Das ist in der Tat eine Sache, die man sich immer mal wieder durch den Kopf gehen lassen sollte. Als Schüler bin ich noch mit der AE1 jede Woche durchs Land gezogen, und habe das ein oder andere Zeitungsbild und auch mal Dinge gemacht, die man als größeres Format z.B. für Dekozwecke verkauft oder als gut gerahmtes Bild verschenkt oder selbst aufgehängt hat. Natürlich arbeitete man im eigenen Labor. Da hat man dann immer mal wieder ein wenig neidisch auf die 6*6 er Fraktion geschielt. Und ich habe mir bei Gelegenheit tatsächlich mal einen billigen chinesischen Rollei-Nachbau gegönnt, habe mir eine alte Glasplattenkamera gegönnt und mit Planfilm bestückt, … Aber verkauft habe ich nichts von dem, was ich bei solchen Spielereien produziert habe.
Als die ersten Digitalknipsen aufkamen, hat man erst drüber gelacht, dann als die Sache mit dem Internet los ging, doch mal so ein Ding gekauft, um mal ein Bild schnell auf eine Webseite laden zu können, was bei damaligen Monitorgrößen schon recht akzeptable Ergebnisse hatte. Dann kam der erste Nachfolger, und während man noch die Flagge für die gute alte Analogtechnik hoch hielt und das alte Mantra der Negativ-/Sensor-Größe und der teuren großen Objektive sang, musste man sich eingestehen, dass die analoge Kamera doch immer häufiger im Schrank blieb.
Dann das gleiche Spiel bei den Mobilgeräten. Diese Minisensoren mit ihren kaum vorhandenen Optiken waren doch nicht ernst zu nehmen und zu rein gar nichts zu gebrauchen. Dann machte man doch mal einen Schnappschuss, und inzwischen reichen die Dinger sogar für Fotobücher und Co.
D.h. die Geschichte mit Negativ-/Sensorgröße und Optik ist mehr und mehr gegenüber der verwendeten Digitaltechnik in den Hintergrund getreten. Was man heute aus dem machen kann, was Handy-Kameras so liefern zeigt das mehr als deutlich. Wenn ich mir Bilder aus unserer Canon M6 und der 80D ansehe, die vom Prozessor her auf Augenhöhe sind, dann gibt es da kaum Bilder von der M6 bei denen ich denken würde, dass ich in der Situation doch besser die 80D genommen hätte, solange wir jetzt nicht gerade davon rede, dass ich mir (wofür die Zeit ohnehin selten genug reicht) das dicke Tele der 80D für eine Vogelsafari oder andere speziellere Dinge greifen würde. Und bei der 80D wiederum kann ich mich bislang an keine Situation erinnern, wo ich hinterher gedacht hätte, dass ich doch besser in ein Vollformat investiert hätte.
So etwas werden natürlich viele Leute bestreiten, die in eine Vollformat investiert haben. So ehrlich zu sich selbst sind eben wenige Menschen, dass sie sogar die Entscheidung für die 80D angesichts der 6M im Nachhinein kritisch betrachten. Aber das ist natürlich auch nichts anderes als wie bei Leuten die meinen, dass man ohne Porsche nicht von A nach B käme, man nur aus einer Kaffeemaschine > € 1.000,-- genießbaren Kaffee ziehen könne, und Möhren nur mit einen Messer für mindestens € 500,-- geschnitten bekäme, … Wer das Geld hat, darf und soll sich ja gerne das ein oder andere teure Spielzeug gönnen, und darf dann auf seitenweise Tabellen mit faszinierenden Messwerten, … verweisen, um seine Entscheidung zu rechtfertigen und auf dicke Hose zu machen. Was diese Unterschiede dann im Alltag bedeuten, stelle ich gerade bei den Kameras zunehmend in Frage.
BTW: So richtig pervers wird es dann da, wo höchstauflösende Sensoren jeden minimalsten Kratzer erfassen, jede noch so kleine Hautunreinheit wie einen Krater erscheinen lassen, … und die ganze Geschichte dann hinterher mit Photoshop und Co. erst einmal wieder so „entschärft“ werden muss, dass man die Bilder wieder normal verwenden kann.