Magen-Op und Psyche

Liebe Wissende,

immer häufiger werden in jüngster Zeit mitunter recht massiv operative Eingriffe bei schwer- und schwerst-Übergewichtigen als vermeintliches Allheilmittel beworben (Stichwort: Magenband, Schlauchmagen, Magen-Bypass).

Was passiert (psychisch) nach einer solchen OP bei Menschen, deren Übergewicht psychosomatisch bedingt war, die also das Essen quasi als Ventil genutzt haben?

Sind diese Ursachen mit der OP quasi wegoperiert oder wie gehen die Betroffenen damit um, dass das alte (bekannte) Ventil nicht mehr „funktioniert“? Suchen die (unbewusst) eine Ersatz-Sucht? Gibt es (wie ich meine bei vielen trockenen Alkoholikern extremen Tabak- und/oder Kaffeekonsum beobachten zu können) primäre Ersatz-Süchte? Gibt es dazu überhaupt Studien oder Erkenntnisse - oder will man die gar nicht genau wissen, um die Werbeerfolge für die OPs nicht zu gefährden?

Ich weiß ja nicht, wo du massive Werbung für die o.g. Eingriffe gesehen hast.
In seriösen Medien werden diese Operationen als das dargestellt, was sie sind: der letzte Ausweg aus einer gesundheitlich sehr prekären Situation, die unbehandelt gravierende Folgen hätte - und auch nur, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.

Moin,
Obesitas ist kein ‚psychisches‘ Problem - bzw. das Aushalten davon wahrscheinlich schon. Sondern eine Krankheit mit unterschiedlichen Ursachen.
Es fängt schon damit an, dass fast alle Menschen eine Neigung zur Fettleibigkeit haben. Denn in unserer Entwicklung war es notwendig Reserven anzulegen. 365 Tage im Jahr Schlemmen war fast nie drin. Ausserdem wurde früher wesentlich mehr an Kalorien ausgegeben.
Dann ist bei vielen eine familiäre Komponente zu beobachten und neuere Ergebnisse zeigen auch noch, dass die Epigenetk eine Rolle spielt.

Mit der gleichen Berechtigung kann man fragen, was passiert mit Menschen an deren Übergewicht nichts getan wird? Wie fühlen die sich ‚psychisch‘? Ich kenne einige - die sagen alle ‚schei…e‘.
Von den Problemen bei den Gelenken, Herz/Kreislauf,… ganz zu schweigen. Wer fett ist wird auch oft auch noch als ‚schwach‘, ‚keine Disziplin‘ und ‚blöd‘ angesehen. Und nichts ist oft falscher als das.

Wer sich so einer OP unterziehen muss sollte natürlich auch in unterschiedlichen Richtungen begleitet werden. Z.B. eine Ernährungsberatung erhalten und warum nicht auch mit Psychologen reden. Soviel ich weiß haben viele Leute das eh schon hinter sich.
…lux

Hallo,

ich kann nur anekdotisches beisteuern: ich kenne eine Frau, die sich ein Magenband hat legen lassen. Ich halte sie für hochgradig essgestört. Sie isst im Grunde genommen genauso ungesund wie vor dem Magenband (sie ist der einzige Mensch, den ich kenne, der niemals Obst oder Gemüse isst), ernährt sich hauptsächlich von Süßigkeiten. Sie hat dieses Magenband seit geraumer Zeit und hat seitdem andauernd irgendwelche Probleme damit. Aber sie weigert sich, trotz wirklich teilweise lebensbedrohlicher Zustände (sie kann manchmal tagelang nichts trinken, erbricht nur, usw.), in Erwägung zu ziehen, dass Magenband könne damit etwas zu tun haben oder dass es vielleicht günstiger wäre, es zu entfernen.
Dass sie jemals vor dem Eingriff sich hätte psychologisch beraten lassen müssen oder eine Ernährungsberatung besuchen musste oder anderweitige Diätanstrengungen nachweisen musste, wüsste ich nicht. Allerdings hat sie das wohl auch privat gezahlt.
Ich kenne sonst niemanden mit Magenband, aber ausgehend von dieser Dame und ihrer Leidensgeschichte muss ich sagen, dass ich nicht allzu überzeugt von dem Konzept bin.

