Mohammeds Botschaft: Papstrede in Regensburg

Hallo

Anläßlich des Protestes über die Papstrede, in der er aus einem Streitgespräch aus dem Mittelalter zitiert, finde ich die darin vorkommende Frage wirklich interessant:

„Was war eingentlich das Neue an Mohammeds Botschaft?“

gruß
rolf

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MOD: Titel archivgerecht ergänzt

Hi Rolf,

Anläßlich des Protestes über die Papstrede, in der er aus
einem Streitgespräch aus dem Mittelalter zitiert, finde ich
die darin vorkommende Frage wirklich interessant:

Für alle, die diese Polemik nicht live mitbekommen haben, kann man dies nicht so stehen lassen.

Es handelt sich um ein Streigespräch zwischen dem Kaiser von Byzanz Manuel II, Paleologos (http://www.bautz.de/bbkl/m/manuel_pa.shtml) und einem Persischen Schriftgelerten. Dieser Zusatz ist darum wichtig, weil es sich bei Manuel um einen hellenephilen (um nicht zu sagen hellenistischen) Kaiser der Orthodoxie handelt, der entscheidend am Dialog der Orthodoxie und des Katholizismus im 14. Jahrhundert beteiligt war.

Wer das genau Zitat und den Text des Papstes lesen möchte: http://www.benedikt-in-bayern.de/archiv/iMA023/iMA02… (achtung pdf), es befindet sich direkt am Anfang von Seite 2.

Grüsse
Y.-

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MOD: Titel archivgerecht ergänzt

Hi,

Ich habe den Text zum Vorlesung vom Papst kurz ueberflogen. Leider fehlen mir die Fachkenntnisse, um den Text zu beurteilen. Was daran sollte denn polemisch sein?

Danke und liebe Gruesse
coco

Hallo Coco,

nun, das musst Du wohl einen der idignierten Imame fragen, denn ich habe dieselben Verständnisprobleme wie Du.

Die Aussage des staatlichen türkischen Beauftragten für religiöse Fragen, der wörtlich meint: „Wer eine solche Meinung über den Propheten hat, sollte von einer Reise in die Türkei absehen“, entzieht sich beispielsweise völlig meiner Art die Vorlesung von Benedikt zu lesen. (NB: Es handelt sich nicht um eine Predigt, sondern um eine Vorlesung. Ein nicht vollständig zu ignoriendes Detail.)

Für mich geht klar hervor, dass es sich um ein Zitat handelt. Das Zitat eines in der griechischen „Rationalität“ gross gewordenen byzantinischen Kaisers, der anhand dieser Rationalität, den Islam als gewalttätig wahrnimmt. Aber mit Gewalt jemanden von einem guten Weg überzeugen, erscheint Manuel irrational. Benedikt fügt an: „Ist es nur griechisch zu glauben, daß vernunftwidrig zu handeln dem Wesen Gottes zuwider ist, oder gilt das immer und in sich selbst?“ (p. 2: 3. Absatz)

Das Zitat dient ergo nur als modus ponens (http://de.wikipedia.org/wiki/Modus_ponens) mit folgender Aussage:

  • die griechische Kultur baut auf dem logos auf
  • Gewalt widerspricht dem logos
  • das Christentum entspringt (als historische Religion) dem griechischen Geist
  • ergo muss die Gewalt für das Christentum dem Göttlichen widersprechen

Der Islam anderererseits geht allerdings von einem Göttlichen als „differens totaliter“, also einem vollkommen Getrennten, (bei Benedikt: absolut Transzendentales) aus, das durch nichts, was der Mensch tun könnte, affiziert oder negiert werden kann. (Vgl. dazu die Linie von Alfarabi bis Averroes)
Daher gilt beispielsweise im Islam eine Lüge auch nicht als Sünde - wie im Katholizismus, wo die Lüge bereits Negation des Göttlichen ist - wenn sie etwas höherem dient.

