Hi
Dann erkläre mir doch bitte mal was an dem Konfuzianismus eine Religion ist und in wieweit der außerhalb des Kaiserritus überhaupt benutzt wurde 
Das ist jetzt fies- ob Konfuzianismus eine Religion ist oder nicht, darüber streiten sich schon seit Jahrhunderten die Geister.
Die Tendenz ist aber zu sagen: Er ist keine.
Der Konfuzianismus ist ein philosophisches Ethiksystem das einen uralten Ritualismus (basierend auf der archaischen Religion der frühsten Dynastien und dem Ahnenkult) aufgegriffen und ausgebaut hat. Insofern müsstest du die Philosophie wie wir sie kenne auch Religion nennen, da sie ja Ethik behandelt.
Konfuzius selbst lehnte es ab, Aussagen über eine Anderwelt oder das Jenseits zu treffen, ihm war das Diesseits wichtiger. Spätere Konfuzianer und Neo-Konfuzianer haben die Existenz von Geistern und Göttern vollkommen abgelehnt.
Es geistert immer noch die Vorstellung herum, das Tian (Himmel) ein Gott sei, aber das ist er nicht wirklich. Man könnte maximal von einem „Gottprinzip“ sprechen, wobei es sich mehr um ein Ordnungs- und Lenkungsprinzip handelt, eigentlich nur ein Legitimationsmittel für die Handlungen des Staates zur Sicherung des Gewalt- und Lenkungsmonopols.
Viele Konfuzianer, die nicht Atheisten waren, waren für ihre religiösen Bedürfnisse auch Daoisten, manche sogar Buddhisten. Es sei denn man befand sich gerade mal wieder im Streit mit jenen, dann musste man sich für eine Seite entscheiden und da war der Konfuzianismus meist die weisere. Was man Zuhause in seinen vier Wänden machte interessiert sowieso niemanden.
Der Konfuzianismus wird primär von der Oberschicht getragen. Dies gilt nur für Beamte, die Kaiser waren in der Regel überhaupt nicht konfuzianisch, sie haben gemacht was ihnen passte (und nicht zu Meuchelmorden führte) und manche suchten sich eben eine kuschelige Religion aus. Doch auch hier geschah dies zumeist aus taktischen Zwecken, nur wenige Kaiser waren wirklich fromm und führten gleichzeitig Religionspolitik aus. Ein Beispiel wäre etwa Huizong in der Song-Dynastie.
Der Buddhismus wiederum war schon eher eine Religion des Volkes, allerdings scherte sich das Volk einen Dreck um religiöse Grenzen und Dogmen weshalb nur ein Bruchteil der Bevölkerung wirklich als reine Buddhisten bezeichnet werden konnten.
Morgens opferte man den Ahnen, Mittags opferte man der Seidenmutter oder Guandi… dann ging man zum Buddhisten beten, wenn jemand krank war rief man den daoistischen Exorzisten, wenn der Regen ausblieb setzte man Buddhisten und Daoisten im Riual ein - funktionierte das nicht, wurde der Magistrat oder Präfekt mit Sitzstreik, Demonstrationen, Aufständen und Selbstmorddrohungen angepöbelt, da er ja offensichtlich (sonst würde es regnen wenn es soll) Scheiße gebaut hatte. Geschahen solche Naturkatastrophen öfter und im ganzen Reich wies das darauf hin, dass der Herrscher schlecht war - zumindest wenn es irgendjemanden gerade passte, den Herrscher abzusetzen.
(Altes Chinesisches Sprichwort ™: „Gewinnst du den Krieg, bist du ein König, verlierst du den Kampf, bist du ein Bandit.“)
Zurück zum Buddhismus:
Es gab einige Beamte die ihm anhingen, aber sie konnten es sich kaum leisten dies in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Der Buddhismus wurde öfter mal patronisiert, wenn es politisch-wirtschaftlich günstig war, denn der Buddhismus war eine große Wirtschaftsmacht. Dieser Faktor sorgte aber auch dafür, dass die Buddhisten öfter mal verfolgt und in ihren Rechten beschnitten bzw. generell kontrolliert wurden (z.B. wer ins Kloster durfte).
Nur ganz selten versuchten buddhistische Herrscher Religionspolitik zu betreiben, es ist oft schwer zu sagen ob dies religiöser oder taktischer Natur war.
So ist die Kaiserin Wu Zetian als große Buddhistenpatronin bekannt, tatsächlich aber wandte sie sich schon bald von diesem wieder ab zugunsten des Daoismus (u.a. weil ihr Liebhaber ein daoistischer Magier war, den sie aber später hinrichten ließ).
