Hallo,
Du scheinst ja viel Erfahrung mit Alkoholikern in der Familie zu haben. Machst Du auch seit Jahrzehnten den gleichen Mist mit diesen kranken Menschen mit?
Co-Abhängig muss man als Angehöriger nicht unbedingt sein. Ich lebe mit meinem Bruder nicht unter einem Dach und habe nie mit ihm gelebt seit er süchtig ist. Trotzdem mache ich mir um ihn Sorgen. Ist halt mein kleiner Bruder.
Jeder Angehöriger, der einen kranken Menschen liebt würde versuchen ihm zu helfen, soweit er selber dazu in der Lage ist. Jaaa, habe ich auch hinter mir.
Nur die diversen Kontakte zu den diversen Organisationen haben mich irgendwann eines Besseren belehrt. Die konnten - als wären sie Hellseher - die diversen Schritte bzw. Fortschritte der Sucht fast auf den Punkt genau vorhersagen.
Wir in der Familie können alle meinem Bruder nicht mehr helfen. Geben wir ihm was er verlangt, ist seine Leber in ein bis zwei Jahren nur noch entfernt als Leber erkenntlich.
Verweigern wir ihm seinen Stoff, müssen wir zusehen wie der Entzug ihn quält und er anfängt die irrsingsten Sachen zu saufen, wo auch nur ein Hauch von Alkohol drin ist.
Notarzt, Polizei usw. alle ziehen unverrichteter Dinge wieder ab, wenn sie gerufen werden. Sie können nicht helfen, weil er sich nicht helfen lassen will. „Jagdschein“ (also unter Vormundschaft gestellt - nennt sich jetzt Betreuung) alles haben wir schon durch.
Das Einzige was wir machen können ist uns selbst zu schützen um nicht in einen (immer steiler werdenden) Abwärtssog gezogen zu werden.
Weder meine Schwester noch ich noch andere in der Familie sind Co-Abhängig. Wir machen uns Sorgen und wollen ihm helfen. Meine Mutter schwimmt nicht ganz so auf unserer Linie, weiß aber auch, dass sie nicht helfen kann. Trotzdem überlegt man als Familienmitglied ob man eine Mitschuld an der Sucht trägt oder ob man sie vor Jahrzehnten hätte verhintern können.
Überall sucht man nach Medikamenten und sonstigen Strohhalmen. Hofft dass er soweit trocken wird, dass er mit Baclofen dauerhaft vom Alkohol wegkommt usw. usw. usw. Die Hoffnung stirbt halt zuletzt.
Da aber der Suchtkranke nicht will, kann man nur hilflos zusehen, wie er sich sprichwörtlich zu Tode säuft.
Nicht anders ergeht es dem UP. Er hat sich aus der Sorge um seine Nichte vermutlich ausgeklingt. Jetzt will er seiner Schwester - der Mutter der Süchtigen - helfen.
Diskussionen wie groß eine Wohnung sein muss um sinnvoll leben zu können helfen hier auch nicht. Mein Bruder hat schon in einer Garage gehaust und lebt jetzt in einer großen Wohnung mit Garten und allem Drum und Dran.
Es gab bei ihm auch viele trockene Jahre, die aber nichts mit der Wohnungsgröße zu tun hatten.
Die Mutter braucht Unterstützung und Verständnis für ein konsequentes und sich selbst schützendes Verhalten. Die Liebe zu einem Süchtigen und die Ängste um ihn, sind für mich eben keine Co-Abhängigkeit. Sie sind einfach Liebe, Fürsorge usw. die man eben um einen nahen - kranken - Angehörigen hat.
Den Weg der richtigen Hilfe findet sie am ehesten in entsprechenden Selbsthilfegruppen (-foren).
Außerdem habe ich keine Ferndiagnose gestellt. Ich habe nur eine eigene persönliche Wahrnehmung warum man einem Menschen den man liebt und der süchtig ist versucht zu helfen. Für mich persönlich eben keine Co-Abhängigkeit, sondern die ganz normale Fürsorge die man auch bei anderen Krankheiten pflegen würde. Das kann aber jeder für sich gerne anders sehen oder auch benennen.
Gruss
Ingrid