Servus,
In Wahrheit hätte man diese unnützen Volksgenossen am liebsten
sofort entsorgt
das ist in dieser Pauschalisierung nicht richtig. Damit das ein bissel konkreter wird, grade mal ein paar Beispiele:
Mein Vater, mit einem Bein weniger von „Tante Ju“ im September 1943 aus der Cyrenaika ausgeflogen, hat sich nach Reha und Versorgung mit Gehstützen und einer Prothese, die beide neu entwickelt und damals technologisch weltweit führend waren, im WS 1943/44 zum Studium der Physik (in drei Fächern wurden noch Erstsemester immatrikuliert: Physik, Medizin, Theologie) eingeschrieben.
Mein Großvater, der auch schon 1916 vor Verdun zum richtigen Zeitpunkt einen „Heimatschuss“ erwischt hatte und ins Heimatlazarett verlegt wurde, war schon vor seinem Sohn im Herbst 1942 mit einer Verwundung aus Russland nach Hause gekommen, die schwer genug war, um dienstunfähig entlassen zu werden, und leicht genug, um nicht erheblich darunter zu leiden. Nachdem er vor dem Krieg bei Maybach Motoren zusammengeschraubt hatte und das ab 1939 bei der Organisation Todt getan hatte, machte er ab 1943, als er wieder soweit zusammengeheilt war, wieder bei Maybach damit weiter. Freilich hatte später nicht bloß das Verwundetenabzeichen in Silber, sondern vor allem auch seine kriegswichtige Tätigkeit als Panzermotorenspezialist einen Einfluss darauf, dass sich der Volkssturm nicht für ihn interessierte.
Die im vorigen Thread zu dem Thema angesprochenen in der Psychiatrie untergebrachten Kriegsinvaliden waren übrigens - entsprechend der damals verwendeten Waffentechnik - zum allergrößten Teil Veteranen aus dem ersten Weltkrieg. Während der Zeit der systematischen zentralen Ermordung von Psychiatriepatienten im Rahmen der „Aktion T4“ bis 1941 wurde generell darauf geachtet, dass diese nicht auf die Transportlisten kamen; in den Meldebogen, nach denen die Transportlisten erstellt wurden, musste angegeben werden, ob der Patient kriegsbeschädigt war.
Aus der Heil- und Pflegeanstalt Schussenried ist ein Fall dokumentiert, wo die Mutter eines Patienten, der mit einer schweren Schädelverletzung aus Verdun zurückgekommen war und seither in der Anstalt lebte, zufällig an dem Tag zu Besuch kam, als er wegen eines bürokratischen Irrtums morgens zum Transport nach Grafeneck abgeholt worden war. Die Frau ging zur Post und telegrafierte an die Reichskanzlei: „Mein Führer! Mein Sohn hat zwei Jahre vor Verdun gelegen, und jetzt wird er dafür umgebracht. Ist das der Dank des Vaterlandes?“ Am Tag darauf war der Mann, der in Grafeneck bereits in der „Dusche“ gewesen war, wohlbehalten wieder da.
In dem Protestschreiben „Betr.: Vernichtung des Lebens von Anstaltspfleglingen“ von Pfarrer Leube im Auftrag der Württembergischen Arbeitsgemeinschaft evangelischer Seelsorger an Gemüts- und Nervenkranken an Reichsgesundheitsführer Dr. Conti (Oktober 1940) steht u.a.:
(…) 3. Soldaten, welche aus dem Feld auf Urlaub in die Heimat kommen und davon hören, sind entsetzt und fragen: „Was tut man dann mit uns?“ Sie fühlen sich für die Zukunft nicht mehr ihres Lebens sicher, ihre Opferfreudigkeit leidet Not; denn sie erfahren, daß auch Kameraden, welche im Weltkrieg ihre geistige Gesundheit verloren haben, Opfer dieser Maßnahmen geworden sind. (…)
Die Führung des tausendjährigen Reichs hatte allen Anlass, Kriegsinvaliden nicht besonders schlecht zu behandeln.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder