Massebestimmung entfernter Galaxien(haufen)

Hallo Wissende!

Ich frage mich, ob man bei der Bestimmung der Masse entfernter Körper nur die baryonische Masse misst oder ob da die dunkle Materie schon mitbestimmt wird.

Danke für die Antworten!

Hallo,

Du solltest vielleicht dazusagen, von welcher Art „Körper“ und von welcher Größenordnung von Entfernungen die Rede sein soll. Das würde dann das Antworten erheblich weniger kompliziert machen.

Gruß
Metapher

Hallo Metapher,

Was ich meine ist, wenn man die Masse einer entfernten Galaxie bestimmt (oder eines Galaxienhaufens) wird ja auch die Gravitation berücksichtigt, müsste dann nicht die dunkle Materie schon miteinbezogen werden?
Ich habe das mit der dunklen Materie so verstanden: Ausgehend von der errechneten Masse müssten die Sonnen auf den äußeren Bahnen auf Grund der Zentrifugalwirkung hinausgeschleudert werden, tun dies aber nicht, daher muss die Galaxie mehr Masse, die sich durch mehr Gravitation zeigt, haben als berechnet/gesehen/gemessen? wurde.
Und ich frage mich, wie man mit solcher Sicherheit die Masse einer Galaxie bestimmen kann und wie überprüft man das?
Müsste nicht die sichtbare Materie von der durch Gravitation wechselwirkenden Materie abweichen?
Wieviele schwarze Löcher, Planeten, Monde, Kometen, Asteroiden, Steinstaub und Gase kann eine Galaxie beinhalten, die einfach nur das Licht seiner Sonnen abschwächen?

Ich hoffe, dass war jetzt ausführlich genug. Ich bin absoluter Laie und hab nur sehr wenig Wissen, aber sehr viel Interesse an Physik und Astronomie.

Danke für die Antwort(en)

Gollum

Hallo,

für die Bestimmung der

oder eines Galaxienhaufens oder eines Superhaufens stehen uns bis heute ja ausschließloch Daten aus dem elektromagnetischen Spektrum zur Verfügung. Also alles zwischen Radiowellen, IR-, visuellem, UV-Licht, Röntgen- und Gammastrahlung. Da die Entwicklung von Sternen in Abhängigkeit ihrer Masse recht gut verstanden ist, die Masse von Sternen daher aus ihrem em-Spektrum bestimmbar ist. lässt sich die Gesamtmasse einer Galaxie auch zumindest in Größenordnungen abschätzen. Das in grober Näherung auch bei Galaxien, bei denen Einzelsterne nicht mehr optisch auflösbar sind.

Die so bestimmte Masse ist aber nur die der klassischen Feldtheorien, also Newton und ART. Aus denen kann man die theoretischen tangentialen Geschwindigkeiten von Sternen in Abhöngigkeit ihres Abstands vom Zentrum bestimmen. Und dabei kommt eben - wie du bereits zusammengefasst hast - zum Tragen, daß die beobachtete Geschwindigkeitsverteilung mit den klassischen Theorien nicht kompatibel ist: Die Geschwindigkeiten sind sehr viel größer als sie klassich sein dürften, woraus zu schließen ist, daß irgendetwas gravitativ wirksam ist, was über die Massenabschätzungen auf Grund direkt („sichtbarer“) und auch indirekt beobachtbarer (Gas- und Staubwolken, u.a.m.) Materien weit hinausgeht. Und das hat eben (in den 1930er Jahren) den metaphorischen Namen „dunkle Materie“ bekommen. Deren Größenordnung lässt sich aus den tangentialen Geschwindigkeitsverteilungen innerhalb einer Galaxie bestimmen. Ob es sich aber tatsächlich um bisher unbeobachtbare Materien mit Massen als Gravitationsquellen handelt, oder ob die Gravitationstheorien zu korrigieren wären, weiß man heute noch nicht (der Wikipediaartikel gibt einen recht guten Überblick über aktuell diskutierte Lösungsansätze).

Etwas anders geht es mit der Massenabschätzung ferner Galaxien, in denen man keine Einzelsterne mehr auflösen kann. Die Spektralanalyse verschafft zunächst einen Überblick über die Zusammensetzung der Sterntypen und Gaswolken, incl. der Abschätzung von Staub im nahen und fernen IR-Gebiet (die Hauptaufgabe des JWST). Daraus dann - zusammen mit Rotationsgeschwindigkeiten per Doppelreffekt - die theoretische klassische Gravitationsabschätzung. Aber die tatsächliche liefert dann der → Gravitationslinseneffekt. Aus der Differenz lässt sich dann der Anteil "dunkler Materie errechnen.

Genauso geht es bei Galaxienhaufen. Längst wusste man, daß die klassischen Massenabschötzungen der beteiligten Galaxien nicht ausreichen würde, sie in den Haufen zusammenzuhalten. Sie wären auf Grund ihrer Eigenbewegungen längst auseinandergedriftet. Auch dort lässt sich der Anteil gravitativ wirksamer „dunkler“ Masse aus der Differenz zur klassischen Massenabschätzung bestimmen.

Dies alles kann abgeschätzt werden. Auch die Möglichkeit stellarer Objekte unbekannter Art, die im em-Spektrum nicht erkennbar sind, wird in Betracht gezogen. Aber das alles reicht nicht aus, die erhebliche Differenz der Gravitationswirkung zu erklären…

Gruß
Metapher

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Vielen Dank für die ausführliche Erklärung. Jetzt ergibt sich aber für mich noch eine weitere Frage: Wenn die dunkle Materie ca. 75% Anteil hat, so hat sie das ja (fast?) überall und das wirkt sich durch Gravitation aus. Heißt das nicht auch, dass zum Beispiel die Gravitation, die die Sonne auf die Erde ausübt auch zu 75% durch dunkle Materie beeinflusst wird?

Nein. Die Menge an DM im Sonnensystem ist vernachlässigbar klein.

… die wir aber vor 3 Jahren hier schion mal diskutiert haben :slight_smile:

In einem Umkreis von ca 20 000 Lj um das Sonnensystem sind in den Sternbewegungen keine Abweichungen von den klassischen Feldtheorien festgestellt worden.

Das geht btw. ja auch in die sehr umfangreichen Diskussionen ein: Es ist nicht unmöglich, daß es sich um ein Phänomen handelt, das ausschließlich in sehr großen Raumgebieten zum Tragen kommt.

Abgesehen davon, daß die Annahme, daß´es sich überhaupt um Materie (im Sinne noch unbekannter Elemementarteilchen, die im Standartmodell nicht enthalten sind) handelt, eine bloße Arbeitshypothese ist.

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