und ich bin zum ersten Mal in meiner Elternlaufbahn (und diese Erfahrung teile ich mit meinem Mann) wirklich vollkommen ratlos.
Unsere gerade 14 gewordene Tochter ist mittendrin in dem Alter, das wir Eltern so lieben, und sie versucht, da durchzukommen, indem sie sich supercool gibt, nichts und niemanden an sich heranläßt und sich verweigert, wo sie nur kann. Außerdem hat sich ein (bisher) lebenslanges Problem mit ihrem 2 Jahre älteren Bruder (schulischer Überflieger, netter, überall beliebter und inzwischen sehr umgänglicher Kerl, Pubertät - bislang? - spurlos, dafür vorher jahrelang sehr schwierig, nicht daß jemand denkt, der Junge wäre perfekt; aber irgendwie konnte man immer damit umgehen, und jetzt haben wir es erfolgreich ausgesessen. Und nächsten Monat geht er für ein Jahr ins Ausland.).
Trage ich ihr irgendwelche Pflichten auf, kann ich davon ausgehen, daß sie die Erfüllung zunächst mal aufschiebt bzw. völlig „vergißt“. Selbst die Fütterung der von ihr heißgeliebten Katzen erfolgt oft erst auf Zuruf, dabei ist es abends allein ihre Aufgabe. Das war ganz fest geklärt, bevor wir die zweite Katze bekamen. Oft komme ich erst spät nach Hause und stelle fest, daß die armen Viecher noch Hunger haben. Dann haben sie nur den Rest aus irgendeiner Dose bekommen, weil meine Tochter den Weg in den Keller, wo die Vorräte stehen, nicht gefunden hat…
Ihr Zimmer sieht aus - also ich will Hempels und das, was unter ihrem Sofa ist, nicht beleidigen. Ist doch mein Zimmer, sagt sie. Den Kampf kennen wahrscheinlich hier recht viele Eltern. Durchsetzen geht nur mit Ultimatum-Setzen und Drohungen. Ich habe ihr schon das Taschengeld um meinen Putzfrauen-Lohn gekürzt, aber weder hat es etwaws bewirkt noch paßt mir das wirklich. Eigentlich bin ich es leid und sollte sie in ihrem Unrat verkommen lassen, aber so abgebrüht bin ich leider längst nicht. Und es ist auch nicht IHR Zimmer. Es ist UNSER Haus. Aber diese Einsicht hat sie nicht. Gebügelte Wäsche zieht sie ungeordnet aus ihrem Schrank und stopft sie wieder zurück, so daß ich ihre Wäsche seit kurzer Zeit nicht mehr bügle. Wenn sie ihr Zimmer dann doch mal aufräumt, landet Kleidung stapelweise - getragene und ungetragene - der Einfachheit halber im Wäschekorb. Denn dann kommt sie zumindest gewaschen wieder zurück, und bis vor kurzem eben sogar noch gebügelt.
Jeden Morgen kämpft sie mit ihrem Bruder ums Badezimmer. Es gibt eine feste Absprache über einen Zeitpunkt, bis zu dem sie fertig zu sein hat. Sie hält diese Absprache an zwei von drei Tagen nicht ein, und unser Sohn wird dann nervös und auch schon mal laut. Ich habe sie jetzt dazu verdonnert, bis Schuljahresende (noch eine gute Woche) das Gästebad unten zu benutzen. Das paßt ihr überhaupt nicht, und angeblich „vergißt“ sie es jeden Tag. Das gibt jeden Morgen Theater. Mein Mann hatte schon den Vorschlag, sie ins Gartenhäuschen auszuquartieren, dann könne sie morgens die Grundwasserpumpe benutzen…
Es kommt noch besser.
