Macht des Geldes?

Hi Experten,

Ich verstehe nicht, wie sich ein souveräner Staat, der ja Armee, Polizei, Panzer, Geheimdienst und Gewaltmonopol hat sich einem Privatunternehmen wie Standard und Poors beugen muss. Ist das nicht eine etwas verkehrte Welt?

Nick

Und?
Soll man Standard & Poors den Krieg erklären? Die Geschläftsleitung liquidieren oder was?

*kopfschüttel*

Hallo Nick,

hier ist ja schon öfter einiges über Ratingagenturen geschrieben worden. Das will ich hier nicht wiederholen (kannst Du hier im Archiv finden).

Der Staat mit seiner Staatsmacht ist ja etwas allgemein ausgedrückt. Wenn wir die Staaten nehmen, die den Kapitaleignern - nach Steuern -weitestgehend freie Hand bei ihrer Anlageentscheidung lassen, dann hat der Anlagemarkt die Macht in diesem Punkt, weil die Märkte in diesem Punkt relativ frei sind (und ich denke, das ist auch richtig so). Wir legen unser Geld so an, wie wir es für richtig halten (oder lassen es von angeblichen/vermeintlichen oder wirklichen Experten anlegen).

Standardisierung schafft Effizienzsteigerung - das ist auch eine Erkenntnis ökonomischen Handelns. Aber Standardisierung braucht auch die nötige Qualität, sonst sollte der Markt die Waren ablehnen oder nur zu niedrigem Preis annehmen. Taugt das Auto vom Fließband etwas, dann wird es der Markt aufnehmen - wenn nicht, wird der Markt die Qualität nachfragen (vor allem wenn es um Bremsen beim Auto geht…)

Noch vor wenigen Jahrzehnten war Bonitätsanalyse eine Kunst, die individuell von vielen Analysten weltweit bei Banken und Beratern mehr oder weniger gekonnt praktiziert wurde. Sie war sehr dezentral organisiert. Das war natürlich teuer. Sehr viel Geld suchte Anlagemöglichkeiten und immer mehr haben Unternehmen versucht, das Geld direkt vom Anleger zu holen und die Banken zu umgehen, da die ja für ihre „teuren Analysen“ eine kräftige Zinsmarge gerechnet haben für die Kredite an die Unternehmen. Und die Anleger auf der anderen Seite haben diesen Zinsabzug für Bankeinlagen auch nicht mehr zahlen wollen, also lieber direkt bei den Unternehmen höher verzinslich anlegen. Aber wo und wie die guten von den schlechten Schuldnern unterscheiden?

Zwischen diesen Marktmühlsteinen waren die Banken, die sich gegenseitig darin zu übertrumpfen versuchten, Kredite immer schneller mit immer weniger Personal und immer oberflächlicherer Analyse mit schließlich immer niedrigeren Zinsmargen zu gewähren (Konkurrenz eben).

Schließlich waren da einige Ratingagenturen, die für alle die Analyse vornahmen und alle waren happy: die Unternehmen hatten ein Instrument um direkt Geld vom Anleger zu erhalten, die Banken konnten sich die teuren Analysen sparen und Personal abbauen bzw zentralisieren (geratete Unternehmen wurden fast gar nicht mehr „Zweitanalysiert“ und die Anleger hatten ja jetzt ihre Schulnote, die die Anlagewahl ganz einfach machte.

Aber Standardisierung/Konzentrierung ist nur effizienzsteigernd, wenn die Qualität stimmt und die stimmte nicht (Interessenkonflikte, fehlende Konkurrenz, fehlende Analysequalität, fehlende Transparenz).

Diese Fehlentwicklungen muss der Markt noch lernen. Ein wenig tut sich da zur Zeit, aber man ist leider noch Lichtjahre von den richtigen Schlussfolgerungen entfernt. Also muss der Markt weiter durch schmerzhafte Verluste lernen…

Und der Staat? Es gäbe schon einiges, was er tun könnte, insbesondere was die Organisation von Banken betrifft (aktuell eine Katastrophe) aber auch was die Qualität von Bilanzen betrifft. In diesen Punkten liegen die großen Versäumnisse seit Jahrzehnten und ohne diese Versäumnisse hätte es die Finanzmarktkrise nicht gegeben (aufgrund des grenzüberschreitenden Wettbewerbes hätten entsprechende Refomen von allen führenden Industrienationen kommen müsen - vorweg USA, UK, Deutschland, Japan, Schweiz).

