Hallo Heinrich,
erstmal finde ich es sehr nett, daß du so eine lange, erklärende Mail auf mein kurzes Posting schreibst, denn mein Einwand hat dir ja nicht gefallen und man hört ja immer mehr sehr agressive Töne hier, wenn Leute anderer Meinung sind.
Weder
am Tag des Anschlages noch in den nachfolgenden Wochen wurde
in den USA der Islam bzw. die Moslems als Feindbild gesehen.
Gut, darüber kann ich von hieraus nicht urteilen. Ich bekomm ja nur mit (hin und wieder via Internet) was in der amerik. Presse steht. War seit fast 3 Jahren nicht mehr in den USA. Islam als Feindbild war von mir tatsächlich überwiegend auf Europa bezogen und wie man gesehen hat, hat ja auch Israel mächtig davon profitiert, denn ich habe kaum irgendwelche kritischen Stimmen gehört, in Bezug auf die Geschehnisse in Palästina in der Woche nach dem 11.9.
sondern eine weltweit
verstreut operierende Terror-Organisation.
Die einen nennen es Terror, die anderen Vergeltung, und die Vergeltungskette funktioniert prima und „rechtfertigt“ anscheinend alles. Sehr bedenklich, auf beiden Seiten…
Das Attentat ist
nun schon drei Wochen her, und es ist noch immer keine Bombe
gefallen. Paßt so gar nicht in das Bild der Amerika-Hasser.
Hmm, ich hasse vor allem einmal Gewalt. Es gefällt mir nicht, daß zwischen „guter“ und „schlechter“ Gewalt unterschieden wird. Wobei wir wieder bei der Vergeltungskette wären.
Als die ersten Hinweise auf
einen Täter namens bin Laden deuteten, trafen sich höchste
Regierungsbeamte, u.a. Präsident Bush selbst, mit Vertretern
der islamischen Bewegung in den USA, um von vornherein zu
zeigen, daß es keine Ressentiments gegen den Islam als
Glaubensrichtung gibt.
Dann war aber die Bemerkung mit dem Kreuzzug total daneben. Auch seine Entschuldigung macht ihn nicht glaubhafter.
Außerdem holten die Amerikaner umgehend
die wichtigsten islamischen Staaten ins Boot: Ägypten,
Jordanien, Saudi-Arabien, die Emirate und Pakistan. Selbst die
USA-feindlichen Staaten Irak und Iran wurden konsultiert.
Was aber weder für noch gegen den Islam sprach, es war eigentlich egal, man versucht mit Regierungen dieser Länder zu kooperieren, weil man sie benötigt, was das Volk (eben, die Moslems überwiegend) dazu sagt, war eh wurscht. Die Türkei hast du noch vergessen, wichtiger Stützpunkt, wenn sie denn tatsächlich mal losballern.
Vielmehr hat man auf die Bekämpfung einer
Terror-Organisation Wert gelegt.
Aber genau damit hab ich ja ein Problem. Was ist Terror, was ist Krieg, oder was ist „lediglich“ ein kriminelles Attentat? Wird dies von der (erschreckend großen) Zahl der Opfer bestimmt? Laut Johan Galtung soll es eine große Umfrage in über 30 Ländern gegeben haben, wo man die Bevölkerung befragt hat, wie die amerik. Regierung reagieren sollte. In jedem Land hat sich eine große Mehrheit für die übliche Vorgehensweise bei jedem kriminellem Attentat ausgesprochen und nur eine kleine Minderheit für ein „kriegerisches Vorgehen“ gegen ein Land/mehrere Länder, die den Verdächtigen beherbergen. Leider hat in Deutschland sich keine Zeitung/Zeitschrift dafür hergegeben so etwas zu veröffentlichen.
