Mündige Kinder nach Juul

Moin,

ich hätte da auch mal gern eine Frage. :smile:

In einem anderen Forum (Fremdgänger ich) habe ich jetzt häufiger gelesen, dass Eltern ihre Kinder nach Juul erziehen, besonders wenns ums Schlafen geht. Ich hab das mal überflogen und verstehe den Grundgedanken, sehe das Ganze aber kritisch und wollte jetzt mal hier fragen, wer Juul kennt und sich vielleicht an seinen Ansichten orientiert und welche Erfahrungen ihr gemacht habt. Gerne auch Gegner seiner Theorien.

Für mich selber kommt es nicht in Frage, jedenfalls so wie ich seine Ansichten sehe, aber ich würde es gerne hier diskutieren. So wie ich das sehe sollte man Kinder nicht einfach machen lassen, weil sie meiner Meinung nach vieles einfach nicht einschätzen können. Wenn sie beispielsweise müde sind, lassen die Eltern nach Juuls Vorgaben (so hab ich das jedenfalls verstanden), die Kinder selber entscheiden, wann sie schlafen gehen.

Ich kenne aber nur (Klein-)kinder, die lieber zwanghaft wachbleiben als sich selber hinzulegen und zu schlafen. Persönlich beobachte ich unsere Tochter und entscheide nach ihrem Zustand, wann sie ins Bett geht. Durch den regelmäßigen Alltag ist das immer ziemlich gleich, ist sie mal früher oder mal später müde, passe ich das aber an. Wenn ich meine, dass sie müde ist, gehts aber ins Bett, ohne wenn und aber. Da lege ich sie hin, lasse sie dann aber im Bettchen machen, was sie möchte, bis sie sich dann selber hinlegt und schläft. Aber Bettchen heißt schlafen, das ist ihr mittlerweile klar.

Will sagen: Ich glaube, man sollte Kinder nicht zum Schlafen (oder anderen Dingen wie Essen etc.) zwingen. Aber man sollte sie unterstützen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Sehe ich das so falsch? Oder habe ich Juuls Theorien falsch oder zu extrem verstanden? Ich habe in diesem anderen Forum den Eindruck bekommen, der Typ ist eine Art Papst der Kindererziehung, der total gehyped wird, und ich kann das nicht wirklich nachvollziehen.

Gruß
Cess

Hier ein Juul-Jünger.

Nein, nicht ganz. Aber gerade was das Thema schlafen angeht, finde ich Juul schon wirklich schlüssig.

Meine Tochter ist jetzt 2,5 Jahre und sie geht zur Zeit (Mittagschlaf ist gerade in der Baustelle) abends sehr unregelmäßig schlafen. Heute wars um 18 Uhr und am Samstag um 24 Uhr (sind jetzt extrembeispiele)
Ich unterstütze meine Tochter dabei, dass sie ihren Gesamtschlaf bekommt (mit 12h auf 24h gehts ihr sehr gut)
Aber es hat auch Grenzen:

  1. Um 9:00 Uhr in der Woche fängt der Kiga an - ist sie nicht ausgeschlafen, kommuniziere ich das auf gleicher Augenhöhe *Du bist nicht ausgeschlafen, weil Du gestern so spät ins Bett gegangen bist* völlig wertfrei, sie soll halt den Zusammenhang bekommen zwischen blödes Gefühl und zu wenig schlaf
  2. Die Eltern haben auch Schlafzeiten und daran wird nicht gedreht, wenn sie nachts nicht schläft (kommt selten vor) kann sie gerne bei uns im Bett dösen, aber Mami und Papi schlafen. Punkt.

Was oft verwechselt wird - worauf ich auch lange reingefallen bin:
Müdigkeit - Nähebedürfnis
Da wollte meine Tochter unbedingt ins Bett und ich habe sie Einschlafbegleitet - das stundenlang im Dunkeln - das Kind war faktisch aber nicht müde, sie wollte einfach nur kuscheln.
Oder andersrum in meiner Kindheit wars so. Ich war müde, konnte aber nicht schlafen, weil ich allein war. So zog sich das Zubettgehen unnötig hinaus.

