Menschenrechte

Anmerkungen zur englischen Geschichte
Hallo Peter,

finstere Mittelalter. Da haben wir zunächst natürlich mal
Wilhelm den Eroberer. Er war der Eroberer, er war der König.
Trotzdem konnte ihm ein Parlament regelmäßig heftig zusetzen
weil auch dieses Parlament (obwohl es weit von einem heutigen
Parlament entfernt war) Rechte hatte.

ich erlaube mir, Dich auf einen groben Anachronismus aufmerksam zu machen. Die ‚Curia Regis‘ (oder ‚Great Council‘) Williams I. kann man kaum als Parlament bezeichnen; sie war in erster Linie propagandistische Inszenierung der Königsmacht und erst in zweiter Linie ein beratendes Gremium, das in Fragen der Kriegführung und Steuererhebung angehört werden konnte. Nicht angehört werden musste.

Zu Recht wird der Beginn der Geschichte des englischen Parlaments mit der Magna Charta 1215 angesetzt, obwohl man strenggenommen erst mit der Einberufung des sog. ‚Model Parliaments‘ durch Edward I. 1295 tatsächlich von einem Parlament sprechen kann.

Und der königliche Hof
befand sich in Wichester weil die Rechte des Königs in der
Hauptstadt London eingeschränkt waren.

Nun, der Hof war in Winchester, weil es immer noch die Hauptstadt war - seit den Zeiten Alfreds des Großen, nachdem Winchester schon vorher Hauptstadt des Königreichs Wessex war. William I. wurde zwar in London gekrönt, was die Bedeutung der Stadt aufzeigt, aber u.a. auch etwas damit zu tun hatte, dass die auf Veranlassung von Edward the Confessor erbaute und gerade (1065) fertiggestellte Westminster Abbey eine hervorragende Kulisse für die Inszenierung dieses Staatsaktes abgab. Hauptstadt im eigentlichen Sinne wurde London erst, als William II. (Rufus) Westminster Hall bauen ließ (1097) und zum Hauptsitz des Hofes machte. Vorher war der White Tower bei den Aufenthalten in London Residenz des Königs - der wurde freilich auch erst ab 1078 erbaut.

Wenn William I. in England weilte - was so häufig gar nicht vorkam - dann residierte er übrigens nicht nur in der Hauptstadt Winchester. Es gab im Jahresverlauf drei große Staatsakte, bei denen der König öffentlich in Gesellschaft der Curia Regis die Krone trug - an Ostern in Winchester, an Pfingsten in Westminster und zur Wintersonnenwende in Gloucester, der früheren Hauptstadt des Königreichs Mercia (lt. Peterborough Chronicle).

Stadtluft machte frei
und wer ein Jahr und einen Tag nachweislich in der Stadt
lebte, war z.B. frei von der auf dem Land üblichen
Leibeigenschaft.

Das hat mit dem London des 11. Jahrhunderts nun nichts zu tun. William I. bestätigte zwar in der Charter von 1067 die von Edward the Confessor gewährten Priviliegien, doch die betrafen die (beschränkte) Selbstregierung der Stadt durch die Aldermen und den Common Council. Die Bürger der Stadt waren zwar ‚freemen‘, aber dieses Privileg wurde auch eifersüchtig gehütet. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, musste man Mitglied einer guild (Gilde, später ‚livery company‘) sein - und das wurde nur, wer entweder in London geboren war oder einen Eid ablegte, als freeman geboren worden zu sein.

Freundliche Grüße,
Ralf