Viele Grüße

Hallo pollux,

Wer sich so einer OP unterziehen muss sollte natürlich auch in
unterschiedlichen Richtungen begleitet werden. Z.B. eine
Ernährungsberatung erhalten und warum nicht auch mit
Psychologen reden. Soviel ich weiß haben viele Leute das eh
schon hinter sich.

danke für Deinen Beitrag - in der Tat setzen Krankenkassen i. d. R. VOR der Kostenübernahme andere Massnahmen voraus.

Mir ging/geht es allerdings konkret um das Hinterher: Die Betroffenen verlieren z. Tl. massiv an Gewicht, was an sich schon beträchtliche Veränderungen im Leben/Alltag nach sich zieht; Was aber tun jene Menschen, deren bisherige Esssucht (vgl. Alkohol- oder andere Drogen) von heute auf morgen nicht mehr „funktioniert“?

„Brauchen“ die als Dünnere die Sucht per se nicht mehr, weil mit dem Abnahmen deren Ursache „automatisch“ wegoperiert ist? Was konkret passiert mit den Faktoren (Auslösern), die vorher zum Übergewicht geführt haben?

Hallo,

da das nicht mein Thema war und ist, können wir den Bewerbungsaspekt als meinen persönlichen Eindruck betrachten.

Ansonsten stimme ich Dir zu, auch wenn mein Gefühl sich verstärkt, dass viele Betroffene (nicht zuletzt dank Mundpropaganda) die OP als „Wunderlösung“ betrachten, bei der sie selbst nichts tun müssen . . .

Meine UP-Frage bezieht sich allerdings darauf, was mit Operierten passiert, denen das Ausleben ihrer bisherigen Esssucht operativ unmöglich gemacht wurde: „Verschwinden“ die Ursachen und Auslöser der bisherigen Esssucht mit der OP einfach so . . .

ich kenne etliche fettleibig Menschen, die an einer Studie zu Schichtarbeit teil genommen haben. Sie haben den Teufelskreislauf beschrieben in dem sie sich befinden.

Die Fettleibigkeit hatte bei keiner dieser Personen direkte ‚Esssucht‘ Hintergründe (oder nicht mehr).
Die Fettleibigkeit hatte sich eher verselbständigt und war zum ‚Problem in sich geworden‘.
Bei Frauen lag der Anfang z.B. oft bei den Schwangerschaften. Vielleicht schon von Jugend an leicht pummelig, aber nichts dramatisches. Dann bei der ersten Schwangerschaft gut zugelegt, nicht mehr weg bekommen. Diät, Abgenommen, aber Essgewohnheiten nicht umgestellt, nach kurzer Zeit wieder mehr zugenommen als abgenommen. Zweite Schwangerschaft. Wieder zugelegt. Frust, Diät, teils gute Abnahme, aber wiederum keine Umstellung der Essgewohnheiten. Wieder mehr Zunahme als Abnahme…Frust, jetzt ist eh alle egal.
Bei Männern war es oft das Bier und die Liebe zu fettem Essen, wenig Bewegung, keine Diäten, aber ab der Heirat ein ‚sich gehen lassen‘

Ich denke, die von dir angesprochene ‚Esssucht‘ ist eher ein kleiner Prozentsatz, der auch noch unterteilt werden muss, ‚Quartalsfresser‘, Bullemiker,…
Vieles ist auch noch Gewohnheit. Zu schnell, zu viel, zu unbedacht.
Also ich denke, mit entsprechender Begleitung hat ein Magenband nach reiflicher Überlegung durchaus seine Berechtigung. Ohne Ernährungsumstellung hat aber auch ein Magenband keinen Sinn. Süßigkeiten und Getränke ‚rutschen‘ einfach durch.
Kein Allheilmittel also, aber ein Option.