In der frühen Song-Dynastie gab es besonders viele religiöse Herrscher. Zunächst buddhistische, aber auch hier weiß man nicht wie ernst sie es meinten denn bei der buddhistischen Verklärung des Volkes und dem Ausbau wie der Neugründung von Tempeln ging es vor allem um Grenzgebiete. Buddhistische Tempel hatten eine Sonderstellung, man griff sie nicht einfach so an, also wurden sie immer weiter über die Grenzen hinaus gebaut - sie waren schlicht ein Expansionsmittel!
Daraufhin kamen die daoistischen Herrscher, welche die Buddhisten unterdrückten, ihre Tempel zu daoistischen Tempeln machten und Zwangskonversionen durchführten. Bei Huizong kann man durchaus sagen, dass er ein religiöser Herrscher war.
Doch wie erwähnt: Als Herrschaftsreligion hat sich keine Durchsetzen können. Der Staat stützte sich auf einen wenig mythisch verklärten Ritualismus, der im Volk keine Basis hatte. Die Beamten hingen einer Philosophie an, die im Volk keine Basis hatte, ja nicht einmal richtig bekannt war (denn zum Studium des Konfuzianismus musste man Beamtenprüfungen bestehen) abgesehen von Volkskulten, die den Konfuzianern so sehr ein Dorn im Auge waren, dass es um 1530 sogar zu Bilderstürzen kam.
Buddhismus und Daoismus sind die „großen“ Volksreligionen, doch konkret sind die reinen Anhänger einer Religion nur sehr wenige relativ zur Bevölkerung gesehen.
Die große Religion Chinas ist der Volkskult. Aber den Volkskult an sich gibt es nicht, sondern tausende kleine Kulte die als Volksreligionen zusammengefasst werden und besondere eigene Kriterien aufweisen. Zu denen zählt: Keine Priesterschaft, keine Sündenvorstellung, keine Dogmen, kein Wahrheitsanspruch. Darum ist es kein Problem Anhänger mehrerer Volkskulte zu sein und genauso handelte das Volk auch mit B und D - sie wurden dann benutzt, wenn man sie brauchte, so wie jeder andere Volkskult auch.
Dieser Volkskult hatte dafür in der Oberschicht keine große Verbreitung. Götter lebten hier nur auf dem Papier- immer wieder wurden im Reich „effektive“ Götter für dies und das gesucht, mit Petitionen hochgewertet und irgendwann in das offizielle Opferregister des Ritenamtes aufgenommen, was bedeutete, dass sie an den offiziellen Festtagen auch Opfer bekamen. Das wars aber auch schon, dafür sollten sie bitte schön ihre Dienste zur Verfügung stellen - rein technisch.
An diese Götter _glaubte_ in der Elite aber niemand und es gab immer wieder heftige Diskussionen darüber wieviele nutzlose „Götter“ im Verzeichnis seien, und dass dringend mal wieder gestrichen werden müsste.
Wie pragmatisch das ganze ablief lässt sich am Handan-Schrein ablesen. Lies dazu doch mal den Artikel von Kenneth Pomeranz. Hier zeigt sich deutlich wie aus einem religiösen Volkskult ein nur politisch eingesetzter staatlich patronierter Kult wird (allerdings wegen der Volksbindung immer nur eine Notfallwaffe gegen Dürren) und die Effektivität des mystischen Ortes auf neu hinzugefügte (Stichwort: Erfundene Tradition) Eisenplatten übertragen wurde und von da aus schließlich auf den völlig unreligiösen _Besitz_ der Tafeln. Diese Tafeln waren schließlich so losgelöst von jeglicher religiöser Vorstellung, dass sie sogar noch bis zum Ende der Republikzeit benutzt wurden. Und das, wobei ihr alter Kult (dank Eingriff des Staates) bereits lange vollständig abgestorben war.
Zusammenfassung:
In China gab es eine Herrschaft die Religionen dann nutzte, wenn es politisch günstig war. Die Herrschaft an sich mit dem Staat war grundsätzlich von einer Religion getrennt, soetwas wie eine Staatsreligion hat es nie gegeben. Es gab aber vereinzelte Herrscher, die eine rigorosere Religionspolitik zu diversen Zwecken betrieb und noch weniger Herrscher, die dies aus Frommheit taten. Langanhaltende Wirkung zeigte jedoch niemand von diesen.
lg
Kate