Nennung der Nationalität bei Straftätern

Hallo,

Spiegel.de kritisiert, dass die Herkunft von Straftätern oft in Medienberichten genannt wird, obwohl es in vielen Fällen keinen Nachrichtenwert hat.

Wieso betreibt Spiegel.de aber genau die gegenteilige Politik, wenn es um Russen geht? Bei einem Bericht über eine Frau die dem Sänger der Band Rammstein Frauen rekrutiert haben soll, wurde die russische Nationalität genannt obwohl das für die vorgeworfene Tat keinerlei Bedeutung hat.

Wenn man sich gegen Rassismus ausspricht und deshalb von Medien einen gewissen Verhaltenskodex fordert - aber diesen Kodex mißachtet, wenn es um bestimmte Nationen geht - ist dieser selektive Rassismus nicht noch verwerflicher, als wenn bei Beschuldigten immer die Herkunft genannt wird?

Gruß
Desperado

Wird denn gegen Frau Makeeva in einem Strafverfahren ermittelt?

Nein, der Spiegel veröffentlichte eine Pressemitteilung des Presserats zu dem Thema. Die Haltung des Spiegels zu dem Thema wird nicht zum Ausdruck gebracht.

Im übrigen verstößt der Spiegel selber gegen den Kodex und nicht nur im Fall von russischen Frauen, die Frauen für Bands rekrutieren.

Fazit: zwei falsche Grundannahmen führen - zwangsläufig - zu einer falschen Theorie.

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Welcher Nationalität ist denn dieser Lindemann? Ist der nicht Ossi?

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Hallo, nicht Nationalität mit Staatsangehörigkeit verwechseln!

Alter Schwede?

Solange es noch Nationalstaaten gibt, in denen wir leben und wo Vorfälle geschehen, ist es verständlich, wenn man sich fragt, wo die dringend Tatverdächtigen ihre Wurzeln haben. Ob die Herkunft tatsächlich ursächlich ist, steht auf einem anderen Blatt. Da bei manchen Taten aber unbestritten ist, dass es im Einzelfall eine Rolle spielen kann, wie bzw. wo jemand aufgewachsen ist, warum sollte die Presse diese Information verschweigen, wenn sie diese schon hat?

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Allgemein kann es in einigen Fällen schon hilfreich sein als Öffentlichkeit die Nationalität der Verdächtigen zu kennen. Wenn es z. B. eine Einbruchserie gibt und die Verdächtigen alles Österreicher sind wird die Bevölkerung in der Gegend der Einbrüche verstärkt darauf achten, wenn sich Personen Gebäude ansehen und mit österreichischem Dialekt sprechen.

Auch wenn es um Terroranschläge geht ist es hilfreich zu erfahren, ob der Täter z. B. Geflüchteter aus einem bestimmten Land war, denn dann sollte die Politik sich fragen, ob die Überprüfungen von Personen aus bestimmten Ländern ausreichend sind.

Im Falle einer Straftat die nichts mit der Herkunft zu tun hat ist die Intention eher die Verunglimpfung Menschen einer bestimmten Herkunft.

Wichtiger als die Herkunft ist die Situation des Täters - wenn z. B. Drogendealer meist Studenten, Rentner oder Geflüchtete sind, sollte die Öffentlichkeit das wissen um eine informierte politische Entscheidung bezüglich möglicher Interventionen treffen zu können.

Auch hier nochmals die Frage: Wird gegen Frau Makeeva aktuell ermittelt? Ist sie Verdächtige in einem Strafverfahren oder gar auf der Flucht vor den Behörden?

Genau darum sollte eine Nennung der vermuteten Nationalität von Verdächtigen unterbleiben: um es zu vermeiden, dass Menschen einer bestimmten Herkunft unter Generalverdacht gestellt werden.

Es muss dann aber nicht dich und nicht mich interessieren, in welchem Land „Bernd der Bombenbauer“ geboren wurde oder welche Staatsbürgerschaften er derzeit besitzt. Wenn, dann ist das überhaupt nur für die Kriminalstatistik von Interesse.

In welchen Fällen hat die Herkunft überhaupt ein Gewicht? Außer bei Strafverfahren, die ausschließlich Einwanderer begehen können.

Auch das kann „der Öffentlichkeit“ im Einzelfall herzlich egal sein. Auch diese wäre dann lediglich zusammengefasst in der Kriminalstatistik für die politischen Entscheider interessant.

Nochmal zusammengefasst: ich sehe weder Anlass noch Grund, bei Verdächtigen oder verurteilten Straftätern bekannt zu geben, wann und aus welchem Land sie oder ihre Vorfahren in das Gebiet eingewandert sind, das heute den Staat BRD bildet. Das ist übrigens einer der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit: vor dem Gesetz sind alle gleich.

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Bei der Täterermittlung. Wenn du zum Beispiel von ein paar dänisch sprechenden Personen verletzt wurdest, macht es bei Zeugenaufrufen und Berichterstattung wenig Sinn, das Merkmal „Dänen“ wegzulassen.