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Hallo pollux,

danke für Deine Ausführungen, auch wenn ich Deine Beschreibung von Esssucht nicht ganz teile . . .

Sofern ich Dich richtig verstehe, gehst Du allerdings davon aus, dass bei allen, für die so eine OP „zu Recht“ machen lassen, danach „die Welt in Ordnung ist“. Eine andere sog. Ersatzsucht schließt Du demnach aus?

auch wenn ich Deine Beschreibung von Esssucht nicht ganz teile . . .

Welche Beschreibung von ‚Essucht‘ habe ich denn gegeben. soweit ich weiß bislang keine. Du gehst davon aus, dass alle adipösen Menschen eine ‚Esssucht‘ haben und das ist falsch.

Sofern ich Dich richtig verstehe, gehst Du allerdings davon
aus, dass bei allen, für die so eine OP „zu Recht“ machen
lassen, danach „die Welt in Ordnung ist“.

ich denke, dass nur ein kleiner Prozentsatz der stark übergewichtigen Menschen stark übergewichtig sind, weil sie an einer ‚Esssucht‘ (nach der Def. von ‚Sucht‘ - sich ständige gedankliche und emotionale mit dem Thema ‚Essen‘ beschäftigen) leiden.

Übergewicht ist zum großen Teil ein Problem der Industrieländer. Zu wenig Kalorienausgabe bei zu viel Kalorienaufnahme. Interessant ist, dass bei Studien kein Zusammenhang zwischen BMI und den zugeführten Kalorien gefunden werden konnte, sondern die Art der Nahrung eine große Rolle spielt: zu viel und das falsche Fett, zu wenig Vitamine und Mineralstoffe. Wichtigste Ursachen bleiben aber: zu viel rein, zu wenig raus. Und das wird von vielen Faktoren begünstigt und unterscheidet sich sicher in jedem Fall: Sitzende Arbeit, Auto, Fahrstuhl, kein Sport, Langeweile,…
… und klar, wird es auch Leute geben bei denen Essen eine Ersatzbefriedigung darstellt. Es aber darauf reduzieren zu wollen greift zu kurz. Z.B. ist der soziale Status und das Bildungsniveau ein sehr guter Weiser: Je höher der Schulabschluss, desto niedriger der BMI.
Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Leute mit einer höheren Schulbildung weniger emotionale Probleme hätten.

Und nein, ich gehe nicht davon aus, dass für Leute, die die OP ‚zurecht‘ machen lassen ‚die Welt danach in Ordnung ist‘. Aber ich denke, dass es eine legitime Form ist, den Teufelskreislauf zu durchbrechen. Sehr fettleibige Menschen sind oft nicht mehr in der Lage ihr Übergewicht allein durch normale Diäten in den Griff zu bekommen.

…Eine andere sog. Ersatzsucht schließt Du demnach aus?

ich schließe gar nichts aus. Aber: erst mal musst du ‚Sucht‘ definieren. Sucht als ‚Abhängigkeitssyndrom‘ von z.B. Substanzen ist ebenfalls kein monokausales Phänomen. Inzwischen ist klar, das viele Faktoren eine Rolle spielen - angefangen bei genetischen Komponenten bis zu gesellschaftlichen.
Wobei die ‚Esssucht‘ eine Sonderstellung einnimmt. Das ‚Suchtmittel‘ - Nahrung kann man im Gegensatz zu anderen Suchtstoffen wie Alk oder Drogen nicht meiden.

Klar, bei Menschen die eine Suchtneigung haben, kann eine Sucht die nächste ablösen. Aber es kann einen Unterschied machen, ob eine ‚Sucht‘ gesellschaftlich anerkannt ist oder auf Ablehnung stößt. So könnte z.B. eine ‚Sportsucht‘ stellvertretend etabliert werden. Dann wäre die Frage - wie hoch ist der Leidensdruck beim einen und beim anderen.

