Mystik und Philosophie

Hi zusammen.

Welche Rolle spielt die Mystik in der Geschichte der Philosophie? In unseren Tagen gilt dieser Begriff bei vielen als nebulös und fragwürdig und einer ernsthaften philosophischen Erwägung für unwürdig. Könnte es aber sein, dass das Mystische nicht nur ein historisch nachweisbarer Geburtshelfer der Philosophie war, sondern sie über Jahrhunderte, ja Jahrtausende hinweg mit Einsichten befruchtete, die bis heute ihre Relevanz nicht verloren haben?

Der Begriff „Mystik“ leitet sich vom griechischen Verb „myein“ (sich schließen, zusammengehen) her, was sich auf das Schließen der Augen bezieht und auf ein Geheimnis hindeutet, das mit „irdischen“ Augen nicht erkannt werden kann. Dieser Erkenntnismodus überschreitet - so behaupten die Vertreter der Mystik - den Horizont der alltäglichen Wahrnehmung und führt den „Erkennenden“ nicht nur zu einer Wirklichkeit „hinter“ der vertrauten Wirklichkeit, sondern lässt ihn mit dieser (in den Augen der Mystiker) absoluten und einzig wahren Wirklichkeit (Jakob Böhme sprach vom „Un-“ und „Urgrund“) in Eins zusammengehen. Diese Einswerdung von Ich und Urgrund ist die „unio mystica“, die mystische Vereinigung.

Der amerikanische Philosoph Stace („Mysticism and Philosophy“, 1960) nennt sechs wesentliche Elemente der mystischen Erfahrung:

  1. Das Transzendieren der Subjekt-Objekt-Relation. Ich und Objektwelt gehen ineinander über. Meister Eckhart formulierte das im Mittelalter so: „Alles ist Eines und Eines ist Alles“.

  2. Das Transzendieren von Raum und Zeit. Statt der Wahrnehmung vergänglicher Momente kommt es zu der Gewissheit einer zeitlosen, „ewigen“ Gegenwart. Auch das vertraute dreidimensionale Raumgefühl verändert sich zugunsten einer Wahrnehmung der Unbegrenztheit von Raum jenseits einengender Dimensionalität.

  3. Die diese Erfahrung begleitende Stimmung wird als „Seligkeit“, „höchste Freude“, „Liebe“, „Frieden“ usw. charakterisiert, wobei die empfundene Intensität alles aus dem Alltag Vertraute bei weitem übertrifft.

  4. Das Gefühl von Ehrfurcht und Staunen.

  5. Ein extrem klares Empfinden von Gewissheit, dass das Erlebte nicht auf Täuschung beruht, sondern absolut wirklich und wahr ist. Verglichen mit dieser Klarheit wirkt das alltägliche Bewusstsein wie Versunkenheit in einen Traum.

  6. Die Erfahrung ist nachträglich sprachlich nicht adäquat vermittelbar, da das Sprachliche auf Dualismen gründet, die in der mystischen Erfahrung nicht existieren.

Einer der frühesten griechischen Philosophen, Parmenides (um 500 v.u.Z.), gilt als Mystiker und zugleich als der vielleicht wichtigste Begründer der abendländischen Philosophie (denn er beeinflusste Platon ganz wesentlich). Er lehrte das Wirkliche als über allen Wandel erhaben - "aletheia“, das Sein, das nicht geschaffen ist und nicht vergeht. Die „doxa“ ist dagegen die Wahrnehmung der Welt aus der Sicht eines Ich, welches die Scheinwelt des Vergänglichen als die wahre Welt nimmt.

Peter Kingsley schreibt in seinem Buch „Die Traumfahrt des Parmenides“ (2000) dem Philosophen schamanistische Fähigkeiten zu und setzt dies in Beziehung zur asiatischen Tradition: "Was man in Griechenland bald überdeckte und ´rationalisierte´, wurde in Indien erhalten und weiterentwickelt. Was im Westen ein Aspekt des Mysteriums, der Einweihung war, wurde im Osten klassifiziert und formalisiert. Und dort hatte der Zustand, den die Griechen erschauten und erlebten, … die Bezeichnung ´samadhi´“ (104).

2000 Jahre lang, bis ins 3. Jhd. n.u.Z., boten die Eleusinischen Mysterien im antiken Griechenland vielen Tausend Eingeweihten - darunter nicht wenige auch römische Namen von geschichtlicher Bedeutung - die Gelegenheit, eine mystische Erfahrung zu machen, die ihr ganzes geistiges Leben veränderte. Platon, Aristoteles, Sophokles, Cicero, Hadrian und Marc Aurel gehörten dazu. Dabei wurde den Teilnehmern von Priestern ein Trank verabreicht, der eine Zubereitung des Pilzes "Claviceps purpurea“ war, wie von den Forschern Wasson, Hoffmann und Ruck nachgewiesen wurde. Das ist in der Fachwelt allgemein anerkannt, wie z.B. auch vom Jakob-Böhme-Herausgeber Gerhard Wehr, der das in einem Schreiben an mich im September 1993 ausdrücklich bestätigte.

Platon wurde also einerseits über die Lehre des mutmaßlich schamanistischen Philosophen Parmenides und andererseits über die Mysterienerfahrung in Eleusis in der Konzeption seiner eigenen Lehre beeinflusst. In den Worten des selbst mystisch beeinflussten modernen Philosophen Whitehead (Mitarbeiter von Russell) ist die Philosophiegeschichte nichts anderes als eine Reihe von „Fußnoten zu Platons Lehre“. Soll heißen, dass einzig im Für und Wider zu Platons Theorie das Gebäude der abendländischen Philosophie errichtet wurde.

Plotins bis in den Deutschen Idealismus hineinwirkender Neuplatonismus (3. Jhd. n.u.Z.) war geprägt von Platons Lehre, asiatischen Systemen (die Plotin bei einer Reise studierte) und Plotins eigenen mystischen Erfahrungen (sein Biograf Porphyrios berichtet von 4 einschlägigen Erlebnissen des ägyptischen Philosophen).

Der deutsche Mystiker Jakob Böhme entwarf im 17. Jhd. eine mystische, wenn auch zeitbedingt durch christliche Terminologie gefärbte Lehre, die auf spätere Philosophen wie Leibniz, Schelling und Hegel einen bedeutenden Einfluss ausübte (Hegel nannte ihn „den ersten deutschen Philosophen“). Er schildert eine seiner persönlichen Erfahrungen mit dem Mystischen so:

„Mit einem großen Sturme … brach der Geist durch … bis in die innerste Geburt der Gottheit und wurde allda von Liebe umfangen. … Was aber für ein Triumphieren in dem Geiste gewesen sei, kann ich nicht schreiben noch reden, es läßt sich auch mit nichts vergleichen … In diesem Lichte hat mein Geist alsbald durch alles gesehen und an allen Kreaturen, am Kraut und Gras Gott erkannt, wer er, wie er und was sein Wille war“.

Leibniz, ein nüchterner und sehr klarer Kopf (das letzte Universalgenie der Geschiche), versuchte in seiner Lehre, das „innere Licht“ der Mystik Böhmes mit der philosophischen Rationalität im Zeitalter der Aufklärung zu vereinen. Später waren es Schelling und Hegel, die Einflüsse des böhmischen Schusters in ihre gewaltigen idealistischen Systeme aufnahmen.

Ich denke, das mag ausreichen als Hinweis darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen Mystik und Philosophie gibt.

Die Frage bleibt, wie er zu w e r t e n ist.

