Musiktherapie "oder so"

Ich frage mal wieder für meine liebe Freundin Susi. Nicht alles in ihrem Leben ist so richtig prima gelaufen, aber es ist jetzt auch nicht aussichtslos :wink:

Und zwar, Susi ist jetzt Anfang 30 hat bisher vorzuweisen

  • Abitur (allgemeine Hochschulreife, ganz gut)
  • recht früh abgebrochenes Studium Lebensmittelchemie
  • erfolgreiche Ausbildung Erzieherin
  • arbeitet in ner KiTa
  • spielt ganz solide Klavier und Posaune (also schon mehr als der übliche Hobby-Klimperer, aber weit weg von allem was man professionell nennen könnte)

So, nun möchte sie ihre Erfahrungen als Erzieherin mit ihrer Musik verbinden. Dabei stieß sie auf die Musiktherapie - nur klingt mir das ziemlich windig: man kann das wohl (für teuer Geld) sowohl studieren als auch ein paar Wochenendseminare belegen, der Abschluss ist dann irgendwie „gleich“. Und Krankenkassen bezahlen diese Therapie nicht, damit sind vermutlich nicht-sSelbstständige Jobs eher rar.

Aber was könnte sie sonst machen, um ihre Erzieher-Sache mit der Musik zu verbinden? Lehrerin in einer Musikschule hatte sie schon ausgeschlossen, weil sie gerne „allen“ Kinder (besonders gerne solchen mit Problemen) mit der Musik helfen möchte und nicht nur denen, deren Eltern sich das halt für die Kinder leisten können (was sich natürlich mit der privat zu bezahlenden Musiktherapie ein wenig beisst…)

Hat jemand von Euch Ideen, was man ihr alternativ raten könnte? Sie ist durchaus bereit in ihrem Alter ein Studium anzufangen und auch durchzuziehen und vermutlich kriegt sie das auch finanziell hin, wird aber mit Abschluss auch ziemlich „pleite“ sein - und es gibt auch keine Sponsoren. Es sollte also am Ende ein halbwegs sicher zu erreichender und ordentlich bezahlter Job stehen :wink:

Für eine eigene Musikkarriere ist sie vermutlich nicht gut genug, und ich glaube, wenn überhaupt sähe sie sich eher als Orchester-Leiterin oder so…

Naja, z.B. in Wien mit normalen Studiengebühren knapp 400€/ Semester…
Lehramt kommt nicht in Frage?
Ohne Musikstudium ins Unterrichten, Amateutorchesterleitung oder sowas reinzukommen geht schon auch, aber wenn da Vernetzung vorhanden wäre wüsste sie das wohl selber… und so ganz frei rein ist schwierig.
Welche Region? Süddeutschland? Blasorchestererfahrung? D- Prüfungen absolviert?..

Was - bei mindestens drei Jahren - schon auch Geld ist… Wobei die deutschen Unis da eher bei 600 Euro liegen (und damit halt auch im Ruf stehen, die Abschlüsse zu „verkaufen“)

Und die Frage ist, ob man davon dann halbwegs zuverlässig leben kann?

Süddeutschland, wobei sie unterwegs ist, diese Hochschule in HH anzugucken. Blasorchester-Erfahrung hat sie. Was sind D-Prüfungen? Das müsste ich nochmal fragen.

wink

Jana

Naja - freiberuflicher Musiker halt… macht man nur, wenn es die Berufung ist, nicht um auskömmlich leben zu können…

Die Blasmusik- und Amateurorchesterverbände haben so ein Qualifikationssystem mit Kursen und Prüfungen. Da kann (konnte?) man sich ganz gut vernetzen. Neben den Instrumentalkursen gibt es auch ein System zum Thema Orchesterleitung, das erfordert schon einigermassen Können.
Neben dem Können ist aber auf jeden Fall die Vernetzung und Fähigkeit, eigene Projekte zu pushen wichtig. Dann kann man mit mehreren festen Projekten auch ganz okay leben.
Als Beispiel fällt mir da z.B. eine Bläserklasse an einer Schule ein mit daraus resultierenden Schülern, Zusammenarbeit mit Vereinen usw. - aber das halt je nach besonderen eigenen Interessen und Fähigkeiten mit individuellem Schwerpunkt.

Ich fürchte, dass Susis Niveau als Posauniatin für viele Berufe nicht ausreicht. In Deutschland gibt es so viele gut ausgebildete mäßig verdienende Instrumentalisten und Instrumentallehrer. Weiß allerdings nicht, wie es im Bereich Posaune genau ist.
Musikschule wäre sicher gar nicht möglich. Dann muss man bedenken, dass man mit 30 leider keine Chance mehr hat, das Niveau von Leuten zu erreichen, die mit 15 oder gar 10 Jahren angefangen haben, intensiv zu üben.