Der Titel deines Fadens ist „Magen-OP und Psyche“
Mein Eindruck ist, du möchtest gerne hören, dass alle fetten Menschen esssüchtig sind: Das ist nicht so.
Dann stellst du dir vor, dass danach eine andere Sucht die des Essens ablöst. Das kann passieren, ist aber eher nicht der Fall. Psychologische- und Ernährungsberatung sind sicher wichtig, nicht nur für den Erfolg einer Magenband-OP - sondern auch für den Erfolg anderer Maßnahmen zur Reduktion des Körpergewichts.

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Wie heisst die erwähnte Studie
Hallo pollux,

ich kenne etliche fettleibig Menschen, die an einer Studie zu
Schichtarbeit teil genommen haben.

magst Du mir (uns) bitte mitteilen, wie die Studie heisst bzw. wo man sie findet/einsehen kann und ggf. in wessen Auftrag sie erstellt wurde?

Ich bin ja ein großer Fan von Quellen :smile:- in dem Fall muss ich passen - ‚not published jet‘ - ja, noch nicht mal abgeschlossen - Forschung gefördert von NWO, Volkswagenstiftung und noch ein paar anderen Clubs.
Und die findet auch nicht ‚im Auftrag‘ statt. Wie stellst du dir Wissenschaftliche Forschung eigentlich vor, frag ich mich.
Ausserdem geht es dabei nicht direkt um Fettleibigkeit, sondern um ‚shift-work-related health problems, chronotypes and light-regimes‘ und da ist Obesitas nur ein Aspekt.
Wenn du dich einlesen willst: - bekommst du zumindest die abstracts.Ausserdem wir…

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Hallo pollux,

danke für Deine Ausführungen - wenn ich es richtig verstanden habe, nahmen an dieser Studie ausschließlich oder überwiegend Menschen teil, die WÄHREND ihrer Schichtarbeit (massiv) an Gewicht zunahmen.

Diese Gruppe ist vermutlich zahlenmäßig gar nicht Mal so klein, aber sie bildet dennoch nur einen Teil der adipösen Bevölkerung - inzwischen scheinen Teile der Kinder und Jugendlichen ebenso davon betroffen wie Arbeitslose, Rentner und viele Menschen, die nicht in Schicht arbeiten.

Hallo,

diese Menschen gehen genauso Ihrer Sucht nach, aber in kleinerem Rahmen - wie ein Raucher der halt nur 10 Zigaretten am Tag hat.

Oder sie werden dann quasi gezwungen, sich mit der Ursache der Sucht, mit den Problemem , die sie haben, auseinanderzusetzen. Ein Entzug halt.

Das funktioniert nur mit psychologischer Unterstützung gut.

Aber was ist mit Magersüchtigen ? Suchen die sich auch Ersatzsüchte?

Lg

Brenna

richtig, diese Gruppe ist nicht so klein. Das Problem bei Arbeiten mit Menschen ist, sich kausale Zusammenhänge herauszufinden. Das geht nur mit Statistik, gutem Experiment/bzw. Studiendesign und nicht zu kleinen Gruppen.
Ob die Leute ‚während‘ der Schichtarbeit zugenommen haben kann man nicht sagen. Aber es sind Leute die schon viele Jahre Schicht arbeiten. Ausserdem ist das natuerlich nicht die einige Studie. Da sind weltweit schon etliche gemacht worden. Schichtarbeit wird in unserer 24/7 Gesellschaft immer ‚normaler‘ und die damit zusammenhängenden Probleme auch.

Und ja, Adipositas ist inzwischen ein großes Problem. Und ich kann es nur wiederholen: ‚Zu viel rein, zu wenig raus‘.
Und es ist nicht MONOKAUSAL - auch, wenn du das noch so gerne möchtest. Ich denke nicht, dass Leute heutzutage mehr Probleme haben als in früheren Zeiten. Sie haben andere Probleme.

Hallo pollux,

Und ja, Adipositas ist inzwischen ein großes Problem. Und ich
kann es nur wiederholen: ‚Zu viel rein, zu wenig raus‘.

völlig klar - allerdings scheinen die „Ursachen“ warum manche (mit steigender Tendenz) das tun, recht unterschiedlich.

Und es ist nicht MONOKAUSAL - auch, wenn du das noch so gerne
möchtest.

Dein Eindruck täuscht - ganz im Gegenteil: Mein UP bezog sich ja auf eine Gruppe innerhalb der Adipösen, die sich einer Magen-OP unterziehen und bei denen psychische URSACHEN für das Übergewicht standen (ich gehe allerdings davon aus, dass diese Gruppe relativ groß ist).

Ich denke nicht, dass Leute heutzutage mehr Probleme
haben als in früheren Zeiten. Sie haben andere Probleme.

Vllt. - und dennoch steht ja außer Zweifel, dass die Zahl der krankhaft Übergewichtigen speziell in den Industrieländern bereits hoch ist und weiter rapide steigt: In D. begann das vermutlich mehr oder minder mit dem sog. Wirtschaftswunder: Alles war plötzlich unbegrenzt verfügbar und Hungerphasen, die dieses Problem früher für die meisten Normalverbraucher „ausglichen“ gibt es hier nicht mehr.

Inzwischen geht man davon aus, dass Fettsucht durchaus vergleichbar ist mit Alkoholismus und kaum jemand wird heute bestreiten, dass das eine Krankheit ist - der Verweis auf ursächliche „Probleme“, die vermeintlich heute anders sind als früher, mag stimmen. Selbst bei absoluter Gleichheit der Probleme und des Umgangs damit, wären die Folgen heute anders, weil der Konsum von Nahrungsmitteln in unserer Gesellschaft nahezu grenzenlos möglich ist . . .

interessante Frage.
Ich denke, dass solche Menschen dann mit ihren Problemen noch mal neu konfrontiert werden - sie MÜSSEN andere Wege zur Bewältigung finden, da das „viel Essen“ nicht mehr funktioniert.

Es könnte aber auch sein, dass solche Menschen den Weg einer Operation gar nicht gehen, da sie (bewusst oder unbewusst) wissen, dass ihnen dadurch ein wichtiger Bewältigungsmechanismus genommen würde.

Ich glaube aber, viele Übergewichtige sind nicht „essüchtig“, sondern essen einfach schon sehr lange mehr als für sie gut ist - als schlechte Gewohnheit, nicht als Sucht. Denen hilft die OP sicher.

Eine noch interessantere Frage finde ich: Was ist mit den Leuten, die „Veranlagung“ durch „die Drüsen“ oder durch „ungesunde Ernährung“ übergewichtig sind ? Solche Probleme löst die OP nicht, da müsste sie doch wirkungslos bleiben?
So weit ich weiß, wirkt eine OP aber immer…

Wundert sich
bixie

Hallo bixie,

interessante Frage.

finde ich auch!

Ich denke, dass solche Menschen dann mit ihren Problemen noch
mal neu konfrontiert werden - sie MÜSSEN andere Wege zur
Bewältigung finden, da das „viel Essen“ nicht mehr
funktioniert.

Das sehe ich genau so!

Es könnte aber auch sein, dass solche Menschen den Weg einer
Operation gar nicht gehen, da sie (bewusst oder unbewusst)
wissen, dass ihnen dadurch ein wichtiger
Bewältigungsmechanismus genommen würde.

Das kann ich nur mit Nichtwissen bezweifeln . . .

Ich glaube aber, viele Übergewichtige sind nicht „essüchtig“,
sondern essen einfach schon sehr lange mehr als für sie gut
ist - als schlechte Gewohnheit, nicht als Sucht. Denen hilft
die OP sicher.