Um die Illustration dieses Verständnsigrabens (welche für Benedikt ihren Ursprung bereits in der Antike hat) geht es bei diesem Zitat.
Sicherlich man kann darüber streiten, ob man das Zitat nicht lieber aus Gründen der political correctness trunkiert hätte wiedergeben können (ohne die Eingangsfrage des Kaisers) oder ob nicht vielmehr die Tatsache, dass man Khourys Teiledition zitiert (statt Trapps vollständige) der Stein des Anstosses ist (Khoury hat zahlreiche Bücher über das Verhältnis zwischen Islam und Christentum geschrieben, die nicht immer zimperlich sind, da auch vor einiger Zeit geschrieben).

Wie gesagt, mir entzieht sich die Polemik gänzlich. Und ich wehre mich gegen diese Bewegung, die meint die Bücher und Texte dieser Welt in „zitierbar“ und „genehm“ einzuteilen, nur weil man sich mit gewissen Fragen oder gewissen Kritiken nicht auseinandersetzen mag. Oder andererseits ein Zitat nicht mehr als historisches Zitat zu verstehen mag, weil man sich das schlechte Gewissen der Anderen zunutze macht.
Ja, es mögen jetzt alle mit der blutigen Vergangenheit der katholischen Kirche kommen. Vergangenheit lautet hier das Zauberwort. Solange heute noch Menschen aufgrund der falsch verstandenen islamischen Lehre Andere töten, foltern und in 1000 Stücke bomben, zieht dieser Vergleich nicht.
Und selbst, wenn dies aufhören würde - von heute auf morgen - der Punkt der Unmöglichkeit einer Deckungssumme zwischen Islam und griechisch beeinflusstem Christentum, wie ihn Benedikt dargelegt hat, bleibt auch dann noch bestehen.

Grüsse
Y.-

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Dies ist ein überaus kluger, genauer und erhellender Artikel, liebe Yseult, dem ich so leicht nichts Gleichwertiges an die Seite werde stellen können.
Darum versuche ich es auch gar nicht erst, sondern mache in aller Bescheidenheit auf den Umstand aufmerksam, daß sich hier langsam eine Gewohnheit zu bilden beginnt: Sie hat angefangen mit dem Protest gegen die Mohammed-Karikaturen, und als der sich als wirksam erwies - als also sämtliche nichtislamischen Länder sich unsisono entschuldigten für etwas, was sie erstens überhaupt nicht getan hatten und was zweitens keiner Entschuldigung auch wert gewesen wäre -, war damit ein Präzendenz-Fall geschaffen.
Jetzt darf der Islam bei jeder kleinen Gelegenheit - ob berechtigt oder nicht - beleidigt sein.

Es ist hilfreich, in diesem Zusammenhang Henryk Broders neues Buch zu lesen: „Hurra, wir kapitulieren!“

Ein kleiner Teil davon ist vor zwei oder so Wochen im SPIEGEL vorabgedruckt worden. Die Suche danach lohnt sich!

Gruß - Rolf

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Hallo,

ich finde schon, dass man vom einem Papst erwarten
könnte, dass er seine Texte von jemand checken lässt,
wie die in anderen Kulturkreisen ankommen (Sprachprobleme
miteinberechnet) - das Debakel war in der gegenwärtigen
Situation und mit diesem Text abzusehen.
Das hat nichts mit Kapitulation zu tun, sondern
einfach mit Vorausdenken, wie etwas ankommt.
Es sollte sich inzwischen herumgesprochen haben,
dass Kritik an Mohammed (dessen Name in den meisten englisch-
sprachigen arabischen Publikationen immer mit (pbuh)
gefolt wird --> praise be upon him) für Mosleme sehr
schwer zu verdauen ist. Das kann man gut finden oder
eben nicht - man ändert es aber nicht, in dem
man frontal dagegen anläuft.
Er hätte genau das Gleiche sagen können, ohne
dabei auf irgendwelche Zehen zu latschen.
Die Tatsache, dass Ali Bardakoglu, der oberste
islamische Führer in der Türkei, den Text als Angriff
und Beleidigung des Islam verstanden hat, sollte zu
denken geben - er gilt als gemäßigter und gebildeter Führer, der
auf Ausgleich und Dialog zwischen den Religionen
bedacht ist. Es handelt sich also nicht um einen
Berufsbetroffenen.