Möglich wäre vielleicht ein Studium Grundschullehrerin mir Fach Musik. Da ist kein so hohes Niveau beim Posaune spielen nötig. Und sehr gut, wenn man auch Klavier spielen kann. Das wäre allerdings ein komplexes pädagogisches Studium, in dem die Musik nur einen Teil des Ganzen ausmacht.

Ja, diese Befürchtung teilen Susi und ich :slight_smile: Und das ist auch nicht Susis Ziel. Ich persönlich sehe sogar das Ziel der „Orchesterleitung“ für sie als nicht realistisch, zumindest wenn wir nicht von den „Bambini-Bläsern Kleinkleckerlesdorf“ reden…

Eventuell meinen wir hier zwei verschiedene Dinge. Ich sah so eine „Musikschul-Lehrerin“, die klein Elisabeth-Sofie-Henrike-Jesus die Grundzüge des Xylophon- und Blockflötenspiels beibringt. Aber - wie gesagt - das will sie eher nicht.

Und ja die „Musiklehrerin Grundschule“ haben wir auf dem Schirm, aber wie Du sagst, das ist halt ne „Lehrerin“, die halt „ein wenig“ Musik macht. Und für die „Fortgeschrittenen“ reicht dann schon wieder ihre eigene Kunst nicht.

Ich wollte nur mal gucken, ob wir nicht irgendwas übersehen haben, was sie tun könnte…

Eben - und das ist in ihrer Lebenssituation keine Option. Und - genauso wie eine Selbstständigkeit - überhaupt nicht ihr Ding.

Das geht dann aber schon eher in Richtung „eigenes Orchester“? Wie gesagt, da hege ich aber eh Zweifel, dass sie eine „Nur-Musik-Karriere“ hinkriegt. Sie wäre glaube ich prima geeignet, um mit irgendwelchen kranken Menschen, irgendwie mit Musik zu versuchen, deren Zustand zu verbessern. Aber das ganze halt in einem Angestelltenverhältnis. Und mir klingt diese Musiktherapie-Ausbildung doch heftig nach Abzocke mit ungewissen Job-Aussichten…

Hallo,

muss denn die musikalische Tätigkeit zwingend der Haupterwerb sein? Sprich: Möchte sie nicht mehr als Erzieherin arbeiten?
Sonst fände ich es nämlich am sinnvollsten, nach Fortbildungen zu suchen, mit denen sie in der KiTa musikpädagogische Angebote machen kann oder nebenher ehrenamtlich oder nebenberuflich.
Wenn sich daraus etwas ergeben sollte, das als Verdienst taugt, lässt sich die Arbeit als Erzieherin ja wunderbar ein wenig reduzieren.

  • Gibt es Fortbildungen für Erzieherinnen, die in diese Richtung gehen? Evtl. die Fachberatung ansprechen und bei den Fortbildungsträgern nachfragen.
  • Musiktherapie: In diesem „laientherapeutischen“ Bereich vermengen sich leider die verschiedensten Angebote. Zur Qualitätskontrolle wäre mir wichtig, darauf zu achten, dass unterschieden wird, wofür die Fortbildung qualifiziert: Mit ein paar Wochenenden zur „Therapeutin“ würde mich misstrauisch machen. (Mal abgesehen davon, dass sich zwar, wenn ich’s richtig weiß, jede:r „Musiktherapeut:in“ nennen darf, therapeutische Tätigkeit aber nur mit der „Heilpraktikerprüfung Psychotherapie“ gestattet ist, zur Gefahrenabwehr sozusagen.)
    Es gibt auch Angebote mit kunsttherapeutischen Methoden, die für Menschen in pädagogischen Berufen offen sind, die damit dann pädagogisch arbeiten möchten. Der Abschluss nennt sich dann „Anleiter:in“ o.ä.
  • Im ehrenamtlichen Bereich fällt mir z.B. eine Initiative aus der Vor-Corona-Zeit ein, bei der Menschen allein oder zu zweit gegen Abend in Seniorenheimen durch die Zimmer gegangen sind und auf Wunsch Gute-Nacht-Lieder gesungen haben.
  • Dann weiß ich noch von jemandem, die eine Fortbildung in „Heilsamem Singen“ gemacht hat und das in einem Krankenhaus oder über die VHS anbietet. Ich habe da keinen weiteren Einblick, was das ist und ob das was taugt, kann es nur als mögliches Recherchestichwort mit ins Feld werfen.

