Hallo,
Muss man sich eigentlich fuer Mode interessieren? Durch die Frage bin ich angeregt worden, weil 1. gerade im LL-Brett (Titel „Schlampenlook“) eine Diskussion lief, was so alles schon als ungepflegt und sogar abschreckend ankommt, die sehr ins Detail ging. Bei mir sind 2 Dinge zurueckgeblieben, naemlich (1), dass man es sowieso keinem recht machen kann, (2.), dass die Latte fuer angebliches „Ungepflegtsein“ bei einigen schon so hoch haengt, dass sie fast nur noch zu bewaeltigen ist, wenn Mode zum Haupthobby wird.
Was macht man eigentlich, wenn man sich fuer dieses Thema nicht wirklich interessiert (mein Fall natuerlich, sonst wuerde ich hier nicht posten.)
Thema Friseur: Natuerlich finde ich mich gepflegter und auch schoener, wenn ich z.B. frisch vom Friseur komme. Aber da ich ca. 50 Wochenstunden arbeite, der Friseurbesuch nur auf Kosten der Mittagspause moeglich ist, lass’ ich es halt dann immer einige Monate schleifen (wie ja auch das Zimmer immer mal unaufgeraeumt bleibt.) Zum Friseur gehen ist halt eher eine laestige Pflicht, die man so lange wie moeglich aufschiebt. Nicht gerade so laestig wie ein Zahnarztbesuch, aber auf keinen Fall ein inneres Beduerfnis.
Thema Kosmetik: Hier war ich wirklich entsetzt, dass ein ungeschminktes Gesicht oder fehlender Nagellack fuer viele schon als ungepflegt gilt. Wie kann das sein? Ich sehe ja ein, dass man vielleicht Kosmetik mag und eine Person mit Kosmetik als schoener empfindet als eine ungeschminkte, aber wieso ungepflegt? Damit wir uns richtig verstehen, ich habe nicht direkt etwas gegen Kosmetik, aber mich schreckt doch der hohe Aufwand. Fingernaegel lackieren dauert endlos und man sitzt in dieser Zeit nur bloed rum und kann nicht mal ein Buch anfassen. Wenn man Schminke im Gesicht hat, kann man sich nicht mit den Haenden durch’s Gesicht fahren, wenn einem beim Radfahren die Augen traenen, hat man ein Problem, etc. Morgens geht die Zeit, die man fuers Schminken braucht vom Kaffeetrinken ab, oder vom Gespraech mit dem Partner (und diese Zeit morgens ist sowieso schon zu kurz). Wenn man auch noch Sport treibt und nach dem Sport wieder ausgehen will muesste man sich morgens schminken, vor dem Sport abschminken, hinterher wieder neu schminken, jedesmal alles was man dazu braucht mit sich herumtragen. Kaufen muss man’s auch und ich weiss schon, wie oft mir die Zahnpasta und das Haarshampoo ausgehen und habe nicht unbedingt das Beduerfnis, da jetzt noch 5 andere Dinge dazukommen zu lassen.
Und zu allem ueberfluss klagt noch eine Frau im (ich glaube) Essenskulturbrett, dass sie im Restaurant Lippenstiftspuren am Glas hinterlaesst und das nun gerade als ungepflegt empfindet.
Thema Kleidung: Da ist die ganze Diskussion so eingefahren, dass ich mir gleich sage: gar nicht drum kuemmern, die Leute scheinen nur einen Grund zu suchen, um ueber andere abzulaestern. Der eine mag keine Jeans, der andere keine Leggins, wieder andere keine Huefthosen (was mich betrifft, ich weiss nicht mal was das ist, eine Huefthose). Und fast alle sind sich einig, dass bestimmte Leute auf keinen Fall bestimmte Kleidungsstuecke tragen sollten, aber dass offenbar viele so bloed sind, es trotzdem zu tun … das kommt mir schon vor wie Realsatire. Also, am Besten nicht drum kuemmern und bei solchen Gespraechen auf Durchzug schalten. Genausowenig, wie ich Autotypen erkennen kann, kann ich Kleidung sehr differenziert beschreiben. Autos halte ich an der Farbe auseinander, bei Kleidung geht es in die Richtung. (Gut, nicht ganz so extrem.)