Ich finde Juul gut, ich kann mit seinen Ideen mehr anfangen als mit Winterhoff, Kast-Zahn und Blueb

Falls Du noch Fragen hast - Bitte

Lutzie

Mh,

vielleicht hab ichs auch einfach nicht richtig verstanden oder es widerstrebt mir unterbewusst, mich überhaupt nach irgendwelchen Theorien anstatt nach dem gesunden Menschenverstand zu richten.

Wenn ich das richtig verstanden habe, mein Juul, dass man Kinder mehr dadurch „erziehen“ soll, indem man sie nachahmen lässt anstatt ihnen groß was zu erklären oder vorzugeben. Ich glaube aber selber, dass Kinder (je nach Alter) die Dinge einfach nicht realistisch einschätzen und umsetzen können. Darum brauchen sie die Anleitung dahin.

Mir kam das Gehabe der Juul-Verfechterinnen in besagtem Forum ziemlich extrem vor - irgendwie wird da an diesen Theorien festgehalten ohne anscheinend nachzudenken. Das kommt mir wiederum wie ein Zwang vor, der ja aber vermieden werden soll. Und in dem, was ich über Juul so auf die Schnelle finden konnte, habe ich zum Beispiel auch nichts darüber gelesen, dass man Kinder einfach ins Bett gehen lassen soll, wann ihnen danach ist.

Was ich von ihm lesen konnte (mir fehlt natürlich die Lektüre seiner Bücher) interpretiere ich ihn eher so, dass man Kindern das Richtige vorleben soll - das ist ja auch sinnvoll. Da steht aber nicht, dass man sie nicht anleiten soll.

Um ganz ehrlich zu sein - mit dem bisschen, was ich bisher rausfinden konnte, habe ich eher den Eindruck, dass der Typ selber ganz vernünftige Gedanken hat, dass die aber möglicherweise von einigen Verfechterinnen überzogen interpretiert werden? Das ist jetzt etwas provokant, aber ich bin wirklich neugierig und lasse mich gerne eines besseren belehren.

Gruß
Cess

Kindererziehung mit gesundem Menschenverstand?
Hallo!
Das soll hier nicht als Provokation missverstanden werden. Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man sich auch theoretisch mit diversen Erziehungsmethoden auseinandersetzt. Das ist mir allemal lieber als ein "Des ham mir allweil schon so gmacht und mir hats auch ned Gschadt…!

Ich meine: Klar sollten Kinder entscheiden, was sie entscheiden können. Dinge, deren Konsequenzen möglichst direkt eintreten und die nicht bös schädlich sind. Ob dicken Pulli an oder nicht, darf ein klineres Kind von mir aus durchaus entscheiden, wenn ich (und der Pulli) weiter in der Nähe bin. Mal kurz festzustellen, dass man friert ohne Pulli halte ich für förderlich.

Wenn mein Kind entscheidet, nichts zu einer Mahlzeit zu essen, kündige ich ihm an, dass es zwischendurch aber nichts geben wird, falls er eine Stunde später Hunger hat. Zur nächsten Mahlzeit kann er sich dann ja wieder satt essen. Das Hungergefühl zwischendurch halte ich für vertretbar (die dadurch ausgelöste schlechte Laune muss ich aushalten :smile: ), der Lerneffekt ist sicher vorhanden.

So wie ich das sehe sollte man Kinder nicht
einfach machen lassen, weil sie meiner Meinung nach vieles
einfach nicht einschätzen können.

Das sehe ich auch so.

Wenn sie beispielsweise müde
sind, lassen die Eltern nach Juuls Vorgaben (so hab ich das
jedenfalls verstanden), die Kinder selber entscheiden, wann
sie schlafen gehen.

Ich glaube kaum, dass Kinder überblicken können, was am nächsten Tag auf dem Programm steht und dass sie einen Zusammenhang zwischen übler Laune am nächsten Tag und langem Aufbleiben herstellen können.

Durch den regelmäßigen
Alltag ist das immer ziemlich gleich, ist sie mal früher oder
mal später müde, passe ich das aber an. Wenn ich meine, dass
sie müde ist, gehts aber ins Bett, ohne wenn und aber. Da lege
ich sie hin, lasse sie dann aber im Bettchen machen, was sie
möchte, bis sie sich dann selber hinlegt und schläft. Aber
Bettchen heißt schlafen, das ist ihr mittlerweile klar.