Konkreter:

  1. Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“ hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

  2. Gibt es auch heute noch nennenswerte philosophische Ansätze, die das mystische Erbe in irgendeiner Weise fortführen?

Gruß

Horst

Hi Horst

Könnte es aber sein,
dass das Mystische nicht nur ein historisch nachweisbarer
Geburtshelfer der Philosophie war, sondern sie über
Jahrhunderte, ja Jahrtausende hinweg mit Einsichten
befruchtete, die bis heute ihre Relevanz nicht verloren haben?

Aber ja, ganz ohne Frage.

  1. Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins
    Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“
    hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

Wenn es ecte mytische Schau ist, wie z.B. glaubhaft verkörpert durch Meister Eckhart und den von dir schon erwähen Böhme - warum sollte es nicht ein schnellerer Fahrstuhl zum Urgrund des Seins sein als langes Theoretisieren in der Bibliothek einer philosophischen Fakultät?!

  1. Gibt es auch heute noch nennenswerte philosophische
    Ansätze, die das mystische Erbe in irgendeiner Weise
    fortführen?

Ich denke mal, dass man das Mystische eigentlich nicht erlernen kann. Manch einem ist so eine Intuition und Innenschau eher gegeben. Das kann man, glaube ich, nicht erzwingen.
Mir selber kamen die „kleinen und größeren Satoris“ jedenfalls immer ganz unverhofft.
Gruß,
Branden

Ich kann nur aus meiner biographie referieren.
Ich komme aus der nuturwissenschaft, konkret, aus der medizin.
Die praktische ausführung hat mir meine seele genommen, wo das seelische überleben nur die pfilosophie ermöglicht hat.
Die kontemlation ist aber keine zuflucht, sondern vermittelt ein nach hause kommen gefühl. Der übergang von der akademischen ODER-Galaxie in die holistische Und-Galaxie.

  1. Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins
    Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“
    hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

Eine Art Widerstreit… und was könnte aber der Urgrund des Seins sein, den man anstreben würde zu erkennen? Ist der (Ur-)Grund des Seins vielleicht dieses Leben in dieser Welt, wobei Welt nicht unbedingt begrenzt sein muss auf die unmittelbare Umwelt, aber das ist zunächst einmal die Umgebung, in der wir leben, handeln, uns verhalten, in Kontakt treten, Verantwortung tragen, uns zurückziehen und wieder hinaus wenden etc. - Ist der Urgrund so abwegig, so „Hoch“, so erhaben, so sehr abhängig von bestimmten Bedingungsfaktoren unseres Denkens/ Empfindens, unserer Entscheidung darüber, ob wir die Dinge so trennen wollen, in zwei teilen, in rationales Denken und in irrationales, mystisch-archaisches Wahrnehmen oder dem Ansatz, dem Willen (?), das „Höchste“ (?) als den Grund aller Dinge (?) zu suchen und sich danach vielleicht zu sehnen, auch wenn diese Sehnsucht es sein könnte, die es so irrational erscheinen lässt?
Vielleicht brauchen wir beides, die Sehnsucht und den Willen, die Verrücktheit und den rationalen Verstand, die Spontanität und die Möglichkeit, sich in Ruhe sich selbst zuzuwenden, um wieder nach außen zu gehen?
Und dann ergeben sich auch vielleicht solche Ereignisse, über die man gar nicht mehr reden kann/ will, weil man das eben nur selbst für sich allein „hat“, wie eine Art Schatz, und dann heißt das Ganze „Lebensfreude“… und das ist vielleicht eine Art UrGrund dieses Seins? Und wenn man so weit ist, kommt vielleicht auch noch mehr Vertrauen zustande? Dann kann man sich noch andere Dinge vorstellen?

Für mich ist es keine Frage eines Widerstreites (und übrigens auch nicht eine des Glaubens an was auch immer!).
Ist es nicht vielleicht so, dass es diesen Gegensatz nicht gibt in dem Moment, wo man einen - für sich selbst definierten - Urgrund erlebt/ erfährt?

Gruß, iceage

Eyes wide shut
Lieber Horst!

nachdem diese Frage ja an eine Diskussion zwischen uns beiden anschließt, möchte ich kurz antworten, auch wenn die Mystik überhaupt nicht mein Metier ist.

Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins
Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“
hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

Ich halte die Mystik für den Anfang und das Ende des Philosophierens zugleich. Der Anfang des Philosophierens markiert den Ausgang aus dem (nicht bloß archaischen) Mythos, das Ende des Philosophierens (gleich ob mystisch oder scientistisch) markiert das Wiedereintreten in den Mythos.

Anders gesagt:
Hier

Der Begriff "Mystik" leitet sich vom griechischen Verb
"myein" (sich schließen, zusammengehen) her, was sich auf das
Schließen der Augen bezieht und auf ein Geheimnis hindeutet,
das mit "irdischen" Augen nicht erkannt werden kann. Dieser
Erkenntnismodus überschreitet - so behaupten die Vertreter der
Mystik - den Horizont der alltäglichen Wahrnehmung und führt
den "Erkennenden" nicht nur zu einer Wirklichkeit "hinter" der vertrauten Wirklichkeit ...
ist das 'rationale' Moment der Mystik zu suchen. Hier -im Platonischen "Staunen"- beginnt das Philosophieren.

Hier dagegen:

... nicht nur zu einer Wirklichkeit "hinter" der
vertrauten Wirklichkeit, sondern lässt ihn mit dieser (in den
Augen der Mystiker) absoluten und einzig wahren Wirklichkeit
(Jakob Böhme sprach vom "Un-" und "Urgrund") in Eins
zusammengehen. Diese Einswerdung von Ich und Urgrund ist die
"unio mystica", die mystische Vereinigung.
ist das 'irrationale' Moment der Mystik zu suchen. Hier verlässt es das Staunen und sucht die Gewissheit. Hier verlässt es die Differenz (der neuen Wirklichkeitserfahrung zur alltäglichen Wirklichkeitserfahrung) und betritt die Identität (von Subjekt und Objekt, von Allem und Einem, von Jetzt und Ekstase).

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

2009 - Odyssee im Welt-Traum
Hi Candide.

Ich halte die Mystik für den Anfang und das Ende des Philosophierens zugleich. Der Anfang des Philosophierens markiert den Ausgang aus dem (nicht bloß archaischen) Mythos, das Ende des Philosophierens (gleich ob mystisch oder scientistisch) markiert das Wiedereintreten in den Mythos.

Mythos ist aber nicht Mystik. Mythos ist narrativ und jongliert mit Bildern, Mystik transzendiert das Narrative und Bildhafte und geht auf das „Ganze“ des Seins, innerhalb dessen alles Narrative, gleich ob mythisch oder szientistisch, seinslose Spiegelungen sind.

Dieser Erkenntnismodus überschreitet - so behaupten die Vertreter der Mystik - den Horizont der alltäglichen Wahrnehmung und führt den „Erkennenden“ nicht nur zu einer Wirklichkeit „hinter“ der vertrauten Wirklichkeit …

ist das ‚rationale‘ Moment der Mystik zu suchen. Hier -im Platonischen „Staunen“- beginnt das Philosophieren.

Wenn ich Staunen als Merkmal der mystischen Erfahrung nannte (zitiert nach Stace, und es ist wahrlich ein nebensächlicher Punkt dabei), dann aber nicht im Sinne jenes Staunens auf der Ebene des Alltagsbewusstseins, dass laut Platon der Anfang des Philosophierens ist, was er u.a. im Kratylos-Dialog hervorhebt. Beides ist nicht miteinander zu verwechseln. Man darf auch nicht vergessen, dass Platon a) als Teilnehmer der Mysterien zur strikten Schweigsamkeit über seine Erfahrung in der Öffentlichkeit verpflichtet war (es drohten schwere Strafen) und dass b) die geschriebene Lehre Platons von seiner „ungeschriebenen“ zu unterscheiden ist, die nur mündlich an Ausgewählte weitergegeben wurde und die eben nicht in den Dialogen zu finden ist.