Ansonsten sind Anlageempfehlungen und -vorschriften ( für Pensionsgelder), die sich naiv auf Ratingnoten bezogen und beziehen sicher auch eine Fehlentwicklung, die der Staat mit zu verantworten hat.

Aber der Markt muss lernen! Risiko hat seine Preis (Zins ist zum Beispiel so ein Preis, das haben einige vergessen) und das Risiko zu erkennen eben auch!

Manchmal dauern Lernprozesse sehr lange - zumal in einer immer mehr sich beschleunigenden Welt, die schnell viel für wenig Geld will…

Schönen Gruß von

ikarusfly

Hi,

wieso beugen? Standard & Poors hat nur mal grundsätzlich festgestellt, das es nicht mehr so selbstverständlich ist, dass Italien seine Kredite bedienen kann. Das ist eine Tatsachenfeststellung und keine Aufforderung. Heißt: Italien ist nicht weniger kreditwürdig, weil S&amp:stuck_out_tongue_winking_eye: das so sagt, sondern S&amp:stuck_out_tongue_winking_eye: sagt das, weil Italien weniger kreditwürdig ist.

Du wirst ja nicht dadurch arm, dass ich sage „Dir leih ich nichts“…

die Franzi

Muss er nicht, sondern er muss nur mit der Einschätzung leben.

Diese ist transparent und nachvollziehbar und kaum jemand in Europa würde dieser widersprechen.

Soll man Standard & Poors den Krieg erklären? Die
Geschläftsleitung liquidieren oder was?

Bring den Berlusconi bloss nicht auf Ideen… :wink:

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Doch ich, und ich bin Europäer.

Es kann mir keiner erzählen, dass bis zu einem Defizit von , ich sage jetzt mal 8,5 Prozent, noch ein „double-A“ gilt, und dieses Rating bis zu einem Defizit von 15 Prozent rapide auf „Ramsch“ fällt.

…und wer bewertet die Ratingagenturen? Sind nicht schon im Jahr 2008 Triple-A-Anlagen verpufft wie Seifenblasen zu nichts? Und eine weitere Frage, die sich zur Zeit aufdrängt: Sollten nicht die viel zu hochverschuldeteten Länder wieder Ihre eigene Geldruckmaschinen anwerfen können? Sollte der Ausstieg aus dem Euro einzelner Länder nicht möglich gemacht werden? Dann müßte auch nicht mehr bewertet werden, den ein Land kann nie pleite gehen, sofern es seine eigene Währung drucken kann.

Hallo

…und wer bewertet die Ratingagenturen?

Der Markt. Die Ratiungagenturen bieten weiterführende Dienstleistungen an. Liegt eine Agentur zu oft falsch, verdient Sie kein Geld mehr.

Sind nicht schon im
Jahr 2008 Triple-A-Anlagen verpufft wie Seifenblasen zu
nichts?

Nein. Einige Bewertungen lagen allerdings schon weit daneben.

Und eine weitere Frage, die sich zur Zeit aufdrängt:
Sollten nicht die viel zu hochverschuldeteten Länder wieder
Ihre eigene Geldruckmaschinen anwerfen können?

Das übernimmt doch im Moment die EZB.

Sollte der
Ausstieg aus dem Euro einzelner Länder nicht möglich gemacht
werden?

Der freiwillige Ausstieg aus dem Euro ist möglich.
Da Griechenland seine Schulden in Euro hat würde das aber nichts nützen.

Dann müßte auch nicht mehr bewertet werden, den ein
Land kann nie pleite gehen, sofern es seine eigene Währung
drucken kann.

Das stimmt nur, wenn das Land seine Staatschulden in der Landeswährung machen kann.

MfG Frank Müller

Ich will ja gar nicht sagen, dass alles Gut ist was von dort kommt - die Ratingagenturen haben eindrucksvoll bewiesen wie wenig sie die Finanzkrise gesehen haben…

Aber:
Länderratings passieren periodisch und sind daher nicht unbedingt auf dem aktuellen Stand… da geht es schon mal mehr wie eins nach unten.
Insbesondere wenn man mit gefäschten Zahlen in die EU kam.
Gleichzeitig - schau dich in Deutschland um: Glaubt ein Grossteil der Bevölkerung etwa das Grichenland zu retten ist? Oder geht es nur noch darum ob Grichenland im Euro oder ausserhalb Bankrott geht?