Gruß
Elke

Hallo Yseult

Ich habe meine Frage natürlich nur aus diesem Kontext (s.o.) heraus formuliert. Sie sollte keine wörtliche Wiedergabe sein.

Um was es mir eigentlich ging, war die Lehre Mohammeds, in ihrer Essenz.

„Der Islam anderererseits geht allerdings von einem Göttlichen als „differens totaliter“, also einem vollkommen Getrennten, (bei Benedikt: absolut Transzendentales) aus, das durch nichts, was der Mensch tun könnte, affiziert oder negiert werden kann. (Vgl. dazu die Linie von Alfarabi bis Averroes)
Daher gilt beispielsweise im Islam eine Lüge auch nicht als Sünde - wie im Katholizismus, wo die Lüge bereits Negation des Göttlichen ist - wenn sie etwas höherem dient.“

Aus dem was du unten schreibst, entnehme ich, daß der Islam Gott aus dem Kosmos, oder aus der Schöpfung verbannt hat und ihn in die Transzendenz verwiesen hat. Und nun in Ermangelung eines Moralischen Oberhaupts säbelschwingend für ein Phantom streitet, dem man alles in die Schuhe schieben kann :smile:)

Ist das so richtig?

gruß
rolf

Geschichte des Islam
Hi Yseult,

auch ich habe die Vorlesung inzwischen nochmal gründlig durchgeackert. Sie ist schlichtweg famos, insofern der Gedankengang ganz wesentliche Grundzüge der christlichen Theologiegeschichte bis in die Gegenwart zusamenfaßt.

Daß es sich um eine theologische Vorlesung handelt und nicht um eine öffentliche Predigt und nicht um einen Zeitungsartikel, kann nicht deutlich genug betont werden. Eine Vorlesung setzt immer spezifisches (und erhebliches) Vorwissen voraus, eine Predigt jedoch nicht, und daher würde eine solche dieses Thema auch ganz anders vorgebracht haben, wenn überhaupt.

Der islamische Protest ist auch mir absolut schleierhaft. Die kristallklare Darstellung der Differenz des katholischen und islamiischen Gottesbegriffs müße eigentlich auch islamischen Gelehrten bekannt sein.

Die Aufregung um dieses Zitat des Palaeologos-Dialogs (dessen Inhalt jedem Theologiestudenten bekannt sein dürfte) kann ich mir nur so erklären: Diese Passage war die einzige, von der die moslemischen Leser an der ganzen Vorlesung überhaupt etwas verstanden haben, und das auch noch falsch.

Gerade den Imamen müßte der Dialog nämlich ebenfalls bestens bekannt sein, denn er gehört ja wesentlioch zur Geschichte des Osmanischen Reiches und zur Geschichte der Konfrontation zwischen Islam und Christentum sowieso.

Gruß

Metapher

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Hallo Rolf,

Ich habe meine Frage natürlich nur aus diesem Kontext (s.o.)
heraus formuliert. Sie sollte keine wörtliche Wiedergabe sein.

schon klar, ich wollte nur den Kontext angeben bevor wieder eine mittelalterliche-Theologie-ist-eh-bäh Geschichte daraus wird, womit das Ganze nun wirklich nichts zu tun hat.

Um was es mir eigentlich ging, war die Lehre Mohammeds, in
ihrer Essenz.

Na, als „Ungläubige“ kann ich Dir wohl mit der Essenz nicht weiterhelfen. Alles was ich liefern kann, ist das geschichtlich später gelieferte intellektuelle Fundament des Islams, welches aus der Frage „Wie verbinden wir den Verstand und unseren Glauben?“ entstanden ist. Diese Frage stellt sich im Islam genau an dem Punkt als Aristoteles’ Texte im arabischen Raum auftauchen. Und auch daher ist diese Einleitung des Papstes so interessant. Jegliche Beeinflussung des Islams durch die griechische Philosophie war indirekt, bei Christentum war sie direkt.

Aus dem was du unten schreibst, entnehme ich, daß der Islam
Gott aus dem Kosmos, oder aus der Schöpfung verbannt hat und
ihn in die Transzendenz verwiesen hat. Und nun in Ermangelung
eines Moralischen Oberhaupts säbelschwingend für ein Phantom
streitet, dem man alles in die Schuhe schieben kann :smile:)
Ist das so richtig?