So machen wir das auch. Die Zeit ist relativ strikt, aber er darf im Bett noch lesen, wenn er nicht schlafen kann. Ich gehe später nochmal rauf und sehe nach, dass er das Buch nicht fertig liest, weil es gerade soooo spannend ist. :smile:

Ich denke auch, das ist ziemlich abhängig vom Kind. Es gibt das welche, die sind Vernunft zugänglicher als andere. Bei denen mag das sogar funktionieren. Man muss eben sehen, ob es passt.

Sehe ich das so falsch? Oder habe ich Juuls Theorien falsch
oder zu extrem verstanden? Ich habe in diesem anderen Forum
den Eindruck bekommen, der Typ ist eine Art Papst der
Kindererziehung, der total gehyped wird, und ich kann das
nicht wirklich nachvollziehen.

Naja, das Ganze erinnert mich an Feng Shui. Dass man einen Schreibtisch nicht mit dem Rücken zur Tür stellt oder ein Bett mit dem Kopfende direkt an der Tür, weil das eine irgendwie ungute Situation ergibt dazu brauche ich keine Anleitung. Das finde ich selber heraus.
Grade in der Kindererziehung wird alle Tage eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Wie schon gesagt, als Anregung finde ich das gar nicht schlecht, beurteile aber selbst, was mir sinnvoll und logisch erscheint und suche mir raus, was in mein Leben passt.

Grüße
kernig

Hallo

Will sagen: Ich glaube, man sollte Kinder nicht zum Schlafen
(oder anderen Dingen wie Essen etc.) zwingen. Aber man sollte
sie unterstützen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und
entsprechend zu handeln.

Ich denke, wenn man seinem Kind immer vorschreibt, wann es müde ist, dann fällt es ihm schwer selbst ein Gespür dafür zu entwickeln. Gerade Müdigkeit ist meiner Meinung nach eine Sache, die schon kleine Kinder selbst einschätzen können, wenn man ihnen den Freiraum dazu gibt.

sigterm

Hallo Cess,

habe Juul mal in irgendeinem Interview in ARD oder ZDF gesehen und auch mal in die eine oder andere Stellungnahme hinein gesehen - so weit ich ihn verstanden habe geht es ihm immer um ein Miteinander von Eltern und Kindern und darum die Bindung/Kommunikation miteinander und zueinander nicht zu verlieren. Dann kann kommen was will im Leben - beide werden zusammen eine Lösung finden basierend auf Akzeptanz, Vertrauen und Respekt. Man könnte das auch so beschreiben wie es Kernig ausdrückt: Erziehung mit Verstand. Es gibt nicht DIE Lösung.

Kinder werden Kompetent, indem man ihnen etwas zutraut und sie unterstützt - das gleiche wird wohl auch fürs Schlafen gelten - Welches Bedürfnis hat das Kind und darauf dann eingehen und eine Lösung finden die für alle befriedigend ist. Also so wie Du es machst: Schauen wie verhält sich mein Kind - es ggf aus der Situation nehmen, weil es vor Müdigkeit überdreht und ihm Ruhe anbieten. Will ein Kind einfach nicht runter kommen, dann die Möglichkeit eröffnen noch alleine im Bett ein wenig zu lesen oder Musik zu hören, oder wenn ein Kind einfach nicht müde ist, dann auch wach zu lassen.

Da andere Extrem wären wohl die Verfechter von klaren Zeiten: 19:00 Uhr - ab ins Bett - egal ob unter Gebrüll oder Geheule- egal ob das Kind wach ist oder nicht - ohne Kompromisse Licht aus!!! (so habe ich das im Internat als Jugendlicher erlebt- fühlt sich echt übel an, wenn man 15 Jahre alt ist und es von zu Hause anders kennt und mit Sicherheit nicht um 21:00 Uhr das Licht aus hatte)

