Hallo,
der Verlust eines Elternteils ist eine der größten Herausforderungen im menschlichen Leben. Und, so eigenartig es auch klingen mag, der Weg dahin noch mehr. Was ich damit sagen will ist, dass ein plötzlicher Verlust von jetzt auf gleich sicherlich schlimm und furchtbar ist, aber das Wissen und das Umgehen müssen mit einem erwartbar bevorstehenden Tod und die Phase dieses „Warten auf den Tod“ an sich noch grausamer ist, weil man sich in dieser Phase nicht nur mit sich selbst sondern auch mit dem Betroffenen auseinander setzen muss.
Andererseits bietet diese Phase aber auch eine enorme Chance, weil man im Wissen um das Erwartbare Dinge planen und beeinflussen kann, man letzte Fragen stellen und Antworten geben kann, … Es muss nichts unausgesprochen und offen bleiben, sondern man kann Dinge abschließen und dadurch in einer ganz anderen Art - unbelastet von Dingen die offen geblieben sind - trauern.
Insoweit nutzt die verbleibende Zeit für Gespräche, ein stilles Händehalten, ruft Euch noch einmal die wichtigen Dinge aus dem gemeinsamen Leben in Erinnerung, klärt Dinge, die so wichtig für Euch sind, dass ihr sie noch klären wollt, und lasst deine Mutter nicht alleine, wenn sie nicht ausdrücklich und ernsthaft darum bittet.
Das zweite wichtige Thema ist natürlich eine angemessene palliative Behandlung mit ausreichender Medikation gegen Schmerzen, Unruhe, Angst, Übelkeit, Atemnot, … Was hier ja schon angesprochen wurde ist das Thema der so genannten indirekten Sterbehilfe, die in Deutschland legal ist, und normalerweise von den Betroffenen auch gewünscht wird. Dabei werden dann die Medikamente zur Schmerzlinderung und Beruhigung ohne Rücksicht auf die Folge eines hierdurch ggf. früher eintretenden Todes so stark dosiert wie es nötig ist um eine ausreichende Schmerzlinderung zu erreichen. D.h. es wird niemand aktiv und mit Absicht getötet, sondern man nimmt lediglich eine minimal verkürzte Lebenszeit vor dem Hintergrund des höheren Rechtsguts eines menschenwürdigen Lebens in den letzten Stunden in Kauf. Und höre bitte nicht auf den unverantwortlichen und durch nichts belegten Unsinn einer gewissen anderen Person hier im Forum, die zu medizinischen Fragen sehr eigentümliche Ansichten hat.
Was mich sehr nachdenklich macht ist deine Aussage, dass Du ohne deine Mutter keinen Sinn mehr im Leben siehts. Du hast leider keine Angabe zu deinem Alter gemacht, und daher fällt eine Antwort schwer, da sie je nach eigener Lebenssituation ganz anders ausfallen muss. Für Kinder und Jugendliche, die noch auf Eltern im besten Sinne angewiesen sind, ist ein solcher Verlust natürlich ein ganz übler Schlag, und da gilt es dann ggf. Ersatz in ganz konkreten Dingen und Fragestellungen zu suchen, aber auch den Blick Richtung einer Zukunft zu wenden, die für alle von uns ein Leben ohne Eltern zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt vorsieht, das aber deshalb noch lange nicht sinnlos sein muss. Freunde, Partnerschaft, eigene Familie, Erfüllung in Beruf oder freiwilligem Engagement geben uns allen in der ein oder anderen Art und Weise Sinn. Und daher ist es für uns alle wichtig, möglichst früh neben der elterlichen Familie auch andere Dinge in unserem Leben zu suchen, die uns Erfüllung uns Sinn geben. Denn je später man damit anfängt, um so schwieriger wird es. Und die erwachsenen Kinder die vollkommen in Pflege und Versorgung ihrer Eltern aufgehen, haben da natürlich ein ganz besonderes Problem. Aber auch dieses ist lösbar, und ich weiß von einer Tochter, die sich erst mit knapp 70 aus so einer Situation retten musste, und es auch geschafft hat, indem sie viele Reisen unternommen und Menschen auf der ganzen Welt kennengelernt hat. Da lässt sich also viel machen, und da kann man auch viel raten, wenn man mehr über deine konkreten Lebensumstände weiß.
Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächsten Tage!
Gruß vom Wiz