natürlich nicht. Aber möglicherweise wird dann auf das Grünanlagen pflegen, Haare schneiden oder Fenster putzen verzichtet. Entweder komplett oder zumindest durch Ausweichen in die Schwarzarbeit.

Vielmehr wird durch Zwischenschaltung von Vermittlern und Verleihern Lohn abgeschöpft.

Wenn man diese Argumentation bis zum Ende verfolgt, dann wird man selber den Widerspruch bemerken. Dem Auftraggeber, der wie bereits erwähnt 30€ pro Stunde zahlt, kann wohl kaum vorgeworfen werden Niedriglöhne zu zahlen. Es sind ausgerechnet, die sogenannten sozialen Schutzmechanismen, die ihn zum Ausweichen auf Leiharbeit verleiten.

Um dem Spiel ein Ende zu setzen, brauchen wir in D
flächendeckenden Mindestlohn, der so bemessen sein muss, dass
Beschäftigte ohne Zuschüsse aus öffentlichen Kassen leben
können.

Genau hier wird der Kern des Problems getroffen: Dem Arbeitslosen nutzt der Mindestlohn nichts, wenn sich niemand findet, der ihn dafür einstellt. Oder will man mit der Forderung nach einem Mindestlohn auch eine Arbeitsplatzgarantie verbinden? Erinnert irgendwie alles an Sozialismus. Wohin das geführt hat, können wir ja sehen.

Kern allen Übels sind die gesetzlichen Regelungen, dass Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt zu jedem Lohn arbeiten müssen.

Ich denke es ist legitim, dass derjenige, der von der Allgemeinheit Hilfe zu seinem Lebensunterhalt erwartet, auch alles dafür tut, diese Unterstützung so gering wie möglich zu halten.

Mit Unterstützung der ARGEN wird damit bundesweit Schindluder getrieben. Die verantwortlichen Politiker wissen das. Die Zustände sind also politisch gewollt.

Dem würde ich insofern zustimmen, als das Politiker viel lieber irgendwelche „Wohltaten“ verteilen wollen.

Grüßen

Hallo nixname,

dies ist natürlich der klassische Beleg für Lohndumping in D.

Das Schlimme daran ist, dass auch kommunale Unternehmen fleissig mitmachen.

Leider ist es in D offensichtlich nicht möglich, einen vernünftigen Mindestlohn zu vereinbaren, da dann ja unzählige Arbeitsplätze wegfallen.
Man muss sich aber einfach mal klarmachen, was es heisst, wenn unsere Volksvertreter gegen einen Mindestlohn sind:
Die Mehrheit der Politiker in Berlin ist also der Meinung, dass 7 Euro
(oder auch 6 oder 5) zu Viel!!! sind!

Das Problem wird hier sicherlich nicht gelöst. Da Politiker noch immer
an Sachen wie Arbeitslosenquote und Wachstum gemessen werden, ist denen
die beschriebene Situation ganz recht. Die späteren Folgen (Altersarmut etc.) interessieren nicht.

Zu Deinem Fall: Wenn die Verleihfirma einen Verrechnungssatz von 30 Euro mit den Entleiher vereinbaren konnte, so ist noch jede Menge Luft für eine Aufbesserung des Stundenlohns. Ich würde das offene Gespräch mit der Verleihfirma suchen. Ein Stundenlohn von 10-12 Euro ist hier zumindest wirtschaftlich möglich. Bei 7€ Stundenlohn bekommen Verleihfirmen oft nur 15-18€ als Verrechnungssatz.

Viel Glück
tycoon

Hallo,

Wir haben aus dem Beispiel gerade erfahren, dass das
Unternehmen pro Stunde 30€ bezahlt. Von Niedriglohn kann da
meiner Meinung nach keine Rede sein.

Im Bereich der Überlassung gewerblicher Arbeitnehmer liegen die Stundensätze i. d. R. deutlich unter 30 €. Natürlich muss der Verleiher mehr als den an den Arbeitnehmer gezahlten Stundenlohn berechnen. Immerhin müssen Lohnnebenkosten und Ausfallzeiten bezahlt werden und der Verleiher will auch noch leben. Das Spiel läuft vielmehr so, dass der Verleiher nicht an den Tarifvertrag des leihenden Unternehmens gebunden ist, sondern nach irgendwelchen selbst gestrickten oder sonstigen Billigtarifen entlohnt. Im Ergebnis lassen etliche Unternehmen zu Lasten der öffentlichen Kasse arbeiten, wenn Leiharbeiter ergänzende Hilfe von der ARGE brauchen, um leben zu können.