Der „Ramsch“-Status ist genau richtig für einen Krempel mit so hoher Ausfallwahrscheinlichkeit

Dann zurück zu Italien das in Spiel kam „glaubst du wirklich das irgendwer die Aussagen über die Regierung Berlusconi ernsthaft grob anders sieht?“

Letztendlich - und das ist überhaupt das Problem: Die Politiker der Eurozone wttern über die Rating Agenturen - gleichtzeitig haben Sie per Gesetz, Satzung, was auch immer viele Europäische Institutionen an genau diese Ratings gefesselt. Also selbst schuld.

Der Schrei nach einer Europäischen Rating Agentur find ich gut… ich wage aber zu bezweifeln, dass sie zu fundamental unterschiedlichen Einschätzungen kommt…

Sollte der
Ausstieg aus dem Euro einzelner Länder nicht möglich gemacht
werden? Dann müßte auch nicht mehr bewertet werden, den ein
Land kann nie pleite gehen, sofern es seine eigene Währung
drucken kann.

Sag das Argentinien…

Um die Ratings nachvollziehen zu können, sollte man ein bißchen was über die Systematik wissen. Darüber läßt sich einiges auf den jeweiligen Internetseiten nachlesen.

Im übrigen kann es bei der Einschätzung der Sachlage helfen, wenn man sich anschaut, was Marktteilnehmer bereit sind, für Kreditabsicherungen zu bezahlen.

Nur um das Gesamtbild ein bißchen abzurunden: der Preis für die Absicherung von Krediten an Deutschland ist erstmals auf über 1% gestiegen. Wenn ich mich recht entsinne, lag der Preis vor zwei Jahren nach bei 0,25% und war damals der niedrigste aller Schuldner weltweit.

Soll man Standard & Poors den Krieg erklären? Die
Geschläftsleitung liquidieren oder was?

Bring den Berlusconi bloss nicht auf Ideen… :wink:

Hi,
der ist schon voll dran
http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung…

Hallo

…und wer bewertet die Ratingagenturen?

Der Markt. Die Ratiungagenturen bieten weiterführende
Dienstleistungen an. Liegt eine Agentur zu oft falsch,
verdient Sie kein Geld mehr.

Bezüglich der selbständigen Regulierung durch den Markt muss man bei oligopolen Strukturen, die man bei eigentlich nur noch drei Ratingagenturen annehmen kann, schon kräftige Abstriche machen.

Sind nicht schon im
Jahr 2008 Triple-A-Anlagen verpufft wie Seifenblasen zu
nichts?

Nein. Einige Bewertungen lagen allerdings schon weit daneben.

Wären es nur einige Bewertungen gewesen, hätten wir nicht so eine immense Finanz- und Bankenkrise gehabt. Die Bewertungen für auf US-Baukrediten basierenden Wertpapieren lagen allesamt komplett falsch, und dass aufgrund eines Fehlers, der selbst einem Mittelschüler nicht passiert wäre.

Grüßle

Eric

1 Like

Hallo Nick,

als Ergänzung…

Vielleicht ging es Dir auch eher - aus gegebener Veranlassung (Italien, Griechenland) - um die Rolle des Staates „als Schuldner“ und damit als direktes „Opfer“ der Bewertungen (worauf ich in der ersten Stellungnahme kaum eingegangen bin).

Ja, fast wie im richtigen Leben, kann man auch für die Wirtschaftswelt sagen, dass Verleumdung nachhaltige Schäden für das Verleumdungsopfer haben kann. Das gilt natürlich insbesondere, wenn der Verleumder eine besondere „Machtstellung“ innehat. Und das haben ja diese Ratingagenturen ohne Zweifel.

Eine Bonitiätsanalyse ist etwas sehr anspruchsvolles und immer Mangelverwaltung: welche Informationen sind wichtig? Bekomme ich diese Informationen überhaupt? Wie bekomme ich sie? Was ist der „Preis“ (ein weites Feld wie Interessenkonflikte, Zeitaufwand/Kosten um nur einiges zu nennen) dafür, diese Informationen zu bekommen? Sind diese Informationen vertrauenswürdig? Auf welche Informationen kann ich verzichten? etc etc.

In den Bereichen Bank und Staat als Schuldner hatten diese Fragen immer (aus viele Gründen) einen besonders schwierigen Stellenwert.