Hier dagegen:

… nicht nur zu einer Wirklichkeit „hinter“ der vertrauten Wirklichkeit, sondern lässt ihn mit dieser (in den Augen der Mystiker) absoluten und einzig wahren Wirklichkeit (Jakob Böhme sprach vom „Un-“ und „Urgrund“) in Eins zusammengehen. Diese Einswerdung von Ich und Urgrund ist die „unio mystica“, die mystische Vereinigung.–

ist das ‚irrationale‘ Moment der Mystik zu suchen. Hier verlässt es das Staunen und sucht die Gewissheit. Hier verlässt es die Differenz (der neuen Wirklichkeitserfahrung zur alltäglichen Wirklichkeitserfahrung) und betritt die Identität (von Subjekt und Objekt, von Allem und Einem, von Jetzt und Ekstase).

Sie „sucht“ aber nicht die Gewissheit, sondern findet sie. Das ist ja gerade – wie auch Stace betont – ein Charakteristikum der mystischen Erfahrung: die unzweifelhafte Klarheit des Erlebnisses (für den Erfahrenden). Zu dieser Erfahrung kann es methodisch oder zufällig kommen.

Was die Methodik betrifft, bieten die östlichen Systeme ausgefeilte Anleitungen. Hier kann durchaus von einem Suchen gesprochen werden, wobei aber das Ziel – samadhi – feststeht. So gesehen wird also gar nicht gesucht, sondern „verwirklicht“. Das gleiche galt für die Methodik der Eleusinischen Mysterien.

In Fällen von spontaner Erfahrung aber – also nicht methodisch erwirkt -, wie sie z.B. mehrmals bei Plotin und Böhme vorkamen, ist die Erfahrung einfach „da“, ohne gesucht oder erwirkt zu werden.

Die nachträglichen Schilderungen offenbaren in beiden Kategorien ein auffälliges Maß an Übereinstimmung, was u.a. darauf schließen lässt, dass die methodisch erwirkten Erfahrungen nicht nur suggestiv herbeigeführte Konstrukte sind. Dagegen spricht ohnehin die Intensität der unio mystica, die gleichsam „ex nihilo“ Energien freisetzt, deren Verursachung aus einer „ideologischen“ Dynamik heraus nicht angenommen werden kann, ohne dass diese Annahme in arge Begründungsnöte geriete.

Es bleibt also zu klären, inwiefern das Mystische „irrational“ genannt werden kann, was ja genau in die Art von Ausgrenzung erinnert, gegen die Foucault anschrieb.

Gruß

Horst

Mystik vs. materialistische Religion
Hi iceage.

Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“ hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

Ist der (Ur-)Grund des Seins vielleicht dieses Leben in dieser Welt?.. Ist der Urgrund so abwegig, so „Hoch“, so erhaben, so sehr abhängig von bestimmten Bedingungsfaktoren unseres Denkens/ Empfindens, unserer Entscheidung darüber, ob wir die Dinge so trennen wollen, in zwei teilen, in rationales Denken und in irrationales, mystisch-archaisches Wahrnehmen…

Zur ersten Frage: Für die Materialisten ja. Genau das ist ja das Dogma der materialistischen „Religion“ (mit oder ohne Anführungszeichen). Die „Materie“ bildet für sie den Urgrund alles Seienden, auch des Geistigen. Das aber ist der mystischen Ansicht um genau 180 Grad entgegengesetzt. Die materialistische Religion (diesmal ohne Anführungszeichen) hat übrigens viel mehr Begründungsprobleme für die eigenen Prinzipien als die Mystik. Denn sie hat überhaupt kein Fundament, nicht einmal subjektive Erfahrungen, für ihre Dogmen. Schon die Naturwissenschaft, also der vermeintlich engste Verbündete, vermag in Gestalt der Quantenphysik den Materialismus ins Wanken zu bringen.

oder dem Ansatz, dem Willen (?), das „Höchste“ (?) als den Grund aller Dinge (?) zu suchen und sich danach vielleicht zu sehnen, auch wenn diese Sehnsucht es sein könnte, die es so irrational erscheinen lässt?

Ich hatte versucht darzustellen (und das war ja der Sinn der ausführlichen Exposition), dass es sich nicht um irgendeine „Sehnsucht“ handelt, sondern um konkrete Erfahrungen konkreter Menschen. Es geht also nicht um „Wille“ und „Sehnsucht“, sondern um die I n h a l t e der Beschreibungen jener Erfahrungen, die zahlreich vorliegen. D i e müssen diskutiert werden. Nur an diesem Punkt kann – falls notwendig - eine konstruktive Kritik ansetzen.

„Sehnsucht“ und „Wille“ jedoch sind nur aufgebaute Pappkameraden, gegen die leicht schießen ist.

Und dann ergeben sich auch vielleicht solche Ereignisse, über die man gar nicht mehr reden kann/ will, weil man das eben nur selbst für sich allein „hat“, wie eine Art Schatz, und dann heißt das Ganze „Lebensfreude“…

Das ist um Lichtjahre an der Sache vorbei argumentiert. Von irgendeiner sentimentalen Lebensfreude hat kein Mensch gesprochen, auch ich nicht im Post. Und dass von mystischer Erfahrung von Mystikern sogar sehr gerne gesprochen wird (wenn auch eingedenk der kommunikativen Probleme), hat du übersehen.

Ist es nicht vielleicht so, dass es diesen Gegensatz nicht gibt in dem Moment, wo man einen - für sich selbst definierten - Urgrund erlebt/ erfährt?

„Für sich selbst definiert“ - was soll das sein? Analog: Erlebst du einen Orgasmus als „für dich selbst definiert“ oder als etwas Wirkliches, das man nicht erst definieren muss, damit es „ist“? Soll heißen: entweder der „Urgrund“ ist objektive Wahrheit – oder es gibt ihn nicht.

Über die Beschreibung des „Urgrunds“ aber herrscht zwischen Mystikern quer durch die Jahrtausende weitgehende Übereinstimmung, so dass der von dir angedeutete Subjektivitätsaspekt hier keine Rolle spielen kann.

Horst

Hi,

  1. Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins
    Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“
    hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

Fragst du das „Rationale“, welche Begründungen, welche
Rechtfertigungen etc. sollte es geben? Fragst du die Mystik,
dann begibst du dich in, wie du oben selbst erwähntest,
suggestive Ansätze, dein Wille wäre proportional
zu seiner Kraft ein Hindernis. Schon der Ansatz zu deiner
Frage scheint unlösbar.

  1. Gibt es auch heute noch nennenswerte philosophische
    Ansätze, die das mystische Erbe in irgendeiner Weise
    fortführen?

Meinst du sowas?

http://www.mystik.uni-siegen.de/Texte/Berensmeyer200…

Gruß
Powenz

Begründungsprobleme des Materialismus
Hi Powenz.

Ist der mystische Ansatz eine archaische Verirrung ins Irrationale oder führt er das Erkennen über das „Rationale“ hinaus zum „Urgrund“ des Seins?

Fragst du das „Rationale“, welche Begründungen, welche Rechtfertigungen etc. sollte es geben?

Nein, nein, ich meine nur das aus der konventionellen, also nicht-mystischen Sicht als „Rationales“ definierte, materialistisch orientierte Rationale, also n i c h t die Art von Rationalität, die ich selbst definieren würde (und die ein Teil der Mystik wäre). Was Begründungen und Rechtfertigungen betrifft, hält sich die Mystik doch ganz und gar nicht zurück. Sie ist n i c h t ein Verzicht auf Begründung, im Gegenteil, durch ihre Reflexionen auf den „Urgrund“ liefert sie doch gerade d i e Begründung, auf der alle anderen Begründungen überhaupt erst gründen können :smile:. Wie sehen denn die Begründungen in den nicht-mystischen Wissenschaften aus? Sie gründen so fest wie Jesus auf den Wassern wandelnd: also ziemlich mythisch.