Na, wohl nicht ganz, wirkt doch Deine Beschreibung etwas tendenziös. Trotz Smiley.
Nein, Gott befindet sich immer noch im Kosmos. Je nach Philosoph einmal hinter den Fixsternen, bei Averroes hinter den Himmels-Sphären und den Engeln, also am Ende des terminologisch fassbaren Kosmos sozusagen. Natürlich befindet er sich ausserhalb der Schöpfung, da er effiziente Form-Ursache der Schöpfung selbst ist, also kann er nicht Teil derselben sein.
Was das moralische Oberhaupt angeht: es ist die Offenbarung an Mohammed, welche den moralischen Codex liefert.
Zurück zur Schöpfung: durch Göttliches geschaffen, sind wir angehalten gemäss dem Göttlichen zu handeln. Tun wir es aber dennoch nicht, dann hat dies - gemäss der islamischen Philosophie - keine negierende oder annihiliernden Einfluss auf das Göttliche in uns oder das Göttliche an sich.

Dass man einem so definierten Gott vieles andichten kann, versteht sich von selbst, ebenso wie dem Blinden Demiurgen der Griechen übrigens.

Gruss
Y.-

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Hallo Elke,

das Debakel war in der gegenwärtigen
Situation und mit diesem Text abzusehen.

Nein, war es nicht. Und wenn Du von der Vorlesung die Umgebungsrealisierung dieses Zitates gelesen hättest, wäre Dir klar geworden, dass…

Kritik an Mohammed … für Mosleme sehr
schwer zu verdauen ist.

… davon in keinster Weise die Rede sein kann. Weder hat der Papst eine Metaebene gegenüber dem Islam eingenommen, noch hat er eine eigene Meinung vertreten. Und ganz besonders hat er keine Kritik geübt. Lies Dir doch bitte nochmal meine Ausführungen genauer durch…
Ist es tatsächlich so, dass man sich alleine durch den Umstand eine kritische Frage aus dem 14. Jahrhundert zu zitieren, als Islamhasser verdächtig macht? Dir ist aber schon klar, dass wir dann im Bereich des „secondguessing“ und im nächsten Schritt bei der Gesinnungsmoral sind, oder? Wohin das führt brauch ich wohl kaum auszuführen.

Das hat nichts mit Kapitulation zu tun, sondern
einfach mit Vorausdenken, wie etwas ankommt.

Nun, wenn es etwas gezeigt hat, dann, dass ein unüberbrückbarer Graben der (geschichtlich gewachsenen) Terminologie besteht. Quod erat demonstrandum. Übrigens eine Problematik, mit der ich täglich als ‚ungläubiger‘ Averroes-Spezialist ausgesetzt bin. Warum und wieso dies so ist, hängt mehr mit der arabischen Sprache zusammen, aber das gehört hier nicht in den Thread.

Das kann man gut finden oder
eben nicht - man ändert es aber nicht, in dem
man frontal dagegen anläuft.

Davon kann keine Rede sein. Wie gesagt, mir scheint Du hast ein paar Tages-Kommentare zuviel gelesen, statt den Text worum es wirklich geht.

Er hätte genau das Gleiche sagen können, ohne
dabei auf irgendwelche Zehen zu latschen.

Na klar! Er hätte extrapolieren können. Aber nicht in einer VORLESUNG.
Ausserdem hätte er auch den Tahafut-al-falasifa und den Tahafut al Tahafut nehmen können… da reissen sich Al-Ghazali und Averroes gegenseitig die Köpfe ab. Das Resultat wäre dasselbe gewesen, weil der Papst der Redner war und wir als Westliche zum Islam eh nichts zu melden haben.

Die Tatsache, dass Ali Bardakoglu, der oberste
islamische Führer in der Türkei, den Text als Angriff
und Beleidigung des Islam verstanden hat, sollte zu
denken geben -

von „verstehen“ kann ja wohl keine Rede sein, wenn er meint die Tatsache ein Zitat anzuhängen, bedeute die Meinung des Zitates zu teilen. Seriously.

…als gemäßigter und gebildeter Führer,
der auf Ausgleich und Dialog zwischen den Religionen
bedacht ist.

Aber nur solange wie man darüber reden mag, was uns mit dem Islam verbindet. Nicht, wenn man darüber nachdenken will, worin die Unterschiede bestehen und wie man sie am besten überbrücken möchte. Dafür ist eine Analyse der unterschiedlichen Begrifflichkeiten von Nöten. Und eben dieser Bestrebung verpasst man heute den Maulkorb.

Gruss
Y.-

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Hi Metapher,

meinst du nicht, dass sich ein Papst bewusst sein sollte,
dass seine Vorlesungen nicht als solche in der Welt
aufgenommen werden?
Er ist nun mal nicht mehr ein Theologiedozent.
Gruß
Elke

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Hi Elke,

Er ist nun mal nicht mehr ein Theologiedozent.

Doch, ist er, allerdings ist es nicht mehr sein Job.
Aber egal, das hindert nicht daran, das Kritisierte auch zu lesen - komplett. Es ist NICHTS in dem Vortag, das eine muslimische Aufregung nachvollziehbar macht - es sei denn, die Kritiker hätten ihn nicht komplett gelsen.

Aber Yseult hat ja längst alles erklärt.

Gruß

Metapher

unterschiedliche Interpretationen
Hi Yseult,

um mal mit einem ganz anderen Beispiel an
die Geschichte ranzugehen.

Seit ich die OJ Simpson-Sache in den USA verfolgt habe,
bin ich sehr vorsichtig mit Interpretationen von
Gesagtem und von Ereignissen geworden.
Ich hab nicht mehr die genauen Zahlen im Kopf,
aber ca. 80% aller Afroamerikaner hielten damals
Simpson für unschuldig, 80% aller weißen Amerikaner
für schuldig (ich glaube, die %Zahlen waren sogar
noch krasser).
Egal, zu welcher Seite ich persönlich tendierte,
ich kann die andere Seite nicht einfach von der Hand
weisen, einfach weil es soviele waren.
Mich beschäftig die Frage immer wieder,
wie Menschen einfach durch ihren Hintergrund bei den
gleichen Informationen zu so unterschiedlichen
Einschätzungen kommen könnten.
Gerade bei der Simpsonsache waren die Grenzen
nämlich nach Leseverhalten usw. lange nicht
so extrem, die extremsten Unterschiede in der Interpretation
der Geschehnisse orientierten sich einfach an der Hautfarbe.

Offensichtlich sahen die Menschen einfach anders, konnten
nicht durch Argumente der anderen Seite ernsthaft beeinflusst
werden.

Es gibt keine Wahrheit. Nur Interpretationen der Fakten.

Gruß
Elke

Hi Metapher,

auch ich habe die Vorlesung inzwischen nochmal gründlig
durchgeackert. Sie ist schlichtweg famos, insofern der
Gedankengang ganz wesentliche Grundzüge der christlichen
Theologiegeschichte bis in die Gegenwart zusamenfaßt.

Als Synthese ist sie wirklich gut. Natürlich bekomm ich nervösen Schluckauf, wenn man Thomas als Intellektualisten bezeichnet oder Duns Scotus von der falschen Seite her aufzäumt, aber darum ging es in dem Text ja auch gar nicht.

Daß es sich um eine theologische Vorlesung handelt und nicht
um eine öffentliche Predigt und nicht um einen
Zeitungsartikel, kann nicht deutlich genug betont werden.

Genau. Es war schliesslich auch keine Enzyklika, welche Glaubensinhalte bespricht.
Für mich war dieser Vortrag daher besonders interessant, weil bereits Johannes Paul II. in „Fides et Ratio“ eine Enzyklika zum Widerstreit zwischen Glauben und Verstand vorgelegt hat. (Einige Passagen dieses Textes dürften übrigens von J. Ratzinger geschrieben oder mindestens zu Faden geschlagen worden sein.) Dort geht liegt das Augenmerk auf Albertus Magnus.
Die Debatte, die dieser päpstliche Text in meinem Forschungsbereich ausgelöst hat (cf. De Liberas Antwort auf „Fides et Ratio“), war besonders vor dem Hintergrund der arabischen Debatten zum gleichen Thema interessant, blieb aber immer irgendwie voraussehbar.