Daher war es auch mehr name lending (auf den vermeintlich guten Namen des Schulnders oder der Organisation), diesen Schuldnern Geld zu leihen. Es gab ja - soweit hatte der Markt ja auch in gewissen Grenzen funktioniert - schon Zinsaufschläge für nicht ganz so vertrauenswürdige Schuldnerstaaten. Viele Investoren haben die Gründe dafür missachtet (worauf sich die Zinsaufschläge in Folge lange in Grenzen hielten).

Bisher haben die Ratingagenturen eher damit auf sich aufmerksam gemacht, dass sie Staaten, Banken und bestimmte veschachtelte Anleihen viel zu gut bewertet haben.

Jetzt kann man wohl eher von einer überfälligen Korrektur nach unten sprechen. Über die Ratingnoten kann man vieles sagen. Es geht ja eigentlich um Wahrscheinlichkeiten. Ich benote einen Schuldner (bzw seine konkrete Anleihe) mit einer Aussage, wie wahrscheinlich ist es, dass diese Anleihe nicht zurückgezahlt/zurückgezahlt wird. Eigentlich wollen wir doch hier nur ein „ja“ oder „nein“ hören. Aber hier eine „wenn-dann“ Staffelung vorzunehmen ist für Dritte schwer nachzuvollziehen.

Ich kann einigen Kritikern hier nur recht geben - auch bei den bankinternen Ratings zeigt sich immer wieder, dass die Note kurz vor der Insolvenz wesentlich zu gut war. Das System stimmt oft nicht.

Abschließend sei erwähnt, dass ich die Angst vor dem bösen großen Marktmonster nur bedingt nachvollziehen kann. Wenn wir mal die Verleumdung außen vor lassen. Ich sehe zur Zeit kein offensichtliches Beispiel, wo man die in Rede stehenden Staaten und Banken schlechter macht, als sie sind. Das Gegenteil war und ist der Fall. Viele waren und manche sind noch schlechter, als ihre Noten, die sie erhalten. Also warum die Furcht, dass es der böse Markt sei, der einen nach dem anderen Staat in den Ruin treibt?

Wenn der Schuldner gut ist, wird der Markt ihn auch nicht ablehnen.

Es mag auch hier die selbsterfüllende Prophezeihung eines überängstlichen Marktes geben, der sich mit Investitionen so zurückhält, dass Rezession die Folge ist, die wiederum zu Zahlungsausfällen führt. Das ist ein berechtigter Einwand, aber ich habe immer den Eindruck, als wäre es die Angst vor dem direkten schlecht reden und runter handeln (und die bösen Leerverkäufe) der Staats- und Bankenbonität, die man fürchtet. Diese Angst ist mittelfristig ungerechtfertigt und eine Verwechslung von Ursache und Wirkung.

Es gibt Schuldner, die besser als ihr Ruf sind. Ich erinnere mich auch an ein auf Dauer schlecht reden der VW Aktie, da ja die Arbeitnehmervertretung zuviel Einfluss hätte. Lange war das Kurs-Gewinn-Verhältnis dieser Aktie im Vergleich viel zu niedrig. Der Markt bestrafte die Aktie, obwohl der Gewinn über Jahre hoch war. Das war nur bedingt nachvollziehbar.

Also es gibt diese Effekte, aber jeder weiß doch, dass das bei Italien und Griechenland und Co nicht DAS Problem ist. Sie müssten endlich NACHHALTIG ihre Hausaufgaben machen (nicht nur Strohfeuer entzünden). Was nicht heißt, dass ich das ganze Ratingsystem, wie es zur Zeit aufgebaut ist, für absolut falsch und gefährlich halte, nur bisher eher zum Schaden der Gläubiger - nicht der Schuldner (wenn sich ein Berlusconi hinstellt und sagt, Italien sie ein Opfer des Marktes, müsste ich lachen, wenn dieser Unsinn nicht zum weinen traurig wäre).

Schönen Gruß von

ikarusfly

Wären es nur einige Bewertungen gewesen, hätten wir nicht so
eine immense Finanz- und Bankenkrise gehabt. Die Bewertungen
für auf US-Baukrediten basierenden Wertpapieren lagen allesamt
komplett falsch,

Das interessiert mich. Es gibt also kein einziges Papier, bei dem das Rating richtig war? Bist Du Dir darüber im Klaren, daß die Papiere teilweise Laufzeiten bis weit in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts haben? Wie willst Du schon heute beurteilen, wie gut oder schlecht die Ratings waren?