Gruß,
Alexandra

Hi,

Ich denke, wenn man seinem Kind immer vorschreibt, wann es
müde ist, dann fällt es ihm schwer selbst ein Gespür dafür zu
entwickeln. Gerade Müdigkeit ist meiner Meinung nach eine
Sache, die schon kleine Kinder selbst einschätzen können, wenn
man ihnen den Freiraum dazu gibt.

und das glaube ich eben nicht. Erfahrungsgemäß bleiben Kleinkinder lieber zwanghaft wach, wenn man sie lässt. Wenn es mal unvermeidlich später wird und Kind trotz schwerer Müdigkeit (merkt man ihnen ja in der Regel an) nicht ins Bett kann, legt sie sich nicht hin oder zeigt sonstwie, dass sie müde ist, sondern spielt und tobt weiter so lange es geht. Sobald ich sie dann aber ins Bett bringe inkl. Ritual schläft sie dann ruckzuck ein.

Ich halt aber, wie erwähnt, auch nichts davon, ihnen vorzuschreiben, wann sie müde sein sollen. Das nutzt keinem was und führt zu stundenlangem Stress für beide Seiten. Ich spreche davon, zu erkennen, wann das Kind müde ist und ihm dann zu helfen, zur Ruhe und in den Schlaf zu kommen.

Ich kann mich auch mal irren - wenn ich merke, dass sie zum Beispiel zum Mittagsschlaf gar nicht zur Ruhe kommt und ihren toten Punkt anscheinend überwunden hat, dann stoppe ich das ganze auch mal und lasse sie wieder spielen. Dann schläft sie später, wenn es wirklich nötig ist. Das kommt absolut selten vor, aber dann bin ich auch in der Lage ihr zu signalisieren: Ok, da hab ich mich geirrt, wir haben ein bisschen Ruhe gehabt und jetzt gehts weiter.

Gruß
Cess

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RICHTIG

Juul ist nicht A.S.Neil
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Sutherland_Neill

Juul geht davon aus, dass Kinder durch Beziehung zu kompetenten erwachsenen werden. Kinder sollen im Gegensatz zu Neill nicht Grenzenlos aufwachsen.

Ein anderes Beispiel (ich erkläre gleich, warum schlafen von Juul so ein großes Thema ist)

Stellen wir uns vor, Du besuchst mich für ein WE bei mir zu Hause, du bekommst ein Gästezimmer zugeteilt. Ich würde dich gastfreundlich empfangen, allerdings würde ich Dich (nachdem du mangels unrechtbewusstsein in meinem Schlafzimmer warst) freundlich darauf hinweisen, dass ich das nicht möchte. Das ist meine Grenze.
Stellen wir uns weiter vor, ich hätte an einem Abend kurz mal das Bedürfnis, meine Ruhe vor Dir zu haben. Würde ich Dich ins Bett schicken? Würde ich Dich ins Gästezimmer schicken?
Nein, das wäre nicht gastfreundlich. Gastfreundlich wäre es, mich zu entschuldigen und mich selbst zurück ziehen in meine Privatssphäre.
Stellen wir uns weiter vor, Du, Cess, wärest müde, es ist noch früh am Abend und wir sind mitten im Gespräch. Würde ich Dich ins Bett schicken? Nein, das wäre nicht gastfreundlich.
Gastfreundlich wäre es, Dir anzubieten, das Gespräch zu vertagen, damit Du schlafen kannst - aber es wäre denkbar, dass Du dankend ablehnst und sagst, dass dir das Gespräch wichtiger ist.

Warum besteht Juul darauf, dass die Kinder die Schlafenszeiten selbst bestimmen lernen? Ganz einfach, was würde denn groß passieren, wenn das Kind bei dem Versuch Fehlentscheidungen trifft? Es ist unausgeschlafen- Und? So What! Erwachsene sind auch mal unausgeschlafen - dann war ihnen anderes wichtiger.

Und weil Erwachsene so mit ihrem Schlafbedürfnis umgehen, schauen sich die Kinder das eben ab - unabhängig davon, was die Eltern predigen.

*Das was Du tust, schreit so laut, dass ich nicht höre, was Du sagst*

Das Konzept der Vorbildfunktion ist kein Konzept. Es ist Gesetz!!! Die Kinder orientieren sich faktisch an den Eltern.