Benedikt hat mit dieser Vorlesung angezeigt, wie man andere Wege einschlagen kann und es wäre wirklich von grossem Nutzen, wenn ein grösserer Text daraus würde. Was allerdings nach dem jetzigen Zinnober der veranstaltet wird, nicht passieren wird.

Die Aufregung um dieses Zitat des Palaeologos-Dialogs (dessen
Inhalt jedem Theologiestudenten bekannt sein dürfte) kann ich
mir nur so erklären: Diese Passage war die einzige, von der
die moslemischen Leser an der ganzen Vorlesung überhaupt etwas
verstanden haben, und das auch noch falsch.

Ja, das entspräche dann auch meinen eigenen Erfahrungen an Kongressen und Konferenzen, wo Menschen ohne Vorwissen als Zuhörer zugegen sind, nur weil irgendwo ‚arabische Philosophie‘ im Titel steht und sie arabisch können. Da reicht es bereits eine Position der islamischen Philosophie als unklar oder unlogisch darzulegen, um sich in unangenehme Situationen zu begeben.

Gerade den Imamen müßte der Dialog nämlich ebenfalls bestens
bekannt sein, denn er gehört ja wesentlioch zur Geschichte des
Osmanischen Reiches und zur Geschichte der Konfrontation
zwischen Islam und Christentum sowieso.

Mit dem Geschichtsbegriff kommst Du hier nicht weit. Es gibt ihn nämlich schlichtweg nicht im Islam.

Gruss
Y.-

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Es gibt keine Wahrheit. Nur Interpretationen der Fakten.

Tach Elke,

fangen wir mal mit diesem Satz an: Das Faktum ist in unserem Fall der Von B XVI gehaltene Vortrag. Der liegt schriftlich vor. Er hat die Überschrift: „Begegnung mit Wissenschaftlern“ in der Aula der Universität Regensburg.

Daraus folgt: Es hat sich um eine akademische Vorlesung gehandelt. Das kannst Du schon aus der Überschrift ersehen, selbst wenn Du die Vorlesung nicht gehört oder gelesen hast. Nicht einmal eine kontroverstheologische Vorlesung!

Zweitens: es gibt einen wissenschaftlichen Kanon, der einer Interpretation von Fakten - in diesem Fall einem Text - zugrunde gelegt wird. Du kannst, wenn Du auch nur eine Spur von Ernsthaftigkeit in Anspruch nehmen willst, einen Text nicht nach Gutdünken auslegen.

Drittens: Es geht in dem ganzen Text um Rationalität, griechisches Erbe, Vernunft, den Logos und die Frage, ob vernunftwidriges Handeln gegen das Wesen Gottes ist. Das hat also überhaupt nichts mit Islam, Mohammed oder was immer in der Richtung vermutet werden könnte, zu tun.

Viertens: Dieser Text - das Gespräch von Manuel II. mit dem Perser - ist nun einmal in der Welt. (Metapher hat da etwas tiefgestapelt: das kennt durchaus nicht jeder Theologiestudent.) Sollen wir diesen Text nun vernichten? Dürfen wir ihn nie mehr zitieren?
Oder anders, jetzt mal ganz banal und brutal, gefragt: Hat jetzt der Islam die Deutungshoheit über akademische Auseinandersezungen in Deutschland?

Fünftens: Stell Dir bitte einmal vor, der deutsche Bundestag forderte eine Entschuldigung - von wem auch immer - wegen einer Vorlesung eines Muftis an irgendeiner islamischen Universität in Kairo!
Und da gäbe es bestimmt Zitate, die zu beanstanden wären.

Merkst Du nicht, wie lächerlich das Ganze ist?

Gruß - Rolf

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Hallo!

Danke für diese Einblicke. Mein Post weiter oben kann gerne vollständig gelöscht werden, denn die Frage ist ja hier schon beantwortet worden.

