'Mischehen' im dritten Reich

Hallo,

ich weiß, dass Verbindungen zwischen „Ariern“ und Juden unter der NS-Herrschaft verboten waren und strafrechtlich verfolgt wurden. Wie verhielt es sich aber mit Ehen, die bereits vor '33 geschlossen worden waren. Waren solche Verbindungen toleriert? Bestand eine Art „Bestandsschutz“ für jüdische Ehepartner bzw. gemeinsame Kinder?

Etwas in dieser Art war in einem Roman, den ich kürzlich gelesen habe, angedeutet und ich frage mich, ob das stimmt.

Vielleicht weiß das ja jemand.

Gruß,
TAMTAM

Hallo!

ich weiß, dass Verbindungen zwischen „Ariern“ und Juden unter
der NS-Herrschaft verboten waren und strafrechtlich verfolgt
wurden. Wie verhielt es sich aber mit Ehen, die bereits vor
'33 geschlossen worden waren. Waren solche Verbindungen
toleriert?

Solchen Paaren wurde die Scheidung nahegelegt. Manche gaben dem Druck nach, andere wanderten aus.

Gruß
Wolfgang

passend zum Thema und sehr Lesenswert:
Jüdisches Leben in Berlin (und Tel Aviv) 1933 bis 1939
Der Briefwechsel des ehem. Reichstagsabgeordneten Dr. Julius Moses
Dieter Fricke

Genau der Bereich ist sehr gut mitzuerleben, Politiker, Arzt, SPD Gründungsmitglied und in 2ter Ehe mit einer Deutschen verheiratet.
Die Perfidie in der mit den Menschen Umgesprungen wurde ist kaum zu überbieten.

Servus,

lies mal die Tagebücher 1933-1945 von Victor Klemperer, erschienen unter dem Titel „Ich will Zeugnis ablegen bis zum Letzten“. Stellenweise ziemlich langatmig (ja auch zumindest in dieser niedergeschriebenen Form nicht zur Veröffentlichung gedacht), aber ein hervorragendes Zeitzeugnis aus erster Hand. Dort u.a. auch zu lesen, wie geschickt die in ganz kleinen Schritten peu à peu zunehmende Drangsalierung aufgezogen war.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Genau der Bereich ist sehr gut mitzuerleben, Politiker, Arzt,
SPD Gründungsmitglied und in 2ter Ehe mit einer Deutschen :verheiratet.
Die Perfidie in der mit den Menschen Umgesprungen wurde ist
kaum zu überbieten.

Die Perfidie der damaligen gesetzlichen Sprachregelung, wonach, wer Jude ist, nicht Deutscher sein kann, wirkt offensichtlich auch bis heute selbst bei Demokraten nach…

Gruß
smalbop

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Hallo,

ich weiß, dass Verbindungen zwischen „Ariern“ und Juden unter
der NS-Herrschaft verboten waren und strafrechtlich verfolgt
wurden.

Unter dem Stichwort „Rassenschande“ findest Du dazu Einiges.

Wie verhielt es sich aber mit Ehen, die bereits vor
'33 geschlossen worden waren. Waren solche Verbindungen
toleriert? Bestand eine Art „Bestandsschutz“ für jüdische
Ehepartner bzw. gemeinsame Kinder?

Auf die nicht-jüdischen Partner wurde massiv Durck ausgeübt sich scheiden zu lassen. Taten sie das nicht, hatten sie massive berufliche Nachteile zu befürchten. Als Beamte wurden sie aus dem Staatsdienst entlassen.

Der jüdische Partner einer solchen Ehe war (meist) solange geschützt, wie die Ehe bestand. Bei Scheidung oder im Todesfall des nicht-jüdischen Partners war der Schutz dann hinfällig.

Bei den Kindern aus den gemischten Beziehungen hing es vom Status ab, also ob Vater oder Mutter „arisch“ waren oder nicht („arischer“ Vater war günstiger als „arische“ Mutter), ob sie Mitglieder der jüdischen Gemeinde waren, ob sie als „Geltungsjuden“ klassifiziert waren oder nicht …

Tendenziell kann man sagen, daß der Anteil nicht-jüdischer Frauen, die bei ihren jüdischen Männern geblieben sind, höher war als der Anteil nicht-jüdischer Männer, die bei ihren jüdischen Frauen geblieben sind.

Aber die Sache mit dem Schutz war relativ - hing auch davon ab, von welcher Phase des Nationalsozialismus wir reden und von welcher Region genau.

