>: Ist es sinnvoll jedes Wort auseinanderzunehmen?
>Ganz klar ja. Wer das nicht will, der soll im Religionsbrett >oder im Esoterikbrett oder sonstwo seine Meinung
>kundtun: Philosophie ist nicht etwas, wo jeder so darf, wie er >kann, sondern sie ist - um wieder etwas zu >zitieren - >die „Anstrengung des Begriffs“.
Religion ist Dogma und Esoterik heißt „nur Eingeweihten zugänglich“, was also sollte ein Freidenker dort posten? Philosophieren heißt: Über das Wesen der Dinge und die Ursprünge nachdenken. Also auch die Freiheit, etwas in Frage stellen zu dürfen, wo also sonst sollte man das tun, wenn nicht hier? Sind denn alle Fragen schon gelöst? Bisher ist dies meines Wissens nach noch nicht gelungen!
>: Wie will Hr. Miller denn einen
>: philosophischen Text, etwa von Nietzsche verstehen, wenn er
>: nicht auf dessen individuelle Sicht einzugehen imstande/bereit
>: ist, auch wenn sich diese von seiner unterscheidet?
>Ich weiß nicht, was du alles gelesen hast, aber nun gerade >Nietzsche als den Prototyp eines Philosophen
>hinzustellen, geht selbst an Nietzsches eigener Absicht vorbei. >Gerade mit Nietzsches Individualismus geht ja
>seine Kritik an der Philosophie einher. Mit anderen Worten: >Nietzsche wollte gerade da, wo er Individualist ist,
>eben kein Philosoph, sondern Philosophiekritiker sein.
Eben drum habe ich Nietzsche gewählt, weil er nicht der Prototyp des Philosophen ist und somit auch nicht im Kontext, oder anders gesagt im Fahrwasser der Philosophie schwimmt. Also muß man besonders bei ihm, um ihn verstehen zu wollen, nicht, wie Du sagtest den „Begriff anstrengen“, sondern auf ihn eingehen. Nur insofern man dazu in der Lage ist natürlich, denn der Unterschied zwischen Objekt und Abbild ist jedem philosophisch Interessierten klar. Mit dem Begriff allein ist es nicht getan, hinter jedem Text steckt ein Mensch. Was z.B. ist seine Motivation oder was bezweckt er? Will er sich verkaufen, provozieren oder nur verwirren vielleicht? Also der Unterschied zwischen einem Statement und dem subjektiven, individuellen Verständnis. Und hierauf beruhte eigentlich meine Kritik: Man gewinnt in diesen Foren oftmals den Eindruck, daß es nur um die Verteidigung des eigenen Images geht und nicht um die Sache. (Bitte aber nicht persönlich sehen)
>: Da hier Zitate kritisiert wurden gleich mal eins
:
>: „Die Dummköpfe lesen ein Buch und verstehen es nicht:
>: Die mittelmäßigen Geister glauben, es vollkommen zu
>: Verstehen; die großen verstehen es manchmal nicht völlig:
>: Sie finden dunkel, was dunkel ist, wie sie klar finden, was
>: Klar ist; die Schöngeistigen aber wollen dunkel finden,
>: was es nicht ist, und nicht verstehen, was sehr faßbar ist.“
>: La Bruyere, Charaktere
>: (Steht in einer Abhandlung zu Slotherdijks Kritik der
>: zynischen Vernunft
)
>Schön - und was soll mir das sagen? Sind wir nun alle dumm? >Oder Schöngeister? Oder was? (BTW: >Interessant fände ich, wo >du selbst deinen Nietzschelektüre in diesem Aphorismus sehen >würdest?)
Das kollektive „ALLE“ ist schon mal falsch, denn es geht um Charaktere, also Individuen. Wer du persönlich bist, kann ich nicht sagen, ausschließlich du selbst. Es war eine Provokation, ein Verweis auf den Unterschied, zwischen der Quiddittät und der Entität, potenziert durch die schon erwähnte Differenz von Subjekt und Objekt.