Fragst du die Mystik, dann begibst du dich in, wie du oben selbst erwähntest, suggestive Ansätze, dein Wille wäre proportional zu seiner Kraft ein Hindernis. Schon der Ansatz zu deiner Frage scheint unlösbar.

Wenn ich das recht verstehe, dann habe ich das im vorausgehenden Abschnitt schon beantwortet. D.h. die Mystik verzichtet eben keinesfalls auf Begründungen, auch wenn ihre Inhalte nicht per Messgerät objektivierbar sind. Würde man die Wirklichkeit von was auch immer von solcher Objektivierbarkeit abhängig machen, stände man ganz schon leer da: unser komplettes geistiges und nicht-objektivierbares Innenleben wäre so nichtig wie ein Schatten in finsterer Nacht. Also genau das, was wir (als Menschen) s i n d, gälte als Nicht-Wirkliches. Diese Art von reduktionistischem Materialismus macht aus lebendigen geisterfüllten Menschen seelenlose Zombies.

Gibt es auch heute noch nennenswerte philosophische Ansätze, die das mystische Erbe in irgendeiner Weise fortführen?

Meinst du sowas?

Ja, z.B. so etwas. Ich persönlich favorisiere natürlich Kenny, aber auch dein Link führt mitten hinein in die geistige Szene, die den transpersonalen Aspekt bzw. die Fusion von Mystik und Philosophie mit modernen Mitteln fortführt.

Gruß

Horst

Lieber Horst!

Ich halte die Mystik für den Anfang und das Ende des Philosophierens zugleich. Der Anfang des Philosophierens markiert den Ausgang aus dem (nicht bloß archaischen) Mythos, das Ende des Philosophierens (gleich ob mystisch oder scientistisch) markiert das Wiedereintreten in den Mythos.

Mythos ist aber nicht Mystik.

Natürlich nicht.
Der Begriff „Mythos“ war hier deiner Einteilung rational/irrational geschuldet, nicht dem Thema der Mystik.

Wenn ich Staunen als Merkmal der mystischen Erfahrung nannte
(zitiert nach Stace, und es ist wahrlich ein nebensächlicher
Punkt dabei), dann aber nicht im Sinne jenes Staunens auf der
Ebene des Alltagsbewusstseins, dass laut Platon der Anfang des
Philosophierens ist, was er u.a. im Kratylos-Dialog
hervorhebt. Beides ist nicht miteinander zu verwechseln.

Das was die Philosophie seit langer Zeit das „Platonische Staunen“ nennt, das ist wahrlich nicht auf der Ebene des Alltagsbewusstseins anzusiedeln.

Ansonsten hatte ich das in der Tat zu schnell gleichgesetzt.

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

[…] dass b) die geschriebene Lehre Platons von seiner
„ungeschriebenen“ zu unterscheiden ist, die nur mündlich an
Ausgewählte weitergegeben wurde und die eben nicht in den
Dialogen zu finden ist.

Entschuldigt bitte die Einmischung! Mich würden zu dem Obigen überzeugende Quellen interessieren. Die Stelle in ep. 7 (341 c) sagt das m. E. nicht.
Ist Platons ungeschriebene Lehre wirklich mehr als selbst ein Mythos oder gar nur die gegen einiges Geld seit 1963 als „Weisheit aus Tübingen“ (Helmut Kuhn, mündlich) zu beziehende Lehre von Platons ungeschriebender Lehre?
Seine dafür immer herangezogene späte Vorlesung „Über das Gute“ hat doch auch aus dem inner circle niemand begriffen: Mathematik halt (wie ín der politieia die falsche Zahl für die Kinderzeugung als Grund für die Entartung des Idealstaates).
Schönen Gruß!
Hannes

Ist der (Ur-)Grund des Seins vielleicht dieses Leben in dieser Welt?.. Ist der Urgrund so abwegig, so „Hoch“, so erhaben, so sehr abhängig von bestimmten Bedingungsfaktoren unseres Denkens/ Empfindens, unserer Entscheidung darüber, ob wir die Dinge so trennen wollen, in zwei teilen, in rationales Denken und in irrationales, mystisch-archaisches Wahrnehmen…

Zur ersten Frage: Für die Materialisten ja. Genau das ist ja
das Dogma der materialistischen „Religion“ (mit oder ohne
Anführungszeichen). Die „Materie“ bildet für sie den Urgrund
alles Seienden, auch des Geistigen. Das aber ist der
mystischen Ansicht um genau 180 Grad entgegengesetzt. Die
materialistische Religion (diesmal ohne Anführungszeichen) hat
übrigens viel mehr Begründungsprobleme für die eigenen
Prinzipien als die Mystik. Denn sie hat überhaupt kein
Fundament, nicht einmal subjektive Erfahrungen, für ihre
Dogmen.

Ist es nicht so, dass diese materialistischen „Religionen“ (ich setz das ruhig auch mal in Anführungszeichen) erstens einen total verkürzten Begriff davon haben könnten, was es meint, dieses Leben in dieser Welt zu leben und zweitens das Subjektive im Sinne von nicht-objektiv für problematisch halten?

(Einen Apfel hat jedeR bereits einmal vom Baum fallen sehen, sofern er/ sie zur richtigen Zeit in die Nähe eines gut sichtbaren Apfelbaumes gelangte:smile:)

(Mir kommt gerade der - nur angedeutete - Gedanke: Es ist vielleicht aber auch „nützlich“ für solche Ansätze, wenn man sowas wie Objektivität beansprucht?)

Schon die Naturwissenschaft, also der vermeintlich
engste Verbündete, vermag in Gestalt der Quantenphysik den
Materialismus ins Wanken zu bringen.

Die Revolution frisst am Ende vielleicht ihre eigenen Kinder?
Es war womöglich kein gewagter, sondern ein dummer Schritt, als - (bestimmte, längst nicht alle, aber die wurden ja auf überschaubare Zahlen reduziert) - Menschen begannen, sich ÜBER das zu erheben, was sie hervorbrachte?

Ich hatte versucht darzustellen (und das war ja der Sinn der
ausführlichen Exposition), dass es sich nicht um irgendeine
„Sehnsucht“ handelt, sondern um konkrete Erfahrungen konkreter
Menschen. Es geht also nicht um „Wille“ und „Sehnsucht“,
sondern um die I n h a l t e der Beschreibungen jener
Erfahrungen, die zahlreich vorliegen. D i e müssen diskutiert
werden. Nur an diesem Punkt kann – falls notwendig - eine
konstruktive Kritik ansetzen.

„Sehnsucht“ und „Wille“ jedoch sind nur aufgebaute
Pappkameraden, gegen die leicht schießen ist.

Diese Begriffe scheinen wohl wirklich leicht angreifbar… man müsste erst eine konkrete Bestimmung vornehmen?

Und dann ergeben sich auch vielleicht solche Ereignisse, über die man gar nicht mehr reden kann/ will, weil man das eben nur selbst für sich allein „hat“, wie eine Art Schatz, und dann heißt das Ganze „Lebensfreude“…

Das ist um Lichtjahre an der Sache vorbei argumentiert. Von
irgendeiner sentimentalen Lebensfreude hat kein Mensch
gesprochen, auch ich nicht im Post. Und dass von mystischer
Erfahrung von Mystikern sogar sehr gerne gesprochen wird (wenn
auch eingedenk der kommunikativen Probleme), hat du übersehen.

