Moralisches Dilemma

Hi,

Ist die „klassenkämpferische Haltung“ (bzw. das, was Du -warum
auch immer- so nennst) denn kein Ethos?

Nicht in diesem Fall.
So wie hier damit operiert wird, soll suggeriert werden, dass
die Schwarzarbeiter eigentlich was „Gutes“ tun und zwar gegen
„die da oben“.

hmm, ich habe vor allem gelesen, dass manche den Grundsatz hochhalten „Hängt/denunziert nicht die kleinen Sünder und lasst die großen laufen!“ (Branden) und „Bezeichnet nicht die, denen man voll der Gnaden gerade das Nötigste zum Leben lässt, nicht auch noch als Sozialschmarotzer“ (Fritze).

Das nenne ich ein Ethos, oder meinetwegen nenne ich es auch zwei Ethoi, weil sich Ethosse so dumm anhört …

Das ist aber Blödsinn, denn Schwarzarbeiter tun was gegen „uns
hier unten“,

echt? also mir tun die nix

Der Steuern und Abgaben zahlende ehrliche Arbeitnehmer muss
vom Staat - mithin also von uns allen - geschützt werden,
damit er nicht, wie das in vielen Fällen schon passiert ist,
der Dumme ist.

na gut, es sei Dir auch Dein Ethos gestattest!

Also: kein romantischer Klassenkampf von einigen offenbar
Alt-68ern.

Ach, wodi, weißt Du, so alt wird sich Fritze noch gar nicht fühlen :wink:

Schönen Abend!
Franz

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Um noch mal aufzuzeigen wo der Schaden für „uns“ hier unten liegt:

Ein Schwarzarbeiter wie in diesem Beispiel, wird aus den Sozialkassen mit Leistungen versorgt. Diese Leistungen werden von anderen Mitfinanziert.
Jeder zahlt entsprechend seines Einkommens anteilig ein. Sagen wir mal 25%.
Nun zahlt der Schwartzarbeiter aber nur für die Hälfte seines wirklichen Einkommens (die offizielle Tätigkeit) die Beiträge. Er zahlt also nur 12,5% und hat mehr für sich selbst.
Die ehrliche (oder dumme?) Kassiererin bei Lidl zahlt aber auf alles 25%, obwohl sie vielleicht sogar weniger Verdient als Herr Kaffemaschinenreiniger. Sie hat also noch weniger für sich.
Wenn es nur einen Schwarzarbeiter gäbe wäre das ja egal, so wie es aber ist geht es hier um Summen, dass wenn alle vollständig einzahlen würden, die Beiträge um mehrere % sinken könnten, und Frau Kassierein müsste vielleich nur noch 20% Abgaben zahlen, dann hätte sie mehr für sich.
Der Kaffemaschinenreinger, klaut der Kassiererin also indirekt (mit meinen fikriven Zahlen) 5% ihres Einkommens. Ob die das lustig findet, dass er öfter mal in Urlaub fahren kann?

Gruß
Werner

Lieber Werner,

Um noch mal aufzuzeigen wo der Schaden für „uns“ hier unten
liegt:

das hatte ich schon verstanden, nur hilft mir diese Tatsache bei meiner „Klassenkämpfer“-Ethik (um mal Wodis abwertenden Begriff affirmativ aufzunehmen) ehrlich gesagt nicht recht weiter.

Dass Euch das bei Eurer (wie ich sie abschätzig nennen würde) Radfahrer-Ethik natürlich von Bedeutung ist, kann ich erkennen.

Beste Grüße
Franz

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Dass Euch das bei Eurer (wie ich sie abschätzig nennen würde)
Radfahrer-Ethik natürlich von Bedeutung ist, kann ich
erkennen.

Von dieser Verachtung und Beleidigung fühle ich mich nun gar nicht getroffen.
Hier ging es gerade darum, dass das „Vergehen“ nicht in der sozialen Hierarchie weitergereicht wird, sondern im Wesentlichen auf einer Ebene stattfindet. Wo du da den „Radfahrer“ siehst ist mir schleierhaft.
Ich würde im Gegenteil sagen es ist eine bewusste Irreführung hier die Schwarzarbeit mit Ungerechtigkeiten zwischen „Oben“ und „Unten“ entschuldigen zu wollen.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

abschließend, weil wir an eine Stelle gekommen sind, an die ich eigentlich gar nicht wollte, dafür ausführlich auf den Punkt gebracht …

Dass Euch das bei Eurer (wie ich sie abschätzig nennen würde)
Radfahrer-Ethik natürlich von Bedeutung ist, kann ich
erkennen.

Von dieser Verachtung und Beleidigung fühle ich mich nun gar
nicht getroffen.

Ne Beleidigung wars ja auch nicht!

Hier ging es gerade darum, dass das „Vergehen“ nicht in der
sozialen Hierarchie weitergereicht wird, sondern im
Wesentlichen auf einer Ebene stattfindet.

Ist mir klar, interessiert mich aber nicht, weil das m.E. nichts besagt.

Wo du da den
„Radfahrer“ siehst ist mir schleierhaft.

*großaushol*

Der „Klassenkämpfer“ sieht große Teile der „Schwarzarbeit“ (nicht jede!) als bloßes Symptom und auch als legitime „Notwehr“ gegen eine sehr viel größere soziale und ökonomische Ungerechtigkeit an;

dementsprechend lehnt er ein pauschales Prinzip wie „Schwarzarbeit ist Wirtschaftskriminalität und muss bekämpft/angezeigt werden“ ab,
z.B. mit dem Hinweis, dass die wichtigen und zu großem Teil die Schwarzarbeit ursächlich bedingenden Ungerechtigkeiten nicht in der Schwarz-, sondern in der „Weißarbeit“ entstehen;

ihn kümmert es dabei nicht, ob die Weißarbeit nun legal ist, und die Schwarzarbeit nicht, weil er das herrschende Recht als Teil-Verursacher dieser sozialen Ungerechtigkeit ansieht.