Wohlgemerkt, ich habe durchaus eine Vorstellung, welche Farben und welche Sachen mir gefallen, aber es sind doch eher die einfachen. Jeans und T-Shirt oder Pullover. Ich finde es ok. Aber ein laengeres Gespraech koennte ich nicht damit fuellen. Fuer Berufskleidung nehme ich uebrigens oft eine Freundin oder meine Schwester mit, oder kaufe ganz aehnliche Sachen wie ich sie schon habe. Nur, um nichts falsch zu machen.
Thema Haare an Frauenbeinen, etc. Ok, ich finde auch, dass die Beine ohne Haare schoener aussehen und dass es bei Maennerbeinen komischerweise egal ist. Ich weiss aber auch, dass dies eine Kulturgewohnheit ist und nichts mit „Gepflegtsein“ zu tun hat. Wuerden wir uns heute alle darauf einigen, unsere Schaedel kahl zu rasieren, dann wuerden in 50 Jahren die Menschen einen Kopf mit Haaren „ungepflegt“ finden. Und sie wuerden aehnlich argumentieren, wie die Leute heute bei Bein- oder Achselhaaren: Haare auf dem Kopf machen Schuppen, es riecht schlecht, wenn man schwitzt, man bekommt davon Laeuse … es sieht schlecht aus. Nichts gegen Beinenthaarung. Aber es ist ein hoher Aufwand. Es juckt, macht rote Punkte (zumindest an den Oberschenkeln und auch Alkohol hinterher kann das nicht 100 Prozent verhindern), die Haare wachsen schneller nach, als die Punkte verschwinden. Zusammengefasst: es ist mir die Sache eigentlich nicht wert.
Warum ich das alles aber schreibe: Mir faellt immer nur zufaellig auf, dass bestimmte Dinge dabei sind, ein „must“ zu werden. Wuerde ich nicht zufaellig die Diskussion im LL-Brett gefunden, waere ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand mich als „ungepflegt“ einstufen koennte, wenn ich keinen Nagellack trage. Oder als schlampig, wenn ich in einer (sauberen) Jeans daherkomme. Nicht, dass ich jemanden seinen Geschmack vorschreiben moechte, aber gilt dies alles wirklich schon als „Standard“ (denn das wäre dann ja mehr als „Geschmack“). Muss man Modemagazine lesen und wissen, was Huefthosen sind? Muss man erkennen, was Schroeders Anzuege kosten? Dass sie teuer sind, weiss ich natuerlich aus dem Spiegel, aber erkennen wuerde ich das genauso wenig, wie ich einen Golf von einem Skoda unterscheiden kann. (Es ist mir auch egal, um
ehrlich zu sein.) Es wuerde mich interessieren, wie Ihr hier, die Ihr vermutlich alle Modeinteressierte seid (wenn Ihr hier lest und postet) das seht.
Ich z.B. treibe Sport, aber ich halte Leute, die sich dafuer nicht interessieren oder den Aufwand scheuen nicht automatisch fuer faul, ungepflegt, dumm oder zurueckgeblieben. Man hat halt nur eine bestimmte Zeit und Energie zur Verfuegung neben der Arbeit und die nutzt man zum Essen, lesen, unterhalten (ueber Politik, oder Mode oder Sport oder Psychlologie oder Wissenschaft). Und die Zeit, die man fuer das eine aufbringt hat man nicht mehr fuer das andere. Sollte einem die Mode unbedingt so wichtig sein, dass dafuer auf jeden Fall Zeit und Energie investiert?
Sabine