Da habe ich mich wohl etwas zu lapidal ausgedrückt.
Der Begriff „Lebensfreude“ steht für mich in keinerlei Zusammenhang mit einem bloß sentimentalen Gefühl; ganz im Gegenteil. Ich gehe davon aus, dass aus gewissen - nenne es mystischen - Erfahrungen überhaupt erst eine bestimmte Qualität der Freude entspringt.
(Wer über eigene „mystische“ Erfahrungen spricht, macht sich leicht angreifbar; es ist vielleicht besser, sie nicht mit jedem „teilen“ zu wollen?)

Ist es nicht vielleicht so, dass es diesen Gegensatz nicht gibt in :dem Moment, wo man einen - für sich selbst definierten - Urgrund :erlebt/ erfährt?

„Für sich selbst definiert“ - was soll das sein? Analog:
Erlebst du einen Orgasmus als „für dich selbst definiert“ oder
als etwas Wirkliches, das man nicht erst definieren muss,
damit es „ist“? Soll heißen: entweder der „Urgrund“ ist
objektive Wahrheit – oder es gibt ihn nicht.

Mit „für sich selbst definiert“ meine ich: Was ich erlebe und erfahre, befindet sich in meinem Besitz und lasse ich von niemandem in Zweifel ziehen; es ist MEIN (kostbares, schützenswertes) Eigentum… und was nicht JEDEM gerade so vor die Füße fällt (wie etwa ein Apfel*), muss um so mehr geschützt sein… angesichts auch der Menschen, die einen Besitz der einzigen Wahrheit beanspruchen und von „Subjektivität“ rein gar nichts halten, sofern sie nicht „objektiv“ ist…!?

Über die Beschreibung des „Urgrunds“ aber herrscht zwischen
Mystikern quer durch die Jahrtausende weitgehende
Übereinstimmung, so dass der von dir angedeutete
Subjektivitätsaspekt hier keine Rolle spielen kann.

Horst

Diese Beschreibungen ziehe ich nicht in Zweifel.
(Und ich bin überzeugt, dass alle diese Menschen, die ihre speziellen Erfahrungen mit einem „Urgrund“ machten, diese auch in diese Welt brachten, mit Worten und mit entsprechenden Taten.)

Gruß,
iceage

* Wobei: Wann wohl abgestritten wird, dass es je sowas wie richtige Äpfel gab? Schon heute ist ja ein „unbehandelter“ Apfel nur noch ekelerregend und gilt nahezu als ungenießbar?!

Hi Horst.

Was Begründungen und Rechtfertigungen
betrifft, hält sich die Mystik doch ganz und gar nicht zurück.

Mir ist noch nicht ganz klar, was du unter „die Mystik“ verstehst?

Sie ist n i c h t ein Verzicht auf Begründung, im Gegenteil,
durch ihre Reflexionen auf den „Urgrund“ liefert sie doch
gerade d i e Begründung, auf der alle anderen Begründungen
überhaupt erst gründen können :smile:.
Wie sehen denn die
Begründungen in den nicht-mystischen Wissenschaften aus? Sie
gründen so fest wie Jesus auf den Wassern wandelnd: also
ziemlich mythisch.

Die Forderung nach Begründung, Beweis o.ä. trat doch gerade
erstmals mit der Ablösung des mythischen durch das philosophisch-
wissenschaftliche Denken, durch Diskurs, wie Sokrates die
gängige Meinungen in Frage gestellt hat, über Aristoteles,
der differenzierter wurde: Erkenntnisgrund, Werdensgrund
und Seinsgrund…auf.
Wie willst du denn ausschliessen, dass nicht gerade die
Geschichte des philosophischen Denkens eine Reflexion
AUS dem, wie du das nennst, Urgrund ist?
Du kämpfst, scheint mir machmal, gegen Windmühlen.
(Nicht böse gemeint!)

Fragst du die Mystik, dann begibst du dich in, wie du oben selbst erwähntest, suggestive Ansätze, dein Wille wäre proportional zu seiner Kraft ein Hindernis. Schon der Ansatz zu deiner Frage scheint unlösbar.

Wenn ich das recht verstehe, dann habe ich das im
vorausgehenden Abschnitt schon beantwortet.

Nein, es geht hier nicht um Begründung, sondern um
Erkenntnisgewinn. Mystik ist, korrigiere mich,
wenn du das anders meinst, eine Bezeichnung für
ein Erlebnis oder eine Erfahrung der Vereinigung
der menschlichen Seele, mit dem „Urgrund“, „Seinsgrund“,
„Gott“ je nach Gusto. So wie du hier argumentierst,
gewinnt man den Eindruck, du könntest nach Belieben
über diese Ressourcen verfügen, einfach die Augen
schließen. Die Vielzahl der Leute, die jahrelange
Meditationspraxis hinter sich haben, ohne nur einen
Funken von Reflexion ist doch um ein vielfaches
höher, als die wenigen Berichte mystischer Meister.
Woher weisst du, dass diese nicht einfach nur
geisteskrank waren, provokativ gefragt? Kannst du
das wirklich ausschließen? Und wenn du deine
Vorstellung vom Sein apriorisch auf den „Urgrund“
projizierst, dann versucht du diesen zu dominieren,
d.h. du schreibst der Welt vor, wie sie zu sein hat,
anstatt zu erkunden, wie die Welt ist!
Können wir denn überhaupt verstehen, dass/wenn wir nicht
verstehen? Ist das nicht schon ein entlarvender
Widerspruch in sich?

D.h. die Mystik
verzichtet eben keinesfalls auf Begründungen, auch wenn ihre
Inhalte nicht per Messgerät objektivierbar sind.

Die Mystik oder deren Vertreter? :smile:
Du denkst aber nicht, dass du Messungen mystisch
vornehmen kannst? Oder wie muss ich das verstehen?

Würde man die
Wirklichkeit von was auch immer von solcher Objektivierbarkeit
abhängig machen, stände man ganz schon leer da: unser
komplettes geistiges und nicht-objektivierbares Innenleben
wäre so nichtig wie ein Schatten in finsterer Nacht.

Wer sagt denn sowas? So borniert wird wohl niemand
sein.

Ja, z.B. so etwas. Ich persönlich favorisiere natürlich Kenny,
aber auch dein Link führt mitten hinein in die geistige Szene,
die den transpersonalen Aspekt bzw. die Fusion von Mystik und
Philosophie mit modernen Mitteln fortführt.

Der Link war nur der Erstbeste, den ich eben grade
ergoogelt habe. Mehr zu meiner Orientierung,
als zu deiner Information.
Luhmann hat die „Mystik“ in seine Systemtheorie
eingebaut, aber das ist eher soziologisch, als
philosophisch. Aber es könnte dich vllt. interessieren.
Du stellst Fragen und hast bereits eine Antwort
parat. Was ist denn deine Intention?
Oder ging es wirklich nur um deine Diskussion
mit Candide?

Gruß
Powenz

Sparringspartner gesucht?
Hallo,

Du stellst Fragen und hast bereits eine Antwort
parat. Was ist denn deine Intention?

Ich hatte (auch?) schon oft den Eindruck,
dass hier jemand nur einen Sparringspartner sucht.

Gruss
Nescio

Ja
Hi Nescio.

Ich hatte (auch?) schon oft den Eindruck, dass hier jemand nur einen Sparringspartner sucht.

Argumentativer Disput ist der einzig vernünftige Biotop des Philosophischen. Es geht dabei nicht Gewinnen oder Verlieren, sondern um das Herausarbeiten der Stärken und Schwächen von Argumenten und Positionen der jeweiligen Debattanten. Das „Ziel“ sollte also ein höheres sein als nur die Bestätigung subjektiver Narzissmen.