Ich finde es leicht irritierend, wie schnell hier Vorwürfe
gegen die USA aufkommen (
Aber wieso nennst du das gleich Vorwürfe? Ist es nicht normal, daß sich jeder von uns überlegt, wie konnte es dazu kommen, wie groß muß der Haß von gewissen Gruppierungen sein, daß so etwas Entsetzliches passieren konnte? Entsetzlich war es, weil jeder von uns dachte, als er vor der Glotze saß, er sei im Kino. Was für eine Gewalt und was für Folgen! Es denkt ja auch keiner mehr an die Massen an Menschen, die sonst jeden Tag sterben (nein, nein, ich gebe jetzt nicht USA die Schuld dafür, dahin kann man auch kommen nach gesch. u. polit. Rückblicken, aber das will ich nicht diskutieren), denn diese Menschen sterben nicht vor laufender Kamera und nicht an den Folgen des Einsturzes eines der bekanntesten Gebäude der Welt.
das Phänomen des "das Opfer ist ja
selber schuld!" taucht zunehmend auf)
Das hab ich z. B. nie gehört. Was ich gehört habe ist: „es mußte ja mal dazu kommen, da wurde so viel Haß gesät…“, und das ist, finde ich, nicht verwerflich so zu denken. (Natürlich sollte man sich in D nicht äußern, wenn man weiterhin die Tagesthemen moderieren will)
Weiß Gott, die Amerikaner
haben eine Menge Scheiß in ihrer Außenpolitik betrieben,
Genau, und wir unterstützen sie auch noch fleißig dabei.
aber
nichts davon rechtfertigt einen derartigen Anschlag.
Meine Rede, nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt es überhaupt Menschen umzubringen. Aber, auf beiden Seiten (noch dazu wo die Seiten heutzutage ständig wechseln)
hier in den Diskussionen völlig unter den Tisch gekehrt wird -
auch wir Europäer stehen auf der Liste der Ziele: Für
Januar/Februar 2002 war Paris als Zielort auserkoren
(Geständnis des festgenommenen Attentäters), die Ölraffinerie
bei Marseille scheint jetzt doch durch ein Attentat in die
Luft geflogen zu sein. Wer weiß, in welchen Städten in
Deutschland demnächst Blut fließt.
Ja aber genau dies sollte uns doch hier in D endlich mal zu denken geben. Klar, ein absolutes Mittel gegen Terror (hier meine ich wirklich Terror) gibt es nicht, aber wir sollten uns mal Gedanken um unsere Außenpolitik machen.
Ägypten, Pakistan und Indonesien stehen die Zeichen doch schon
jetzt auf Sturm. Und da funktioniert die These vom Islam als
Feindbild absolut nicht.
Wie gesagt, Islam als Feindbild bezog sich auf W-Europa und Israel, mag sein, daß die Bevölkerung in den USA anderes darüber denkt. Die Bevölkerung in Ägypten und Pakistan wird auf jeden Fall nicht tatenlos zusehen, wenn die Regierungen zus. mit den USA gemeinsame Sache machen und gegen einen islam. Staat wie Afghanistan zuschlagen.
Nichtsdestotrotz, ich mach mir immer noch so meine Gedanken, wie es dazu kommen konnte, daß einfach mal so 2 Passagierflugzeuge in den Luftraum von N. Y. eindringen konnten. Und so viel ich weiß hatte man in den ersten Tagen nach dem 11.9. lediglich Vermutungen und überhaupt keine Beweise (hat man jetzt welche? werden die wirklich der Öffentlichkeit mitgeteilt, gleich mit den Kontobewegungen zusammen? man kann viel schreiben…) und auf BL konnte man schnell kommen, der hatte ja schon immer was gegen das WTC. Nein, nein, ich will den nicht schützen, bloß nicht, aber das wurde alles so platt präsentiert. Und jetzt wird hier im www über sein Konto diskutiert, als ob alle die Auszüge in den Händen halten würden. Man, die haben doch genug Bargeld diese Leute!
Es gehört zwar nicht hierher (oder eigentlich doch), aber ich verweise mal auf die Seite von der Bewegung von Johan Galtung (alternativer Friedensnobelpreisträger), hat mich schwer beeindruckt wie wenig emotional und subjektiv dieser Mann über den 11.9. gesprochen hat.
www.transcend.org
Viele Grüße,
Christiane