Es muss also einen vernüftigen Grund dafür geben, warum er für diese :Kosten nicht selber jemanden einstellt.

Leiharbeiter sind oft billiger als zu gültigen Tarifen eingestellte Mitarbeiter. Und in jedem Fall wird man Leiharbeiter leichter wieder los.

Wer Grünanlagen pflegen, Haare schneiden oder Fenster putzen muss, ::kann kaum glaubhaft machen, dass er die Arbeit bei höheren ::Lohnkosten nach Fernost auslagern würde.

Natürlich nicht. Aber möglicherweise wird dann auf das
Grünanlagen pflegen, Haare schneiden oder Fenster putzen
verzichtet. Entweder komplett oder zumindest durch Ausweichen
in die Schwarzarbeit.

Wird gerne behauptet. Aber ich kann mir nur schwer vorstellen, nicht mehr oder seltener zum Friseur zu gehen, nur weil der Preis von 9,60 € auf z. B. 11 oder 12 € steigt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Zimmer bei Steigenberger nicht mehr gereinigt werden, weil die Putzkolonnen nicht mehr zur ARGE gehen müssen.

Niedrige Löhne sind in vielen Bereicher sicher angemessen und auch gegen Leiharbeit habe ich im Grundsatz nichts. Mich stört aber, dass einige Unternehmen ihre mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführte Tätigkeit von der öffentlichen Kasse bezahlen lassen. Wer keine angemessenen Löhne zahlen kann/will, so dass die Beschäftigten zusätzliche Leistungen vom Staat beziehen müssen, ist ein ehrloser Gierhals, ein lausiger Kaufmann oder gehört mit seinem Unternehmen schlicht nicht an den Markt. Die derzeitige Gesetzeslage erlaubt, dass Leute ohne unternehmerisches Konzept und ohne Alleinstellungsmerkmale als Wettbewerber tätig werden, weil die gezahlten Hungerlöhne aus öffentlicher Kasse aufgestockt werden.
Jeder Unternehmer, der so etwas macht, stellt sich selbst ein Armutszeugnis aus, sollte sich schämen und sich zu den Politikern in die Ecke stellen, die diesen teuren Unfug zu Lasten des Gemeinwesens zulassen.

Gruß
Wolfgang

Hallo,

Leiharbeiter sind oft billiger als zu gültigen Tarifen
eingestellte Mitarbeiter. Und in jedem Fall wird man
Leiharbeiter leichter wieder los.

Das sind doch dann schon mal zwei vernünftige Gründe. Man stelle sich mal vor, die Industrie hätte auf den plötzlichen Auftragseinbruch nicht mit Abbau von zunächst vor allem Leiharbeitsplätzen reagieren können. Da wären sicherlich wesentlich mehr Firmen insolvent geworden. Mit der Folge, dass dann auch die jetzt noch in Arbeit stehende Stammbelegschaft auf der Straße stünde.

Wer Grünanlagen pflegen, Haare schneiden oder Fenster putzen muss, ::kann kaum glaubhaft machen, dass er die Arbeit bei höheren ::Lohnkosten nach Fernost auslagern würde.

Natürlich nicht. Aber möglicherweise wird dann auf das
Grünanlagen pflegen, Haare schneiden oder Fenster putzen
verzichtet. Entweder komplett oder zumindest durch Ausweichen
in die Schwarzarbeit.

Wird gerne behauptet. Aber ich kann mir nur schwer vorstellen,
nicht mehr oder seltener zum Friseur zu gehen, nur weil der
Preis von 9,60 € auf z. B. 11 oder 12 € steigt.

Man sollte bei solchen eine ganze Volkswirtscht betreffenden Problematik mal von kurzfristigen und persönlichen und noch dazu „Vorstellungen“ wegkommen. Denn logischerweise wären bei Einführung eines Mindestlohns nicht nur die Friseure betroffen. Und wenn man bei gegebenen Einkommen plötzlich einer Preissteigerung von 25% gegenüberstünde, wird man sich zwangsläufig entscheiden müssen, auf welche Dienstleistungen man verzichtet.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Zimmer bei Steigenberger nicht mehr gereinigt werden, weil die Putzkolonnen nicht mehr zur ARGE gehen müssen.

Wieder so ein Einzelbeispiel.

