Hallo Stefan!
ich meine mich zu entsinnen, dass es für die semitischen
Sprachen z.T. Wörterbücher gibt, die die Einträge nach den
Wortstämmen sortieren.
Das klingt sehr logisch; wenn ich darüber nachdenke, würde ich das auch erwarten.
Meine jeweiligen Langenscheidts tun das aber nicht, sondern denken an den
08/15-Benutzer, der lieber seine alphabetische Sortierung hat.
Naja, ich weiß nicht, ob das mit Benutzerfreundlichkeit erklärbar ist. Sprachen mit ungewönlichen Alphabeten werden ja auch nicht umsortiert, da kommt dann schon mal das ch zwischen h und i und nicht bei c (gilt für Tschechisch und Slowakisch), sodass Otto Normalverbraucher das Wort „nechávat“ nicht findet, weil es zwischen „nehet“ und „nejasný“ steht und nicht eine Seite weiter vorn zwischen „nebývalý“ und „nectnost“.
Will sagen: Wenn ich eine Sprache lerne, lerne ich doch auch, wo ich die Wörter im WB suchen muss. Und wenn ich das nicht weiß, dann muss ich halt das Vorwort vom WB lesen, da steht so was auch immer drin.
müsste man […] für jedes Begriffsfeld ein halbes Dutzend Wortstämme aufnehmen,
die sich zudem auch häufig überschneiden würden, sodass man
durch eine Sortierung nach Wortstämmen/Begriffsfeldern letzten
Endes fast mehr Chaos als Klarheit schaffen würde.
Ich würde auch nicht nach Begriffsfeldern, sondern wirklich nach Wortstämmen sortieren.
Dort sähe ich dann:
Schule, Schüler, Schülerin, schulen, umschulen, Schulung, Umschulung
und noch ein paar Komposita. Ich hätte also den Überblick darüber, was sich aus diesem Wortstamm alles machen lässt – und auch darüber, was eben nicht geht: nämlich lehren und lernen.
Ein ergiebigeres Beispiel wäre in diesem Zusammenhang:
Raum, räumlich, geräumig, räumen, aufräumen, beräumen, umräumen, Räumung, Beräumung.
Die Wahrscheinlichkeit besteht, dass Du „beräumen“ noch nicht kanntest – dann hast Du gleich ein neues Wort gelernt, wo Du doch nur ein bekanntes nachgeschlagen hast. (Gut, das geht mir auch ohne Wortfelder so, aber dann ist es schwerer zu merken, weil es nur die ersten drei Buchstaben, nicht aber den Sinn auch nur annähernd mit dem bekannten Wort gemein hat.)
Im Litauischen merke ich immer, dass ich mit Vorsilben durcheinanderkomme. Klar ist, dass „degti“ „brennen“ heißt. Dann heißt „nudegti“ wahrscheinlich „abbrennen“ (die Bedeutung von „nu-“ ist fast immer „bis zum Ende“). „uždegti“ kenn ich auch, das ist „entzünden“ – auch medizinisch. Und ich weiß, dass es noch „durchbrennen“ (wie die Glühbirne), „ankokeln“ und sicher noch zahlreiche andere Komposita mit „degti“ gibt. Wenn ich die jetzt alle lernen möchte, damit ich sie endlich nicht mehr durcheinanderwürfele (Richtung Litauisch-Deutsch ist ja kein Problem, da gibt’s einen Zusammenhang, und jede Vorsilbe hat nur endlich viele Bedeutungsmöglichkeiten) – wenn ich das möchte, muss ich jede erdenkliche Vorsilbe durchgehen und die jeweilige Bedeutung nachschlagen. Das wären dann:
apdegti, apsidegti, atidegti, atsidegti, įdegti, įsidegti, išdegti, išsidegti, nudegti, nusidegti, padegti, pasidegti, pardegti, parsidegti, perdegti, persidegti, pradegti, prasidegti, sudegti, susidegti, uždegti, užsidegti.
Davon existieren höchstens die Hälfte. Ich habe also eine Heidenarbeit, die alle zusammenzufinden.
Dagegen Indonesisch – was auch die von Dir beschriebenen Probleme besitzt: „Schule“ heißt „sekolah“, „lernen“ „belajar“, „Schüler (Schulkind)“ „murid“ und „Student“ „mahasiswa“: bis auf „belajar“ alles Lehnwörter aus verschiedenen Sprachen. Wenn ich mir jetzt aber den Stamm „ajar“ ansehe, finde ich sofort:
ajar – Bildung, Unterricht
kurang ajar – (dumm)dreist (wörtlich etwa: ohne Bildung)
belajar – lernen, studieren
mengajar – (jemanden) lehren; bestrafen
mengajari – trainieren (v.tr.)
mengajarkan – (etwas) unterrichten
pelajar – Schüler, Lehrling
pelajaran – Lehre, Studium
pengajar – Lehrer
pengajaran – Lektion, Unterrichtsstunde
mempelajari – lernen, studieren
terpelajar – gebildet
Hier sehe ich erst einmal sofort, dass ich für „lernen“ zwei Synonyme zur Verfügung habe (falls ich das mal brauchen sollte); und dann hab ich gleich das Wort für „bestrafen“ gelernt, weil das interessanterweise zum selben Wortfeld gehört.
Ich finde so etwas praktisch, nicht chaosstiftend.
Liebe Grüße
Immo