Wo ich mich selbst sehe?
Das würde wohl den Rahmen sprengen, aber ich denke, daß ich an und mit mir arbeite! Nietzsche selbst hat gesagt: die größte Beleidigung, die es gibt, ist verstanden zu werden. Er duldete niemand neben sich auf seinem imaginären Thron. Selbst wenn man ihn 100% verstehen würde, hätte er das negiert. Wer aber außer ihm selbst könnte das bewerten? Wenn wir jetzt zu obigen Punkten (Begriffsanstrengung) eine Verknüpfung erstellen, haben wir ein sehr schönes praktisches Beispiel für die von mir angestrengte
Problematik.
>: Der Konflikt in Israel,
>: wie weiter unten induziert, zeigt doch lediglich, daß man Hass
>: nicht mit Hass besiegen kann.
>Ganz einverstanden. Leider wirken solche Beispiele selten - wie >gerade dieser Konflikt eindringlich zeigt.
>(Übrigens: inwiefern „induziert“ und wieso „lediglich“?) Und >gerade hier scheint es mir eindeutig, dass man
>eine Diskussion wie die besprochene mit solchen Ereignissen >nicht vergleichen darf.
Eigentlich denke ich, stimmen wir hier überein. Man kann einen speziellen, unter eigenen Bedingungen stehenden Konflikt, nicht als allgemeingültig (induzieren) erklären, vor allem dann nicht, wenn es gegenteilige (durch den 2. Weltkrieg wurde aus dem feindlichen, aggressiven Deutschland, eben durch die Gewalt der Alliierten, ein friedliches Land, D. hat nicht zurückgeschlagen!) Beispiele gibt. Auch diese sind natürlich individuell zu sehen. In der wissenschaftlich- empirischen Forschung deduziert man aus vielen „Phänomenen“ gleicher Aussage ein Gesetz. Eine gegenteilige Entdeckung schon kann das zum Umfallen bringen. Deshalb „lediglich“.
>: Die Geschichte aber zeigt auch, z.B. durch den 2. Weltkrieg,
>: daß bestimmte Wellen, wenn sie erst mal ein gewisses Maß an
>: Eigendynamik erfahren haben, eben nicht durch dauerndes
>: tolerieren aufgehalten werden können! (Siehe Münchner
>: Abkommen) Sondern, daß sehr viel Leid hätte erspart werden
>: können, hätte man früher rigoros eingegriffen! Mit dem
>: Eisenhammer…
>Es bleibt die Frage, wer das wann entscheidet und von welchem >Standpunkt aus. Soll das jetzt heißen, dass ich
>jedem Neonazi mit dem Eisenhammer ohne Vorwarnung auf den Kopf >hauen darf, weil wir die Erfahrung aus
>dem 2. Weltkrieg haben? Das kannst du eigentlich nicht wirklich >meinen, denn - wie du ja sagst - lassen sich
>Konflikte gewaltsam selten lösen. Also was soll das genau >heißen?
So unflexibel im Denken wirst du nicht sein, um den Begriff mit dem Eisenhammer…nicht anders interpretieren zu können, also provozierst du mich. Nun gut: Der Begriff Eisenhammer heißt übertragen: Keinen Kompromiß, keine Diskussion, Schluss aus Amen! Nicht den Schädel einhauen, dann würde man sich ja zum Epigonen degradieren, sondern eindeutig zeigen: SO NICHT! Und das fängt bei der Zivilcourage an, also nicht wegsehen, wenn Neonazis etwa Ausländer bedrohen, sondern etwas tun. Und wenn es nur ein Anruf bei der Polizei ist. Denn solange sie immer noch Toleranz erfahren, glauben sie sich im Recht! Das „Wer entscheidet“, ist schlecht formuliert, besser wäre: was entscheidet, das ist leichter zu beantworten:
Unser ethisches Empfinden!
Mit allem was ich unbeantwortet habe, stimme ich völlig überein.
Gruss
HC