Niedrige Löhne sind in vielen Bereichen sicher angemessen und
auch gegen Leiharbeit habe ich im Grundsatz nichts. Mich stört
aber, dass einige Unternehmen ihre mit Gewinnerzielungsabsicht
durchgeführte Tätigkeit von der öffentlichen Kasse bezahlen
lassen. Wer keine angemessenen Löhne zahlen kann/will, so dass
die Beschäftigten zusätzliche Leistungen vom Staat beziehen
müssen, ist ein ehrloser Gierhals, ein lausiger Kaufmann oder
gehört mit seinem Unternehmen schlicht nicht an den Markt.

Na das sehen wir doch gerade bei Quelle usw. Dort wird demnächst wohl auch kein Fenster mehr geputzt und auch keine Grünanlage gepflegt.

Die derzeitige Gesetzeslage erlaubt, dass Leute ohne
unternehmerisches Konzept und ohne Alleinstellungsmerkmale als
Wettbewerber tätig werden, weil die gezahlten Hungerlöhne aus
öffentlicher Kasse aufgestockt werden.

Hierzu wären natürlich mal konktrete Einzelbeispiele interessant.

Vielleicht sind aber auch die simplen Marktmechanismen nicht bekannt.
Nehmen wir mal ein Produkt oder besser eine Dienstleistung, die am Markt für 5€ pro Stunde abgesetzt werden kann. Bei 7,50€ findet sich kein Käufer. Wenn ich dann als Unternehmer eine vernünftige Entscheidung treffe, dann lautet die, dass man auf die Herstellung verzichtet. Ich werde nicht nur, weil es schön, gerecht, sozial oder sonstwas wäre 7,50€ für meinen Angstellten zahlen, wenn ich nur 5€ erlösen kann. Die Folge ist, dass dann irgendwer nicht mal diese 5€ verdienen kann. Das ist offensichtlich so einfach, dass man es mancherorts nicht wahr haben will.

Und wenn man meint, dass Rasenpflege und Fensterputzen nicht ausgelagert werden könnten, sollte sich mal kurz überlegen, ob diese Dienstleistungen nicht auch im Ausland durchgeführt werden könnten. Nämlich dann, wenn man die ganze Produktion gleich dorthin verlagert.

Die Kampf um den Niedriglohnsektor können wir auf Dauer nur verlieren. Vielmehr muss dieser Staat alles dafür tun, dass hier Menschen leben, die ihre Arbeit für 20€ - 30€ anbieten können. Und dies nicht weil der Staat das so vorschreibt, sondern weil sie Kenntnisse und Fähigkeiten haben, die vom Markt zu diesem Preis nachgefragt werden. Und mir ist nicht klar, warum Fensterputzen bei Daimler eine höher qualifizierte Dienstleistung darstellen sollte, als bei der kleinen Firma um die Ecke oder sonstwo auf der Welt.

Grüße

Hallo,

Vielleicht sind aber auch die simplen Marktmechanismen nicht
bekannt.
Nehmen wir mal ein Produkt oder besser eine Dienstleistung,
die am Markt für 5€ pro Stunde abgesetzt werden kann. Bei
7,50€ findet sich kein Käufer. Wenn ich dann als Unternehmer
eine vernünftige Entscheidung treffe, dann lautet die, dass
man auf die Herstellung verzichtet. Ich werde nicht nur, weil
es schön, gerecht, sozial oder sonstwas wäre 7,50€ für meinen
Angstellten zahlen, wenn ich nur 5€ erlösen kann. Die Folge
ist, dass dann irgendwer nicht mal diese 5€ verdienen kann.
Das ist offensichtlich so einfach, dass man es mancherorts
nicht wahr haben will.

wenn dann die AN vom Staat eine Zuzahlung bekommen, ist das aber eine Subvention der Unternehmen dieser Branche.

Warum werden dann nicht direkt die Unternehmen subventioniert, wenn das schon unbedingt notwendig ist, wie Du da gerade schreibst, sondern statt dessen die AN zu Leistungsempfängern gemacht, gezwungen Bedürftigkeit nachzuweisen?

Einen gesetzlichen Mindestlohn halte ich für unbedingt notwendig.
Wenn der Staat Unternehmen subventionieren will, dann soll er das direkt tun, ohne unnötige Nachteile für die AN zu schaffen.

