Hallo,
das Thema ist voller rechtlicher Fallstricke. Und leider gehört die Rechtwissenschaft nicht zu den Themen, die man als Mediziner lernt. Daher sitzen bei mir durchaus auch Mediziner gerne mal im Besprechungszimmer, und lassen sie bzgl. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht beraten, statt einfach z.B. die Formulare der Ärztekammern zu verwenden. Z.B. weil diese keinen Ausschluss weiterer Diagnostik beinhalten, wenn kurative Therapie keine Aussicht auf Erfolg mehr verspricht. Ein Punkt von großer Relevanz, wenn gerade in Ausbildungskrankenhäusern gerne mal bis zum bitteren Ende mit allen belastenden Folgen für den Patienten ausdiagnostiziert wird, obwohl längst klar ist, dass der Patient versterben wird, nur noch nicht, ob zuerst die Lunge oder das Herz oder vielleicht doch die Niere zuerst schlapp machen wird.
Die Abgrenzung aktive/passive/indirekte Sterbehilfe ist selbst vielen Medizinern nicht klar. Auch über die Möglichkeit einer Behandlungsvereinbarung sind viele Mediziner nicht ausreichend informiert, … Und ganz ehrlich, ich kann mir auch keinen Arzt vorstellen, der mir erklären würde, wie ich ihn im Zweifelsfall austricksen kann, wenn er nicht so will, wie es der Wille des Patienten ist.
Auch darf man ja nicht vergessen, dass die übliche Patientenverfügung gerade nicht aus konkreten medizinischen Problemen heraus verfasst wird, es also gar nicht um konkrete medizinische Einzelfragen geht, sondern vielmehr darum rechtliche Fragem zu klären, also was darf ich fordern, welche Alternativen gibt es, wie sind diese zu bewerten, welche Konsequenzen hat dies, … Dabei geht es ja insbesondere auch nicht darum Wahrheiten zu verkaufen, oder dem Betroffenen Entscheidungen abzunehmen, sondern ihm ganz neutral Dinge darzustellen, über die er sich ggf. noch gar keine Gedanken gemacht hat. Wenn er hierzu mehr medizinischen Hintergrund im Einzelfall wissen will, dann kann und soll er hierzu natürlich seinen Arzt befragen. Bei Anwälten und Notaren die das Thema ernst nehmen, herrscht da keine Konkurrenz.
Ansonsten ganz pragmatisch: Du kannst es natürlich so sehen, dass dies kein Thema für Juristen sei. Ich kann nur sagen, dass ich zu dem Thema seit fast zehn Jahren jährlich mehrere Vorträge vor inzwischen hunderten von Leuten gehalten habe, hierzu jahrelang den Briefkastenonkel der Tageszeitung gegeben habe, und natürlich unzählige entsprechende Dokumente aufgesetzt habe, wobei ein Großteil der Leute auf persönliche Empfehlung kommt, und offenbar die Aussage, dass man sich „gut aufgehoben gefühlt hat“ somit wohl bewiesener Maßen mehr als eine nette Floskel ist. Dabei kommt die Erfahrung eben auch aus unzähligen Situationen in denen solche Dokumente Gegenstand juristischer Überprüfungen geworden sind, und that’s the point: Im Zweifelsfall landet so ein Dokument vor einem Richter, und nicht vor einem Arzt, und es muss letztendlich einen Richter überzeugen!
Gruß vom Wiz