Hi!
In einer Diskussionsrunde vor ein paar Tagen erzählte mir ein Nachbar etwas, das ich hier gerne zur Debatte stellen möchte. Er sagte, daß er die Araber im Großraum „Naher Osten“ für schlicht nicht friedensfähig hält.
Seit über fünfzig Jahren haben die Araber mehrere Kriege gegen Israel geführt - und alle endeten mit militärischen Niederlagen.
- 1948 der Unabhängigkeitskrieg
- 1956 die Suez-Krise
- 1967 der Sechs-Tage-Krieg
- 1973 der Jom-Kippur-Krieg
- 1982 der Libanon-Feldzug
Selbst nach diesen andauernden militärischen Mißerfolgen fand kein Wechsel in der Politik der arabischen Staaten hin zu einer friedlichen Koexistenz mit Israel statt (Ägypten unter Sadat einmal ausgenommen - mit den entsprechenden Konsequenzen für Sadat). Noch immer ist kriegerische Gewalt das alleinige Mittel, den Status Quo im Nahen Osten ändern zu wollen. Selbst ein Yassir Arafat, der enorm unter der Kriegspolitik gelitten hat (1956 Teilnahme am Suez-Krieg, 1970 gewaltsame Vertreibung aus Jordanien, 1982 Vertreibung aus dem Libanon, bis heute keine Autonomie), lenkte erst 1988 - also nach 20 Jahren PLO-Vorsitz, auf eine Friedens- und Verhandlungslinie ein, die er aber nicht konsequent zu Ende bringt. Denn die Geister, die Arafat einst rief, wird er heute nicht los.
Als zweites Argument führte mein Nachbar das Fehlen einer entsprechenden Volksbewegung in den arabischen Nachbarstaaten Israels an. Während es in Israel eine entsprechende Friedenbewegung gab (und gibt, auch wenn sie momentan kaum zu sehen ist), fehlt eine vergleichbare Institution in den Anrainerstaaten. Noch am 4.November 2000 - zum Gedenken an den ermordeten Rabin - waren in Tel Aviv über 150.000 Anhänger der Friedensbewegung auf der Straße. Ein vergleichbares Ereignis auf Seiten der Palästinenser, in Damaskus, Beirut oder Kairo hat es nie gegeben. In Israel gibt es Schriftsteller, Künstler, Intellektuelle, die entsprechende Friedenspartner in der arabischen Welt suchen. Sie finden keine, weil es sie nicht gibt. Gelegentlich vielleicht ein Treffen oder es meldet sich eine Einzelperson in einem arabischen Land, aber dort ist es bereits lebensgefährlich, sich auch nur ein Jota friedensbereit zu zeigen.
Sicher ist die derzeitige Situation unerträglich, für beide Seiten und für die Welt. Aber in Israel existiert eine funktionierende Demokratie, und das israelische Volk ist durchaus in der Lage, eine Mann wie Sharon aus dem Amt zu jagen. Wie sieht es aber in den Nachbarstaaten aus? In keinem arabischen Land gibt es ein entsprechendes Pendant. Selbstherrliche Präsidialdiktaturen, absolut regierende Könige oder Militärregime haben in den arabischen Ländern das Sagen. Wie kann unter solchen Umständen eine Veränderung der Politik herbeibeführt werden?
Deshalb, so sagte es mein Nachbar an dem Abend, hält er die Araber im Nahen Osten für nicht friedensfähig. Geändert werden kann dies nur durch Einflüsse von außen, etwa einer massiven kriegerischen Niederlage der arabischen Staaten (was er aber für nicht realisierbar hält; für denkbar hielt er jedoch die Idee, daß Sharon mit seinem Vorgehen die arabischen Staaten in einen Krieg hineinprovozieren wollte, um dann einen entprechenden militärischen Sieg zu landen) oder durch Umwälzungen von innen, etwa durch einen massiven wirtschaftlichen Niedergang, den die westliche Welt nutzen müßte, um entsprechende politische Kräfte an die Macht zu bringen.
Soweit - aus dem Gedächtnis zusammengestoppelt - der Diskussionsbeitrag von jenem Abend. Mich würde interessieren, wie ihr hier dieses Thema seht: Sind die Araber im Nahen Osten wirklich nicht friedensfähig?
Grüße
Heinrich
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