Gruß Rainer

Hallo,
ich bring Dir mal ein Beispiel aus der Realität, nicht fiktiv:
Ein Leiharbeiter arbeitet an einer Gasabfüllanlage. Und ermacht seine Arbeit gut. Und zwar seit 12 Monaten. Wenn er länger beschäftigt werden sollte, müsste man ihn einstellen, weil das Gestz sagt, wenn jemand mehr als ein Jahr an der gleichen Stelle arbeitet, liegt so viel feste Arbeit vor, dass ein Festaebeitsplatz eingerichtet werden muß.
Was macht man als Unternehmer: Auf dem Papier arbeitet der gleiche Mann jetzt in einer Zweigstelle in einem anderen Ortsteil. Wie gesagt, nur auf dem Papier. In Wirklichkeit macht er treu und tapfer seine Arbeit am gleichen Arbeitsplatz weiter. Nach drei Monaten „Auswärtsarbeit“ holt man ihn auch papiermäßig auf seinen alten Arbeitsplatz zurück und alles ist wieder gesetzlich in bester Ordnung.
Anfragen zur Festeinstellung des Mitarbeiters hatten selbst mit Hilfe des Betriebsrates keine Chance, da man mit einem Wechsel des Leiharbeiters drohte.

Gedanken darüber mußt Du die selbst machen.

Liebe Grüße

Jürgen

Hallo Rainer,

wenn dann die AN vom Staat eine Zuzahlung bekommen, ist das
aber eine Subvention der Unternehmen dieser Branche.

Wenn der AN nicht mehr beschäftigt werden kann, ist es eine Subvention des AN und da zahlt der Staat 100%, anstatt nur 20 oder 30. Es ist ein „Scheißsystem“, was die radikale soziale Marktwirtschaft da eingebrockt hat. Jede Maßnahme, um den Markt zu regulieren, ergab negative Auswirkungen. Mindestlöhne werden negative Auswirkungen haben. Den Lohn muss irgendjemand bezahlen.

Hallo,

Die Mehrheit der Politiker in Berlin ist also der Meinung,
dass 7 Euro
(oder auch 6 oder 5) zu Viel!!! sind!

Und ein großer Teil der Bevölkerung meint, dass das genug ist. Ich bin jedoch der Meinung, dass dieser Teil der Bevölkerung nicht mitdenkt. Wo sind z.B. 7,50 EUR Mindestlohn genug? In München? In Mecklenburg-Vorpommern?

Das geografische Lohngefälle verbietet einen einheitlichen Mindestlohn. Sonst wird wieder nicht nach Bedarf verteilt, sondern mit der Gießkanne.

Hallo Steven,

wenn dann die AN vom Staat eine Zuzahlung bekommen, ist das
aber eine Subvention der Unternehmen dieser Branche.

Wenn der AN nicht mehr beschäftigt werden kann, ist es eine
Subvention des AN und da zahlt der Staat 100%, anstatt nur 20
oder 30.

Richtig. Das ist auch so gewollt.

Es ist ein „Scheißsystem“, was die radikale soziale
Marktwirtschaft da eingebrockt hat.

Bis auf die Ursache sind wir uns da einig. Das Problem sehe ich im Einfluss der liberalen auf die Politik.

Jede Maßnahme, um den
Markt zu regulieren, ergab negative Auswirkungen. Mindestlöhne
werden negative Auswirkungen haben. Den Lohn muss irgendjemand
bezahlen.

Dann wäre ich mal auf einen konstruktiven Gegenvorschlag gespannt, der in die Zeit passt. Der technologische Fortschritt wird Dir ja nicht entgangen sein. Liberale Vorstellungen, die eventuell 1960 noch richtig waren, sind heute unbrauchbar.

Die Aufgabe der Wirtschaft ist, das Volk zu versorgen und die Arbeitsteilung optimal zu organisieren. Wo der Markt versagt, muss die Politik regulierend eingreifen.

Auf den Vorschlag, der darauf hinausläuft, das ganze Volk optimal zu versorgen bin ich gespannt.

Gruß Rainer

Hi Steven,

Jede Maßnahme, um den Markt zu regulieren, ergab negative
Auswirkungen.

hierzulande ist der Glücksspielmarkt weitgehend reguliert in einem staatlichen Monopol. Unsere Casinos sind gut besucht. Zudem freut sich der Finanzminister (und mit ihm der Steuerzahler). Wo ortest du ‚negative Auswirkungen‘?

Und wenn du dir unsere [Welt-]Wirtschaftskrise anschaust … die ist [auch] ein Problem von Zu-Wenig-Regulierung. Es gibt wenigstens 2 Arten von Versagen: Staatsversagen und Marktversagen. Bei Letzterem können Regulierungen eine sinnvolle (weil verhindernde oder zumindest erschwerende) Rolle spielen.