Weißt Du denn überhaupt, wieviele (oder meinetwegen welcher Anteil) der Papiere überhaupt bisher ausgefallen sind (bzw. ist)? Ausgefallen in dem Sinne, daß entweder der default tatsächlich festgestellt wurde oder aber tatsächlich am Ende oder während der Laufzeit vereinbarte Zahlungen nicht erbracht wurden?

Anders formuliert: der Großteil der bei den Kreditgebern angefallenen Verluste sind vor allem Buchverluste. Nur mal als Beispiel: der Risikoschirm der WestLB betrug in der ersten Phase 5 Milliarden für ein Wertpapierportfolio von rd. 30 Mrd. Der Risikoschirm mußte dann auf (wenn ich mich nicht irre) 9 Mrd. aufgestockt werden. Dies aber nicht, weil die effektiven Ausfälle so hoch waren, sondern weil die Marktpreise so abgeschmiert bzw. der expected loss so angestiegen war. Die tatsächlichen Ausfälle liegen heute - also nach fast drei Jahren - bei gerade mal bei ein paar hundert Mio. (mein letzter Stand: rd. 300 Mio.).

und dass aufgrund eines Fehlers, der selbst
einem Mittelschüler nicht passiert wäre.

Welcher Fehler war das denn?

Gespannt
C.

Hallo,

Bisher haben die Ratingagenturen eher damit auf sich
aufmerksam gemacht, dass sie Staaten, Banken und bestimmte
veschachtelte Anleihen viel zu gut bewertet haben.

das liegt nur daran, daß die Wahrnehmung falsch ist. Wenn ein Rating zu schlecht ist, merkt das nämlich in der Regel niemand, auch wenn der Schaden immens sein kann.

zurückgezahlt/zurückgezahlt wird. Eigentlich wollen wir doch
hier nur ein „ja“ oder „nein“ hören.

Nein, wollen wir nicht - wobei es vielleicht darauf ankommt, was man unter „wir“ versteht. Die verschiedenen Ratingstufen stehen jedenfalls für verschiedene Ausfallwahrscheinlichkeiten und schlagen sich insofern auch in der zu bietenden Rendite nieder.

Ich kann einigen Kritikern hier nur recht geben - auch bei den
bankinternen Ratings zeigt sich immer wieder, dass die Note
kurz vor der Insolvenz wesentlich zu gut war. Das System
stimmt oft nicht.

Das liegt aber nicht daran, daß das Rating falsch war, sondern der Informationsfluß ungenügend bzw. die Weiterverarbeitung der Informationen unangemessen. Ein Absturz von „gut“ auf „pleite“ kommt eigentlich nur bei Betrugsfällen vor.

Gruß
Christian

Hallo exc,

Bisher haben die Ratingagenturen eher damit auf sich
aufmerksam gemacht, dass sie Staaten, Banken und bestimmte
veschachtelte Anleihen viel zu gut bewertet haben.

das liegt nur daran, daß die Wahrnehmung falsch ist. Wenn ein
Rating zu schlecht ist, merkt das nämlich in der Regel
niemand, auch wenn der Schaden immens sein kann.

Ich habe hier bewusst Banken, Staaten und verschachtelte Anleihen erwähnt und insbesondere die nun in Kritik stehenden Banken, Staaten sowie die bekannten schief gelaufenen Immobilienanleihen gemeint. Selbstverständlich kann ich das nicht für alle Schuldnerratings behaupten, denn ich verfolge bei weitem nicht alle. Aber ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine früheren Ausführungen zur Problematik des Ratings (ältere Beiträge, hier im Archiv) und den Interessenkonflikt der Ratingagenturen, da der bewertete Schuldner beim externen Rating selbst den Auftrag zur Bewertung gibt (wann wird dieser Missstand endlich beendet?) und die Ratingagentur aussucht. Ich hatte damals auch darauf hingewiesen, dass nur die kleinste Abweichung (nach unten logischer Weise) der Ratingbewertung zur Erwartung des Schuldners zu heißen Diskussionen führt. Der Druck, der auf dem Bewerter (Analyst) lastet ist enorm. Die Hierachien innerhalb der Ratiungagenturen bauen einen enomren Druck auf - den Druck, den sie vom Schuldner = Auftraggeber erfahren haben…

Es ist also daher eher unwahrscheinlich, dass es allzu viele Ratings gibt, deren Noten schlechter als die Realität liegen. Aber es mag solche Fälle geben und es verwundert nicht - da gebe ich Dir recht - dass solche Fälle eher unbekannt bleiben.

zurückgezahlt/zurückgezahlt wird. Eigentlich wollen wir doch
hier nur ein „ja“ oder „nein“ hören.

