Hallo,
ganz so einfach würde ich den Kardinal ungern davon kommen lassen.
Ich lese in der Meldung, daß sie nicht zusammen beten
sollen. Von zusammen „feiern“ ist nicht die Rede. In der
Presse-Erklärung werden auch Martinsumzüge und Adventsfeiern -
da sie als mehr folkloristisch eingeordnet werden - als
Möglichkeit benannt, etwas miteinander zu tun.
Wobei ich mich schon frage, ob die Presse-Erklärung nicht im Sinne der pc die ursprüngliche Erklärung nicht „verharmlosen“ soll.
Außerdem: Es geht ja in den Äußerungen des Kardinals eben nicht um die Weihnachtszeit (wo ja die „Gefahr“, dass jetzt andere Religionen auch gottesdienstlich feiern wollen, doch eher gering ist, oder?), es geht zumindest in der Richtlinie des Kardinals um Multireligiöse Feiern (sic!).
Ich erlebe es immer wieder als Bedürfnislage christlich
sozialisierter Menschen, daß sie mit Juden beten
wollen. Für Juden ist das schwer nachvollziehbar, weil wir
inner-jüdisch wissen, daß Orthodoxe aus ihrer Sicht nicht in
liberalen Gottesdiensten beten können. Warum sollte das dann
über Religionsgrenzen hinweg praktiziert werden können?
Christlich sozialisiert scheint dann aber eher ein weiter Begriff zu sein, wissen Christen doch, dass schon ein gemeinsames Abendmahl nicht erreichbar ist…
Bei Schulentlaßfeiern wäre meine Frage eher, wie eine
gemeinsame Form für Christen, Atheisten, Muslime, Juden etc.
entwickelt werden kann ohne daß eine Tradition dominiert und
die anderen mehr oder weniger vereinnahmt werden. Oft ist es
doch Bequemlichkeit, dlaß schnell auf die christliche Variante
zurückgegriffen wird unter dem Motto „wir haben eh alle einen
Gott“.
Wie können also neue Rituale gestaltet werden - wäre eine zu
diskutierende Frage für den Schulalltag.
Damit hast Du ganz bestimmt recht. Nur, und das geht ja aus der Richtlinie des Kardinals deutlich hervor: Eine wie auch immer geartete religiöse Feier ist ebenfalls nicht möglich, eine Feier ist entweder katholisch oder sie findet ohne Beteiligung der rk Kirche statt.
Ich gebe zu, dass mich das zwar kaum wundert (wie es niemanden wundern kann, der ein wenig von der rk Kirche versteht), aber ich sehe hier dennoch zumindest problematische Aspekte.
Denn was ist eigentlich die Kompetenz der Religionslehrer? Diese Frage sei an Dich genauso gerichtet wie an den Kardinal (wobei bei ihm die Antwort schon klar ist, denn ein Religionslehrer ist klerikal eh inkompetent). Ich weiß auch nicht, ob dass wirklich stimmt, dass es jetzt für Kinder schrecklich sein soll, zu erleben, wie die andere Religionsgemeinschaft ihr Gebet spricht. Bei einer multireligiösen Feier würde ich jetzt eh nicht das Glaubensbekenntnis beten. Ich vermute aber mal, es gibt in jeder Religion so etwas wie eine „Fürbitte“, und eine solche kann man, insbesondere unter dem Gemeinschaftsaspekt „Schule“ (es gäbe ja eine Menge, wofür alle sind), vielleicht doch in liturgisch multipler Form feiern.
es ist sicherlich eine Frage, ob die pauschale Behauptung „eh derselbe Gott“ richtig ist, aber es ist keine Frage, dass die existentiellen Sorgen der Menschen dieselben sind.
Nach Kardinal Meissner aber dürfen Nicht-Katholiken zwar sich christlich-abendländischer Folklore anschließen, sich aber nicht selbstständig auf die Suche nach Gemeinsamkeiten begeben und diese auch einfordern.
Wenn Vertreter unterschiedlicher Religionen (und der Nicht-Religiösen) sich also dazu entschließen, der entsprechenden Schulsituation angemessen die Prinzipien der eigenen Religion achtend Formen zu finden, diese Unterschiedlichkeiten nicht verdeckend dennoch die Gemeinsamkeit (die theologisch ganz bestimmt nur auf einer menschlichen Ebene liegen kann) zum Ausdruck zu bringen, dann sagt der Kardinal: „Nö, ohne uns.“
Wie gesagt, es geht mir um die grundsätzliche Bedeutung der Richtlinie (und wer die rk Kirche verstehen will, sollte wohl danach fragen), d.h. nicht, dass zumindest in der Regel ökumenische Veranstaltungen, die ich jetzt besser kenne, de facto tatsächlich meistens misslingen.
Grüße,
Taju