Grüße,
Wolkenstein

Hallo Rainer,

Dann wäre ich mal auf einen konstruktiven Gegenvorschlag
gespannt, der in die Zeit passt. Der technologische
Fortschritt wird Dir ja nicht entgangen sein. Liberale
Vorstellungen, die eventuell 1960 noch richtig waren, sind
heute unbrauchbar.

nur mal so: 1960 war der Arbeitsmarkt unregulierter, die Wirtschaft lief besser und die Arbeitslosigkeit war niedriger als heute. Über Ursache und Wirkung werden wir im Zweifel nicht streiten müssen, aber immer mehr Menschen mit immer mehr (und teurerer) Regulierung in Lohn und Brot zu halten, kann auf Dauer nicht die Lösung sein. Ganz einfach aus dem Grunde, das die arbeitende Bevölkerung dafür bezahlt - mit ihrem Geld und mit ihren Arbeitsplätzen.

Gruß
Christian

Hallo Christian,

nur mal so: 1960 war der Arbeitsmarkt unregulierter, die
Wirtschaft lief besser und die Arbeitslosigkeit war niedriger
als heute. Über Ursache und Wirkung werden wir im Zweifel
nicht streiten müssen,

nein, müssen wir nicht. Die Ursachen sind bekannt.

aber immer mehr Menschen mit immer mehr
(und teurerer) Regulierung in Lohn und Brot zu halten, kann
auf Dauer nicht die Lösung sein.

Da stimme ich auch zu.

Ganz einfach aus dem Grunde,
das die arbeitende Bevölkerung dafür bezahlt - mit ihrem Geld
und mit ihren Arbeitsplätzen.

Hmmm, das vertagen wir mal.

Jetzt fehlt noch eine Alternative zur derzeitigen Regulierung.
Unzufrieden sind wir mit dem aktuellen Zustand ja Beide.

Sind wir uns denn darin einig, daß die Aufgabe der Wirtschaft die Versorgung des Volkes ist?

Dann bite ich immer noch um Vorschläge auf dieser Basis.

Gruß Rainer

Hallo nochmal,

nur mal so: 1960 war der Arbeitsmarkt unregulierter, die
Wirtschaft lief besser und die Arbeitslosigkeit war niedriger
als heute. Über Ursache und Wirkung werden wir im Zweifel
nicht streiten müssen,

nein, müssen wir nicht. Die Ursachen sind bekannt.

ich bin jetzt unsicher, ob wir wirklich das gleiche meinen. Ich fasse deshalb nur noch einmal kurz zusammen: Am Anfang ging es in der Bundesrepublik darum, die Wirtschaft irgendwie auf die Füße zu bekommen. Die Menschen waren froh um jede Arbeit, die sie bekommen konnten und die Politik hatte wichtigeres zu tun als sich um Mindestlohn, gesetzlich zugesicherten Bildungsurlaub und 35 Stunden-Woche zu kümmern. Mit steigendem Wohlstand, sinkender Arbeitslosigkeit und steigendem Organisationsgrad wurden die Arbeitnehmerrechte gestärkt, die Arbeitszeit reduziert, die Bezahlung erhöht und andere Vergünstigungen für Arbeitnehmer eingeführt.

Das war damals durchaus richtig und angesichts der wirtschaftlichen Situation auch möglich. Diese Tendenz hat sich aber auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten fortgesetzt, nicht zuletzt, weil es auch um Wählerstimmen ging.

Jetzt fehlt noch eine Alternative zur derzeitigen Regulierung.
Unzufrieden sind wir mit dem aktuellen Zustand ja Beide.

Mir geht es vor allem darum, daß die heutige Situation nicht mit der vor 20, 30 oder 50 Jahren vergleichbar ist. Wir haben eine 50 Jahre lange Phase der fast stetig zunehmenden Regulierung und der Stärkung der Arbeitnehmerrechte hinter uns. Das Ergebnis - unabhängig davon, ob man nur den Höchststand heute oder vor zehn Jahren sehen will - ist, daß wir einen langfristigen Trend steigender Arbeitslosigkeit haben.