Aus Wiki:

„Sparring ist eine Form des Trainings, die es in vielen Kampfsportarten gibt. Es handelt sich um ein Kämpfen ähnlich wie im Wettkampf, jedoch mit geänderten Regeln und Vereinbarungen, die Verletzungen weitgehend verhindern sollen. Die Absicht des Sparrings ist, die Fähigkeiten der Teilnehmer zu verbessern, während im Wettkampf ein Sieger ermittelt werden soll.“

Begrüßen würde ich es, wenn du öfters und vielzeiliger in den Ring steigen würdest.

Gruß

Horst

Haben Windmühlen Professorentitel?
Hi Powenz.

Mir ist noch nicht ganz klar, was du unter „die Mystik“ verstehst?

Ausgeführt war das schon einigermaßen detailliert im Ausgangspost. Mystik ist eine monistische Philosophie, die als Grundlage ihres Systems einen alles physisch und mental Seiende einfassenden und hervorbringenden, nonpersonalen und nondualen „Urgrund“ (oder welcher Begriff auch immer) annimmt und sowie die konkrete Erfahrbarkeit dieses Urgrundes durch ein erkennendes Subjekt. Sie unterscheidet sich von Religion durch den Verzicht auf mythische Gottfiguren und von der Philosophie (im engeren Sinne) durch den Bezug auf konkrete Erfahrbarkeit des das mystische System fundierenden „Urgrundes“.

Anders gesagt: die Religion glaubt, die Philosophie denkt und die Mystik „weiß“.

Übrigens gehört auch der Vedanta zur Mystik. Also das neben dem Buddhismus renommierteste philosophische System Asiens.

Wie sehen denn die Begründungen in den nicht-mystischen Wissenschaften aus? Sie gründen so fest wie Jesus auf den Wassern wandelnd: also ziemlich mythisch.

Die Forderung nach Begründung, Beweis o.ä. trat doch gerade erstmals mit der Ablösung des mythischen durch das philosophisch-

wissenschaftliche Denken, durch Diskurs, wie Sokrates die gängige Meinungen in Frage gestellt hat…

Ich will nur die gängige Ansicht konterkarieren, dass das moderne „rationalistische“ Weltbild auf sicheren Beinen steht. Das tut es nämlich gar nicht, und dagegen anzuargumentieren, hat nichts mit einem Ritt gegen Windmühlen zu tun (wie kommst du denn darauf?). Sondern mit dem Versuch, im modernen Rationalen einen verschleierten Mythizismus aufzudecken.

Und der nennt sich heutzutage „Naturalismus“. Dieser ist die am weitesten verbreitete Anschauung unter heutigen Naturwissenschaftlern. Naturalismus heißt: alles Leben, auch alles Geistige, ist aus der Evolution des Materiellen entstanden. Er bedeutet auch, dass a l l e s mit physikalischen, chemischen, biologischen und neuronalen Begriffen beschrieben werden kann. Er bedeutet, dass Bewusstsein bestenfalls ein Epiphänomen ist, jedenfalls etwas Unbedeutendes und, für manche Neurophilosophen bedeutet es sogar: es gibt überhaupt kein Bewusstsein.

Wenn du so etwas nur eine „Windmühle“ nennst, bitte sehr. Dann ist unser Planet und vor allem seine Universitäten gespickt mit diesen Windmühlen (ich gehe unten näher darauf ein, incl. Link). Gut nur, dass es auch zahlreiche Don Quichottes gibt.

Wie willst du denn ausschliessen, dass nicht gerade die Geschichte des philosophischen Denkens eine Reflexion AUS dem, wie du das nennst, Urgrund ist?

Verstehe ich jetzt nicht. Meinst du, dass Philosophie aus Mystik hervorging? Das hatte ich doch so dargestellt. Oder was meinst du?

Nein, es geht hier nicht um Begründung, sondern um Erkenntnisgewinn … So wie du hier argumentierst, gewinnt man den Eindruck, du könntest nach Belieben über diese Ressourcen verfügen, einfach die Augen schließen.

Erstmal: Mystik ist unabhängig von speziellen Methoden. Das mit dem Augenschließen ist rein metaphorisch, es deutet auf Unerkennbarkeit durch das „irdische“ Auge, wie ich schrieb. Nimm das also bitte nicht wörtlich.

Zweitens: Dass das „Verfügen“ eine einfache Sache sei, hat keiner behauptet und geht aus meinem Argumentieren auch nicht hervor. Im Gegenteil, es ist sehr schwer und von sehr günstigen (inneren und äußeren) Bedingungen abhängig, über jene „Ressource“ zu verfügen.

Die Vielzahl der Leute, die jahrelange Meditationspraxis hinter sich haben, ohne nur einen Funken von Reflexion ist doch um ein vielfaches höher, als die wenigen Berichte mystischer Meister.

Erstens: es gibt zahllose Berichte über mystische Erfahrung. Sammelte man alle gegenwärtig verfügbaren Berichte aus aller Herren Länder und Zeiten, käme sicher ein vierstelliges Paket zusammen. Wobei sie nicht nur von „Meistern“ stammen, sondern auch – in der Mehrzahl – von entsprechend begabten Laien. Denn Erfahrung allein macht noch keinen Meister. Sie ist nur eine notwendige Voraussetzung dafür.

Zweitens: in Hollywood kursieren in jedem Moment 50.000 Drehbücher (letztes Jahr auch eines von mir), aber nur 300 davon werden pro Jahr produziert (leider noch keines von mir). Soviel zu deiner wenig aussagekräftigen Statistik Meister vs. Schüler.

Woher weisst du, dass diese nicht einfach nur geisteskrank waren, provokativ gefragt? Kannst du das wirklich ausschließen?

Wo du mich so direkt fragst: ja, im Prinzip kann ich das ausschließen. Es gibt anerkannte Kriterien für die Beurteilung einer Erfahrung im Hinblick darauf, ob sie genuin mystisch ist. Das von mir genannte Sextett mystischer Elemente (nach Stace) ist ein solcher Kriterienkatalog. Außerdem maße ich mir an, selbst schon einige mystische Erfahrung auf dem Konto zu haben. Ich weiß also, wovon ich rede, wenn es um dieses Thema geht. Wenn deine nächste Frage ist, woher ich weiß, dass i c h nicht geisteskrank bin, dann unterbreite mir bitte deine Kriterien für das Vorliegen einer „Geisteskrankheit“, bitte auch incl. Nachweis deiner eigenen mentalen Gesundheit :smile:, und dann gucken wir mal …

Und wenn du deine Vorstellung vom Sein apriorisch auf den „Urgrund“ projizierst, dann versucht du diesen zu dominieren, d.h. du schreibst der Welt vor, wie sie zu sein hat, anstatt zu erkunden, wie die Welt ist!

Ich glaube, d a s Argument hat sich aufgrund meiner vorausgehenden Einlassung erledigt.

Ich muss bei der Gelegenheit feststellen, dass du gerne ad hominem (also gegen die Person) argumentierst, statt die Sache selbst (die Thesen der Mystik) frontal anzugehen. Du schreibst ständig von m i r (danke, das ehrt mich) oder von möglicherweise „geisteskranken“ Mystikern. Das sind aber keine Argumente in der Sache. Du widerlegst damit also in keinster Weise die Aussagen der Mystik (zu welcher eben auch der Vedanta gehört), du berührst sie nicht einmal.

Würde man die Wirklichkeit von was auch immer von solcher Objektivierbarkeit abhängig machen, stände man ganz schon leer da: unser komplettes geistiges und nicht-objektivierbares Innenleben wäre so nichtig wie ein Schatten in finsterer Nacht.

Wer sagt denn sowas? So borniert wird wohl niemand sein.

