Die Ansichten hier…
…kommen mir teilweise schon reichlich sonderbar vor, und auch, wie viel Beifall sie finden.
Ich stelle mir folgende Situation vor:
In der U-Bahn entwickelt sich ein Streitgespräch zwischen zwei Frauen, auch mit Beleidigungen. Das erlebe ich häufig, Wiener sind halt ziemlich kratzbürstig. Ist so weit aber noch nichts allzu Schlimmes - aber wenn dann der Ehemann der einen Frau dazukäme und die „Gegnerin“, die deutlich kleiner und schwächer ist als er, mal gegen die Schulter boxt, fände ich die Situation schon allein als Zuschauerin bedrohlich. Ganz zu schweigen davon, wenn ICH die Geschubste wäre…
Wie hier einige eine Tom-Sawyer-artige, paradiesische Kindheit schildern, in der man nach dem Äpfelklauen vor mit Mistgabeln bewaffneten Erwachsenen floh, finde ich befremdlich. Und was, wenn der Mistgabelschwinger die Kinder erwischt hätte? Oder die Ohrfeigen, die ihr bekommen und alle „VERDIENT“ habt - fandet ihr die als Kind okay, haben die denn keine Spuren bei euch hinterlassen? …Wobei, doch, offenbar schon. Weil ihr jetzt der Meinung seid, das Schubsen und Schlagen von Kindern sei in Ordnung (aber unter Erwachsenen fändet ihr es sicher trotzdem nicht richtig, oder? Also, wenn z.B. ein Polizist euch, weil ihr zu schnell gefahren seid, mal ordentlich schubst…)
Auch die Abwägung: Was ist schlimmer, Mobbing oder Hauen, führt hier zu nichts. BEIDES ist nicht okay, und Kinder, die das eine oder das andere tun, sollten auf jeden Fall gerügt werden, oder eben bestraft - aber nicht dadurch, dass dann eine Mutter daherkommt und selber mobbt oder haut. Was macht die denn, wenn sie das nächste Mal den Sohn der UP dabei erwischt, wie er ihre Tochter gegen die Schulter schubst? Soll sich das immer weiter aufschaukeln?
Ja, ich hätte als Mutter auch eingegriffen: Ich hätte den Jungen ordentlich ausgeschimpft. Wieso sollte das in dieser Situation nicht ausreichen?
(Was die Geschichte mit dem Beinahe-Autounfall und der schallenden Ohrfeige durch den Autofahrer betrifft: Ja, das hatte sicher eine abschreckende Wirkung. Aber wirklich noch mehr, als wenn man dem Kind erklärt hätte, dass es gerade fast überfahren worden wäre und sich schwer hätte verletzen können? Ich meine, das kommt sicher auch auf das Alter des Kindes an, aber für MICH wäre der Beinahe-Unfall das eigentlich Schockierende.)
Was ich an Stelle der UP tun würde: dem Sohn noch einmal deutlich machen, dass er das Spotten sein lassen soll, aber auch dazusagen, dass ich es nicht gut finde, dass die Frau ihn geschubst hat, weil man auch das nicht tut. Und mit der Frau würde ich ein - möglichst unaufgeregtes, aber ernstes - Wörtchen reden. NICHT bei einem Kaffee (wer brächte das nach so einem Vorfall schon über sich?!), aber auch nicht im Beisein des Sohnes. Das ist ein reines Erwachsenengespräch.
Liebe Grüße