Kleiner Einschub: 2007 war das erste mal überhaupt, daß wir in einer konjunkturellen Hochphase einen der vorherigen Zwischentiefs bei der Arbeitslosigkeit unterschritten haben - hier visualisiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:GermanyUnemployme…

Will sagen: das folgte direkt auf die einschneidensten Änderungen bei der Arbeitsmarktverwaltung und Rechtsprechung, die es in Deutschland in den letzten 100 Jahren gab. Das kann Zufall sein, muß aber nicht.

Jedenfalls: Bisher ging es (von der genannten Ausnahme abgesehen) immer nur - in Wellen - bergauf, d.h. auf höhere Hochs, folgten noch höhere Hochs und auf höhere Tiefs folgten höhere Tiefs.

Was hat sich in den letzten 50 Jahren geändert und welche Schlußfolgerung sollte man für die zukünftig einzuleitenden Maßnahmen daraus ziehen?

Sind wir uns denn darin einig, daß die Aufgabe der Wirtschaft
die Versorgung des Volkes ist?

Eigentlich nicht. Wirtschaft ist das, was die Wirtschaftssubjekte machen und das machen sie meist, um einen individuellen Vorteil daraus zu ziehen. Arbeitnehmer bieten Arbeit an, damit sie davon leben können und Arbeitgeber fragen Arbeit nach, damit sie ihre Waren und Dienstleistungen produzieren können.

Ob der Arbeitgeber damit Gewinn macht, ist dem Arbeitnehmer erst einmal egal und dem Arbeitgeber ist auch einigermaßen egal, ob der Arbeitnehmer sich von seinem Gehalt das leisten kann, was er sich verspricht.

Sinnvoll wäre es (und es folgen Überlegungen, die ich eben erst angestellt habe), die Interessen der beiden Gruppen übereinander zu bringen. Mitarbeiterbeteiligung und erfolgsabhängige Vergütung sind zwei dieser Instrumente, die die Interessen der Arbeitnehmer mit denen der Arbeitgeber verknüpfen.

Nun müßte man nach Möglichkeiten suchen, die Interessen der Arbeitnehmern auch zu Interessen der Arbeitgeber zu machen. Ein Argument ist, daß glückliche Arbeitnehmer auch motivierte und damit leistungsbereite Arbeitnehmer sind. Das wird in vielen kleinen und mittleren Unternehmen so praktiziert.

Das dumme ist nun, daß der Staat für den Arbeitnehmer sorgt (Grundsicherung) und es damit dem Arbeitgeber letztlich egal sein kann, ob er seine Leute vernünftig bezahlt, weil der Staat am Ende ja einspringt. Anstatt also die Interessen von Arbeitnehmern auch zu den Interessen der Arbeitgebern zu machen, ist der Staat hier kontraproduktiv.

Das mal als Anregung für weitere Überlegungen, ohne daß ich jetzt selber schon weiter darüber nachgedacht hätte.

Gruß
Christian

Hallo Chistian,

ich ziehe mal die Zusammenfassung vor.

Bis auf wenige unwesentliche Details und eine Grundsatzfrage sind wir uns vollständig einig.

nur mal so: 1960 war der Arbeitsmarkt unregulierter, die
Wirtschaft lief besser und die Arbeitslosigkeit war niedriger
als heute. Über Ursache und Wirkung werden wir im Zweifel
nicht streiten müssen,

nein, müssen wir nicht. Die Ursachen sind bekannt.

ich bin jetzt unsicher, ob wir wirklich das gleiche meinen.
Ich fasse deshalb nur noch einmal kurz zusammen: Am Anfang
ging es in der Bundesrepublik darum, die Wirtschaft irgendwie
auf die Füße zu bekommen. Die Menschen waren froh um jede
Arbeit, die sie bekommen konnten und die Politik hatte
wichtigeres zu tun als sich um Mindestlohn, gesetzlich
zugesicherten Bildungsurlaub und 35 Stunden-Woche zu kümmern.
Mit steigendem Wohlstand, sinkender Arbeitslosigkeit und
steigendem Organisationsgrad wurden die Arbeitnehmerrechte
gestärkt, die Arbeitszeit reduziert, die Bezahlung erhöht und
andere Vergünstigungen für Arbeitnehmer eingeführt.

Da fehlt mir nur die Erwähnung der anfänglich kaum vorhandenen Automatisierung. Erst mal Verbrauchsgüter ohne Automaten zu produzieren war wichtiger und wegen der teilweise noch fehlenden Technologie anders auch nicht möglich oder deutlich günstiger.

Das war damals durchaus richtig und angesichts der
wirtschaftlichen Situation auch möglich. Diese Tendenz hat
sich aber auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten
fortgesetzt, nicht zuletzt, weil es auch um Wählerstimmen
ging.

Um Wählerstimmen ging es bei Zugeständnissen an Arbeitnehmer schon immer. Das hat schon in der Kaiserzeit angefangen. Schon die erste Rentenversicherung sollte die Sozialisten überflüssig erscheinen lassen. Ohne den Druck von links hätte Bismarck diese Gesetze nicht erlassen.

Jetzt fehlt noch eine Alternative zur derzeitigen Regulierung.
Unzufrieden sind wir mit dem aktuellen Zustand ja Beide.

Mir geht es vor allem darum, daß die heutige Situation nicht
mit der vor 20, 30 oder 50 Jahren vergleichbar ist.

Gut. Mir auch.

Wir haben
eine 50 Jahre lange Phase der fast stetig zunehmenden
Regulierung und der Stärkung der Arbeitnehmerrechte hinter
uns. Das Ergebnis - unabhängig davon, ob man nur den
Höchststand heute oder vor zehn Jahren sehen will - ist, daß
wir einen langfristigen Trend steigender Arbeitslosigkeit
haben.

Die beiden Tatsachen sind richtig, der Zusammenhang aber nicht.
Die Arbeitslosigkeit hat andere Ursachen.

Kleiner Einschub: 2007 war das erste mal überhaupt, daß wir in
einer konjunkturellen Hochphase einen der vorherigen
Zwischentiefs bei der Arbeitslosigkeit unterschritten haben -
hier visualisiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:GermanyUnemployme…

Will sagen: das folgte direkt auf die einschneidensten
Änderungen bei der Arbeitsmarktverwaltung und Rechtsprechung,
die es in Deutschland in den letzten 100 Jahren gab. Das kann
Zufall sein, muß aber nicht.

Weder noch, das sind schlicht statistische Tricks. Nichts ist so flexibel, wie die Ermittlung der Arbeitslosenzahlen. Hier werden Zahlen verglichen, die nur die Bezeichnung gemein haben.

Jedenfalls: Bisher ging es (von der genannten Ausnahme
abgesehen) immer nur - in Wellen - bergauf, d.h. auf höhere
Hochs, folgten noch höhere Hochs und auf höhere Tiefs folgten
höhere Tiefs.

Da sind wir wieder beisammen.

Was hat sich in den letzten 50 Jahren geändert und welche
Schlußfolgerung sollte man für die zukünftig einzuleitenden
Maßnahmen daraus ziehen?

Die stärkste Änderung in den letzten 50 Jahren war der technologische Fortschgritt auf einem vorher nie dagewesenen Niveau.

Sind wir uns denn darin einig, daß die Aufgabe der Wirtschaft
die Versorgung des Volkes ist?

Eigentlich nicht. Wirtschaft ist das, was die
Wirtschaftssubjekte machen und das machen sie meist, um einen
individuellen Vorteil daraus zu ziehen. Arbeitnehmer bieten
Arbeit an, damit sie davon leben können und Arbeitgeber fragen
Arbeit nach, damit sie ihre Waren und Dienstleistungen
produzieren können.

Du beschreibst den Steuerungsnechanismus, nicht die Aufgabe.
Ein anderer Steuerungsmechanismus war die Planwirtschaft. Welcher Steuerungsmechanismus effektiver ist, müssen wir nicht diskutieren, da sind wir uns einig.

Ob der Arbeitgeber damit Gewinn macht, ist dem Arbeitnehmer
erst einmal egal und dem Arbeitgeber ist auch einigermaßen
egal, ob der Arbeitnehmer sich von seinem Gehalt das leisten
kann, was er sich verspricht.

Sinnvoll wäre es (und es folgen Überlegungen, die ich eben
erst angestellt habe), die Interessen der beiden Gruppen
übereinander zu bringen. Mitarbeiterbeteiligung und
erfolgsabhängige Vergütung sind zwei dieser Instrumente, die
die Interessen der Arbeitnehmer mit denen der Arbeitgeber
verknüpfen.

Nun müßte man nach Möglichkeiten suchen, die Interessen der
Arbeitnehmern auch zu Interessen der Arbeitgeber zu machen.
Ein Argument ist, daß glückliche Arbeitnehmer auch motivierte
und damit leistungsbereite Arbeitnehmer sind. Das wird in
vielen kleinen und mittleren Unternehmen so praktiziert.