Nein, wollen wir nicht - wobei es vielleicht darauf ankommt,
was man unter „wir“ versteht. Die verschiedenen Ratingstufen
stehen jedenfalls für verschiedene Ausfallwahrscheinlichkeiten
und schlagen sich insofern auch in der zu bietenden Rendite
nieder.

Die Erfahrung zeigt leider, dass diese Ratingstufen sehr oft nicht stimmen. Es würde jetzt hier zu weit führen, ins Detail zu gehen. Den Kopf im Kühlschrank und die Füße im Ofen gibt Durchschnittstemperatur angemessen? Das „Geheimnis“ liegt in der Gewichtung - dort liegen die Fehler und es versteht kein Investor, was da im Hintergrund passiert - zugegebener Maßen etwas abgemildert durch die verbalen Ausführungen der Ratingagentur zur Bewertung - mal mehr, mal weniger glücklich…

Ich kann einigen Kritikern hier nur recht geben - auch bei den
bankinternen Ratings zeigt sich immer wieder, dass die Note
kurz vor der Insolvenz wesentlich zu gut war. Das System
stimmt oft nicht.

Das liegt aber nicht daran, daß das Rating falsch war, sondern
der Informationsfluß ungenügend bzw. die Weiterverarbeitung
der Informationen unangemessen. Ein Absturz von „gut“ auf
„pleite“ kommt eigentlich nur bei Betrugsfällen vor.

Ich hatte die internen Bankratings auch erwähnt. Ein Absturz von „zufriedenstellend“ zu Pleite (mit kleinen kurzen Zwischenstopps bei „Substandard/ausreichend“, „watch/beobachtenswert“ oder ungenügend" kommt sehr sehr sehr häufig vor - leider.

Und die fehlenden und falschen Informationen? Und die falsche Weiterbearbeitung? Das ist eben, um was es geht. Ein Rating, das sich damit zufrieden gibt, dass Informationen fehlen oder nicht ausreichend überprüfbar sind, taugt eben nichts. Ganz zu schweigen von falscher Bearbeitung der Informationen. Das Impariätsprinzip gilt auch hier. Im Zweifel also Abwertung. Wer mit offenen Karten spielt, hat die Chance auf Besserbewertung. So sollte es sein…

Schönen Gruß von

ikarusfly

Der Fehler war, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit für die Immobilienkredite auf Basis von Zeitreihen ermittelt wurde, die viel zu kurz waren, und daher keine Phase mit rückläufigen Immobilienpreisen beinhalteten.

Wenn ich etwas, wie es so schön heißt „backteste“, dass sensibel auf Temperaturen reagiert, nehme ich ja auch nicht nur die letzen Sommermonate, oder ?

Der Fehler war, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit für die
Immobilienkredite auf Basis von Zeitreihen ermittelt wurde,
die viel zu kurz waren, und daher keine Phase mit rückläufigen
Immobilienpreisen beinhalteten.

Hast Du dafür auch einen Beleg?

Auslöser waren nicht die fallenden Immobilienpreise, sondern die steigenden Zinsen und mit der Folge zunehmend ausfallende Kredite - erst dann fielen aufgrund der Verwertungen die Immobilienpreise.

Der Fehler lag also nicht in der Auswahl der Vergleichsdaten, sondern in der Kreditvergabe selbst. Verbrieft wurden auch nicht die Werte der Häuser, sondern die Forderungen. Deren Besicherung floß in die Ratings bestenfalls als Sekundärgröße ein.

Wesentlich für die Ratings war(en) die Granularität des Forderungspools sowie die historischen Ausfallraten für Immobilienkredite - und eben nicht die Entwicklung der Immobilienpreise.

Wie schon erwähnt, sind auch nicht alle RMBS- und CMBS-Papiere ausgefallen. Was mich wieder zu den Fragen bringt, die ich Dir in meinem letzten Artikel gestellt habe.

Wie siehts mit den Antworten aus?