O doch, z.B. die weltbekannten Wissenschaftlicher Paul und Patricia Churchland, zwei Vertreter des Eliminativen Materialismus. Könnte es sein, dass du in puncto „Philosophie des Geistes“ nicht ganz auf der Höhe der aktuellen Diskussion bist?

http://de.wikipedia.org/wiki/Eliminativer_Materialismus

Luhmann hat die „Mystik“ in seine Systemtheorie eingebaut, aber das ist eher soziologisch, als philosophisch. Aber es könnte dich vllt. Interessieren.

Danke. Dass Luhmann ein Faible für Mystik hat, ist mir bekannt. Ist auch nicht Ungewöhnliches in der internationalen geisteswissenschaftlichen Szene.

In diesem Brett allerdings schon :smile:

Gruß

Horst

Hi Horst,

auf die Schnelle:

Anders gesagt: die Religion glaubt, die Philosophie denkt und
die Mystik „weiß“.

Dann bin ich wohl nicht der richtige Sparringspartner
für dich, ich weiß nichts und denke nur manchmal.

Übrigens gehört auch der Vedanta zur Mystik. Also das neben
dem Buddhismus renommierteste philosophische System Asiens.

Wovon schon Himmler ein Verehrer war. Was aber nix qualitatives
aussagen soll, die Mystik zieht halt viele an.

Ich will nur die gängige Ansicht konterkarieren, dass das
moderne „rationalistische“ Weltbild auf sicheren Beinen steht.
Das tut es nämlich gar nicht, und dagegen anzuargumentieren,
hat nichts mit einem Ritt gegen Windmühlen zu tun (wie kommst
du denn darauf?).

Ich dachte eigentlich eher an andere Windmühlen,
die in uns selbst.

Wie willst du denn ausschliessen, dass nicht gerade die Geschichte des philosophischen Denkens eine Reflexion AUS dem, wie du das nennst, Urgrund ist?

Verstehe ich jetzt nicht. Meinst du, dass Philosophie aus
Mystik hervorging? Das hatte ich doch so dargestellt. Oder was
meinst du?

Nein, genau wie ich schrieb, aus dem „wissenden Urgrund“.

Erstmal: Mystik ist unabhängig von speziellen Methoden. Das
mit dem Augenschließen ist rein metaphorisch, es deutet auf
Unerkennbarkeit durch das „irdische“ Auge, wie ich schrieb.
Nimm das also bitte nicht wörtlich.

So blöd bin ich nun auch wieder nicht! :wink:)

Zweitens: Dass das „Verfügen“ eine einfache Sache sei, hat
keiner behauptet und geht aus meinem Argumentieren auch nicht
hervor.

Siehst du, genau das meinte ich mit du willst
dominieren! Noch nicht einmal eine reflexive
Einschätzung eines anderen läßt du zu.

Erstens: es gibt zahllose Berichte über mystische Erfahrung.
Sammelte man alle gegenwärtig verfügbaren Berichte aus aller
Herren Länder und Zeiten, käme sicher ein vierstelliges Paket
zusammen.

Wahrscheinlich noch mehr! Und du hast noch nie auch nur
einen Funken von Skepsis empfunden?

Zweitens: in Hollywood kursieren in jedem Moment 50.000
Drehbücher (letztes Jahr auch eines von mir), aber nur 300
davon werden pro Jahr produziert (leider noch keines von mir).
Soviel zu deiner wenig aussagekräftigen Statistik Meister vs.
Schüler.

Tja, das wird wohl der Grund sein, warum die Mehrzahl
der Leute sich nicht der Mystik verschreiben, sondern der
Vernunft.

auch incl. Nachweis deiner eigenen mentalen Gesundheit :smile:,
und dann gucken wir mal …

In einer Welt voll Verrückter muß der Normale
als verrückt gelten. :wink:)

Ich muss bei der Gelegenheit feststellen, dass du gerne ad
hominem (also gegen die Person) argumentierst, statt die Sache
selbst (die Thesen der Mystik) frontal anzugehen. Du schreibst
ständig von m i r (danke, das ehrt mich)

Natürlich will ich wissen mit wem ich es zu tun habe,
bevor ich mich als Sparringspartner zur Verfügung stelle!

oder von
möglicherweise „geisteskranken“ Mystikern.

Hast du das noch nie in Betracht gezogen?

Das sind aber keine
Argumente in der Sache.

Natürlich nicht, aber ich halte es für legitim oder
besser gesagt sogar notwendig, mich einer Sache oder
Person zu versichern, bevor ich mich dafür begeistere.

Könnte es sein, dass du in puncto „Philosophie
des Geistes“ nicht ganz auf der Höhe der aktuellen Diskussion
bist?

Da wirst du wohl Recht haben! :smile:

Gruß
Powenz

Wahrscheinlich echt
Hi Hannes.

Platons „siebter Brief“ ist zwar nicht unumstritten, was seine Autorschaft betrifft, aber in der Fachwelt zumindest als „sehr wahrscheinlich echt“ angesehen. Es gibt auch die ernsthaft erwogene Option, dass es die Niederschrift eines Schülers ist, die authentisches biografisches Material über Platon wiedergibt.

Hier ein Link, der dich sicher interessiert (auch wenn du ihn vielleicht schon kennst):

http://www.harmonik.de/harmonik/vtr_pdf/Beitraege940…

Vielleicht kann dir Metapher bei der Echtheitsfrage weiterhelfen, mir fehlen dazu die notwendigen philologischen Kenntnisse.

Gruß

Horst

Naturalismus als moderne Phantasmagorie
Hi Iceage.

Genau das ist ja das Dogma der materialistischen „Religion“ (mit oder ohne Anführungszeichen). Die „Materie“ bildet für sie den Urgrund alles Seienden, auch des Geistigen.

Ist es nicht so, dass diese materialistischen „Religionen“ (ich setz das ruhig auch mal in Anführungszeichen) erstens einen total verkürzten Begriff davon haben könnten, was es meint, dieses Leben in dieser Welt zu leben und zweitens das Subjektive im Sinne von nicht-objektiv für problematisch halten?

Ich meine, ja, sie haben einen verkürzten Begriff von Leben und Welt. Sie nehmen – eher unbewusst – den Mesokosmos zur Grundlage ihrer Weltsicht.

Man unterscheidet bekanntlich Mikokosmos, Mesokosmos, Makrokosmos und Megakosmos. Das sind die Größenordnungen der physikalischen Welt, die in unterschiedlicher Weise wahrnehmbar sind. Der Mikrokosmos ist die Ebene des Subatomaren. Hier gelten völlig andere Prinzipien als im darüber gelegenen Mesokosmos (die Welt der Gegenstände, in der wir leben: Tisch, Apfel, Mensch, Stadt, Landschaft usw.). Diese Meso-Ebene ist die einzige, die wir ohne Instrumente wahrnehmen können. Aus dieser Wahrnehmungsebene leitet sich dann auch das irrtümliche Konzept vom Materiellen als etwas „Handfestem“ ab, welches allein die Basis alles Existierenden sei. Makrokosmos ist die astronomische Dimension, und Megakosmos der (theoretische) Blick auf Ganze.

Fakt ist, dass unser Universum, physikalisch betrachtet, praktisch leer ist. Das gilt sowohl für die makrokosmische Dimension (gigantische Leere mit extrem minimaler Ansammlung physikalischer Objekte) wie für die mikroskopische (die Leere im subatomaren Bereich ist noch gigantischer als im makroskopischen). In diesen beiden Perspektiven erscheint die Welt absolut nicht als „materiell“. Sie besteht – auf der physikalischen Ebene wohlgemerkt – eher aus Nichts plus ein ganz klein bisschen was.