In Berlin sollten im Februar 1943 alle noch in der Stadt befindlichen Juden deportiert werden. Diejenigen, die „arisch versippt“ waren (also nicht-jüdische Partner hatten oder Kinder aus Mischehen waren), wurden in ein eigenes Sammellager gebracht. Dort haben ihre nicht-jüdischen Partnerinnen eine Woche demonstriert und sie frei bekommen.
Mehr unter „Frauenprotest“ und „Rosenstrasse“.

Viele Grüße

Iris

was willst du mir antexten?

Hallo,

Solchen Paaren wurde die Scheidung nahegelegt.

„Nahegelegt“ ist sehr beschönigend ausgedrückt.

Manche gaben

nur manche?

dem Druck nach, andere wanderten aus.

Auch das ist recht beschönigend. Denn mit der Auswanderung war das nicht so einfach. Jedenfalls ist nicht bekannt, daß es gemischte Familien mit der Auswanderung leichter gehabt hätten.

Sehr schön nachzulesen ist das in dem Buch des Spiegel-Chefredakteurs Martin Doerry über seine jüdische Großmutter Lilli Jahn:

„Mein verwundetes Herz - das Leben der Lilli Jahn 1900 - 1944“.

Viele Grüße

Iris

…dass Du zwischen Juden und Deutschen unterscheidest. Da hat Smalbop meine uneingeschränkte Solidarität. Im Ausgangsposting ist sehr richtig die "Misch"ehe in Anführungszeichen gesetzt. Dasselbe sollte für Halb- und Vierteljuden gelten. Das ist Nazisprache! Und: wenn jemand „deutsch“ war, dann die deutschen Juden.

Gruß
Andreas

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Literatur dazu
Das ist auch verfilmt worden:
http://www.amazon.de/Die-Bertinis-Ralph-Giordano/dp/…

Viele Grüße
Andreas

Deutsche sind Angehörige vom Staat und Juden sind Angehörige dieser Glaubensrichtung. Also vollkommen verschiedene Dinge.

Hi

Und darum so vergleichbar nicht in einem Satz verwendbar, denn ein Satz wie „Der Deutsche und der Jude“ ist nicht eindeutig, denn auch der Jude kann ein Deutscher sein und jeder Deutsche kann ein Jude sein.

lg
Kate

Hi

Und darum so vergleichbar nicht in einem Satz verwendbar, denn
ein Satz wie „Der Deutsche und der Jude“ ist nicht eindeutig,
denn auch der Jude kann ein Deutscher sein und jeder Deutsche
kann ein Jude sein.

Jude= Anhänger des Judentums (Religion)

Deutscher= Staatsangehöriger von D

Hi

Danke, ich habe dich schon beim ersten Mal verstanden, bei dir dagegen scheint das Leseverständnis noch nicht so ausgeprägt zu sein.

lg
Kate

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Ich habe es Idiotensicher gemacht, damit du auch klarkommst.

Idiotensicher

Nun, dem scheint nicht so zu sein, denn du wiederholst ständig, was Kate sowieso bereits gesagt hat.

=^…^=

Hallo Iris,

Tendenziell kann man sagen, daß der Anteil nicht-jüdischer
Frauen, die bei ihren jüdischen Männern geblieben sind, höher
war als der Anteil nicht-jüdischer Männer, die bei ihren
jüdischen Frauen geblieben sind.

das ist interessant. Gibt es Untersuchungen, warum dem so gewesen sein mag?

Beste Grüße

=^…^=

MOD: Bevor es ausartet…
… mache ich hier lieber Schluss.

Gruß
Hardey (Mod im Geschichtsbrett)

Ja, sorry für diese … Formulierung, nur ganz falsch ist sie nicht.

Der gute Mann um den es in diesem Buch geht war tatsächlich deutscher Staatsbürger und bereits in Deutschland geboren, aber viele aus Polen (und anderswo her-) stammender Juden lebten lange in Deutschland ohne je die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen zu können, denn die deutsche Staatsbürgerschaft war auch schon vor dem Herrn mit dem kleinen Bart für Juden nicht leicht zu erlangen. Daher könnte das so formuliert auch zutreffend sein. Ok, die zweite Gattin könnte trotz deutsch Jüdin sein - aber macht das dann als Mischehe Sinn? Nein, die war deutsch und arisch im Sinne der völkischen Sehweise…

Tut aber dem Inhalt des Buches sicher keinen Abbruch…

pita

ooops… die 2te Frau war „nur“ die Lebensgefährtin… unverheiratet.
So komm ich dazu das Buch noch einmal zu lesen.