Ich will nur mal einfügen, daß ich Dir hier völlig zustimme.

Das dumme ist nun, daß der Staat für den Arbeitnehmer sorgt
(Grundsicherung) und es damit dem Arbeitgeber letztlich egal
sein kann, ob er seine Leute vernünftig bezahlt, weil der
Staat am Ende ja einspringt. Anstatt also die Interessen von
Arbeitnehmern auch zu den Interessen der Arbeitgebern zu
machen, ist der Staat hier kontraproduktiv.

Ja, ich stimme immer noch zu.
Ich denke aber, daß Du Dich zu früh in Details verlierst.
Du betrachtest an dieser Stelle schon nicht mehr das Volk, das ja nicht nur aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern besteht.

Die Motivation zu handeln, ist schon noch einen shritt weiter, das ist die Reaktion auf die Mechanismen, die die Gesellschaft steuern.

Wir sind uns schon über das Ziel nicht einig.
Auf dieser Basis wird es schwer zu beurteilen, welche Mittel geeignet sind dafür zu sorgen, daß die Handlungen der Beteiligten aus persönlichen Interessen dem Ziel dienen.
Ohne diese Basis werden wir auch nicht herausfinden, ob die Reaktionen in die gewünschte Richtung gehen. Zwischen erfolg und Misserfolg kann man doch nur unterscheiden, wenn man das Ziel kennt.

Wenn ich als Ziel die optimale Versorgung des ganzen Volkes und eine optimale Arbeitsteilung annehme, dann sind verbreiteter Wohlstand und Vollbeschäftigung Erfolge.

Wenn ich maximalen Profit der Unternehmer als Ziel der Wirtschaft betrachte, sind verbreiteter Wohlstand und Vollbeschäftigung nur zufällige Nebenprodukte und eher selten.

Daß ein höherer Profit ein Nebenprodukt der Vollbeschäftigung ist, hilft leider gar nicht, wenn das falsche Ziel angestrebt wird.

Gruß Rainer

Hallo,

wenn dann die AN vom Staat eine Zuzahlung bekommen, ist das
aber eine Subvention der Unternehmen dieser Branche.

Nee. Eine Subvention der Arbeitnehmer. Wurde hier aber schon erkannt.

Warum werden dann nicht direkt die Unternehmen subventioniert,
wenn das schon unbedingt notwendig ist, wie Du da gerade
schreibst,

Habe ich nicht geschrieben. Ich habe lediglich die Realität beschrieben, aber daraus keine Forderung abgeleitet.

sondern statt dessen die AN zu Leistungsempfängern gemacht, gezwungen Bedürftigkeit nachzuweisen?

Das ist ein Zusmmenhang, den ich nicht hergestellt habe.

Einen gesetzlichen Mindestlohn halte ich für unbedingt
notwendig.

Ich kanns nur nochmal wiederholen, dieser nutzt den Arbeitslosen nichts.

Wenn der Staat Unternehmen subventionieren will, dann soll er
das direkt tun, ohne unnötige Nachteile für die AN zu
schaffen.

Wo ist denn der unnötige Nachteil, wenn der AN eine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt anbietet, die nur 5€ wert ist? Das macht doch der Staat nicht mit Absicht. Darauf hat der gar keinen Einfluss. Das ist grundsätzlich erstmal die Schuld des AN. Der Staat kann bestenfalls dafür sorgen, dass jeder die Chance bekommt seine Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein Niveau zu bringen, die es ihm ermöglichen eine höherwertige Arbeit anzubieten.

Wie soll denn eine Subvention aussehen? Der Arbeitgeber geht jeden 1. zum Subventionsamt und sagt: Wenn ich nicht für jeden AN 3,80€ pro Stunde Subvention erhalte, dann fliegen die raus. Und für diejenigen, die ich gar nicht brauche, bekomme ich dann 7,50€ pro Stunde Subvention. Das ist wohl nicht die Lösung. Soviele Fenster gibts gar nicht.
Wie soll das Ganze überhaupt funktionieren? Bekommt ein Verheirateter mehr als ein Single und weniger als einer mit Kindern?
Ich stell mir gerade vor, die Subventionen für die Milchbauern, würden nicht diese bekommen, sondern diejenigen, die die Milch kaufen, also der Endkonsument. Wie stellt man fest, was überhaupt, der normale Marktpreis ist? Wer legt fest, was ein fairer, angemessener, sozialer Preis ist?
Also ich denke mal das würde so kaum funktionieren.

Grüße