Noch ein weiterer Grund, warum Juul so sich speziell an essen und schlafen klammert:
Das Kind ist fachmann in seinem Körper. Durch restriktive erziehung lernt das Kind – mein gefühl trügt mich – die folge: geringes selbstgefühl mit den entsprechenden Defiziten der erwachsenen-Kompetenz.

Du solltest eher die Bücher von ihm Lesen, als dich mit dem auseindersetzen, was die Jünger so schreiben – auch meine texte sind nur spiegelbilder durch einen zerrspiegel :wink:

LG
Lutzie

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Hi,

was du schreibst hört sich dann so an, wie ich es vermutet habe: Der Mann hat ganz gute Ideen, die von einigen Übereifrigen wohl überinterpretiert werden.

Was ich in dem anderen Forum gelesen habe, lassen die eifrigsten Juul-Verfechterinnen ihre Kinder einfach machen und warten darauf, dass sie selbstständig ins Bett gehen. Rituale werden als Einschränkung angesehen, die dem Kind vorgeben, es habe jetzt müde zu sein. Die wundern sich dann, dass ihr Kind abends Rotz und Wasser brüllt, obwohl es doch ins Bett darf, wann es möchte.

Kinder werden Kompetent, indem man ihnen etwas zutraut und sie
unterstützt - das gleiche wird wohl auch fürs Schlafen gelten

  • Welches Bedürfnis hat das Kind und darauf dann eingehen und
    eine Lösung finden die für alle befriedigend ist.

Ja, das sehe ich auch so. Vorleben und Vorbild sein, wo es geht, nachahmen lassen, wo es möglich ist. Anleiten und eingreifen, wo es nötig ist.

Da andere Extrem wären wohl die Verfechter von klaren Zeiten:
19:00 Uhr - ab ins Bett - egal ob unter Gebrüll oder Geheule-

Kenne ich auch - Erklärung: Ich will, dass der endlich durchschläft, er muss doch einen Rhythmus bekommen (Kind war seinerzeit drei Monate alt …) und lernen, alleine zu schlafen.

egal ob das Kind wach ist oder nicht - ohne Kompromisse Licht
aus!!! (so habe ich das im Internat als Jugendlicher erlebt-
fühlt sich echt übel an, wenn man 15 Jahre alt ist und es von
zu Hause anders kennt und mit Sicherheit nicht um 21:00 Uhr
das Licht aus hatte)

Schreckliche Vorstellung …

Gruß
Cess

Hallo Cess,

wenn man als Eltern selbst keine Ideen hat, dann klammer man sich eben an jeden Strohhalm.:o)

Ich habe Juul als recht gemäßigten Menschen erlebt, der viel beobachtet und hinterfragt und nicht mit erhobenen Zeigefinger kommt und einem sagt was man zu tun und zu lassen hat.

Er ist ein Kommunikator und Vermittler.

  • und das macht seine Arbeit aus. Und natürlich gibt es auch bei ihm Regeln und Rituale die sich eben aus dem Miteinander ergeben und die auch wachsen. Das Ritual muss sich im Austausch mit dem Kind ergeben.

Und Grenzen gibt es natürlch auch für Kinder, denn irgendwann habe auch ich als Eltern oder die Umwelt Bedürfnisse die auch eingefordert werden dürfen und denen sich das Kind bedingt beugen muss. Der Unterschied liegt in der Art wie die Regeln durchgesetzt werden.

Gruß,
Alexandra

Hallo Cess,

unser Sohn ist jetzt etwas über 2 Jahre alt und er kommt schon ab und an mal angelaufen und sagt von sich aus, dass er müde ist und ins Bett möchte. Meistens müssen wir ihn aber zugegeben noch auf die Idee bringen, dass er müde sein könnte.

Gruß,
Alexandra

Hallo

und das glaube ich eben nicht. Erfahrungsgemäß bleiben
Kleinkinder lieber zwanghaft wach, wenn man sie lässt. Wenn es
mal unvermeidlich später wird und Kind trotz schwerer
Müdigkeit (merkt man ihnen ja in der Regel an) nicht ins Bett
kann, legt sie sich nicht hin oder zeigt sonstwie, dass sie
müde ist, sondern spielt und tobt weiter so lange es geht.
Sobald ich sie dann aber ins Bett bringe inkl. Ritual schläft
sie dann ruckzuck ein.