Das halte ich für Haarspalterei - übrigens eine beliebte Ausrede von Alkoholikern: Ich trinke zwar viel, bin aber nicht süchtig. Die Frage war und ist auch gar nicht, ob die OP „hilft“ - der überaus größte Teil der so Behandelten nimmt danach z. Tl. rapide ab. Einige so sehr, dass man wieder gegensteuern muss; Allerdings wirken auch nicht alle Methoden bei allen . . .

Man geht heute davon aus, dass falsche Ernährung (zu viel Fett und/oder zu viel Zucker) langfristig zu mindestens Sucht-ähnlichem Verhalten führt.

Eine noch interessantere Frage finde ich: Was ist mit den
Leuten, die „Veranlagung“ durch „die Drüsen“ oder durch
„ungesunde Ernährung“ übergewichtig sind ? Solche Probleme
löst die OP nicht, da müsste sie doch wirkungslos bleiben?
So weit ich weiß, wirkt eine OP aber immer…

Die OP wirkt zwangsweise, sofern man sie nicht vorsätzlich „austrickst“: Wer allerdings einen Magenbypass hat, wird schwerlich nicht abnehmen . . .

Wundert sich

Ja, es bleiben Fragen - mein Eindruck ist jedenfalls: Würden die Operierten VOR der OP die gleiche Disziplin bezügl. Ernährung wahren wie danach, bräuchten die meisten sie vermutlich gar nicht.

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… mein Eindruck ist jedenfalls: Würden
die Operierten VOR der OP die gleiche Disziplin bezügl.
Ernährung wahren wie danach, bräuchten die meisten sie
vermutlich gar nicht.

Ahja, … jetzt sagst du was wirklich Sache ist. Du denkst 'Die Fetten haben halt keine Disziplin!

Und nein, so einfach ist es nicht. Keine Ahnung, welchen Leibesumfang du hast und wie viele dicke Menschen du wirklich kennst, meine Erfahrung und die Erfahrung von vielen anderen mit denen ich zusammenarbeite und aus unterschiedlichsten Gründen über dieses Thema gesprochen habe ist, dass Menschen mit diesem Problem oft mehr Disziplin in Bezug auf Essen haben als Dünne.

Und wie ich schon geschrieben hatte, ‚Esssucht‘ ist eben nicht wie Alkohol oder andere Drogen - diese Stoffe kann man nämlich meiden. Nahrung nicht. Daher ist mit einer Essstörung besonders schwierig umzugehen.

Das hat nichts, aber auch gar nicht mit ‚Disziplin‘ zu tun

Aber ich bekomme den Eindruck, dass du deine Meinung schon gefasst hast und eine differenzierte Sicht der Dinge passt da anscheinend nicht rein.

Bis jetzt hast du noch keinerlei Belege für deinen ‚Eindruck‘ gebracht.

immer häufiger werden in jüngster Zeit mitunter recht massiv :operative Eingriffe bei schwer- und schwerst-Übergewichtigen als :vermeintliches Allheilmittel beworben (Stichwort: Magenband, :Schlauchmagen, Magen-Bypass)

Wo sollte das sein? Beim Discounter hab ich bis jetzt noch kein Angebot gesehen. Bis jetzt habe ich noch gar keine ‚Werbung‘ dafür gesehen.
Sonderangebot - Heute zwei Magenbänder für den Preis von einem! Einmaliges Angebot!

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Hallo Brenna,

Aber was ist mit Magersüchtigen ? Suchen die sich auch Ersatzsüchte?

Das ist tatsächlich ein Problem. Suchtverlagerungen kommen ziemlich häufig vor, denn nicht das „Mittel“ mit dem das süchtige Verhalten gelebt wird, ist ausschlaggebend, sondern die Mechanismen hinter dem Verhalten.

Schöne Grüße,
Jule

Dick sein
Hallo,

bei massivem Übergewicht ist es ab einem gewissen Punkt oft kaum noch möglich, Ursache und Wirkung zu unterscheiden. Aus welchem Grund auch immer Menschen dick geworden sind: Wenn eine Leibesfülle erreicht ist, die Bewegung und Aktivität sehr erschwert, wird das Dicksein an sich zum Problem.