Der „Radfahrer“ hält Schwarzarbeit weitgehend pauschal für kriminell bzw. illegitim (weil illegal), weitgehend unabhängig von welchen Ursachen es bedingt ist,
und er käme nicht im Traum darauf, große Teile der Schwarzarbeit für legitimen Widerstand gegen eine vollkommen ungerechte (Weiß)Wirtschaftsordnung zu halten;

dementsprechend stellt er sich denunziatorisch/pflichtbewusst/„anständig“ in den Dienst der (symptomalen!?) Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Und er rationalisiert dies mit dem (großteils durchaus in der Sache korrekten) Hinweis, dass ja auch „die da unten“, „die Anständigen“, „die Dummen“ durch Schwarzarbeit geschädigt würden.

Ich denke, das sind zwei sehr unterschiedliche idealtypische Ethoi, bei denen ich mich im ersten verorten würde (vielleicht ja auch Fritze und Branden, wer weiß), viele andere hier sicher im zweiten, auch wenn sie der Rubrik vermutlich einen anderen Namen geben würden.

Geklärt?

Ich würde im Gegenteil sagen es ist eine bewusste Irreführung
hier die Schwarzarbeit mit Ungerechtigkeiten zwischen „Oben“
und „Unten“ entschuldigen zu wollen.

Eben, ich nicht!

Mich interessiert für mein ethisches Urteilen nicht mal die rechtlich-ökonomische Kategorie „Schwarzarbeit“ selbst, sondern mich interessiert die ökonomische Position der Person, die Schwarzarbeit leistet bzw. beauftragt oder organisiert;
wenn ich sein Tun als „legitimen Widerstand“ (in Sinne der obigen Definition) einschätzen kann, dann schlage ich mich nicht auf die Seite des Staates, wenn ich sein Tun aber als hardcore-Variante der „Weißwirtschaft“, also als Ausbeutung hoch zwei betrachte, dann möglicherweise schon;
dass diese Unterscheidung nicht immer leicht fällt ist mir klar, dennoch halte ich sie für eine brauchbare Leitlinie meines ethischen Handelns.

Viele klassenkämpferische Grüße :wink:
Franz

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Lieber Ben

Ich denke, das sind zwei sehr unterschiedliche idealtypische
Ethoi, bei denen ich mich im ersten verorten würde (vielleicht
ja auch Fritze und Branden, wer weiß

Ohne Frage! Ein herzhaftes JA! Ich habe es in mir gefühlt, konnte es nur leider nicht so glasklar ausdrücken wie Du.
Gruß,
Branden

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Hallo.

Jemanden als „Radfahrer“ im übertragenen Sinne zu bezeichnen (oder ihm eine entwprechende Ethik zu unterstellen) ist eine Beleidigung. Wenn du es nicht so gemeint hast, solltest du dich über die Bedeutung dieses Begriffes informieren.

Deine Annahme, Schwarzarbeiter seien gewissermaßen sozialpolitische Widerstandskämpfer, halte ich (passend zu der mir unterstellten Rationalisierung) für eine klassenkämpferische Romantisierung ( eigentlich für Satire).
Meines Erachtesn sind sie in aller Regel einfach nur auf ihren materiellen Vorteil bedacht, man könnt auch sagen gierig.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass andere noch gieriger sind.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

Jemanden als „Radfahrer“ im übertragenen Sinne zu bezeichnen
(oder ihm eine entwprechende Ethik zu unterstellen) ist eine
Beleidigung. Wenn du es nicht so gemeint hast, solltest du
dich über die Bedeutung dieses Begriffes informieren.

Ich weiß nicht, was Du unter „Radfahrer“ verstehst, aber für mich ist er einer, der nach oben buckelt und dabei nach unten tritt …

Deine Annahme, Schwarzarbeiter seien gewissermaßen
sozialpolitische Widerstandskämpfer, halte ich (passend zu der
mir unterstellten Rationalisierung
) für eine
klassenkämpferische Romantisierung ( eigentlich für Satire).
Meines Erachtesn sind sie in aller Regel einfach nur auf ihren
materiellen Vorteil bedacht, man könnt auch sagen gierig.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass andere noch
gieriger sind.

Na wenns passt, Werner, dann passts doch!

Schönen Abend!
Franz

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Hallo Franz

Ich weiß nicht, was Du unter „Radfahrer“ verstehst, aber für
mich ist er einer, der nach oben buckelt und dabei nach unten
tritt …

Aha, und dann willst du mir sagen das sollte keine Beleidigung sein?

Na wenns passt, Werner, dann passts doch!

Womit nur gesagt wäre, dass es da eine gewisse Symmetrie der gegenseitigen Unterstellungen gibt. Inhaltlich ist damit nichts erreicht.

Gruß
Werner

Oh lala - offenbar traf ich ins Schwarze!

Na, jetzt weiss ich immerhin ueber DEINE Beweggruende Bescheid.

So wie hier damit operiert wird, soll suggeriert werden, dass
die Schwarzarbeiter eigentlich was „Gutes“ tun und zwar gegen
„die da oben“.

Der Vorwurf ist in der Tat lustig. In einem anderen Brett wurde Schwarzarbeit mit „echtem Kapitalismus“ gleichgesetzt (da ging es um Übersetzungsdienste, die jemand als „Tauschgeschäft“ erwerben wollte.)

Gruß
d