Diese Woche hat sie es durch nachmittägliches Blockieren des Badezimmers fertiggebracht, daß ich etwa 20 Minuten zu spät zu meinem Arbeitsplatz gekommen bin. Ich hatte ihr gesagt, sie solle es bis halb vier räumen (Badewannen-Orgie), erinnerte sie um viertel nach drei, und rein konnte ich dann um zehn vor vier. Was soll denn der Aufstand, fragte sie mich dann ganz cool, Du mußt doch erst um halb fünf da sein…
Dann habe ich sie am Freitag gebeten, die Kiste mit Utensilien, die von ihrer Geburtstagsfeier übriggeblieben waren (Servietten, Kerzen u.ä. Zubehör) zu leeren und die Sachen in einen bestimmten Schrank zu räumen. SErvietten in die Servietten-Schublade, Kerzen in die Kerzen-Ecke usw. Freitagabend, als ich spät nach Hause kam, war die Kiste weg. Samstagmittag bemerke ich, daß sie sie komplett mit einem Handgriff in irgendeinen Schrank befördert hat. Von Räumen keine Spur. Daraufhin habe ich meiner Tochter - in Absprache mit meinem Mann - untersagt, auf den geplanten Freundinnen-Geburtstag zu gehen, stattdessen mal in Ruhe aufzuräumen und zu überlegen, was hier wohl alles verkehrt gelaufen sei. Ich mußte dann weg, meinen Sohn zu einem Seminar bringen, und mein Mann erzählte mir bei meiner Rückkehr, jetzt sei alles schiefgelaufen. Sie habe gesagt, wir KÖNNTEN sie gar nicht daran hindern, zu diesem Geburtstag zu gehen, denn sie würde jetzt einfach das Haus verlassen. (Er HAT sie daran gehindert, und die Tricks, die er aufwenden mußte, waren ziemlich peinlich.) Und was immer wir uns einfallen lassen würden, Taschengeldentzug oder so, wäre ihr egal.
Seither hat sie ihr Zimmer kaum verlassen. Ich bin regelmäßig zu ihr raufgegangen, habe sie gefragt, was sie möchte und ob sie nicht doch runterkommen will. Ich habe versucht, mit ihr zu reden. Sie will nicht. Mein Mann hat versucht, mit ihr zu reden (er kann das normalerweise besser und ist auch geduldiger - ohne ERfolg). Sie nimmt an keiner Familienmahlzeit teil und hat sich heute morgen geweigert, in die Schule zu gehen (das ist mein geringstes Problem, sie ist eine sehr gute SChülerin mit Einsen in allen Hauptfächern, nur in den Fleiß-Fächern ists nicht so doll, und wird schon nichts Wichtiges verpassen). Um nicht noch einen draufzusetzen, habe ich auf Androhung irgendwelcher Konsequenzen verzichtet.
Ich weiß im Augenblick ehrlich nicht, was ihr Problem ist. Ist es ein Zuviel oder ein Zuwenig? Will sie mehr in Ruhe gelassen werden (was ich nicht durchgehen lassen könnte, denn ein Minimum an Aufgaben muß hier jeder erfüllen) oder mehr Zuwendung (was schulische Dinge angeht, weiß ich zum Beispiel eher schlecht Bescheid; sie macht sich lustig über Mütter von Freundinnen, bei denen täglich Hausaufgaben abgefragt werden und alle bestens Bescheid über tägliches Hausaufgaben-Pensum und Klassenarbeiten wissen - da kann ich nicht mithalten, habe alles von Anfang an in ihre Verantwortung gestellt, und sie schafft ohne großen Aufwand beste Zensuren)? Bei meinem Sohn habe ich das übrigens nicht anders gehandhabt. Zu regulären Elternsprechtagen bin ich nach ein, zwei Erfahrungen nicht mehr gegangen, habe stattdessen mit den Kindern an den freien Tagen etwas unternommen. Wenn es allerdings Schwierigkeiten gab, konnten sich beide Kinder stets darauf verlassen, daß ich in Kontakt mit den entsprechenden Lehrern trat (was meine Tochter aber dann auch eher ablehnte).
Das mag jetzt alles etwas diffus formuliert und nur ein Teil der Wahrheit sein - aber es würden mich schon Eure Meinungen interessieren.
Was soll ich jetzt tun? Morgen ist unterrichtsfrei. Was tue ich, wenn sie am Mittwoch immer noch nicht gehen will?
Gruß
Aia