Hallo,
na das war ja wieder ein schönes Chaos. Vor allem finde ich die Stellen so witzig wo Atheisten und Katholiken gegenseitig reklamieren, „gut“ zu sein und die Juden und die Moslems sind sowieso böse. Nein, eigentlich ist „witzig“ vielleicht doch das falsche Wort …
Also schön, einfach mal ein paar Gedankengänge:
a.) Es gibt einen Unterschied zwischen Gott und organisierter Religion. Zwangsläufig kann ich Gott nicht nach Parametern definieren, aber ich kann soziale Parameter organisierter Religion beschreiben. Weil die von Menschen gemacht werden.
b.) Steinigungen im Namen der Scharia, die Ketzerverbrennungen des Mittelalters, Kardinal Meisners unglaubliche verbale Absonderungen wurden nicht von einem Gott, wie der auch immer geartet sein mag, begangen sondern von Menschen. Von Menschen mit einem oft genug klar erkennbaren Motiv für das Religion lediglich die Alibifunktion hergibt.
c.) Auch Ideologien, die sich nicht auf Gott beziehen haben hinreichend bewiesen, dass sie „böse“ sein können. Z.B. die Gulads des Kommunismus oder die Konzentrationslager der Nationalsozialismus. Es ist also kein Phänomen, dass sich auf Gott oder Religion zurückführen läßt sondern lediglich auf den kritiklosen Glauben an etwas, das Menschen anderen Menschen vorbeten.
Nehmen wir diese drei Dinge einmal zusammen, dann wird das Böse von Menschen gemacht. Von Menschen, die aus Gier handeln, aus Bequemlichkeit oder Angst nicht handeln, von Menschen, die innerlich ganz genau wissen, dass ihre Entscheidungen moralisch falsch sind, die aber trotzdem der großen Gruppe folgen. Jemand hier in diesem Thread hat die Theorie aufgestellt, Menschen wollten sich durch Macht schützen. Ist es nicht viel mehr so, dass sie sich durch große Gruppen, Religionsgemeinschaften, Parteien, etc. schützen. Der Mensch hat als Hordentier angefangen und er ist im Grunde doch immer noch eines. Wir grinsen schief, wenn wir von den Mitläufern zur Nazizeit hören, aber liegt nicht genau da das Problem? Wie viele Menschen akzeptieren das Böse, das die eigene Gruppe anderen antut? Sie unterstützen es sogar im Rahmen ihrer Anweisungen die von irgendwo höher aus der Hierarchie der eigenen Gruppe kommen. Und hier kommen wir dann gleich wieder zu Adolf Eichmannn, zur Banalität des Bösen. Nur reden wir nicht über einen Eichmann, wir reden über eine unendliche Anzahl williger weil kritikloser Helfer, geschult im wegsehen und wegdenken, ohne die das Böse nicht möglich wäre.
So, und bevor das nun aus der atheistischen Ecke falsch ausgelegt wird, nach dem Motto „Ich glaube nicht, also bin ich auch nicht böse“: Die Betonung hier liegt auf „KRITKLOS glauben“, nicht etwas auch „kritiklos GLAUBEN“. Atheisten neigen nämlich dazu, Atheismus ebenfalls kritiklos als die Lösung der Probleme zu sehen. Der Atheist in diesem Thread, der sicherlich richtig darstellte, dass er auch für das Recht Gläubiger ihre Religion in den eigenen vier Wänden auszuüben muss sich nämlich eine Frage stellen: Tut er das, weil er Atheist ist oder tut er es, weil er darüber hinaus doch noch an ein paar andere Dinge glaubt?
Und nun noch einmal in die katholische Ecke: Wenn jemand nicht katholisch ist und durchaus schwere Zweifel daran hat, dass bestimmte Entgleisungen entschuldbar sind, dann ist das nicht besudeln. Nicht der, der einen kinderschändenden Priester anklagt besudelt die Religion sondern der kinderschändende Priester tut es. Es wäre gerade im Katholizismus doch Zeit, sich den Problemen zu stellen statt eine Einigelungsmentalität vorzuführen. Besonders schlimm finde ich es, wenn ganz normale Leute, Eltern, Großeltern, solche Dinge mehr oder weniger akzeptieren und sogar in dieser Verteidigungsstellung ihren Platz einnehmen, nur, weil es sich um jemanden aus der eigenen Gruppe gehandelt hat. Sagen wir es mal offen: Wenn es um andere Kinderschänder gegangen wäre, dann hätten die gleichen Katholiken zum Messer gegriffen. Wenn es nicht ein Kardinal gewesen wäre, der den netten „Aus-Schwitz“-Kommentar gemacht hätte, dann hätten die gleichen Katholiken sich bitter empört. Aber gut und böse sind keine Bewertungen, die vor irgendwelchen Gruppengrenzen halt machen. Auch hier gilt wieder, dass nicht Gott Messdiener vergewaltigt hat. Nicht Gott hat in den Medien über Fixer und Homosexuelle gesprochen. Es waren Menschen, die Euren Glauben besudelt haben, Menschen aus den eigenen Reihen.
Bin ich gläubig? Nicht im Rahmen einer organisierten Religion. Glaube ich an Gott? Dann ja. Glaube ich an geschichtlich wiederholte Mechanismen? Mit Sicherheit. Denn das System, statt den eigenen Stall zu kehren, die Sauerei zu vertuschen, ist so alt wie die Menschheit. Darüber sollte man mal nachdenken, wenn man sich mit der Frage, woher das Böse kommt, befasst.
Gruß
Peter B.
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