Dann z.B. noch bei der Berichterstattung über abgeschlossene Prozesse (Im Namen des Volkes…).

Das betrifft doch aber nur die ermittelnden Behörden. (Polizei, Staatsanwaltschaft) Da ist vermutete oder belegte Herkunft nur eines von vielen Merkmalen eines Verdächtigen.

Und da ist es auch wieder völlig uninteressant. Es würde nur dem Voyeurismus und/oder der Untermauerung von Vorurteilen dienen.

Es ist doch völlig egal, ob ich meine Ehefrau mit Propofol um die Ecke bringe, weil sie mir meine ungarische Salami immer wegfrisst, oder ob mein Nachbar seiner Frau die Kehle durchschneidet, weil sie sich scheiden lassen will. Beides dürften Verbrechen aus niederen Gründen und mit Heimtücke sein und als Mord bewertet werden. Und dabei ist dann egal, ob mein Nachbar Bernd, Klaus, Thomas oder Kevin oder Ali, Muhhamad oder Cem heißt. Genauso egal ist es, ob er, seine Eltern, seine Urgroßeltern oder seine Ur-, Ur-, Ur- … Großeltern nach Berlin eingewandert sind.

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Richtlinie 12.1 kennt einige nachvollziehbare Ausnahmen:

Könnte man wissen, wenn man sich für das Thema interessieren würde…

Das Problem scheint sich aber in Grenzen zu halten. Der Artikel von @Desperado ist sieben Jahre alt und selbst damals gab es im Schnitt eine öffentliche Rüge pro Jahr. In den letzten fünf Jahren waren es insgesamt überhaupt nur zwei. Der Spiegel wird in diesem Zusammenhang soweit ich das sehe nie gerügt.

Offensichtlich ist es der Öffentlichkeit aber nicht egal.
Und theoretisch spricht nichts dagegen, dem mündigen Bürger diese Information zu geben.
Was er dann daraus schließt, ist eine andere Sache…
Aber wenn die Vermutungen wegen „Geheimhaltung“ ins Bodenlose steigen, ists ja auch nicht besser.

Das Problem liegt heute u.a. darin, dass sich gewisse Kreise ganz genau merken, wenn bspw. ein Syrer eine Straftat begeht, die gleiche Tat bei Deutschen sehr gut verdrängen kann. Aber Du hast natürlich insofern Recht, als dass diese Kreise auch dazu neigen, bei bestimmten Taten direkt einen Ausländer bzw. Zugereisten als Täter zu vermuten, wenn die Nationalität in der Meldung nicht genannt wird.

Wenn eine genauere Täterbeschreibung im Zeitungsartikel dazu führt, dass ein Leser sich erinnert z.B. ein paar verdächtige, eventuell selbst verletzte Dänen gesehen zu haben, was evtl. zur Ergreifung führt? Das ist doch sehr sinnvoll.

Wir haben keine Geheimjustiz. Spätestens in dem Zusammenhang werden ja auch Ross und Reiter genannt.

Es spielt doch aber keine Rolle. Das scheinst Du nicht verstehen zu wollen. Vor dem Recht sind alle gleich. Die Herkunft ist für das Urteil genau so entscheidend wie die Schuhgröße, die Frisur oder das Vorhandensein von 6 Zehen.

Ich glaube, dass Du für Dich selbst nur das Recht reklamieren möchtest, Deine Vorurteile bestätigt zu wissen. Und so manches Presseorgan möchte das ebenfalls wissen und publizieren, um genau solche Menschen, die sich für solche Nebensächlichkeiten brennend interessieren, aufzuhetzen gegen andere.

Divide et impera

Davon kann sich aber das „Volk“, in dessen Namen Recht gesprochen wird, doch nur durch Transparenz und Berichterstattung überzeugen.

Ok. Ich werde ab jetzt immer fordern, dass bei Verdächtigen und erst recht bei Tätern die Schuhgröße und die Spannweite der Arme inklusive Finger verlangen. Es ist das Recht der Öffentlichkeit, so etwas eminent wichtiges zu erfahren.

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Mal weg von der Justiz. Beispiel: Sozialwissenschaften:

Sozialforscher Hurrelmann (Shell-Studie) hält das Ergebnis der Studie für plausibel, hätte sich aber mehr Informationen über die Befragten gewünscht: „Ein Manko der Studie ist, dass nicht abgefragt wurde, wie viele Teilnehmer einen Migrationshintergrund haben. Wir wissen aus anderen Studien, dass in Familien mit türkisch-arabischen Wurzeln sehr oft Gewalt zum Familienalltag gehört. Die Kombination aus niedrigem Bildungsniveau und einer Herkunft aus einer Kultur mit patriarchalen Strukturen führt besonders oft zu einer hohen Akzeptanz von Gewalt.“

Das Ausblenden der Herkunft verfälscht den Aussagegehalt der Studie.

Wenn man keine Transparenz hat, ist letztlich auch das was durch eine rosa Brille wahrgenommen wird, nur ein Vorurteil.