Zum Inhalt: Ich kann dem nicht zu 100% folgen, denn dazu fehlen mir zuviel Hintergrundwissen. Scheint eine Vorlesung aus Theologie zu sein, und keine Ansprache fürs TV, wie ich zuerst dachte.

Angesichts dieser Verständnisprobleme frage ich mich dann schon, woran sich genau Menschen ereifern, die ihr Leben lang in einem islamischen Land lebten, wenn nicht einmal ich da ganau kapiere um was es überhaupt geht. Und ich komme aus einem katholischen Land, und die abendländische Philosophiegschichte ist mir nicht fremd.

Also: Was stört die Moslems jetzt genau?

Viele Grüße
datafox

ich finde schon, dass man vom einem Papst erwarten
könnte, dass er seine Texte von jemand checken lässt,
wie die in anderen Kulturkreisen ankommen (Sprachprobleme
miteinberechnet) - das Debakel war in der gegenwärtigen
Situation und mit diesem Text abzusehen.

Hallo!

Sehe ich nicht so.

Der Papst spricht als chrislicher Würdenträger zu eiem christlichen Publikum in einer christliche-Theologie-Vorlesung, und nicht auf einem Dialog-der-Kulturen-Event.

Es sollte sich inzwischen herumgesprochen haben,
dass Kritik an Mohammed (dessen Name in den meisten englisch-
sprachigen arabischen Publikationen immer mit (pbuh)
gefolt wird --> praise be upon him) für Mosleme sehr
schwer zu verdauen ist.

Das war aber keine arabische Publikation noch war sie am Moslems gerichtet.

Daß der Papst keine vorauseilenden Gehorsam zeigte macht ihn für mich zu einer interessanten Figur.

Viele Grüße
datafox

Hi,

im Prinzip geht es darum, dass die Verbreitung der isl. Religion mit dem Schwert kritisch betrachtet und kritisiert wird da sich Religion und Gewalt nicht verträgt.

Das Zitat bezog sich aus dem Mittelalter:
„Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“.

Nun drehen die Moslems wieder mal völlig am Rad die nur austeilen aber nichts einstecken können.

nicki

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Hallo,

das finde ich aber nun nicht so.
Ich erwarte schließlich auch nicht, daß ein islamischer Prediger seine reden gegenlesen läßt, ob ich da was mißverstehen könnte. Und da könnte ich wahrlich eine ganze Menge in den falschen Hals kriegen, wenn ich von dem verlange, daß er mein Christentum als gleichrtangige Lehre neben seinem Glauben betrachtet.
Nichts anderes ist das nämlich. Der Papst redet zu katholischen Gläubigen an dieser Stelle. Und er zitiert daraus aus einem alten Disput - es wird nicht einmal ersichtlich, daß dies da seine eigene Meinung wäre. Wieso soll er das nicht dürfen und weshalb fühlen sich Moslems überhaupt angesprochen davon?
Für meine Begriffe ist das eine derbe Einmischung in die Glaubensfreiheit anderer und nichts weiter. Es gilt seid ewigen Zeiten, daß der Geistliche im Christentum unbehelligt seine Meinung äußern darf - selbst Könige sind da kritisiert wurden und haben dies akzeptieren müssen. Das ist sein Recht und wer sich da aufregt, beleidigt genau genommen das Christentum sehr derb und stellt Machtansprüche, die ihm nicht zustehen.

Was anderes wäre es gewesen, wenn der Papst zum Kamof gegen den Islam aufgerufen hätte oder ihn explizit verurteilt hätte. Aber das hat er nicht getan und wird er nicht tun. Für meine Begriffe war er sogar sehr diplomatisch.
Denn weißt Du, was ich sagen würde? Ich würde sagen „Ich bin Christ und der Prophet Mohammed ist mir egal - der kann mich mal kreuzweise oder er kann es auch sein lassen. Ich tue ihm und seinen Anhängern nichts und erwarte, daß auch er uns deine Gläubugen mich in Ruhe lassen.“

Gernot Geyer

Sei mir nicht böse, lieber Nick, aber das wußten wir alles schon!

Dein Posting hat also ungefähr den Informationswert eines Schiffszwiebacks.

Gruß - Rolf