Wenn das Kind gewohnt ist, dass es ins Bett gebracht wird, dann wartet es am Abend unterbewusst darauf, ins Bett gebracht zu werden und hat deshalb keine Notwendigkeit sich selbst einen Zeitpunkt zu suchen. Ob es diesen Zeitpunkt selbst finden würde, wenn ihn die Eltern nicht vorgeben, das ist eine andere Sache. Um das auszuprobieren müsste man dem Kind über längere Zeit seinen Freiraum geben.

So wie du das handhabst finde ich das aber auch in Ordnung.

sigterm

Hallo,

danke für die tieferen Einblicke und die damit verbundene Selbstkritik. :smile:

Das ist interessant, und bis zu einem gewissen Punkt kann ich es auch nachvollziehen. Da scheinen dann einige einiges zu vermischen …

Ich glaub aber nicht, dass Kinder kleine Erwachsene sind und man entsprechend mit ihnen umgehen sollte. Darum hinkt - in meinen Augen - der Vergleich mit dem Gast. Jedenfalls meine ich, dass man diese Situation nicht 1:1 auf Kinder übertragen kann.

Bzw. nicht in jedem Alter - macht Juul denn Altersangaben? Ich halte es auch für sinnvoll, mit älteren Kindern so umzugehen, dass sie aus ihrem Handeln lernen, auch wenn das heißt, dass sie dann mal unausgeschlafen sind. Ich glaube aber, dass Kleinkinder das noch nicht übertragen können. Das führt dann eher dazu, dass sie am nächsten Tag völlig durch sind und nicht verstehen, was passiert ist.

Wie gesagt: Vorbildfunktion und gesunde Beziehung halte ich auch für sinnvoller als ellenlange Erklärungen, knallharte Zeiten oder Ähnliches. Aber wo es nötig ist, sollte man die Kinder anleiten, bis sie es selber übernehmen können.

Vielleicht ist es auch hier so, wie glaub ich Kernig schrieb: Sich aus den verschiedenen Ideen das raussuchen, was einem selber am sinnvollsten erscheint und daraus seinen eigenen Stil kreieren.

Gruß
Cess

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Hallo Cess,
nimm doch mal die bewährten Führungsmodelle aus dem Personalbereich.

Um so mündiger ein Mensch ist, desto demokratischer der Führungsstil. - alles andere verursacht Unsicherheit und ineffizienz.

Man darf auch nach Juul als Erwachsener Regeln setzen - die Frage ist immer wie setze ich sie durch und wie kommuniziere ich das.

Er legt Wert darauf, dass der kleine Mensch eine Chance hat zu verstehen warum man so handelt - also begründe die Regel warum das Kind z.b. in der Woche früh ins Bett muss - weil morgen früh alle fit sein müssen - Und schließlich lernt das Kind auch durch Dich, denn Du wirst an so einem Tag auch früher ins Bett gehen und abends ggf noch strukturiert Sachen vorbereiten und z.B. den Tisch decken, damit das morgens Zeit spart - während eben am WE alles lockerer ist und auch mal im Schlafanzug gefrühstückt werden darf.

Einem jugendlichen würdest Du dann mehr Spiel lassen und die Konsequenzen aufzeigen und was Du am nächsten Tag nicht willst - also auch Deine Grenze aufzeigen.

Hallo nochmal,

Er legt Wert darauf, dass der kleine Mensch eine Chance hat zu
verstehen warum man so handelt - also begründe die Regel warum
das Kind z.b. in der Woche früh ins Bett muss - weil morgen
früh alle fit sein müssen -

gut, also tatsächlich einfach der gesunde Menschenverstand. :smile:
Die Erklärung ist momentan noch nicht nötig, sie ist früh genug müde, um morgens früh genug aufzuwachen. Aber ja, meine Regeln und Einschränkungen begründe ich immer, momentan noch so einfach wie möglich.

während eben am WE alles lockerer ist und auch mal im
Schlafanzug gefrühstückt werden darf.