Wenn jeder Schritt weh tut, wenn man selbst beim normalen Gehen kaum Luft bekommt und nur noch zeltartige Stoffe als Kleidung dienen, ist bei vielen Menschen der Zeitpunkt verpasst, an dem Bewegung ins Leben integriert werden kann. Die Anstrengung, die es abverlangt, unter derart erschwerten Bedingungen Sport zu treiben - und sei es auch nur, regelmäßig eine gewisse Strecke zu gehen - lässt viele Betroffene kapitulieren.

Hinzu kommt die Scham. Abgesehen davon, dass man als dicker Mensch kaum ordentliche Sportkleidung bekommt, löst allein der Anblick eines Dicken in Bewegung bei vielen Menschen zumindest Heiterkeit aus. Die mitleidigen bis abschätzigen Blicke, die ein Dicker allein durch seine Anwesenheit in bestimmten Lokalitäten - dazu zählen auch und besonders Sportstudios - auslöst, muss man ertragen können. Sie führen einem schmerzhaft vor Augen, was man sich selbst täglich vorwirft: Wie konnte man es zulassen, so fett geworden zu sein?

Doch nicht nur sportliche Bewegung ist tangiert, auch das normale soziale Leben. Wer nie vor dem Problem stand, in einen Kino-/Theatersessel nicht hineinzupassen oder zu riskieren, dass ein Kaffeehausstuhl unter einem zusammenbricht oder beim Aufstehen am Hinterteil festhängt, wer eine öffentliche Toilette nicht benutzen konnte, weil er aufgrund der Enge weder die Türe schließen noch sich umdrehen konnte, wird nur schwer nachvollziehen können, was Dicke daran hindert, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Kaum ein Normalgewichtiger kann sich vorstellen, dass es ab einem gewissen Übergewicht nicht mehr möglich ist, sich selbst den Hintern abzuwischen oder zu waschen.

Das alles hat eines zur Folge: Rückzug und soziale Isolation. Spätestens dann wird Essen zum Einzigen, was das Leben noch einigermaßen lebenswert macht. Die Gründe, warum man es bis hierhin gebracht hat, treten dabei meist in den Hintergrund. Das Dicksein selbst ist die Falle, aus der man nicht mehr rauskommt.

Keine Frage übrigens, dass bis zu diesem Zeitpunkt (und darüber hinaus) 1001 Diätversuche passiert sind, die mit zunehmender Verzweiflung angegangen wurden. Wenn aber 20 Kilo Gewichtsabnahme faktisch nicht zu sehen sind, holt einen die Frustration oft auch dann noch ein, wenn man sich bereits auf einem guten Weg befunden hat.

In einer solchen Situation kann eine OP das einzige Licht am Ende des Tunnels sein. Wenn es glückt, sich aus der Gefangenschaft des eigenen Körpers zu befreien, bringt das sehr oft auch eine insgesamt veränderte Sichtweise auf das Leben mit sich. Das Glück, sich wieder normal bewegen und unter Menschen begeben zu können, trägt meist weit genug, sich dieses „Geschenks“ auch bewusst zu sein. Ursprüngliche Denkweisen, die das Übergewicht ausgelöst haben mögen, sind dadurch nicht selten bedeutungslos geworden.

Nicht ganz außer Acht zu lassen ist auch hier das potentielle Problem der Suchtverlagerung. Wenn bestimmte Mechanismen verinnerlicht sind, kann es schon passieren, dass aus einem ehemals Fettleibigen vielleicht ein Laufsüchtiger wird oder eine andere Form des Suchtverhaltens sich ausbildet.

Dennoch ist eine solche OP ganz sicher keine „Ramschtisch-Aktion“, die man eben mal in Anspruch nimmt, weil man zu faul zum Arbeiten ist.

Schöne Grüße,
Jule