Viele Grüße,
Jule

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Ich möchte fürs Protokoll noch erwähnen, dass jemand, der in irgend einer Form ein Orchester leitet, in vieler Hinsicht mehr können muss als seine Instrumentalisten. Er muss wissen, warum der dritte Cellist unsauber, alle Bratscher im falschen Rhythmus und der Hornist viel zu laut spielt. Er muss hören, wer von sechs gleichzeitig spielenden Instrumenten den falschen Ton reingibt und er sollte mit den verschiedenen Notationen der Instrumente soweit klar kommen, dass er sich schnell orientieren kann. Ansonsten wird das ganze Orchester nur Murks produzieren.
Klar kann das alles auf unterschiedlichen Niveaustufen statt finden, aber der Dirigent sollte möglichst der Musikalischste von allen sein.

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Es gibt doch Fortbildungen für Erzieher und früher war es auch mal üblich, dass Erzieher ein Instrument spielen und dies auch im Kindergarten mit zum Einsatz kam. Oftmals war es Gitarre. Aber das kann man doch einfach in den Alltag als Erzieherin mit einbauen und ausbauen. Am Ende ist es doch auch eine Bereicherung für den Kindergarten?!

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Nö.

Beschreib doch mal: Wie denn?

Lebensmittelchemie… Kennst du dich ein bisschen mit Markov-Ketten und nichtlinearem Verhalten von Molekülen aus? Dein Chemiewissen und Musikwissen kannst du im Fach Systematische Musikwissenschaft kombinieren. Es ist ein Studiengang mit Bezug zur Anwendung.

Chemie und Musikwissenschaft kann man kombinieren und davon dann Jahrzehnte zu leben? Kannst du das genauer erklären?

Ich frage deshalb, weil schon im Bereich Musikwissenschaft allgemein die Möglichkeiten, damit später regelmäßig Geld zu verdienen, sehr überschaubar sind.

Ich kenne ein paar Musikwissenschaftler’innenbei SongTradr. Machine Learning (ML) und Musik ist ein heißes Thema. Ich weiß nicht, wie viel ML man im Studium der Lebensmittelchemie lernt, aber Markov-Ketten und Hidden-Markov-Modelle bestimmt. Die werden zum Beispiel bei der Rhythmusanalyse genutzt


und bei automatisierter Musikgenerierung
https://towardsdatascience.com/markov-chain-for-music-generation-932ea8a88305

KI-generierte Musik und Musikanalyse mittels KI ist doch ein großer, aufkeimender Markt, für den man technisches Wissen und musikalisches Verständnis braucht.

Dass ein kluger Mensch von allem möglichen, was er gelernt hat, profitieren kann, glaube ich auch. Ich bin aber weiterhin davon überzeugt, dass Lebensmittelchemie und Musikwissenschaft kaum Berührungspunkte haben.

KI-generierte Musik bezieht sich in der Regel auf Popularmusik, die ja so schlicht und banal ist, dass man da eigentlich nicht groß etwas wissenschaftlich studieren kann. Darum wundert es mich, dass du ein paar „Musikwissenschaftler“ kennst, die sich damit beschäftigen. Um solche schlichten Harmonien und Strukturen zu verstehen („Dieser Song besteht aus 23 Tönen, die genau 73 mal stupide wiederholt werden. Dabei wird, wie in 30 Millionen Songs zuvor auch schon, die Abfolge Dominate-Tonika vermieden und nach der 23. Wiederholung per reingeknallter neue Dominante von G-Dur auf Gis-Dur gewechselt…“), reicht ein solides Grundwissen aus, für das man nicht studieren muss.

Du tust mir leid…denn Dir entgeht sehr viel…

Ich tue dir leid, weil ich gerne wirklich spannende Musik höre, von der es so viel gibt, dass mir meine Lebenszeit zu schade ist für Minderwertiges?
Und weil ich selber Musik mache?
Nun denn, wenns dir Spaß macht!

Also, wenn jetzt schon über Musik gestritten wird, dann stehen wir wirklich kurz vor der Apokalypse.

Musik halte ich für das Gegenmittel für fast alles und Respekt vor jeder Musik selbstredend.

Natürlich verstehe ich, worauf Du hinaus willst, trotzdem…

987, die Jazz HASST, aber höchsten Respekt für Jazz hat

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Warum soll man nicht über Musik streiten? Im 19. Jahrhundert z. B. wurde Musik noch viel wichtiger genommen als heute, und da gab es zwischen den Anhängern von Liszt und denen von Brahms heftige Kontroversen…

Die Musikgeschichte ist ein gewaltiger Kontinent, von dem viele Menschen nur ein paar wenige Ecken kennen.
Dass z. B. der erfolgreiche Song “Control“ harmonisch, rhythmisch und strukturell viel uninteressanter ist als “Der Neugierige“ von Schubert, das ist halt eine Tatsache.

seufz…