Jaaaa, schön, oder?

Einem jugendlichen würdest Du dann mehr Spiel lassen und die
Konsequenzen aufzeigen und was Du am nächsten Tag nicht willst

  • also auch Deine Grenze aufzeigen.

Dann erklärt Juul also denen, die nicht selber drauf kommen, den gesunden Menschenverstand? :wink: Oder hilft er einfach denen, die ihrem Menschenverstand nicht genug trauen?

Aber spannend - schon mal danke für euren Input!

Gruß
Cess

genau das - Menschenverstand.

Ich kannte auch immer nur diese hyper motivierten Anhänger von ihm und dachte immer mein Gott was weiß der Mann, was Generationen vor uns nicht wussten und was wir auch nicht wissen. Und dann habe ich ihn in dem Interview gesehen und er war so unscheinbar und ganz zurückhaltend.

Er will nach meinem Eindruck kompetente Eltern, die selbst entscheidne was sie machen und das dann auch durchsetzen gegen alle anderen Einflüsse, denn sie alleine wissen was für ihr Kind und sie gut ist.

… zum Thema Kommunikation:manchmal bin ich auch zu faul, aber es lohnt sich. Habe heute irgendwie Augen reibend am Kaffeetisch gesessen - Fragt der Kleine mich ganz mitfühlend ob ich müde sei. Wie ich finde ein erster Schritt zur sozialen Kompetenz und ein Beweis, dass Erklären doch ankommt.

Hallo,

meine ist 3,5 und geht durchaus selbst ins Bett, wenn sie müde ist. Aber das ist nicht immer der Zeitpunkt, wo wir denken, es sollte jetzt sein :wink: Ich mache es eigentlich ähnlich: wenn ich sicher bin, dass sie müde ist, bringe ich sie ins Bett. Steht sie noch mal auf, ist sie noch nicht müde. Je nach Tagesform, was am Tag gewesen ist usw. lasse ich sie dann entweder noch spielen oder bringe sie noch mal. Kommt sie dann noch einmal, sage ich, dass sie im Bett bleiben soll und noch Bücher anschauen. Funktioniert zu 99 Prozent, und das eine Mal wo selbst das nichts wird, nun ja, dann bleibt sie halt noch auf.

Grüße

Hallo,

Juul ist nicht A.S.Neil
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Sutherland_Neill

Juul geht davon aus, dass Kinder durch Beziehung zu
kompetenten erwachsenen werden. Kinder sollen im Gegensatz zu
Neill nicht Grenzenlos aufwachsen.

Ach, zum x-ten Mal: Neills Konzept sieht sehr klare Grenzen vor, nur dass eine Gruppe von Kindern(darunter auch ältere) und Erwachsenen gleichberechtigt über die Regeln entscheidet. Und es sieht ebenso vor, dass Erwachsene und Kinder auf Augenhöhe ihre Rechte verhandeln und auch einfordern, auch die Erwachsenen den Kindern gegenüber.

Er schreibt, dass er sich immer über das Missverständnis geärgert hat, Kinder, die alles dürften und deshalb unausstehlich und rücksichtslos waren, seien nach seinem Konzept erzogen.

Viele Grüße,

Jule

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Hallo Alexandra,

… zum Thema Kommunikation:manchmal bin ich auch zu faul,
aber es lohnt sich. Habe heute irgendwie Augen reibend am
Kaffeetisch gesessen - Fragt der Kleine mich ganz mitfühlend
ob ich müde sei. Wie ich finde ein erster Schritt zur sozialen
Kompetenz und ein Beweis, dass Erklären doch ankommt.

ja ich muss mich auch manchmal treten, die Erklärung zu geben bzw. nicht nur bei Regeln o.Ä. sondern generell viel zu erzählen. Manchmal bin ich so in Gedanken versunken. Aber mittlerweile macht sie mich mit ihren noch begrenzten Mitteln auf so vieles aufmerksam, dass ich den Sinn dahinter nicht nur sehe, sondern es extrem schön finde. :smile:

Schöne Geschichte, deine.

Gruß
Cess

Hallo,

so hört sich das auch vernünftig an.

Gruß
Cess