Aus der Relativität des mit Pseudo-Materialität vollgepackten Mesokosmos aber – relativ zu den Sinnesorganen des Menschen – erwächst der vordergründige Glaube an die "Urgrundhaftigkeit“ des Materiellen. Das hat natürlich auch historische Gründe. Mit dem Verfall des Christentums ging der Aufstieg der Naturwissenschaften und der Absolutismus des Empirischen einher. An sich eine zunächst vernünftige Entwicklung, die aber zu einem Reduktionismus führte: nur das Messbare galt fortan als das Wirkliche. Alles, was nicht-messbar, also nicht objektivierbar ist, stand unter dem Verdacht des Spekulativen, des Phantasierten, des Nichtwirklichen. Ein klassischer Fall von Ausschütten des Kindes mit dem Bade. Da das Transzendente nur mit den Phantasmagorien der Theologie assoziiert wurde, galt alles Transzendente, auch nichtchristlicher Provenienz, pauschal als Phantasmagorie. Natürlich nicht bei jedermann, auch nicht in der Philosophie, aber dieser Materialismus (Naturalismus) prägt bis in unsere Zeit hinein mindestens die halbe philosophische Landschaft, erst recht seit dem Aufkommen der analytischen Philosophie.

Was aber nicht unbedingt zu beklagen ist, da das alles ein notwendiger Reinigungsprozess war. Es gab immer auch alternative Strömungen in der Philosophie, seit den quantenphysikalischen Erkenntnissen auch zunehmend im naturwissenschaftlichen Bereich, in denen das Erbe der Mystik fortlebt. Denn parallel zum Aufkommen des Naturalismus verstärkte sich z.B. der Einfluss asiatischer Lehren in der westlichen Welt. Hinzu kam die (durch diesen Einfluss begünstigte) spirituelle Revolution in den 60s.

Ich würde daher sagen, dass die Partie heutzutage unentschieden steht (Naturalismus vs. „Mystisch fundierte Weltanschauung bei Wissenschaftlern“). Die quantitativen Verhältnisse hier im Brett spiegeln die objektive Situation keineswegs wider.

Der Begriff „Lebensfreude“ steht für mich in keinerlei Zusammenhang mit einem bloß sentimentalen Gefühl; ganz im Gegenteil. Ich gehe davon aus, dass aus gewissen - nenne es mystischen - Erfahrungen überhaupt erst eine bestimmte Qualität der Freude entspringt.

Ich würde das aber nicht Freude nennen, denn der Begriff ist bereits von den Materialisten gepachtet, die sich an ihrer Dingwelt erfreuen. Die beschriebene „höchste Freude“ in der mystischen Erfahrung ist etwas ganz anderes, eher mit Wonne oder Ekstase gleichzusetzen, wie es dem vedantischen „ananda“ entspricht, dem Seligkeitsaspekt des Brahman. Aus mystischer Erfahrung folgt nicht zwangsläufig ein dauerhaftes euphorisches Lebensgefühl. Das wäre auch ziemlich naiv, jedenfalls meiner Ansicht nach, denn es ist und bleibt so viel Leid in der Welt, das sich Menschen gegenseitig antun, dass kein Grund besteht, „Hosianna“ zu rufen.

(Wer über eigene „mystische“ Erfahrungen spricht, macht sich leicht angreifbar; es ist vielleicht besser, sie nicht mit jedem „teilen“ zu wollen?)

Jeder macht sich „angreifbar“, der die Karten auf den Tisch legt. Am angreifbarsten sind die Naturalisten, weswegen sie auch ungern ihre Karten aufdecken.

Mit „für sich selbst definiert“ meine ich: Was ich erlebe und erfahre, befindet sich in meinem Besitz und lasse ich von niemandem in Zweifel ziehen; es ist MEIN (kostbares, schützenswertes) Eigentum… und was nicht JEDEM gerade so vor die Füße fällt (wie etwa ein Apfel*), muss um so mehr geschützt sein… angesichts auch der Menschen, die einen Besitz der einzigen Wahrheit beanspruchen und von „Subjektivität“ rein gar nichts halten, sofern sie nicht „objektiv“ ist…!?

Subjektivität unter Verdacht zu stellen, ist legitim. Nur ist es halt so, dass auch diese Objektivisten Subjekte sind und ihre Kriterien subjektiv wählen. Daher bringt es gar nichts, wenn - im Falle der Mystik - diese als „nur subjektiv“ abqualifiziert wird. Die Skeptiker vergessen, dass sie selbst nur Subjekte sind.

Was Erfahrung betrifft: sie ist nicht immer ein Eigentum. Unter Umständen verpflichtet sie sogar zur Mitteilung, das kommt darauf an. Im mystischen Fall würde ich das bejahen. Denn es liegt wohl im Wesen dieser Erfahrung, den persönlichen Kontext zu sprengen (sonst wäre sie ja nicht mystisch), und das bedeutet, dass sie alle Menschen etwas angeht. Was natürlich nicht heißt, dass man damit um sich schleudern muss. Die Richtung und Dosierung sollte halt stimmen.

Gruß

Horst

Hallo Horst,

Ich würde daher sagen, dass die Partie heutzutage
unentschieden steht (Naturalismus vs. „Mystisch fundierte
Weltanschauung bei Wissenschaftlern“). Die quantitativen
Verhältnisse hier im Brett spiegeln die objektive Situation
keineswegs wider.

es dürfte spannend sein, die zukünftige Entwicklung zu erleben!

Aus mystischer Erfahrung folgt nicht zwangsläufig ein dauerhaftes
euphorisches Lebensgefühl. Das wäre auch ziemlich naiv,
jedenfalls meiner Ansicht nach, denn es ist und bleibt so viel
Leid in der Welt, das sich Menschen gegenseitig antun, dass
kein Grund besteht, „Hosianna“ zu rufen.

Kann man nicht bestimmte Begriffe - wie etwa den der „Freude“ „zurück gewinnen“? Wenn „Freude“ - ebenso wie Leiden - im materialistischen Sinne verflacht und auf bloßes Vergnügen reduziert wird, dann muss man das nicht so stehen lassen, oder?

Und Lebensfreude schließt doch nicht aus, auch die Grausamkeiten wahrzunehmen. Ich bin der Ansicht, dass Menschen, die eine bestimmte Verbindung zu sich und dem Leben besitzen, solchen Menschen, die anderen Leid zufügen, viel mehr entgegensetzen können, als Menschen, die von einer bestimmten Freude abgekappt oder entfremdet sind. Ich bin sogar der Auffassung, dass daraus eine Art der Verantwortung entsteht, die dieser Welt sehr zugute kommen kann… und wenn man wahrnimmt, wie Menschen ihrer eigenen Spiritualität beraubt wurden/ werden, dann wird ihnen auch stets diese Urquelle, ihre ureigene Freude (verwandt mit dem Begriff Freiheit) genommen, nicht?

Jeder macht sich „angreifbar“, der die Karten auf den Tisch
legt. Am angreifbarsten sind die Naturalisten, weswegen sie
auch ungern ihre Karten aufdecken.

Sie können aber auch recht „handgreiflich“ werden, wenn es darum geht, bestimmte Erfahrungen abzuwerten oder sogar auszulöschen?

Was Erfahrung betrifft: sie ist nicht immer ein Eigentum.
Unter Umständen verpflichtet sie sogar zur Mitteilung, das
kommt darauf an. Im mystischen Fall würde ich das bejahen.
Denn es liegt wohl im Wesen dieser Erfahrung, den persönlichen
Kontext zu sprengen (sonst wäre sie ja nicht mystisch), und
das bedeutet, dass sie alle Menschen etwas angeht. Was
natürlich nicht heißt, dass man damit um sich schleudern muss.
Die Richtung und Dosierung sollte halt stimmen.

Sicher folgt daraus eine Verantwortung (oder was meinst Du mit Verpflichtung?), aber denkst Du, dass einem Menschen mit mystischen Erfahrungen das alles klar sein muss, nur weil er sie gemacht hat?

Gruß, iceage